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b) Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

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Dass die sonstigen der Polizei zugewiesenen Aufgaben kein unbedeutendes „Anhängsel“ sind, wird bei den Aufgaben Strafverfolgung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sichtbar. So ist z. B. die Kriminalpolizei ausschließlich in diesem Bereich tätig (§ 23 Abs. 2 DVO PolG). Strafverfolgung und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sind repressiv, sie knüpfen an eine begangene Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit an, dienen dazu, den, der schuldhaft eine Tat begangen hat, seiner Bestrafung oder Buße zuzuführen und sind damit im Wesentlichen vergangenheitsorientiert. Das unterscheidet sie von der präventiven Gefahrenabwehr, die bevorstehende Schadensereignisse verhindern will und bei der die Schuld des Verursachers an der Entwicklung des Geschehens grundsätzlich ohne Bedeutung ist. Die Gesetzgebungskompetenz für das Strafverfolgungsrecht und das Ordnungswidrigkeitenrecht liegt beim Bund (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG).

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Nach § 160 Abs. 1 StPO hat die Staatsanwaltschaft Straftaten zu erforschen. Zu diesem Zweck kann sie Ermittlungen selbst vornehmen oder durch den Polizeivollzugsdienst vornehmen lassen (§ 161 StPO). Regelmäßig wird der Polizeivollzugsdienst jedoch aufgrund eigener Initiative zur Erforschung von Straftaten tätig – Recht des ersten Zugriffs (§ 163 Abs. 1 StPO). Die §§ 161 und 163 Abs. 1 StPO sind lediglich Aufgabenzuweisungsnormen. Welche konkreten Maßnahmen dem Polizeivollzugsdienst im Ermittlungsverfahren zustehen, ergibt sich ausschließlich aus den Befugnisnormen der StPO, d. h., ein Rückgriff auf die Generalklausel des Polizeigesetzes oder auf andere seiner Befugnisnormen ist – selbst bei Regelungslücken in der StPO – ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht hinsichtlich der Vorschriften zum unmittelbaren Zwang: weil die StPO über die Art und Weise seiner Anwendung keine Aussage enthält, ist es zum Zwecke einer rechtsstaatlichen Begrenzung dieses Mittels gerechtfertigt, die §§ 64 ff. entsprechend heranzuziehen.

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Präventive und repressive polizeiliche Tätigkeit voneinander abzugrenzen ist nicht immer ganz einfach, da sie sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild häufig gleichen.

Beispiele: Die Durchsuchung einer Wohnung ist sowohl nach § 36 Abs. 2 PolG wie auch nach § 102 StPO zulässig.

Einfache körperliche Gewalt (unmittelbarer Zwang) kann der Verhütung einer Straftat, aber auch der Strafverfolgung dienen.

Entscheidend ist, wo das Schwergewicht der polizeilichen Tätigkeit nach ihrer objektiven Zweckrichtung liegt. Das ist für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen, wobei im Ergebnis nur das eine oder andere Recht angewendet werden kann (BVerwG, NJW 1975, 893; VGH BW, VBlBW 1984, 245, 247; 1989, 16, 17; 2005, 63 f.). Eine korrekte Zuordnung zum jeweiligen Rechtsgebiet ist deshalb notwendig, weil die Rechtmäßigkeitsanforderungen unterschiedlich ausgestaltet sind. Außerdem werden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO), solche zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten jedoch von den ordentlichen Gerichten (§ 23 GVG) überprüft, da der Polizeivollzugsdienst hier als Justizbehörde im funktionellen Sinn angesehen wird.

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Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sind grundsätzlich die Verwaltungsbehörden zuständig (§§ 35, 36 OWiG i. V. m. §§ 1 ff. OWiZuVO). Der Polizeivollzugsdienst wird für diese entweder auf Ersuchen tätig (§ 46 Abs. 1, 2 OWiG; § 161 StPO) oder er handelt aus eigener Initiative nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 53 OWiG). Er hat hierbei grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie im Strafverfahren (vgl. jedoch § 46 Abs. 2 bis 5 OWiG). Sofern dies ausdrücklich bestimmt ist, können auch Polizeibehörden und der Polizeivollzugsdienst zuständige Verfolgungsbehörde sein (§ 36 OWiG). In Baden-Württemberg finden sich entsprechende Bestimmungen nur für Polizeibehörden (z. B. § 2 ff. OWiZuVO).

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Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann die zuständige Verwaltungsbehörde den Betroffenen verwarnen und ein Verwarnungsgeld erheben (§ 55 OWiG). Diese Befugnis steht auch den Beamten des Polizeivollzugsdienstes gem. § 57 Abs. 2 OWiG zu.

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