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3. Tätigwerden zum Schutz privater Rechte (Abs. 2)

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Das polizeiliche Schutzgut Rechtsordnung umfasst auch die Privatrechtsordnung und damit alle privaten Rechte (s. o. § 1, RN 24). Zu ihrem Schutz sind allerdings in erster Linie die ordentlichen Gerichte (z. B. Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht) und deren Vollstreckungsorgane (z. B. Gerichtsvollzieher) berufen. Ein Einschreiten der Polizei ist deshalb auf den in Abs. 2 umschriebenen Notfall beschränkt.

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Die subsidiäre Zuständigkeit nach Abs. 2 besteht nur hinsichtlich der Güter, die ausschließlich durch private Rechte, d. h. durch solche, die ihre Grundlage in der Privatrechtsordnung (BGB, Handelsrecht, Arbeitsrecht etc.) haben, geschützt werden. In den meisten praxisrelevanten Fällen werden gleichzeitig auch Normen des öffentlichen Rechts (Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht, verwaltungsrechtliche Ge- oder Verbote) verletzt. Darf die Polizei auch zu deren Schutz präventiv tätig werden – das ist z. B. nicht der Fall, wenn die Straftat bereits beendet ist –, gilt Abs. 2 nicht, d. h. die Polizei ist ohne Weiteres zur Aufgabenwahrnehmung zuständig. Eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 erübrigt sich dann.

Beispiele: Jemand hat sein Kfz vor einer fremden Garage abgestellt und sich entfernt. Damit wird nicht nur das privatrechtliche Besitz- und Nutzungsrecht an Kfz und Garage beeinträchtigt, gleichzeitig liegt auch eine noch nicht beendete Ordnungswidrigkeit nach § 12 LOWiG vor. Die Polizei ist ohne Weiteres zuständig, auf die Voraussetzungen des Abs. 2 kommt es nicht an (anders VG Freiburg, NJW 1979, 2060 zur früheren Rechtslage). Durch eine Hausbesetzung wird der privatrechtliche Herausgabeanspruch des Eigentümers (§ 985 BGB) verletzt. Gleichzeitig stellt sich die Hausbesetzung i. d. R. als nicht beendeter Hausfriedensbruch (§§ 123 ff. StGB) dar, sodass die Polizei, ohne dass die Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen müssen, zuständig ist.

Ballspielende Jugendliche haben eine Fensterscheibe der angrenzenden Wohnung des E eingeschlagen und sind im Begriff, davonzulaufen. Die von E verständigte Polizeistreife nimmt die Personalien der Jugendlichen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 auf. Der objektive Tatbestand der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) ist hier bereits verwirklicht, eine weitere Begehung droht aber nicht, sodass zur vorbeugenden Verhütung einer Straftat nicht mehr eingeschritten werden kann. Die Personenfeststellung ergeht also nur zum Schutz privater Rechte (Sicherung des Anspruchs aus § 823 BGB), sodass die weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen müssen.

Werden Pressefotos ohne Einwilligung der Abgebildeten (Privatpersonen, Polizeibeamte) gefertigt, so ist deren Recht am eigenen Bild (§ 22 KunstUrhG) verletzt und damit ausschließlich ein privates Recht, sodass die Polizei die Beschlagnahme des Films nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 vornehmen darf (vgl. VGH BW, VBlBW 1995, 282, 283; VBlBW 2008, 375, 377, VGH BW, Urt. v. 8.5.2008 – 1 S 2914/07). Soll aber die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung solcher Fotos verhindert werden, geht es um die Abwehr einer Straftat (§ 33 KunstUrhG). Dann kann die Polizei ihre Maßnahmen treffen, ohne dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 geprüft werden müssten (OVG NW, DÖV 2001, 476; unzutr. VGH BW, VBlBW 2001, 102).

§ 2 Abs. 2 gilt auch dann nicht, wenn zwar ein privates Recht verletzt ist, sich aber daneben eine Zuständigkeit der Polizei aus anderen Gründen ergibt (VGH BW, Az: 1 S 915/2011).

Beispiel: Das rechtsgrundlose Verweilen in einer beschlagnahmten Wohnung nach Ablauf der Beschlagnahmefrist beeinträchtigt das Eigentumsrecht des Hauseigentümers. Dennoch ist die Polizei ohne Weiteres für Räumungsmaßnahmen zuständig, da sie die Folgenbeseitigungspflicht trifft (VGH BW, NJW 1997, 2832, 2833).

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Bei Verkehrsunfällen hat der Polizeivollzugsdienst in erster Linie unfallbedingte Gefahren abzuwehren und Verkehrsstraftaten und ordnungswidrigkeiten zu erforschen. Seine Zuständigkeit zum Schutz zivilrechtlicher Ansprüche beschränkt sich darauf, gegebenenfalls dafür Sorge zu tragen, dass jeder am Unfall Beteiligte seiner Verpflichtung aus § 34 Abs. 1 Nr. 5 StVO nachkommt. Hierfür müssen nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 geprüft werden, denn für eine entsprechende Weisung nach § 36 StVO ist der PVD ohne Weiteres zuständig. Für weitergehende Tätigkeiten zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche fehlt dem Polizeivollzugsdienst die Zuständigkeit, es sei denn, sie ist gesetzlich vorgesehen (z. B. § 34 Abs. 1 Nr. 7 StVO).

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Polizeiliches Einschreiten zum Schutz privater Rechte setzt einen formlosen Antrag voraus. Fehlt es daran, darf die Polizei nicht tätig werden. Der Schutz privater Rechte darf also weder aufgedrängt werden, noch ist es zulässig, einen mutmaßlichen Antrag zu unterstellen.

Beispiel: Fehlt im dritten Beispiel unter RN 12 der Antrag des Wohnungsinhabers, dürfen die Personalien der Jugendlichen nicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 1, sondern allenfalls nach § 163 b StPO festgestellt werden.

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Der Antrag ist vom Berechtigten, d. h. vom Inhaber des privaten Rechts zu stellen. Dieser muss die Inhaberschaft seines Rechts nicht beweisen, sondern lediglich glaubhaft machen. Keinesfalls ist es Aufgabe der Polizei, zweifelhafte Zivilrechtsfragen selbst zu entscheiden.

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Gerichtlicher Schutz kann nicht rechtzeitig erlangt werden. Das wird immer dann der Fall sein, wenn selbst vorläufige zivilgerichtliche Sicherungsmaßnahmen wie Arrest oder einstweilige Verfügung (§§ 916 ff. ZPO) zu spät kämen, aber auch dann, wenn die zivilrechtliche Durchsetzung des privaten Rechts mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist (vgl. VGH BW, VBlBW 1995, 282, 283).

Beispiel: Dem von einer Hausbesetzung betroffenen Hauseigentümer darf polizeilicher Schutz versagt werden, wenn er eine einstweilige Verfügung gegen die Besetzer erwirken kann. Diese Möglichkeit scheidet jedoch häufig aus, wenn er nicht in der Lage ist, die – häufig wechselnden – Antragsgegner zu bezeichnen (VG Berlin, NJW 1981, 1748; LG Hannover, NJW 1981, 1455; LG Krefeld, NJW 1982, 289; OLG Köln, NJW 1982, 1888).

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Ohne polizeiliche Hilfe besteht die Gefahr, dass die Verwirklichung des privaten Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn der Berechtigte selbst in der Lage ist, auf zumutbare und legale Weise sein Recht durchzusetzen (vgl. die Notrechte §§ 859 f., 904 BGB; §§ 32 ff. StGB).

Beispiel: Ob der behinderte Garageninhaber (erster Beispielsfall unter RN 12) zunächst im Wege der Selbsthilfe (§ 859 Abs. 1 BGB) einen Abschleppunternehmer beauftragen muss, ist allerdings umstritten (VG Freiburg, NJW 1979, 2060, 2061; OVG Saarlouis, NZV 1991, 47).

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Sind die Voraussetzungen des Abs. 2 gegeben, darf die Polizei grundsätzlich nur vorläufige Sicherungsmaßnahmen treffen, nicht also solche, die der endgültigen Durchsetzung des privaten Rechts dienen.

Beispiel: Zur Sicherung einer Schadensersatzforderung nach § 823 BGB dürfen die Personalien des Schädigers nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 festgestellt werden. Unzulässig wäre eine Anordnung, die Schadensersatzzahlung sofort vorzunehmen. Hierzu ist nur ein ordentliches Gericht berufen. Die Einziehung (§ 39) eines Films und die Anordnung seiner Vernichtung ist keine vorläufige Sicherungsmaßnahme zum Schutz einer möglichen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (VGH BW, VBlBW 1995, 282, 284).

Unter welchen Umständen der Bürger einen Anspruch auf polizeilichen Schutz seiner privaten Rechte hat, beurteilt sich nach allgemeinen Kriterien (s. u. § 3, RN 34). In keinem Fall vermittelt § 2 Abs. 2 selbst einen solchen Anspruch (vgl. VGH BW, NJW 1997, 1798 gegen VG Freiburg, NJW 1997, 1796, 1797).

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Ebenfalls dem Schutz privater Rechte dient die Sicherstellung nach § 37. Einen Antrag des Berechtigten setzt diese Maßnahme allerdings nicht voraus.

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Ob die Polizei für ihr Tätigwerden für den Einzelnen Kosten erheben kann, beurteilt sich nach den allgemeinen Regeln über den Polizeikostenersatz (s. u. § 127, RN 8).

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