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Einleitung

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Das Rö­mi­sche Wel­treich liegt in Trüm­mern, aber es ist nicht tot. Es lebt ein ge­stei­ger­tes Le­ben, seit es nicht mehr Wirk­lich­keit ist; denn es ist Idee ge­wor­den. Ei­nem Lie­de gleicht es, das in das Ohr ei­nes Schla­fen­den dringt und ihm wun­der­ba­re Träu­me er­zeugt. Nichts, das man am Tage hört, tönt so laut, so hin­rei­ßend; er­in­nert man sich wa­chend sei­ner auch nicht deut­lich, so bleibt man doch sei­ner un­ver­gleich­li­chen Schön­heit be­wusst, die ewi­ge Sehn­sucht er­regt. Es hob das Herz wie ein Schlacht­ge­sang, strah­lend von Ma­je­stät und Tri­umph, es durch­bohr­te das Herz mit fei­er­li­cher Trau­er wie ein Cho­ral. Wel­t­herr­schaft und Chris­ten­tum wa­ren dar­in ver­schmol­zen, Im­pe­ri­um sine fine de­di – End­los dau­re das Reich, das ich gab. Die Ver­kün­di­gung Ju­pi­ters, des Va­ters der Göt­ter und Men­schen, durch die Vir­gil dem Rö­mer­reich un­end­li­che Dau­er ver­heißt, schlug in einen ge­wal­ti­gen Ak­kord zu­sam­men mit den Wor­ten des Herrn, auf wel­che die Kir­che ih­ren An­spruch auf Un­ver­gäng­lich­keit grün­det: Tu es Pe­trus – Du bist Pe­trus, und auf die­sen Fel­sen will ich bau­en mei­ne Ge­mein­de, und die Pfor­ten der Höl­le sol­len sie nicht über­wäl­ti­gen. Göt­ter­wor­te üb­ten bin­den­den Zau­ber, beug­ten die sieg­rei­chen Söh­ne Ger­ma­ni­ens un­ter Rom in Trüm­mern.

Man­che von den Ger­ma­nen hat­ten Rom ge­dient, man­che hat­ten sich ihm un­ter­wor­fen, an­de­re es be­kämpft, es be­siegt, alle glaub­ten an das Rö­mi­sche Reich. Es war eine von Gott er­rich­te­te Ord­nung, von Gott da­durch be­glau­bigt, dass er in­ner­halb die­ses Rei­ches Fleisch ge­wor­den war, au­ßer­halb des­sen das Cha­os der Hei­den­welt bran­de­te, und Rom war sein Haupt. Ro­ma sanc­ta, Roma ae­ter­na. Es war der Sitz der Cäsa­ren ge­we­sen, es war jetzt der Sitz der Päps­te, es konn­te ver­fal­len und ver­öden, es blieb der ma­gi­sche Punkt, durch den die Erde mit den Göt­tern ver­bun­den war. Die Ger­ma­nen wa­ren reich an Ge­gen­wart und Zu­kunft, aber Rom, wenn es auch da­nie­der­lag, be­saß einen Schatz über alle Schät­ze, es be­saß ge­form­te Ver­gan­gen­heit. Alte Kul­tur ist Schwer­kraft, die den Men­schen un­wi­der­steh­lich an­zieht; je nä­her er der Na­tur steht, de­sto wil­li­ger beugt er sich ih­rem ver­gilb­ten Glan­ze. Ver­schie­de­ne ger­ma­ni­sche Völ­ker grün­de­ten Rei­che, die über­ra­schend auf­blüh­ten, ei­ni­ge ver­gin­gen so rasch, wie sie ent­stan­den wa­ren, alle glaub­ten ohne Wur­zel im Zu­fäl­li­gen der ei­ge­nen Kraft zu schwe­ben, bis sie un­ver­gäng­lich gött­li­chen Rechts­grund im Rö­mi­schen Wel­treich fan­den.

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