Читать книгу bye bye SPD - Reinhard Vieth - Страница 18

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Der Parteieintritt

1970 trat ich in die Schleswig-Holsteinische SPD ein. Hier war man links, nicht liberal, nicht linksliberal, sondern ehrlich links und mehrheitlich mit Arbeitnehmern vertreten. Hier war die Gewerkschaft noch verwurzelt, – aber im Grunde auch nur oberflächlich, denn unterschwellig war immer eine Abgrenzungstendenz im Gange. Ich will nicht bei Adam und Eva, der Vorgeschichte der Parteichronik einsteigen, dennoch sei hier zumindest die Tradition des Mannheimer Abkommens erwähnt, das zwischen der Arbeiterpartei und den Gewerkschaften geschlossen wurde und in dem seit 1906, formal die Gleichberechtigung nebeneinander festgeschrieben war. Die SPD war nämlich immer der Ansicht, dass die Gewerkschaften ihr automatisch folgen müssten, also Teil der SPD seien und das Mannheimer Abkommen regelte nun die Toleranz nebeneinander. Man gestand sich die gemeinsame Herausforderung und die gemeinsamen Wurzeln zu. Das hatte sich über die Jahre hingehalten und wurde mir das erste Mal deutlich, als ich tiefer in das Parteileben einstieg und ich die ersten Wahlen zum Ortsvereinsvorstand mitbekam. Schon in der Versammlung vor einer Gremienwahl wurde erst einmal gefragt, welcher Gewerkschaft derjenige, der sich um einen Posten bewarb, angehörte. Wie gesagt, ich war Soldat und als solcher gehörte ich keiner Gewerkschaft an, sondern dem Bundeswehrverband und der zählte weiß der Himmel, nicht als Gewerkschaft. Als Soldat war man in der SPD sowieso Underdog, nicht sehr beliebt und schon gar nicht wählbar. Dieser einmal gebrandmarkte Makel blieb auch, ja, im Grunde bis heute, zumindest bei denen, die seit der Zeit ebenfalls dabei blieben („ach das ist doch der---„). Heute würde kein Mensch mehr nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen. Erst kürzlich, und das zeigt die Biegsamkeit der handelnden Funktionäre, wurde in unserem Wahlkreis ein hoher Offizier der Bundesmarine zum Bundestagskandidaten gewählt, der keinen gewerkschaftlichen Hintergrund hatte, der aber nach seiner Wahl eilig verlauten ließ, nun in eine Gewerkschaft eintreten zu wollen.

Als ich in die Partei eintrat war Jochen Steffen der Landesvorsitzende der SPD, der rote Jochen wurde er auch genannt und da Jochen Steffen bisweilen auch als Entertainer auftrat, wo er sich als „Kuddel Schnöf“ einen Namen gemacht hatte, gab es für ihn gleich drei Namen, seinen bürgerlichen Namen, das Attribut, das seine politischen Gegner seinem Vornamen beigaben, und eben seinen Künstlernamen. Er war das Feindbild der konservativen Mehrheit in Schleswig-Holstein. Damals war sowieso alles anders, das Parlament war ein so genanntes „Feierabendparlament“, die Abgeordneten erhielten lediglich eine Aufwandsentschädigung, die sicher nicht einmal ihre Mehrkosten, die sie durch ihre politische Arbeit hatten, abdeckte. Einzig Jochen Steffen, der Oppositionsführer hatte Anspruch auf einen Dienstwagen und auf eine angemessene Aufwandsentschädigung. Und so viele Abgeordnete, wie heute, wo sie ein opulentes Gehalt bekommen, waren es auch nicht. Wie sagte Churchill einst: „Die Demokratie ist nicht vollkommen, aber unter den herrschenden Staatsformen die Beste.“ Recht hatte er, wenngleich sie heutzutage auch vielfach einem Selbstbedienungsladen gleicht.

Ich war aufgrund meines jungen Alters automatisch Juso (Jungsozialist). Ach du Schande, Sozialist wollte ich ja nun gerade nicht sein, das waren ja schon die, denen wir meinten, als Soldaten imaginär gegenüber stehen zu müssen. Auch dieses ständige „DU“ und „Genosse“ ging mir eigentlich gegen den Strich, aber heute habe ich das längst verinnerlicht und von der soldatischen Seite her war es mir recht. Also ich war - bis vor mittlerweile 2 Jahren - Genosse. Aber ich merkte schon bald, dass es auch in unserer Partei viele verschiedene Flügel gab; es gab schon damals die AfA (Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen) von Herbert Wehner einmal spöttisch als der „Wurmfortsatz der SPD“ bezeichnet. Aber die AfA, die ich die letzten Jahre in der Partei als meinen Anker in der SPD bezeichnen hatte, spielte damals noch gar keine Rolle in meinem jungen Parteileben. Zu der Zeit wurde die AfA durch als ziemlich konservativ geltende Genossen geprägt. Dann gab es die so genannten Kanalarbeiter, die im Hintergrund oder im parteiinternen Untergrund arbeiteten, um für bestimmte, ihnen angenehme Personen Mehrheiten zu beschaffen oder im umgekehrten Falle ihn zu Fall zu bringen. Ja, IHN, denn zu der Zeit war man zwar gleichberechtigt und es verirrten sich auch ein paar Frauen zu Sitzungen und Parteiveranstaltungen, aber so richtig eine Rolle, oder wie heute die ASF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen) die darüber wachen, dass auf jeden Fall die Quote eingehalten wird, so etwas war damals undenkbar.

Heute hat sich die SPD eine Menge Arbeitskreise zugelegt, ich weiß gar nicht, ob ich alle aufzählen könnte, ohne einen zu vergessen. Also zuerst die älteste Arbeitsgemeinschaft, die AfA, Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, ist mit bundesweit rund 100.000 Mitgliedern wohl die größte Arbeitsgemeinschaft innerhalb der SPD. Die Gründung der AfA hat Herbert Wehner im Jahr 1973 initiiert, um den berechtigten Interessen der Arbeitnehmer innerhalb der SPD wieder ein schärferes Profil geben zu wollen. Gleichwohl fiel ich damals nicht unter dieses Klientel, denn zum einen war ich Juso und zum andern Soldat und somit auch kein Arbeitnehmer, obwohl ich mich innerlich natürlich dazugehörig fühlte.

„Die AfA gilt als links, sowie als besonders gewerkschaftsnah, basisdemokratisch und politisch aufgeschlossen. Sie versteht sich somit als „Scharnier“ zwischen Gewerkschaften und SPD und versucht ihren Standpunkt durch inner- und außerparteiliche Diskussionen zur Geltung zu bringen. In der AfA engagieren sich politisch interessierte Arbeitnehmer, aktive Gewerkschafter, Betriebs- und Personalräte, aber auch Nicht-SPD-Mitglieder. Ihr gemeinsames Ziel: Um und mit der SPD für die Schaffung existenzsichernder und sozial abgesicherter Arbeitsplätze einzutreten, die Errungenschaften des Sozialstaates zu sichern und sich den Herausforderungen in Wirtschaft und Arbeitswelt zu stellen.“*) Die bereits erwähnten „Kanalarbeiter“ bildeten den Seeheimer Kreis, der sich etwa ab den 1950ern, aus einer Gruppierung von als konservativ geltenden Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion gründete. Prominenteste Köpfe des Seeheimer Kreises waren Egon Franke und Annemarie Renger. Ihren Namen erhielten sie, weil sie sich in Seeheim erstmalig trafen. Die Jusos nicht zu vergessen, hier prominente Namen einzufügen, wären Johano Strasser, Gerhard Schröder und Norbert Gansel. Eine komplette Parteikarriere legt man hin, wenn man als Jugendlicher zu den Falken

(die Pfadfinder oder Jugendorganisation der SPD) geht. Als junger Erwachsener ist man dann automatisch Juso, das war ich auch, bis zu meinem 35sten Lebensjahr und daneben kann man altersunbegrenzt, in den Arbeitskreisen mitarbeiten. Auch die Emanzipation ging nicht an der Partei vorbei, im Gegenteil, heute müssen die Männer aufpassen, dass ihnen manche Frauen nicht alles streitig machen. In unserem Ortsverein hat sich das einstige Patriachart ins Matriarchat verkehrt und dahinter steht die ASF, die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Daneben gibt es die Schwusos, in dem die Lesben und die Schwulen zusammenkommen und den Arbeitskreis der Selbstständigen, in dem sich die Sozialdemokraten treffen, die selbstständig sind.

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