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2.2 Bindungsverhalten: Frühe Einflüsse der Bezugspersonen

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Vonseiten der Eltern ist wichtig ihre wohlwollende Grundhaltung gegenüber dem Kind zum Ausdruck zu bringen. Wohlwollen und Liebe verstehen sich als Grundpfeiler der Beziehung zwischen Eltern und Kind. Liebevolle Gefühle müssen in liebevolles Handeln umgesetzt werden, damit der Säugling die Liebe auch spüren kann. So ist bei einem Säugling die prompte Reaktion der Eltern auf seine existenziellen Bedürfnisäußerungen notwendig, um eine sichere Bindung aufbauen zu können. Dieses sichere Bindungsverhalten ist im Sinne einer gesunden Entwicklung des Kindes anzustreben. Die anderen drei zu unterscheidenden charakteristischen Bindungsmuster, das unsicher-vermeidende, das unsicher-ambivalente und das desorganisierte, entstehen aufgrund ungünstiger Interaktionserfahrungen zwischen Eltern und Kind. Eine prompte Reaktion ist positiv, da sie einen erhöhten Erregungszustand beim Kind verhindert und ihm zeigt, dass es von seinen Eltern verstanden wird. So können die Eltern bei kontinuierlicher Bedürfnisbefriedigung des Säuglings für diesen zu einem ›sicheren Hafen‹ werden. Erst dadurch wird dem Kind die notwendige Sicherheit vermittelt, um explorieren zu können, also ›die Welt zu erkunden‹ und Autonomie zu entwickeln. Häufig äußern Eltern Unsicherheit in puncto ›prompter Reaktionen‹ und befürchten sich zum ›Sklaven des Kindes‹ zu machen. Diese Gedanken sind aber im Säuglingsalter unberechtigt, da ein Säugling nicht berechnend handeln kann, sondern nur seine existenziellen Grundbedürfnisse wie Liebe, Nähe, Nahrung und Pflege einfordert.

Eltern, die entsprechend dem humanistischen Menschenbild vom Guten im Menschen ausgehen, gelingt eine ausgewogenere Grundhaltung ihrem Kind gegenüber. Die humanistische Haltung beinhaltet darüber hinaus den Selbstbestimmungsgedanken und fordert die Akzeptanz der Einzigartigkeit eines jeden Menschen. Eltern, die dieses Menschenbild verinnerlicht haben, können in der Regel eine bessere Eltern-Kind-Beziehung aufbauen und wohlwollender mit ihrem Kind kommunizieren.

Als zentrale Botschaft ist hervorzuheben, dass die Feinfühligkeit der Eltern ihrem Kind gegenüber als Grundvoraussetzung für eine gut funktionierende Kommunikation gilt und diese wiederum ausschlaggebend für eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist. Feinfühligkeit bedeutet sich in das Kind hineinzuversetzen und zu versuchen, aus der Perspektive des Kindes die Situation zu denken und die Welt zu betrachten. Im Säuglings- und Kleinkindalter bedeutet dies häufig, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zurückzustellen, um prompt reagieren zu können. Der medienüberlagerte und stressige Alltag lässt da junge Eltern auch an ihre Grenzen kommen. Feinfühlige Bezugspersonen nehmen Aspekte beginnender Belastungen des Kindes rechtzeitig wahr und reagieren adäquat, um die Erregung des Kindes zu reduzieren. Erfolgt hingegen keine Reaktion der Eltern auf die Stresssignale des Babys, kann eine Übererregung beim Säugling bis zum Zustand der Dissoziation führen. Das bedeutet, dass beim Kind ein Abschalten von Körpersignalen, Gefühlen und Affekten erfolgt, um diese nicht mehr wahrnehmen zu müssen.

Brisch bezeichnet dies als evolutionär bedingten Überlebensmechanismus (Brisch, 2015, S. 279). Geht hingegen die Bezugsperson auf die Gefühle und Affekte des Kindes mit Empathie ein, kann es diese wieder regulieren, und es erfährt zugleich ein Gefühl von Sicherheit. Die emotionale Unterstützung des Kindes durch die Bezugsperson wirkt sich positiv auf die kindliche Entwicklung aus. Das Kind kann mit der Zeit lernen mit kleinen Belastungen selbstständig umzugehen, was sich positiv auf das Selbstbewusstsein auswirkt. Wenn das Kind sich seiner selbst bewusst ist, kann es seine eigenen Stärken und Schwächen besser wahrnehmen, wodurch es mehr Selbstvertrauen gewinnen kann.

Neben dem Selbstvertrauen, das sich durch ›das Können‹ aufbaut, gibt es das Selbstwertgefühl. Dieses ist die Fähigkeit, sich selbst wahrzunehmen und sich entsprechend zu verhalten, es drückt sich als ›das Sein‹ aus. Kinder, die den Unterschied nicht richtig gelernt haben, versuchen im späteren Leben durch mehr Leistung ihre Zufriedenheit zu steigern. Diese Zufriedenheit hält aber nur kurz an und steigert nicht das Selbstwertgefühl. Eltern können ein gesundes Selbstwertgefühl ihrer Kinder fördern, indem sie die Integrität ihres Kindes zulassen, das bedeutet, dass sie die Versuche ihres Kindes, sich abzugrenzen, respektieren (Juul, 2009, S. 52). Wenn beispielsweise das Baby den Löffel beim Füttern wiederholt zurückweist und den Kopf wegdreht, ist es ein Zeichen, das es satt ist. Studien belegen, dass Kinder sich besser entwickeln, wenn sie frühzeitig über die Menge der Nahrung selbst entscheiden dürfen (ebd., S. 60). Gleichzeitig kann sich eine bessere Eltern-Kind-Beziehung aufbauen, da die Eltern dem Kind zeigen, dass sie die Signale des Kindes verstehen. Die Entwicklung eines stabilen Bindungsmusters dient dem Kind als sichere Basis und schafft das nötige Urvertrauen, um später zu anderen Menschen Beziehungen aufbauen zu können (Brisch, 2015, S. 110). Gelingt es den Eltern, eine gute Bindung zum Kind aufzubauen, trägt diese unsichtbare Verbindung auch in späteren ggf. problematischen Lebensphasen wie der Pubertät der Kinder. Hingegen gelten Bindungsstörungen als Risikofaktor bezüglich des Konsumverhaltens von Alkohol und Drogen im Jugendalter sowie für Kompensationsverhaltensweisen allgemeiner Art.

Alkohol und Drogen in der Familie

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