Читать книгу re:publica Reader 2015 – Sammelband - re:publica GmbH - Страница 8
Finding Europe Wie inklusiv ist die Inklusionsdebatte?
ОглавлениеText: Moritz Stadler @Mc_Stadler
In Europa leben 80 Millionen Menschen mit Behinderung. Das Internet bietet ihnen die Möglichkeit, sich zu vernetzen und ihre Stimme zu erheben. Es entsteht eine immer stärkere Behindertenbewegung, der sich europaweit Aktivisten anschließen - mit und ohne Behinderung. Im Vergleich zur Frauenbewegung sei die Behindertenbewegung noch Jahre hinterher, sagt Raúl Aguayo-Krauthausen in dem Vortrag „Finding Inclusion in Europe“, den er gemeinsam mit Mareice Kaiser auf Stage 3 hält. Immer noch würden Inklusionsdiskurse hauptsächlich von Menschen geführt, die selbst keine Behinderung haben. Das Motto sollte lauten: „Nichts über uns, ohne uns“. Um eine möglichst breite Bewegung zu werden, müsse man auch jungen und unerfahrenen Aktivisten den Zugang zur Szene gewähren, sagt Aguayo-Krauthausen. Deswegen haben er und Mareice Kaiser unter dem Hashtag #FindingInclusion Online-Aktivisten gesucht, die mit unterschiedlichen Methoden in ganz Europa für die Rechte von Menschen mit Behinderung kämpfen. Über 200 „Graswurzelaktivisten“ habe man gefunden. Sie werden auf der Seite findinginclusion.eu aufgelistet. Ihre sechs „Lieblingsaktivisten“ stellten Aguayo-Krauthausen und Kaiser auf der re:publica vor. Zur Szene der Aktivisten stoßen auch immer mehr Menschen, die selbst keine Behinderung haben. Das Engagement von Nicht-Behinderten ist durchaus umstritten, das zeigt auch die Diskussion auf der re:publica. „Häufig lese ich in Artikeln über Menschen mit Behinderung Zitate von Therapeuten, Eltern und Ärzte, nur von behinderten Menschen selbst kein Wort”, sagt eine Teilnehmerin. Daher müsse man weiter zunächst dafür kämpfen, Behinderten eine Stimme zu geben. Die Frage ist: Wie inklusiv ist die Inklusionsdebatte? Das Problem sieht auch Aguayo-Krauthausen: „Es ist richtig, auch Nicht-Behinderten die Möglichkeit zu geben, für die Rechte von Behinderten zu kämpfen”, sagt Aguayo-Krauthausen, „denn auch ein Mann kann Feminist sein. Aber nicht an der Spitze der Bewegung“.