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Mit dem Einstieg ins Berufsleben wurde ich Gewerk-schafter

Die Schule hatte ich dennoch ganz anständig hinter mich gebracht und sollte nun in die Lehre gehen. Eigentlich wollte ich zur See fahren, wollte wie mein großes Vorbild, Felix Graf Luckner, Kapitän werden. Dafür hatte ich mich sogar schon in der Seemannschule, in Wewelsfleth, das ist oben an der Wesermündung, angemeldet. Aber da hatte meine Mutter letztendlich doch etwas dagegen. Ich solle doch mal überlegen und man käme dabei doch so fern vom Elternhaus auch leicht unter die Räder. Vor allem, Kapitän würde ich mit meinem Hauptschulabschluss schon mal gar nicht werden können, ich würde ewig nur als Matrose rum laufen und alle möglichen Gründe dagegen wurden aufgeführt. Es war nicht so, dass man einen Weg positiv begleiten wollte, nein, es wurden nur die negativen Seiten ins Feld geführt. Hinzu kam dann auch noch, dass mein Vater sehr krank wurde und die Krankheit ihn zwang in den Ruhestand zu gehen. Damals waren Mütter nicht berufstätig, und so wollte meine Mutter mit meines Vaters Eintritt in den Ruhestand gerne wieder an die Stätten ihres früheren Lebens zurückkehren, also nach Hildesheim ziehen. Vor diesem Hintergrund wurde mit mir eine Einigung dahingehend gefunden, dass ich eine kaufmännische Ausbildung machen sollte.

Die Verwandtschaft in Hildesheim wurde in diese Pläne mit einbezogen und um schon mal dafür gerüstet zu sein, dass man in naher Zukunft umziehen wollte, sollte ich schon mal eine Lehrstelle in Hildesheim suchen. Gesagt getan, also machten wir uns alle zusammen auf eine Lehrplatzsuche in Hildesheim. Meine Eltern bekamen von meiner Tante die Hildesheimer Zeitung geschickt und auch meine dortige Verwandtschaft suchte mit. Mit meiner Tante und meinem Onkel wurde abgesprochen, dass ich bei denen wohnen konnte, bis meine Eltern dann eine Wohnung in Hildesheim finden und nachziehen würden. Alle Mühen führten zum Erfolg, ich fand einen Lehrplatz bei der Firma J.Peemöller, Eisen- und Haushaltswaren. Dort sollte ich den Beruf des Einzelhandelskaufmanns erlernen. Heute wäre das der Baumarkt, aber früher wurde man noch beraten, da konnte man die Schrauben einzeln kaufen. Die Beratung war dann zum Beispiel gefragt, wenn der Kunde wissen wollte, welcher Spaten für die Gartenarbeit stabiler ist; auch Türschlösser, für eine Haustür oder Zimmertür gehörten zum Sortiment, da musste man dann wissen, wo die Tür angeschlagen ist, weil, wenn sie rechts angeschlagen ist und man ein linkes Schloss verkauft, gibt’s heftige Probleme. Auch Fensterbeschläge gehörten zum Sortiment. Mein Lehrherr, so sagte man früher, richtete an uns Lehrlinge den Anspruch, dass wir auch mit dem Werkzeug, das wir verkauften, umgehen konnten. Ein Anspruch, der mir später sehr oft geholfen hat, wenn ich mal handwerklich tätig werden wollte oder musste. Nur an Elektrik und Gas traue ich mich bis heute nicht heran.

Mit Beginn der Ausbildung wurde ich bei meiner Tante und meinem Onkel einquartiert. Mein Onkel war Arbeiter in einer Eisenfabrik, er stand am Schmelzofen und war der Malocher im besten Sinne. Wir alle Drei verstanden uns bestens, natürlich hat meine Tante auch mal mit mir schimpfen müssen, weil ich nicht aufgeräumt hatte, aber das wurde dann eben gemacht und alles war gut. Mein Onkel war ein Sozialdemokrat der ersten Stunde er war kein Mitglied in der SPD, aber er war Arbeiter, er lebte die SPD. Aber in der Gewerkschaft war mein Onkel, und er war es auch, der mir den Stellenwert der Gewerkschaft klar machte, der mir sagte, dass die Gewerkschaft die Interessen der Arbeitnehmer vertritt und dass wir gegenüber dem Arbeitgeber nur so stark sein können, wie wir in unserer Gewerkschaft vertreten sind, also ergab sich die Frage von selbst, dass ich in die Gewerkschaft eintreten musste. Und so trat ich im Jahre 1963 in die DAG ein. Damit gehörte ich automatisch zur DAG-Jugend. Wir hatten eine große Jugendgruppe und zu unseren Aktivitäten gehörten auch Scheinfirmen. Wenn man das hört, denkt man fast automatisch an Wirtschaftskriminalität, war es aber nicht. Unsere Scheinfirmen bestanden darin, dass wir uns etwa alle 14 Tage nach Feierabend trafen und gemeinsam, nur auf dem Papier und in der Theorie das übten, was wir im Betrieb nicht lernen konnten. Wir Lehrlinge, so wurde man damals als Azubi bezeichnet, sind billige Verkaufskräfte gewesen, unser Job war verkaufen, Ware auffüllen, Lager sauber halten. Eigentlich hätte natürlich auch die Buchführung zur Ausbildung gehört, man hätte also eine gewisse Zeit auch mal in die Buchführungsabteilung gesetzt werden müssen, um zu sehen, wie eingehende Ware eingebucht wird, wie sich nun der Preis einer Ware errechnet. Das Verständnis dafür wurde nämlich auch in der Berufsschule verlangt, aber in meinem Ausbildungsbetrieb gehörte das nicht zum Ausbildungsplan (wenn es so etwas überhaupt gab). Also lernte ich in unserer Scheinfirma die Buchführung und auch den Einkauf, die Kalkulation. Bei unserem Lehrherrn fand so etwas auch nur nach den Verkaufszeiten statt, dann wurden wir Lehrlinge meistens drei junge Männer (Mädchen wurden nicht genommen, denn die konnten ja keine Öfen schleppen) zusammengerufen und dann erzählte uns unser Chef im rein theoretischen Unterricht, wie alles funktioniert. Wie der Selbstkostenpreis errechnet wird, wie hoch der Gewinn sein muss und wie man die Ware präsentieren muss.

Wer aber bei den Scheinfirmen mitmachte, hatte den anderen etwas voraus, weil man ja selbst rechnen musste, Eingangsbücher führen musste, dann den Preis der fiktiven Ware ausrechnen musste. War eine tolle Sache. Und damals brummte ja die Wirtschaft. Wir hatten richtig mit anderen Scheinfirmen zu tun und wir schrieben uns Rechnungen für imaginär geliefertes Material. Es gab zum Beispiel auch eine Scheinfirma in Rüsselsheim bei der logischerweise viele Opel-Lehrlinge mitarbeiteten. Ab und zu veranstalteten wir richtige Messen, dann kamen die Kolleginnen, Kollegen aus anderen Scheinfirmen. Dafür wurden im Haus der Jugend, in Hildesheim, richtige Stände aufgebaut und während der „Messe“ wurden dort Werbegespräche geführt gezeigt, was die Anderen konnten und was wir konnten. Wir hatten richtig Spaß daran uns praktisch spielerisch weiter zu bilden.

Aber die Welt drehte sich nicht nur um Arbeit und Gewerkschaft inzwischen hatten meine Eltern eine schöne Wohnung in Hildesheim gefunden und waren nun auch hierher gezogen. Weil ich mich inzwischen auch mit Tapezierwerkzeugen gut auskannte, konnte ich beim Tapezieren der Wohnung hilfreich zur Verfügung stehen. Wir wohnten ziemlich zentral, etwa so am Rande der Stadtmitte. Ich bekam ein eigenes Zimmer mit einem schönen Blick in den Garten.

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