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Kaiser und Papst

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Das Ge­fühl des deut­schen Vol­kes war so be­lei­digt durch die Art und Wei­se, wie Hein­rich V. sei­nen Va­ter über­lis­tet und ver­ge­wal­tigt hat­te, dass es in ihm als dem ein­zi­gen in der Rei­he sei­ner Kai­ser nur den Bö­sen se­hen konn­te; aber wenn er auch ganz ohne die ge­müt­li­chen Züge war, die dem Deut­schen das Bild sei­ner Gro­ßen lie­bens­wert ma­chen, hat er doch tat­kräf­tig und fol­ge­rich­tig re­giert, und zwar ge­ra­de in Be­zug auf das Ver­hält­nis des Reichs zur Kir­che. Hein­rich V. hat­te sich mit päpst­li­cher Un­ter­stüt­zung ge­gen sei­nen Va­ter auf­ge­lehnt, um das Reich an sich zu brin­gen, nicht um ein Werk­zeug des Paps­tes zu wer­den. Da er als Kö­nig fort­fuhr, Bi­schö­fe ein­zu­set­zen, als ver­ste­he sich das von selbst, brach der Streit zwi­schen Kai­ser und Papst so­fort wie­der aus. Pa­scha­lis II. lieb­te die Deut­schen nicht, aber er war ein ehr­li­cher Geg­ner und rein in sei­ner kirch­li­chen Über­zeu­gung, zu ehr­lich, zu rein für einen Papst, der zu­gleich Be­herr­scher Ita­li­ens und der Welt sein woll­te. Als der Kö­nig den Papst fra­gen ließ, was denn aus ihm wer­den sol­le, und was denn die Grund­la­ge des Rei­ches bil­den sol­le, wenn ihm die In­ve­sti­tur der Bi­schö­fe ent­ris­sen wer­de, da ja die frü­he­ren Kö­ni­ge fast al­les der Kir­che über­ge­ben hät­ten, ant­wor­te­te der Papst: die Kir­che sol­le mit dem Zehn­ten und Op­fer zu­frie­den sein, der Kö­nig aber sol­le alle Gü­ter und Re­ga­li­en, die von Karl, Lud­wig, Otto, Hein­rich und sei­nen üb­ri­gen Vor­gän­gern der Kir­che über­ge­ben wor­den wä­ren, für sich und sei­ne Nach­fol­ger zu­rück­er­hal­ten. Er selbst wol­le die Gü­ter und Re­ga­li­en auf recht­li­che Wei­se der Kir­che neh­men. Es war eine Ant­wort, wie ein Kind sie hät­te ge­ben kön­nen, die ein­zi­ge Ant­wort, die dem Recht ent­sprach, ver­blüf­fend in der Ein­fach­heit und Schär­fe, mit der sie den un­lös­ba­ren Kno­ten des Kon­flik­tes durch­schnitt. Der Kai­ser, ein bes­se­rer Men­schen­ken­ner als der Papst, glaub­te nicht an die von je­nem er­öff­ne­te Mög­lich­keit; aber er konn­te da­bei nur ge­win­nen und stimm­te zu. Eine Be­rei­che­rung der Kro­ne, wie kein Kö­nig sie mehr zu den­ken wag­te, wäre die Rück­ga­be des Kir­chen­gu­tes ge­we­sen, von un­ab­seh­ba­ren, viel­leicht um­wäl­zen­den Fol­gen für das Reich. So wur­de im Jah­re 1111 die merk­wür­di­ge Ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen, bei wel­cher der Kö­nig auf die In­ve­sti­tur ver­zich­te­te, und der Papst eine Ur­kun­de auf­setz­te, um im Na­men der kirch­li­chen Wür­den­trä­ger die Re­ga­li­en, die sie seit Karl dem Gro­ßen er­hal­ten hat­ten, zu­rück­zu­ge­ben. Der ent­rüs­te­te Wi­der­spruch der ita­lie­ni­schen wie der deut­schen Bi­schö­fe zwang Pa­scha­lis, sein ge­ge­be­nes Wort zu­rück­zu­neh­men, wor­auf der Kö­nig um den Ver­rat zu rä­chen, mit ei­nem Heer Rom über­fiel und den Papst nebst ei­ni­gen Bi­schö­fen und Kar­dinälen ge­fan­gen­nahm. Al­lein er hat­te zu viel Fein­de, um in die­sem Strei­te sie­gen zu kön­nen: ein Teil der Bi­schö­fe, Bur­gund und Frank­reich tra­ten auf die Sei­te des Paps­tes, vor al­len Din­gen war es aber wie­der der Ab­fall der Sach­sen, der ihn nö­tig­te, sei­ne Macht ge­gen den Nor­den zu wen­den. Bei­de Tei­le sa­hen end­lich ein, dass sie vom Äu­ßers­ten ih­rer An­sprü­che et­was auf­ge­ben muss­ten, und so kam im Jah­re 1122 auf ei­nem Fürs­ten­ta­ge zu Worms das Kon­kor­dat zu­stan­de; der un­glück­li­che Pa­scha­lis war ei­ni­ge Jah­re vor­her ge­stor­ben. Der Kai­ser ge­währ­te al­len Kir­chen so­wohl im Kö­nig­rei­che wie im Kai­ser­rei­che die ka­no­ni­sche Wahl, näm­lich die Wahl der Bi­schö­fe durch das Ka­pi­tel, und über­ließ dem Papst und der Kir­che die In­ve­sti­tur mit Stab und Ring; der Papst, es war Ca­lix­tus II., er­teil­te dem Kö­nig das Pri­vi­leg, dass die Wahl der Bi­schö­fe und Äbte in sei­ner Ge­gen­wart voll­zo­gen wer­de, dass er bei strit­ti­ger Wahl das Recht des Schiedss­pruchs habe und dass in Deutsch­land der Ge­wähl­te vor dem Empfang der kirch­li­chen Wei­he mit den Re­ga­li­en zu be­leh­nen sei. Im Kai­ser­reich hin­ge­gen, das heißt in Bur­gund und Ita­li­en, sol­le die Wei­he der Be­leh­nung mit den Re­ga­li­en vor­an­ge­hen. Der Papst ließ den Text des Worm­ser Kon­kor­da­tes als In­schrift in ei­nem Ge­mach des La­te­r­ans an­brin­gen, ob­gleich er sich kaum ein­bil­den konn­te, er habe einen be­deu­ten­den Er­folg er­run­gen. Im Grun­de war das, wor­auf der Kö­nig ver­zich­te­te, ge­rin­ger, als das, was er ge­wann. Dass ei­ner be­deu­ten­den Per­sön­lich­keit die Mög­lich­keit blieb, einen be­herr­schen­den Ein­fluss auf die Bi­schö­fe aus­zuü­ben, zeig­te sich wäh­rend der gan­zen Re­gie­rung Fried­richs I.

Von Fried­rich Bar­ba­ros­sa könn­te man viel­leicht sa­gen, dass er die Ge­nia­li­tät der Ge­sund­heit be­saß. Er war nicht her­vor­ra­gend be­gabt, aber doch ge­nug, um alle Ver­hält­nis­se gut be­ur­tei­len zu kön­nen, der ge­sun­de Men­schen­ver­stand er­setz­te, was ihm an Bil­dung fehl­te. Er sprach gut und gern; als er die ers­ten Pro­ben sei­ner Re­de­kunst gab, herrsch­te all­ge­mei­nes Er­stau­nen über dies Ver­mö­gen ei­nes Un­ge­lehr­ten. Man be­haup­te­te, wenn er nicht la­tei­nisch spre­che, un­ter­las­se er es nur, um als Deut­scher die deut­sche Spra­che zu eh­ren. Er konn­te lie­bens­wür­dig und fröh­lich sein, aber im­mer auf dem Grun­de des ge­sam­mel­ten Erns­tes, den sein ho­hes Amt for­der­te. An­de­rer­seits ließ er sich durch kei­nen Schick­sals­schlag, de­ren ihn so man­che tra­fen, ent­mu­ti­gen oder nur nie­der­drücken; nie­mand sah ihn je an­ders als auf­recht und zu­ver­sicht­lich. Das wur­de ihm durch sei­ne kräf­ti­ge Kör­per­lich­keit er­leich­tert. Er war wie in Dra­chen­blut ge­ba­det, ohne dass eine ver­letz­li­che Stel­le ge­blie­ben wäre; noch als äl­te­rer Mann war er im Tur­nier und in der Schlacht im­mer frisch, im­mer freu­dig bei der Sa­che, im­mer kö­nig­lich si­cher. In der Kraft sei­ner Per­sön­lich­keit be­saß er den Zau­ber, der das Glück und die Men­schen fes­selt.

Im Be­ginn sei­ner Re­gie­rung hat­te der Kö­nig Ge­le­gen­heit, einen Vor­teil über den Papst da­von­zu­tra­gen. Schon zur­zeit sei­nes Vor­gän­gers mach­te die Stadt Rom den Ver­such, sich vom Papst un­ab­hän­gig und zu ei­ner selbst­stän­di­gen Re­pu­blik zu ma­chen. In Erin­ne­rung an ihre eins­ti­ge Grö­ße wur­de ein Se­nat ein­ge­setzt, der Kon­rad III. auf­for­der­te, zu kom­men und nach Be­sei­ti­gung des kle­ri­ka­len Wi­der­stan­des von ihm die Kro­ne zu emp­fan­gen. Kon­rad ant­wor­te­te nach län­ge­rem Zö­gern so, dass er für die Ein­la­dung dank­te und sein Kom­men in Aus­sicht stell­te, die ge­mel­de­te Neu­ord­nung aber un­er­wähnt ließ. So ging, ohne dass von kai­ser­li­cher Sei­te da­von No­tiz ge­nom­men wur­de, die rö­mi­sche Be­we­gung wei­ter und ver­band sich mit dem von re­li­gi­ösen Ide­en aus­ge­hen­den Kamp­fe des Ar­nold von Bre­s­cia ge­gen die welt­li­che Macht der Ku­rie. Was die­ser vom geist­li­chen Stand­punkt aus ver­lang­te, dass der Papst sich auf das Geist­li­che be­schrän­ke, woll­ten die Rö­mer, um von der päpst­li­chen Herr­schaft un­be­hin­dert ihre Stel­lung als herr­schen­der Welt­staat wie­der­ge­win­nen zu kön­nen. Papst Eu­gen IV. wur­de ver­trie­ben, Ar­nold und die Stadt Rom for­der­ten Fried­rich auf, sich in Rom die Kai­ser­kro­ne zu ho­len. Ver­mut­lich kam ihm so we­nig wie Kon­rad auch nur auf einen Au­gen­blick der Ge­dan­ke, sich auf die­se Wei­se von sei­nem mäch­ti­gen Geg­ner zu be­frei­en. Die Rö­mi­sche Re­pu­blik hat­te kein Ge­wicht im Ge­dächt­nis der ger­ma­ni­schen Kö­ni­ge ge­gen­über der Erin­ne­rung an das Rö­mi­sche Kai­ser­reich. Ge­wiss war Rom für sich kein Macht­be­reich und mit sei­nem an­spruchs­vol­len, un­ru­hi­gen Adel und sei­ner be­schäf­ti­gungs­lo­sen Be­völ­ke­rung un­ei­nig und un­zu­ver­läs­sig; aber Ar­nold von Bre­s­cia hat­te An­hän­ger, und es war denk­bar, dass ein über ein star­kes Heer ge­bie­ten­der Kö­nig mit den Kräf­ten, die sich ihm in Rom zur Ver­fü­gung stell­ten, et­was aus­rich­ten könn­te. Das al­les aber, was die Rö­mer vor­brach­ten, war für den Kö­nig lee­rer Schall. Wirk­lich­keit hat­te für ihn nur das Im­pe­ri­um, das von Gott den deut­schen Kö­ni­gen ver­mit­tels des Paps­tes über­tra­gen war, wo­von die Krö­nung und Sal­bung durch den Papst in Rom die vollen­den­den Zei­chen wa­ren. Er zwei­fel­te an der Kir­che mit ih­rem Ober­haupt, dem Papst, so we­nig wie an Gott, so we­nig wie am Im­pe­ri­um der deut­schen Kö­ni­ge und sei­nem ei­ge­nen Recht.

Dem glück­li­chen po­li­ti­schen Ge­dan­ken Fried­richs, der Ver­söh­nung mit den Wel­fen, dank­te er es, dass er sich un­ge­hemmt nach Ita­li­en wen­den konn­te; es zeig­te sich, dass ei­nem deut­schen Kö­ni­ge, der über alle Mit­tel des Rei­ches ver­fü­gen konn­te, noch eine große Macht­fül­le zu Ge­bo­te stand. Das ei­ni­ge Reich, ei­nig durch das Zu­sam­men­wir­ken zwei­er Fürs­ten, er­reg­te über­all Be­wun­de­rung und Schre­cken. Die Kö­ni­ge von Dä­ne­mark, Un­garn, Po­len, durch dy­nas­ti­schen Zwist ge­schwächt, muss­ten sich ab­hän­gig be­ken­nen. Nach Ita­li­en zog Fried­rich mit dem Ent­schluss, die­sel­be Stel­lung wie­der­zu­ge­win­nen, die Karl der Gro­ße und Otto der Gro­ße ein­ge­nom­men hat­ten. Er fand Ent­ge­gen­kom­men beim Adel und Wi­der­stand bei den Städ­ten, na­ment­lich bei Mai­land, der größ­ten und reichs­ten; aber ge­ra­de dar­auf leg­te er Wert, dass er die Mit­tel der rei­chen han­del­trei­ben­den Städ­te in die Hand be­käme. Nach al­tem Her­kom­men hielt er eine Ta­gung auf den Ron­ka­li­schen Fel­dern, wo die Le­hens­trä­ger zu er­schei­nen und ihre Le­hen in Empfang zu neh­men hat­ten. Dort wur­de mit Hil­fe von ju­ris­tisch ge­bil­de­ten Per­so­nen un­ter­sucht, was dem Kai­ser zu­ste­he, was nicht; denn es war Fried­rich ernst da­mit, sein Recht, aber nichts als das in An­spruch zu neh­men. Die Ju­ris­ten der be­rühm­ten Schu­len von Bo­lo­gna und Pa­do­va un­ter­stütz­ten ihn über Er­war­ten; für ihre for­ma­lis­ti­sche Den­kart kam ei­nem rö­mi­schen Kö­nig deut­scher Na­ti­on als Nach­fol­ger der rö­mi­schen Cäsa­ren die­sel­be un­um­schränk­te Herr­schaft zu wie den Kai­sern des Al­ter­tums. Nach ih­ren An­sprü­chen war ein rö­mi­scher Kö­nig nicht sehr ver­schie­den von ei­nem De­spo­ten, der über Hab und Gut sei­ner Un­ter­ta­nen ver­fü­gen kann. Fried­rich war sich be­wusst, dass er in Rechts­fra­gen an die Zu­stim­mung der Gro­ßen sei­nes Rei­ches ge­bun­den war; aber die aus dem rö­mi­schen Recht ge­schöpf­ten Sen­ten­zen über die Gött­lich­keit der Kai­ser­wür­de ho­ben doch sein im­pe­ra­to­ri­sches Selbst­ge­fühl. Vor al­len Din­gen den Städ­ten ge­gen­über glaub­te er un­be­ding­ter Herr zu sein; er sah in ih­nen nicht wie im ho­hen Adel Ge­nos­sen, nicht we­nigs­tens durch den krie­ge­ri­schen Be­ruf ihm An­ge­gli­che­ne wie die Dienst­leu­te, die Mi­nis­te­ria­len, son­dern dem Stan­de nach Tie­fer­ste­hen­de, em­por­ge­kom­me­ne Un­ter­ta­nen, die schlecht­weg zu ge­hor­chen hat­ten. Al­ler­dings ach­te­te er die von sei­nen Vor­gän­gern er­teil­ten Pri­vi­le­gi­en, nicht aber, was durch Ge­wohn­heit üb­lich ge­wor­den, von den Aus­üben­den als Recht be­trach­tet wur­de. Fried­richs Auf­tre­ten war un­wi­der­steh­lich, der An­blick schon sei­ner kriegs­tüch­ti­gen deut­schen Rit­ter, ih­rer gleich­mä­ßig kraft­vol­len, elas­ti­schen, blit­zen­den Ge­stal­ten ver­brei­te­te Schre­cken. Den be­fes­tig­ten Städ­ten ge­gen­über mit ih­ren ge­wal­ti­gen Tür­men und Bas­tio­nen ge­nüg­ten al­ler­dings die Kat­zen und Igel und Wid­der nicht, wie denn im gan­zen Mit­tel­al­ter sehr sel­ten eine Be­la­ge­rung den Zweck er­reich­te; aber in of­fe­ner Schlacht blie­ben die Deut­schen Sie­ger.

Ob­wohl Fried­rich das auf­rüh­re­ri­sche Rom un­ter­warf, Ar­nold von Bre­s­cia aus­lie­fer­te und dem Papst die Rück­kehr in sei­ne Stadt er­mög­lich­te, blieb Ha­dri­an I., der ein­zi­ge Eng­län­der auf dem rö­mi­schen Stuh­le, miss­trau­isch ab­leh­nend. Da bei der Be­geg­nung Fried­rich sich wei­ger­te, dem Papst den Stall­meis­ter­dienst zu leis­ten, näm­lich ihm beim Be­stei­gen des Pfer­des den Steig­bü­gel zu hal­ten, wei­ger­te sich der Papst, ob­wohl Fried­rich ihm den Fuß küss­te, ihm den Frie­dens­kuss zu ge­ben. Ge­treu sei­nem Ge­rech­tig­keits­sinn rief Fried­rich die Fürs­ten, die ihn be­glei­te­ten, zu­sam­men und über­ließ ih­nen zu ent­schei­den, was Rech­tens sei. Das Reich soll­te dar­über ent­schei­den, was sich mit kai­ser­li­cher Ehre ver­ei­nen las­se. Das Ur­teil der Her­ren fiel zu­guns­ten des Paps­tes aus: es war Über­lie­fe­rung, dass Pi­pin der Kur­ze dem Papst, als er ins Fran­ken­reich kam, den Mar­schalls­dienst ge­leis­tet habe, und die äl­te­ren un­ter den An­we­sen­den er­in­ner­ten sich, von Lo­thar das­sel­be ge­se­hen zu ha­ben. Fried­rich füg­te sich der Ent­schei­dung und hielt im An­ge­sicht des Hee­res dem Papst die Steig­bü­gel, wor­auf er den Frie­dens­kuss emp­fing. Zwei in der Wur­zel feind­li­che Ge­wal­ten wur­den durch künst­li­che Ver­an­stal­tung auf der schma­len Schnei­de des Ein­ver­ständ­nis­ses er­hal­ten. Nun wur­de Fried­rich nach al­tem Ri­tu­al zum Kai­ser ge­weiht. Vor der sil­ber­nen Pfor­te der Pe­ters­kir­che hielt der Bi­schof von Al­ba­no das ers­te Ge­bet, mit­ten in der Kir­che der Bi­schof von Por­to das zwei­te: »Gott, du ge­heim­nis­vol­ler Schöp­fer der Welt – schüt­te auf die Für­bit­te al­ler Hei­li­gen über die­sen Kö­nig das Füll­horn dei­nes Se­gens aus und fes­ti­ge den Thron sei­nes Rei­ches. Su­che ihn heim wie den Mo­ses im Dorn­busch … und über­gie­ße ihn mit dei­nem Ster­nen­se­gen und dem Tau dei­ner Weis­heit wie Da­vid und sei­nen Sohn Sa­lo­mon.« Es folg­te die Sal­bung durch den Erz­bi­schof von Os­tia und ein Ge­bet, dass durch das hei­li­ge Öl der Se­gen des Trös­ter­geis­tes in das Herz des Kö­nigs ein­drin­gen und ihm die Gabe ver­lei­hen möge, Un­sicht­ba­res zu emp­fan­gen, und, nach­dem er in Ge­rech­tig­keit und Er­bar­mung sei­nes zeit­li­chen Rei­ches ge­wal­tet, ewig­lich mit Chris­tus zu herr­schen. Dann war der Au­gen­blick ge­kom­men, wo der Papst dem Kni­en­den das Dia­dem auf­setz­te mit den Wor­ten: »Empfan­ge das Ruh­mes­zei­chen im Na­men des Va­ters, des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes, da­mit du un­ter Ver­ach­tung des al­ten Fein­des und al­ler Sün­den­be­rüh­rung Recht und Ge­rech­tig­keit lie­best und dich in die­sem Le­ben so er­bar­mungs­voll zei­gest, dass dir un­ser Herr Je­sus Chris­tus in der Ge­mein­schaft der Hei­li­gen die Kro­ne des ewi­gen Rei­ches ver­lei­he.« Als der er­schöpf­te Kai­ser sich zu­rück­zie­hen und spei­sen woll­te, über­fie­len die Rö­mer den Papst, und er muss­te den gan­zen Tag durch kämp­fen. Am an­de­ren Mor­gen ver­ließ er, den Papst und die Kar­dinäle mit sich neh­mend, Rom, und der Papst er­teil­te de­nen, die im Kamp­fe Blut ver­gos­sen hat­ten, Ablass. Da­bei be­rief er sich auf ge­wis­se kirch­li­che Zeug­nis­se, wo­nach der Krie­ger, der, im Ge­hor­sam ge­gen sei­nen Fürs­ten, kämp­fend Blut ver­gießt, nach ir­di­schem und himm­li­schem Ge­setz kein Mör­der, son­dern ein Straf­voll­stre­cker sei.

Eine merk­wür­di­ge Schi­ckung woll­te, dass die­ser selbst­be­wuss­te und den­noch, ob­wohl zu­wei­len hart und zu­wei­len durch Zorn und das Ge­fühl ge­kränk­ter Ma­je­stät zu grau­sa­men Hand­lun­gen be­wo­gen, maß­vol­le Kö­nig, sich dem Ein­fluss ei­nes Man­nes er­gab, der ihn auf eine ge­fähr­li­che Bahn und in dra­ma­ti­sche Ver­wick­lun­gen riss, wie sein ei­ge­ner Cha­rak­ter sie wo­mög­lich ver­mie­den hät­te. Die­ser Mann war der Kanz­ler des Reichs, Rainald, aus dem Ge­schlecht der an der We­ser be­gü­ter­ten Gra­fen von Das­sel. Be­herrsch­te er den Kai­ser, weil er so sehr von ihm ver­schie­den war? In ganz an­de­rer Art wie Fried­rich war auch er zum Herr­scher ge­bo­ren, so wie ein heid­nischer Wi­kin­ger­füh­rer, dem die Welt ge­hört, so­weit er sie er­obern kann. Fried­rich war ganz und gar Im­pe­ra­tor, sich im­mer der furcht­ba­ren Verant­wor­tung be­wusst, mit der die Kro­ne des großen Karl ihn be­las­te­te, und die nur ein streng zu­sam­men­ge­fas­s­ter Geist er­tra­gen konn­te. Rainald von Das­sel fühl­te sich nur sei­nem Ge­nie ver­ant­wort­lich. Sein Ge­nie schuf ihm ein Reich, in dem er auch das Aben­teu­er­li­che wa­gen konn­te, wenn es he­ro­isch war. Er er­kann­te die Mäch­te sei­ner Zeit wohl an, die Kir­che, den Kai­ser und sei­ne Ge­nos­sen, die Fürs­ten; aber sie ban­den sei­nen Geist nicht und kaum sei­ne Hän­de. In sei­nem Ge­fol­ge be­fand sich häu­fig ein Dich­ter, der der Nach­welt un­ter dem Na­men des Erz­poe­ten be­kannt ist. Die­sem Na­men­lo­sen, der nichts be­saß als sei­ne klang­vol­len Ver­se, mag der Kanz­ler sich mehr ver­wandt ge­fühlt ha­ben als dem Kai­ser oder ir­gend­ei­nem an­de­ren Men­schen. Der Dich­ter spiel­te ihm eine Mu­sik jen­seits al­ler Din­ge, jen­seits auch al­les des­sen, was die Kir­che lehr­te. In sei­nem per­sön­li­chen Le­ben war Rainald ta­del­los, ent­halt­sam, un­an­greif­bar; man weiß nichts von Frau­en­lie­be in sei­nem Le­ben. Er war ge­bil­det, las gern die al­ten Schrift­stel­ler, aber sein Ele­ment war das tä­ti­ge Le­ben als Staats­mann und Kriegs­mann. Wie von den Kö­ni­gen ha­ben die Zeit­ge­nos­sen von ihm über­lie­fert, dass wei­ches Blond­haar sein schö­nes ge­bräun­tes Ge­sicht um­gab; das Jahr sei­ner Ge­burt hin­ge­gen ha­ben sie nicht auf­ge­zeich­net. Man kann an­neh­men, dass er etwa 35 Jah­re alt war, als er zum ers­ten Male maß­ge­bend in der Öf­fent­lich­keit her­vor­trat.

Das sieg­haf­te Auf­tre­ten des Kai­sers in Rom nahm den Papst mehr ge­gen als für ihn ein. Bald ent­stand ge­gen­sei­ti­ge Ver­stim­mung: Fried­rich war ent­rüs­tet, dass der Papst das Kö­nig­reich Si­zi­li­en und das Her­zog­tum Apu­li­en nebst Nea­pel, Amal­fi und Sa­ler­no ohne ihn zu fra­gen dem Nor­man­nen­her­zog Ro­ger zu Le­hen gab; der Papst nahm es übel, dass Fried­rich nichts zur Be­frei­ung des dä­ni­schen Erz­bi­schofs Es­kil von Lund tat, der in Deutsch­land ge­fan­gen­ge­nom­men war. Un­ver­se­hens kam der von bei­den Sei­ten noch zu­rück­ge­hal­te­ne Un­wil­le zu er­schre­cken­dem Aus­bruch. Der Kai­ser hat­te in zwei­ter Ehe Bea­trix von Bur­gund ge­hei­ra­tet und da­durch, dass ihr Va­ter ohne Hin­ter­las­sung von Söh­nen starb, Bur­gund und die Pro­vence er­wor­ben, ein Ge­biet, das zwar zum Reich ge­hör­te, aber mit sei­ner über­wie­gend ro­ma­ni­schen Be­völ­ke­rung sich mehr und mehr los­ge­löst hat­te. Sei­ne Ab­sicht war, es dem Rei­che wie­der en­ger an­zu­schlie­ßen, und er hielt im Jah­re 1157 in der al­ten Bi­schofs­stadt Be­sançon einen Reichs­tag ab, um die dor­ti­gen Ver­hält­nis­se zu ord­nen. Die an­ge­se­hens­ten Her­ren von Bur­gund, der Erz­bi­schof von Vi­enne, der zu­gleich Erz­kanz­ler von Bur­gund war, der Pri­mas von Lyon und an­de­re leis­te­ten be­reit­wil­lig die Hul­di­gung, wie sich über­haupt zeig­te, dass der jun­ge Kö­nig sich be­reits im gan­zen Abend­lan­de An­se­hen er­wor­ben hat­te. Auf die­ser Ta­gung er­schie­nen zwei Ab­ge­ord­ne­te des Paps­tes, Ro­land, Kar­di­nal­pries­ter von San Mar­co, und der Kar­di­nal­pries­ter von San Cle­men­te, und über­brach­ten ein Schrei­ben des Paps­tes an den Kai­ser mit Vor­wür­fen we­gen der Ge­fan­gen­nah­me des Erz­bi­schofs von Lund, die als eine schänd­li­che Un­tat von vie­hi­scher Wild­heit be­zeich­net wur­de, an der der Kai­ser da­durch, dass er sie nicht be­stra­fe, mit­schul­dig sei. Rainald las als Kanz­ler den Brief vor und ver­deutsch­te ihn. Nach­dem der Papst die Lie­bes­be­wei­se auf­ge­zählt hat­te, durch die er den Kai­ser sei­ner vä­ter­li­chen Ge­sin­nung ver­si­chert habe, kam die fol­gen­de Stel­le: »Und es reut uns auch nicht im min­des­ten, in al­lem dei­nen Wunsch und Wil­len er­füllt zu ha­ben, ja, bei dem Ge­dan­ken, was die Kir­che Got­tes und wir selbst durch dich an Vor­tei­len ge­win­nen könn­ten, wür­den wir uns mit Recht freu­en, wenn es mög­lich ge­we­sen wäre, dass dei­ne Herr­lich­keit aus un­se­rer Hand noch grö­ße­re Be­ne­fi­cia emp­fan­gen hät­te.« Das Wort Be­ne­fi­cia hät­te Rainald mit Wohl­ta­ten über­set­zen kön­nen; aber er wähl­te das Wort Le­hen. Als Fried­rich das ers­te Mal in Rom war, sah er im La­te­ran ein Bild des Kai­sers Lo­thar, wie er dem Papst den Steig­bü­gel hält, und dar­un­ter einen Vers, der be­sag­te, dass der Kai­ser Le­hens­mann des Paps­tes ge­wor­den sei und die Kro­ne von ihm emp­fan­gen habe. Er hat­te vom Papst die Zu­sa­ge ver­langt und er­hal­ten, dass das Bild mit der In­schrift ent­fernt wür­de. Dass trotz­dem in man­chen Krei­sen Roms, na­ment­lich in der Um­ge­bung des Paps­tes, die Auf­fas­sung be­stand, der Kai­ser emp­fan­ge in Rom Kai­ser­tum und Kro­ne als ein päpst­li­ches Ge­schenk, wuss­te der Kai­ser. In die­sem Sin­ne klang das Wort Be­ne­fi­cia oder Le­hen wie eine Her­aus­for­de­rung, und in den Rei­hen der an­we­sen­den Fürs­ten äu­ßer­te sich laut und hef­tig der Zorn. An­statt den Text des Brie­fes ge­schickt aus­zu­le­gen, rief ei­ner der Le­ga­ten frech in den Lärm hin­ein: »Von wem hat denn der Kai­ser sein Kai­ser­tum, wenn nicht vom Herrn Papst!«, da­mit die Be­deu­tung, die Rainald von Das­sel in das Wort ge­legt hat­te, als rich­tig zu­ge­ste­hend. Der Pfalz­graf von Bay­ern, Otto von Wit­tels­bach, ein be­son­ders treu­er und ver­dien­ter An­hän­ger des Kai­sers, zog sein Schwert, um die Be­schimp­fung des Rei­ches zu rä­chen; der Kai­ser trat so­fort schüt­zend vor die Be­droh­ten und sorg­te da­für, dass sie un­ver­letzt in ihre Her­ber­ge ge­bracht wur­den, be­fahl ih­nen aber, un­ver­züg­lich nach Rom zu­rück­zu­rei­sen. Den gan­zen Vor­gang schil­der­te der Kö­nig den Fürs­ten in ei­nem Rund­schrei­ben, das mit den Wor­ten schloss, er hof­fe, ihre Treue wer­de nicht zu­las­sen, dass die Ehre des Rei­ches, das seit der Grün­dung Roms und Ein­füh­rung des christ­li­chen Glau­bens bis auf die ge­gen­wär­ti­ge Zeit ruhm­voll be­stan­den habe, durch eine so un­er­hör­te Neue­rung und an­ma­ßen­de Über­he­bung ge­min­dert wer­de. »Ich selbst wer­de ohne Wan­ken eher in den Tod ge­hen, als un­ter un­se­rer Re­gie­rung solch einen schmach­vol­len Um­sturz dul­den.« Der Papst hoff­te, we­nigs­tens die geist­li­chen Reichs­fürs­ten auf sei­ne Sei­te zie­hen zu kön­nen; aber er muss­te er­le­ben, dass sie ein­mü­tig zum Kai­ser hiel­ten. Sie teil­ten Ha­dri­an in ei­nem ge­mein­sa­men Schrei­ben mit, der Kai­ser habe ih­nen auf ihr Er­su­chen in ge­zie­men­der Wei­se sei­nen Stand­punkt er­klärt. Zwei Rechts­quel­len gebe es für die Reichs­re­gie­rung, habe er ih­nen ge­schrie­ben, die Ge­set­ze des Kai­sers und das Ge­wohn­heits­recht. Die Schran­ken der Kir­che wol­le er nicht über­schrei­ten, dem Hei­li­gen Va­ter wol­le er gern die schul­di­ge Ehr­furcht er­wei­sen, aber die freie Kro­ne sei­nes Kai­ser­rei­ches hal­te er ein­zig für Got­tes Be­ne­fi­ci­um. Bei der Wahl habe der Erz­bi­schof von Mainz die ers­te Stim­me, dann folg­ten die üb­ri­gen Fürs­ten, die Sal­bung zum Kö­ni­ge ste­he dem Erz­bi­schof von Köln zu, die höchs­te, die zum Kai­ser, dem Papst, was dar­über hin­aus­ge­he sei vom Übel. Er wer­de eher die Kro­ne nie­der­le­gen, als zu ei­ner Er­nied­ri­gung der Kro­ne und zu­gleich sei­ner Per­son sei­ne Zu­stim­mung ge­ben. Der Wie­der­ga­be des kai­ser­li­chen Schrei­bens füg­ten die Bi­schö­fe die Bit­te hin­zu, der Papst möge ihre Schwä­che scho­nen und den Kai­ser be­sänf­ti­gen, da­mit die Kir­che sich der Ruhe er­freue und das Reich sei­nes Ruh­mes ge­nie­ße. An­ders als vor hun­dert Jah­ren Hein­rich IV. führ­te Fried­rich I. das Zep­ter. Ha­dri­an sah sich ge­zwun­gen nach­zu­ge­ben, umso mehr, als er er­fuhr, dass Rainald von Das­sel und Otto von Wit­tels­bach, die feu­rigs­ten Rit­ter der kai­ser­li­chen Ehre, be­reits als kai­ser­li­che Ge­sand­te in Ita­li­en ein­ge­trof­fen wa­ren. Zwei Kar­dinäle muss­ten ein Schrei­ben nach Augs­burg brin­gen, wo der Kai­ser sich auf­hielt, in dem er er­klär­te, dass er das Wort Be­ne­fi­ci­um nicht im Sin­ne von Le­hen, son­dern von Wohl­tat ge­braucht habe.

Der Treue sämt­li­cher Fürs­ten si­cher, führ­te Fried­rich ein großes Heer nach Ita­li­en und er­zwang die Un­ter­wer­fung Mai­lands. Sei­ne Stel­lung ver­stärk­te sich noch da­durch, dass der Tod zwei­er Kir­chen­fürs­ten ihm er­mög­lich­te, die höchs­ten Reichs­wür­den mit Män­nern von un­er­schüt­ter­lich reichs­treu­er Ge­sin­nung zu be­set­zen: Rainald von Das­sel wur­de Erz­bi­schof von Köln und ei­ni­ge Jah­re spä­ter Chris­ti­an, der nach Rainald Kanz­ler ge­wor­den war, Erz­bi­schof von Mainz. Dass der mäch­tigs­te welt­li­che Fürst und die bei­den höchs­ten geist­li­chen Fürs­ten, Hein­rich der Löwe, Rainald von Das­sel und Chris­ti­an von Beich­lin­gen, ge­nia­le Per­sön­lich­kei­ten und kai­ser­lich ge­sinnt wa­ren, das war ein Zu­sam­men­strö­men von Kräf­ten, wie es die Mit­tags­zei­ten der Völ­ker zu be­zeich­nen pflegt. So­wohl Mai­land wie der Papst muss­ten sich der Über­macht beu­gen; al­ler­dings aber war es nur ein Zu­rück­wei­chen vor der Ge­walt, kein Auf­ge­ben der An­sprü­che. Un­aus­ge­tra­gen blieb der Streit über die Mat­hil­di­schen Gü­ter, über Si­zi­li­en und Apu­li­en, über die In­ve­sti­tur; der Kai­ser be­klag­te sich, dass der Papst ohne ihn zu fra­gen, Ge­sand­te nach Deutsch­land, der Papst, dass der Kai­ser Ge­sand­te nach Rom schick­te, wo al­les, Leu­te und Re­ga­li­en, ihm ge­hö­re. Da er nach Got­tes An­ord­nung rö­mi­scher Kai­ser hei­ße, sag­te Fried­rich, so wür­de er nur ein Schat­ten­kai­ser mit lee­rem Na­men ohne Be­deu­tung sein, wenn er die Ge­walt über die Stadt Rom aus der Hand lie­ße. Als Ha­dri­an im Jah­re 1159 im Ster­ben lag, ließ er die Kar­dinäle schwö­ren, nur einen sol­chen Papst zu wäh­len, der den Kampf ge­gen den Kai­ser zu Ende füh­re; so we­nigs­tens sag­te und glaub­te man. Die Kar­dinäle wa­ren ge­teil­ter Mei­nung: die­je­ni­gen die den Frie­den woll­ten, wähl­ten Ok­ta­vi­an, der sich als Papst Vik­tor IV. nann­te, die Geg­ner des Kai­sers je­nen Ro­land, der den ver­häng­nis­vol­len Auf­tritt auf dem Reichs­ta­ge zu Be­sançon her­bei­ge­führt hat­te; er hieß als Papst Alex­an­der III. Fried­rich hielt es für rich­tig, sich nicht selbst für einen Papst zu ent­schei­den, son­dern ein Kon­zil zu be­ru­fen; in Din­gen, die Gott be­trä­fen, sag­te er, ste­he ihm kein Ur­teil zu, aber er habe das Recht, Kon­zi­li­en zu be­ru­fen, wie Kon­stan­tin, Theo­do­si­us, Karl und Otto ge­tan hät­ten. Per­sön­lich bei­woh­nen tat er dem Kon­zil, das in Pa­via statt­fand, nicht. Nach lan­gen Un­ter­su­chun­gen und Zwei­feln er­klär­te sich die Ver­samm­lung für Vik­tor; die Ver­wer­fung Alex­an­ders wur­de da­mit be­grün­det, dass er sich dem Kon­zil nicht ge­stellt habe, dass er sich of­fen als Reichs­feind zei­ge, in­dem er sich mit Mai­land und Si­zi­li­en ver­bün­det habe, wo­durch die Zwie­tracht zwi­schen Kai­ser­tum und Pries­ter­tum ver­ewigt wer­de. Da die lom­bar­di­schen Städ­te im Au­gen­blick wehr­los wa­ren, blie­ben dem schis­ma­ti­schen Papst Alex­an­der nur zwei Mäch­te, auf die er sich stüt­zen konn­te: das Nor­man­nen­reich Si­zi­li­en und Frank­reich.

Von dem Au­gen­blick an, wo es nicht mehr durch in­ne­re Zer­würf­nis­se ge­schwächt war, blick­te Frank­reich ei­fer­süch­tig auf das Rö­mi­sche Reich deut­scher Na­ti­on. Al­ler­dings dämpf­te der be­gin­nen­de Ge­gen­satz zwi­schen Eng­land und Frank­reich die Feind­se­lig­keit Lud­wigs VII., aber sie war doch so we­nig ver­hehlt, dass Alex­an­der III. sich mit ihm ver­stän­di­gen konn­te; es ge­lang ihm so­gar, einen Frie­den zwi­schen Eng­land und Frank­reich zu­stan­de zu brin­gen. Da­mit be­gann das sich im­mer er­neu­ern­de und fes­ti­gen­de Bünd­nis, des­sen Spit­ze sich ge­gen Deutsch­land kehr­te, von dem der fran­zö­si­sche Kö­nig als Frucht die Über­tra­gung des Kai­ser­tums von Deutsch­land auf Frank­reich er­hoff­te.

Der Tod Vik­tors IV. im Jah­re 1164 gab Ge­le­gen­heit, das Schis­ma auf­zu­he­ben, wenn Fried­rich sich zur Aner­ken­nung Alex­an­ders be­quem­te. Es ist an­zu­neh­men, dass er dazu ge­neigt war. Ein Schis­ma führ­te viel Un­zu­träg­lich­kei­ten für das gan­ze Reich mit, es ge­hör­te zu den ers­ten Pf­lich­ten des Kai­sers, die gute Be­zie­hung zwi­schen Ku­rie und Im­pe­ri­um her­zu­stel­len. Wie konn­te er wis­sen, wie lan­ge die Treue der Fürs­ten in so ge­spann­ter Lage aus­dau­ern wür­de. Aber schon seit ei­ner Rei­he von Jah­ren herrsch­te ein an­de­rer ne­ben dem Kai­ser: Rainald von Das­sel. Der stol­ze Sach­se er­wog nichts als sei­nen Hass und sei­ne Kraft; kein Zwei­fel kam ihm an, ob er in dem un­ge­heu­ren Kamp­fe sie­gen könn­te. Um dem Kai­ser die Mög­lich­keit der Ver­söh­nung ab­zu­schnei­den, be­trieb er in Eile die Wahl ei­nes neu­en kai­ser­li­chen Paps­tes; es war Pa­scha­lis III. Wenn der Kai­ser über die Ei­gen­mäch­tig­keit des Erz­bi­schofs ver­stimmt war, so war er es nicht auf lan­ge; auch dass Rainald mit ei­nem Bru­der des Kai­sers im Strei­te lag, wur­de ver­zie­hen. Als Zei­chen sei­ner Gunst be­schenk­te Fried­rich sei­nen Ge­treu­en mit ei­ner Re­li­quie von un­schätz­ba­rem Wert, den Lei­bern der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge, der Ma­gier, wie man sie zu nen­nen pfleg­te. Der Sage nach führ­te der Erz­bi­schof den wun­der­tä­ti­gen Schatz, der sei­ne Stadt zum hei­li­gen Köln mach­te, durch die zier­li­che Pfor­te bei Sankt Ma­ria im Ka­pi­tol heim, nach­dem er sich auf Um­we­gen durch Hoch­bur­gund rei­send vor den Nach­stel­lun­gen des Paps­tes und Frank­reichs ge­ret­tet hat­te. Um sei­ner Po­li­tik Er­folg zu si­chern, ging er nach Eng­land und brach­te ein Bünd­nis mit Kö­nig Hein­rich II. zu­stan­de. Nicht nur die Ver­bin­dung ei­ner Toch­ter des eng­li­schen Kö­nigs mit ei­nem Soh­ne Bar­ba­ros­sas wur­de zur Be­sie­ge­lung des Bun­des ins Auge ge­fasst, son­dern auch die Ver­mäh­lung von Hein­richs Toch­ter Mat­hil­de mit Hein­rich dem Lö­wen; die Ehe des Her­zogs mit Cle­men­tia von Zäh­rin­gen muss­te zu die­sem Zweck auf­ge­löst wer­den. Auf ei­nem Reichs­ta­ge zu Würz­burg im Früh­ling des Jah­res 1165 er­rang Rainald einen fast er­schre­cken­den Tri­umph, in­dem er den Kai­ser und alle an­we­sen­den Fürs­ten be­wog, sich durch einen Eid zu ver­pflich­ten, dass sie im­mer an Pa­scha­lis fest­hal­ten, nie­mals zu Alex­an­der über­ge­hen woll­ten. Umso er­staun­li­cher war der Er­folg, als nicht nur der Kai­ser einen so ge­walt­tä­ti­gen Schritt miss­bil­lig­te, son­dern auch ein so be­deu­ten­der und ein­fluss­rei­cher Mann wie der Erz­bi­schof Wich­mann von Mag­de­burg da­ge­gen war. War sein Wil­le der Zau­ber, der die Her­zen wen­de­te? Das des Kai­sers ge­hör­te wie­der ganz ihm. Im Hoch­ge­fühl sei­ner welt­be­herr­schen­den Macht ließ Fried­rich, als er in Aa­chen das Weih­nachts­fest fei­er­te, den Sar­ko­phag Karls des Gro­ßen öff­nen und den Be­grün­der des Rei­ches durch Pa­scha­lis hei­lig­spre­chen. Aa­che­ner Gold­schmie­de be­ka­men den Auf­trag, einen Schrein zur Auf­nah­me der Ge­bei­ne her­zu­stel­len.

Die au­gen­schein­li­che Ab­sicht der Mai­län­der, ihre zer­stör­te Stadt wie­der auf­zu­bau­en, und die Um­trie­be des Ge­gen­paps­tes Alex­an­der führ­ten den Kai­ser nach Ita­li­en; Rainald war ihm vor­aus­ge­gan­gen, um Pa­scha­lis nach Rom zu füh­ren. Wäh­rend der Kai­ser sieg­reich die Lom­bar­dei durch­zog, kam es um Pfings­ten 1167 bei Tus­cu­lum zur Schlacht. Die­se stets kai­ser­li­che Stadt hat­te Rainald mit sei­nem klei­nen Heer Köl­ner Rit­ter auf­ge­nom­men und wur­de nun durch ein an Zahl weit über­le­ge­nes rö­mi­sches be­la­gert. Die Lage der Ein­ge­schlos­se­nen war ver­zwei­felt, als in letz­ter Stun­de Erz­bi­schof Chris­ti­an von Mainz mit bra­ban­ti­schen Sol­da­ten her­an­rück­te, um Tus­cu­lum zu ent­set­zen. Dem Heer der Rö­mer ge­gen­über war ihre Zahl so ge­ring, dass sie trotz al­ler Tap­fer­keit zu wei­chen be­gan­nen; da brach Rainald mit sei­nen köl­ni­schen Rit­tern, hoch­ed­le nann­te er selbst sie, aus der Stadt her­vor, und die bei­den krie­ge­ri­schen Erz­bi­schö­fe er­foch­ten ge­mein­sam einen voll­stän­di­gen, einen über­wäl­ti­gen­den Sieg. Von 30 000 Rö­mern kehr­ten nach Rainalds An­ga­be nur 2000 zu­rück. Die Beu­te, so schrieb er sei­nen Köl­nern, hät­ten sei­ne Köl­ner Rit­ter, mit dem Sie­ge zu­frie­den, den Bra­ban­tern über­las­sen, um ih­ren ho­hen Sinn ge­gen­über den Söld­nern zu zei­gen. Rainald hat­te sei­ne Auf­ga­be ge­löst: er führ­te Kai­ser und Papst nach Rom, wo Pa­scha­lis die Kai­se­rin Bea­trix, die ih­ren Mann stets zu be­glei­ten pfleg­te, krön­te und salb­te. Alex­an­der III. war aus Rom ent­flo­hen und hat­te Zuf­lucht in Be­ne­vent ge­fun­den.

Fried­richs Oheim, Bi­schof Otto von Frei­sing, macht in sei­nem Buch von den Ta­ten des Kai­sers ein­mal die Be­mer­kung, die Ärz­te sa­gen, es sei bes­ser zur Höhe als auf der Höhe; denn die aus vie­ler­lei zu­sam­men­ge­setz­te Na­tur blei­be nie im glei­chen Zu­stan­de, stre­be zur Auf­lö­sung. Was auf der Höhe an­ge­langt sei, müs­se sich ab­wärts be­we­gen. Dies Ge­setz voll­zog sich nach dem Sie­ge von Tus­cu­lum mit grau­en­vol­ler Pünkt­lich­keit. Es war Som­mer, eine Seu­che brach aus und ver­brei­te­te sich, an der das Heer und sei­ne Füh­rer zu­grun­de gin­gen. Es star­ben Her­zog Fried­rich von Schwa­ben, der Sohn Kö­nig Kon­rads III., der jün­ge­re Welf, der an Stel­le sei­nes Va­ters des­sen ita­lie­ni­sche Be­sit­zun­gen ver­wal­te­te, der Pfalz­graf von Tü­bin­gen, die Gra­fen von Sulz­bach und Lip­pe, die Bi­schö­fe von Prag, Ver­den, Lüt­tich, Re­gens­burg, Augs­burg, Zeitz und Spey­er und, als Uner­setz­lichs­ter von al­len, Rainald von Das­sel, der Erz­bi­schof von Köln. Wie ein ge­schla­ge­nes Heer flüch­te­ten die Über­le­ben­den, wie und wo ein je­der konn­te, über die Ber­ge nach Deutsch­land zu­rück.

Deutsche Geschichte

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