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3.3.1 Gespräche führen

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Dass Kommunikation grundsätzlich, aber insbesondere auch innerhalb der Familie ein komplexes Phänomen darstellt, wurde u. a. schon in Kapitel 2.4 anhand der vier Ebenen von Schultz von Thun erläutert, die auch hier von großer Bedeutung sind ( Kap. 2.4). Und zwar nicht nur für den Dialog mit dem Kind, sondern auch zwischen den Eltern selbst. Hier sollten Gespräche stattgefunden haben, damit untereinander Einigkeit bezüglich des Verhaltens des Kindes und des elterlichen Verhaltens selbst herrscht.

Eine klare ablehnende Haltung der Eltern kann sich durch den Satz: »Ich möchte nicht, dass du rauchst!« gegenüber den Kindern ausdrücken. Rauchende Eltern können sich selbst als Beispiel nehmen und sagen: »An mir kannst du sehen, wie schwer es ist, wieder mit dem Rauchen aufzuhören, ich habe es noch nicht geschafft, davon loszukommen.« Der Zusatz »Ich möchte nicht, dass es dir später so geht wie mir, sondern dass du gesund bleibst« fällt sicher nicht jedem leicht auszusprechen, zeugt aber von Ehrlichkeit, Verantwortung und Interesse am Kind. Denn Kinder möchten von ihren Eltern wichtig genommen und verstanden werden. Nehmen Sie sich Zeit für ein Gespräch und hören Sie Ihrem Kind zu!

Das gelingt am besten durch »Aktives Zuhören«. Das bedeutet, dem Kind ohne Unterbrechung zuhören und es ausreden lassen. Eigene Reaktionen sind zurückzuhalten! Es geht um die Sicht des Kindes, wie es seine Lebenswelt wahrnimmt. Aufgrund der Entwicklung des Kindes ändert sich diese Sicht auf die Lebenssituation ständig, es kommen immer neue Erfahrungen hinzu. Deswegen ist es nicht mit einem Gespräch getan! Kontinuierliches Interesse am Kind und Gespräche, in denen mit viel Einfühlungsvermögen versucht wird, die Lebenswelt des Kindes zu verstehen, können zur Aufrechterhaltung einer guten Eltern-Kind-Beziehung auch im Übergang zur beginnenden Pubertät führen bzw. diese verbessern. Aktives Zuhören bedeutet aber nicht Aushorchen! Kinder merken schnell, ob echtes Interesse an ihnen gezeigt wird oder ob ein Gespräch geführt wird, um Kontrolle auszuüben. Dies führt meist zum Rückzug des Kindes, da es ja impliziert, dass ihm nicht vertraut wird. Das Gefühl von gegenseitigem Vertrauen ist aber eine wichtige Grundlage für vertrauensvolle Beziehungen. Dazu gehören Gespräche auf Augenhöhe, in denen Eltern ihr Kind als gleichwertigen Gesprächspartner sehen. Durch Nachfragen oder Wiederholen des Gehörten, um zu prüfen, ob man das Kind verstanden hat, kann Aktives Zuhören gelingen und der Kontakt zum Kind intensiviert werden. Ein gutes Gespräch verläuft nicht wie ein Pingpong-Spiel! Einer sagt was, der andere antwortet kurz, bevor die nächste Frage erneut zu einer kurzen Antwort führt. Dies passiert meistens dann, wenn Eltern mit Belehrungen und erhobenem Zeigefinger arbeiten. Auch wenn es gut gemeinte Ratschläge sein sollen, führt dies oft schnell zur Beendigung der Gesprächssituation. Eltern sollten hingegen in der Lage sein, sich präzise in die Welt des Kindes hinein zu fühlen und durch kleine Ermutigungen zum Sprechen zu motivieren, z. B. durch Kopfnicken, aufmunternde Worte, körperliche Zuwendung oder eine offene Sitzhaltung. Noch besser gelingen Gespräche zum Nichtrauchen, wenn Eltern sich inhaltlich darauf vorbereiten, um nicht falschen Aussagen oder Vorurteile zu äußern. Kinder sind in der Regel gut informiert und lesen im Internet schon vieles nach, was sie gerade interessiert. So werden sie Argumente sammeln, um die ablehnende Haltung der Eltern gegenüber dem Rauchen der Kinder zu entkräften.

Als Beispiel möchte ich hier eine Anekdote aus der Kindheit unserer eigenen Tochter einbringen. Um sie zu unterstützen, nicht mit dem Rauchen zu beginnen, haben wir bei beginnender Pubertät einen Vertrag mit ihr geschlossen, der ihr am Ende des 17. Lebensjahres eine Belohnung versprach, wenn sie bis dahin nicht rauchte. Als dann zunehmend Shisha-Produkte in Umlauf kamen und ihre Freund_innen anfingen diese zu konsumieren, kam unsere Tochter auf uns zu und meinte, der Shisha-Tabak würde nur aus getrockneten Fruchtstückchen bestehen, weshalb sie ihn doch auch ausprobieren könnte. Tatsächlich war es zu dem Zeitpunkt gesetzlich noch nicht vorgeschrieben alle Bestandteile auf der Verpackung anzugeben, weshalb man Packungen erwerben konnte, auf der nur die Geschmacksrichtung angegeben war, kein Hinweis auf Nikotin, wodurch dieser Irrglaube bei unserer Tochter entstanden war. Hier war es wichtig, als Eltern gut informiert zu sein und diese Fehlinformation aufzudecken, um unsere Tochter zu überzeugen, dass auch Shisha-Produkte Tabak enthalten und der Konsum dann ein ›Vertragsbruch‹ wäre und nicht zur gewünschten Belohnung zum 17. Geburtstag führen würde.

Verträge und Vereinbarungen sind eine Empfehlung aus meiner Zeit als praktizierende Präventionsexpertin. Sie steigern die Verbindlichkeit von konkreten Vorhaben gesundheitsbewussten Lebens und erhöhen damit die Erfolgsaussichten.

Hier noch einige weitere kindliche Argumente, die Eltern kennen sollten, um inhaltlich gut für ein Gespräch vorbereitet zu sein:

1. Alle anderen rauchen auch! Das ist der Klassiker, den Kinder und Jugendliche äußern! Eine passende Gegenfrage ist: Wer ist alle? Meistens werden dann zwei, drei Namen fallengelassen, und es wird deutlich, dass es meist die Freund_innen sind, mit denen sich das Kind gerade häufiger trifft. Dadurch entsteht die selektive Wahrnehmung, es seien alle. In Wirklichkeit ist das Rauchen aber nicht ›in‹! Eine BZgA Studie (2019) zeigt, dass bei den 12- bis 13-Jährigen das Nie-Rauchen mit knapp 95 % überwiegt.

2. Ich kann jederzeit wieder aufhören zu rauchen! Welcher Raucher_innen kennt diesen Satz nicht!? Rauchende Eltern können dies also sofort widerlegen, wenn sie ehrlich zugeben, dass dem nicht so ist. Hintergrund ist das hohe Suchtpotential von Nikotin. Studien belegen, dass Nikotin das höchste Suchtpotential hat, höher als Heroin! 68 % aller Menschen, die mal eine ganze Zigarette geraucht haben, entwickeln später eine Abhängigkeit. Genau genommen sind es also zwei von drei Menschen, die sich eine Zigarette angezündet haben, die davon abhängig werden (drugcom.de).

3. Rauchen hilft zu entspannen! Bei Raucher_innen führt der abgesenkte Nikotinspiegel zu einem Gefühl der Anspannung, dem dann durch das erneute Rauchen entgegengewirkt wird.

Es ist nachgewiesen, dass Raucher_innen ein höheres durchschnittliches Stresslevel haben als Nichtraucher_innen. Sie haben nämlich verlernt sich auf natürliche Weise zu entspannen und haben sich daran gewöhnt, in Stresssituationen zu rauchen, wodurch dieser Irrglaube entstanden ist.

Alkohol und Drogen in der Familie

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