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3. Polizeiliches Ermessen a) Entschließungs- und Auswahlermessen

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Nach § 3 hat die Polizei diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Im Anwendungsbereich der Generalklausel gilt also das Opportunitätsprinzip. Ob und in welchem Umfang dieses Prinzip auch für andere Ermächtigungsgrundlagen gilt, ist aus Wortlaut und Sinn der jeweils anzuwendenden Vorschrift zu ermitteln. Ermessen wird z. B. eingeräumt bei den Standardmaßnahmen und bei den Ermächtigungen zur Datenverarbeitung und zur Zwangsanwendung. Auch im besonderen Polizeirecht gilt überwiegend das Opportunitätsprinzip.

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Ermessen bedeutet, dass die Polizei bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht an eine vorgegebene Rechtsfolge gebunden ist, sondern diese selbst aufgrund von Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmen kann. Sie kann entscheiden, ob sie überhaupt einschreiten will – Entschließungsermessen – und, falls diese Entscheidung positiv ausfällt, kann sie entscheiden, welche von mehreren rechtlich zulässigen Maßnahmen sie ergreifen will und/oder gegen welchen von mehreren möglichen Störern vorgegangen wird – Auswahlermessen. § 3 umfasst, trotz des nicht ganz eindeutigen Wortlauts, nach einhelliger Auffassung beide Arten des Ermessens. Die Einräumung eines polizeilichen Ermessensspielraumes hat den Sinn, den Zweck des Gesetzes, dem jeweiligen Einzelfall angepasst, möglichst optimal zu realisieren.

Beispiel: Obwohl die rechtlichen Voraussetzungen für ein Abschleppen von Fahrzeugen, die vorschriftswidrig vor einem Jugendzentrum abgestellt sind, vorliegen, ergreift die Polizei dieses Mittel nicht. Vielmehr werden die Fahrer durch Öffentlichkeitsarbeit, Hinweiszettel an den Fahrzeugen und durch Mitarbeit der Veranstalter auf die für die Umgebung entstehenden Probleme aufmerksam gemacht. Diese Maßnahme kann zu einer Sensibilisierung und damit langfristig zu einem größeren Erfolg führen.

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Die Bedeutung des Ermessens für die Polizeipraxis relativiert sich in vielen Fällen. Manchmal ist das Entschließungsermessen so weit reduziert, dass eine Pflicht zum Tätigwerden besteht (s. u. RN 33). Beim Auswahlermessen ist zu beachten, dass dieses nur eine Wahlmöglichkeit unter verschiedenen rechtmäßigen Rechtsfolgen verleiht. Häufig besteht aber keine Wahlmöglichkeit, weil bei Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit i. w. S. nur noch eine Rechtsfolge verbleibt, die geeignet, das mildeste Mittel und angemessen ist.

Beispiel: Kommen als tatbestandsmäßig zulässige und geeignete Mittel zur Beseitigung von Gefahren, die von jugendlichen Fußballrowdys ausgehen, die Beschlagnahme von gefährlichen Gegenständen und die Zurückschickung in Betracht, scheidet Letztere im Hinblick auf § 5 Abs. 1 aus und somit besteht keine Wahlmöglichkeit.

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Im Gegensatz zum Opportunitätsprinzip steht das Legalitätsprinzip. Dieses gilt bei der Verfolgung von Straftaten und verpflichtet die Polizei, Straftaten zu erforschen und entsprechende Anordnungen zu treffen. Dagegen findet das Opportunitätsprinzip bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten Anwendung (§§ 47, 53 OWiG).

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