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Die Kreuzzüge

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Durch den Chro­nis­ten Ecke­hard von Aura er­fah­ren wir, dass von der Kreuz­zugs­pre­digt, die im Jah­re 1096 die West­fran­ken so mäch­tig auf­reg­te, nach Deutsch­land kei­ne Kun­de drang, so­dass die Deut­schen, als Kreuz­fah­rer aus dem Nach­bar­lan­de über die Gren­ze ka­men, sie als Nar­ren ver­höhn­ten, Nar­ren, die, wie sie sag­ten, das Ge­wis­se für Un­ge­wis­ses auf­ga­ben, das Va­ter­land ver­lie­ßen, um ein un­si­che­res Land der Ver­hei­ßung auf­zu­su­chen, auf ihr Ei­gen­tum ver­zich­te­ten, um frem­des Gut zu er­wer­ben. Als etwa fünf­zig Jah­re spä­ter Bern­hard von Clair­vaux die Kreuz­zugs­pre­digt er­neu­er­te, nann­ten die Jahr­bü­cher von Würz­burg dies Er­eig­nis eine schwe­re Heim­su­chung der abend­län­di­schen Kir­che, und die Pre­di­ger, die zu ei­nem so un­sin­ni­gen Un­ter­neh­men auf­for­der­ten, Söh­ne des Be­li­al und Jün­ger des An­ti­christ. Spricht auch nicht die Mei­nung al­ler aus sol­chen ver­ein­zel­ten Äu­ße­run­gen, so geht doch aus den Tat­sa­chen her­vor, dass die Idee der Kreuz­zü­ge vom Papst aus­ging und von den Fran­zo­sen und Nor­man­nen am feu­rigs­ten er­grif­fen wur­de. Ecke­hard von Aura er­klärt die Emp­fäng­lich­keit der Fran­zo­sen da­mit, dass Gal­li­en in den letz­ten Jah­ren durch Bür­ger­krieg und Hun­gers­not sehr ge­lit­ten habe und des­halb von sei­nen Be­woh­nern gern ver­las­sen wer­de; al­lein der Grund ist ge­wiss auch dar­in zu su­chen, dass die Rit­ter­lich­keit und Aben­teu­er­lust des fran­zö­si­schen Adels da­heim nicht ge­nü­gend Nah­rung fan­den. In Deutsch­land war das an­ders. Im Nor­den und Os­ten wa­ren die Deut­schen von teils heid­nischen, teils noch nicht lan­ge und nicht gründ­lich chris­tia­ni­sier­ten Völ­kern um­ge­ben, mit de­nen sie in ei­nem nur sel­ten un­ter­bro­che­nen Kamp­fe stan­den. Der Ge­dan­ke lag nah und wur­de auch aus­ge­spro­chen, dass die Auf­ga­be der Be­kämp­fung der Hei­den eben­so gut, ja bes­ser zu Hau­se als in der Fer­ne aus­ge­führt wer­den kön­ne, was die Päps­te an­er­kann­ten, in­dem sie förm­lich die krie­ge­ri­schen Un­ter­neh­mun­gen ge­gen die Sla­wen wie auch sol­che ge­gen die Ket­zer als Kreuz­zü­ge be­zeich­ne­ten und sie an Ver­dienst den ei­gent­li­chen gleich­stell­ten. Selbst Kai­ser Kon­rad III., ob­wohl von Bern­hard von Clair­vaux an­ge­feu­ert, lehn­te die Be­tei­li­gung am Kreuz­zu­ge ab, weil er bei der Un­si­cher­heit im Rei­che sei­ne An­we­sen­heit mit Recht für not­wen­dig hielt; erst als der wort­ge­wal­ti­ge Pre­di­ger ihn öf­fent­lich in der Kir­che be­stürm­te, gab er nach, au­gen­schein­lich von der Er­grif­fen­heit Bern­hards wirk­lich mit hin­ge­ris­sen. Auch beim ers­ten Kreuz­zu­ge wur­den in Deutsch­land all­mäh­lich eine nicht ge­rin­ge An­zahl Men­schen von der Be­geis­te­rung an­ge­steckt oder durch sons­ti­ge Grün­de zum An­schluss be­wo­gen; sie zo­gen un­ge­ord­net aus und wur­den schon in Un­garn auf­ge­rie­ben. Als An­trieb zur Kreuz­fahrt füh­ren zeit­ge­nös­si­sche Chro­nis­ten meh­re­res an: den Wunsch, frem­de Län­der zu se­hen, hei­mi­scher Ar­mut und drän­gen­den Gläu­bi­gern zu ent­flie­hen, sich der Knecht­schaft oder etwa gar der Stra­fe für be­gan­ge­ne Ver­bre­chen zu ent­zie­hen; nur we­ni­ge, mei­nen sie, sei­en er­füllt von dem Dran­ge, ihr Le­ben für die Be­frei­ung des Hei­li­gen Gra­bes ein­zu­set­zen. Den­noch ist ge­wiss, dass die Be­frei­ung und Erobe­rung des Gra­bes Chris­ti ein mäch­ti­ger Im­puls für vie­le war. Wie wer es ir­gend ver­moch­te, nach Je­ru­sa­lem pil­ger­te, um die Orte zu se­hen und die Erde zu be­rüh­ren, wo des Hei­lands Füße ge­stan­den, in der Mei­nung, sich durch sol­che Wall­fahrt zu ent­sün­di­gen, sich dem Him­mel um ei­ni­ge Stu­fen zu nä­hern, so emp­fand man auch die Schmach, das höchs­te christ­li­che Hei­lig­tum im Be­sitz der Hei­den zu wis­sen. Ließ man doch die Fah­ne nicht in der Hand des Fein­des; wie viel we­ni­ger woll­te man ihm die Hei­mat und das Grab des­je­ni­gen über­las­sen, zu dem je­der als zu sei­nem Herrn und Hei­land die le­ben­digs­te Be­zie­hung hat­te. Wenn sich dies Mo­tiv auch mit der un­ge­mei­nen Rei­se­lust des Mit­tel­al­ters und an­de­ren Ab­sich­ten ver­schie­de­ner Art ver­misch­te, so war es doch im­mer ein all­ver­ständ­li­cher, an seit der Kind­heit ge­heg­te An­schau­un­gen rüh­ren­der An­klang.

Von den Päps­ten, zu­erst von Ur­ban II., ging die Idee der Kreuz­zü­ge aus, wie ih­nen ja auch die Auf­ga­be, das Chris­ten­tum über die gan­ze Erde zu ver­brei­ten, haupt­säch­lich zu­stand; gra­de das Hei­li­ge Land, der Chris­ten­heit so denk­wür­dig, den Ungläu­bi­gen zu ent­rei­ßen, muss­te ih­nen am Her­zen lie­gen. Die Kai­ser, die das Schwert für den Papst führ­ten und sei­nen Wel­t­herr­schafts­ge­dan­ken teil­ten, wä­ren vor al­len be­ru­fen ge­we­sen, sich an die Spit­ze der gott­ge­weih­ten Heer­fahrt zu stel­len; al­lein erst Fried­rich Bar­ba­ros­sa hat das er­fasst und groß­ar­tig, wie es sei­ne Art war, ins Werk ge­setzt.

Als Sala­din in­fol­ge sei­nes Sie­ges bei Hit­tim Je­ru­sa­lem er­obert hat­te, und Papst Gre­gor VIII. zur Wie­de­r­er­obe­rung des Hei­li­gen Lan­des auf­for­der­te, mach­te das Wort des päpst­li­chen Ge­sand­ten auf dem Hof­ta­ge zu Straß­burg all­ge­mein tie­fen Ein­druck, der Kai­ser selbst aber nahm das Kreuz erst, nach­dem sein Streit mit dem Erz­bi­schof von Köln bei­ge­legt war, und die Aner­ken­nung sei­nes Soh­nes Hein­rich durch den Papst ihm die Ge­währ bot, dass die Re­gie­rung des Rei­ches wäh­rend sei­ner Ab­we­sen­heit in star­ken Hän­den ruh­te; dann un­ter­nahm er den Kreuz­zug mit sei­ner gan­zen Ener­gie, Um­sicht und Be­son­nen­heit. Mit Un­garn wur­den Verab­re­dun­gen über die Durch­rei­se, die Er­näh­rung, die Lie­fe­rung und Prei­se von Le­bens­mit­teln ge­trof­fen, auch nach Grie­chen­land wur­den vor­be­rei­ten­de Bo­ten ge­schickt. Die Ver­sor­gung such­te er auch durch die Be­stim­mung si­cher­zu­stel­len, dass, ab­ge­se­hen von Hand­wer­kern und Knech­ten, den Zug nur mit­ma­chen soll­te, wer Geld zum An­kauf von Le­bens­mit­teln für zwei Jah­re mit­neh­men kön­ne. Für die Ord­nung im Heer wur­de durch stren­ge Vor­schrif­ten Sor­ge ge­tra­gen. Auch dar­an dach­te der Kai­ser, durch be­son­de­re Maß­nah­men die Ju­den zu schüt­zen, die ge­wöhn­lich das Op­fer der Kreuz­zugs­be­geis­te­rung wur­den.

Die Fürs­ten­ver­samm­lung zu Mainz im März 1188, auf der der Kreuz­zug end­gül­tig be­schlos­sen wur­de, stand nach dem Wil­len des Kai­sers un­ter dem Vor­sitz des Er­lö­sers und wur­de der Reichs­tag Jesu Chris­ti ge­nannt; ein Thron­ses­sel war für den un­sicht­ba­ren Her­ren des Rei­ches, das sich so förm­lich als Got­tes­reich dar­stell­te, auf­ge­rich­tet. Der fast sieb­zig­jäh­ri­ge Kai­ser hat­te das Be­wusst­sein, mit der Er­fül­lung der höchs­ten kai­ser­li­chen Auf­ga­be sein Le­ben zu krö­nen. So viel an ihm war, tat er, da­mit die Heer­fahrt wür­dig und er­folg­reich ver­lau­fe. Die na­ment­lich in Grie­chen­land durch das Übel­wol­len von Re­gie­rung und Be­völ­ke­rung ihm be­rei­te­ten Schwie­rig­kei­ten über­wand er durch klu­ge Selbst­be­herr­schung. Die Müh­sal der Rei­se über raue Ge­bir­ge bei fort­wäh­ren­den An­grif­fen der Tür­ken be­stand sei­ne Wil­lens­kraft und sein ge­sun­der Kör­per; als er beim Ba­den im Flus­se Sa­leph er­trank, war es, wie wenn ein hö­he­rer Wil­le ihn auf dem Gip­fel sei­nes Da­seins ent­rück­te, be­vor un­ver­meid­li­che Ent­täu­schun­gen und Ver­wick­lun­gen ihn trä­fen. So wie es kam, nach­dem auch des Kai­sers Sohn, Her­zog Fried­rich von Schwa­ben, vor Ak­kon ge­stor­ben war, fiel ein tra­gi­scher Glanz auf ihn, der das Bild des al­ten Hel­den rühm­lich vollen­de­te. Al­ler­dings nicht nur Fried­richs per­sön­li­che Exis­tenz, auch der Fort­gang der ers­ten großen Un­ter­neh­mung der Deut­schen im Ori­ent, die sich so aus­sichts­reich an­ge­las­sen hat­te, war ab­ge­schnit­ten. Ein fol­gen­rei­ches Er­eig­nis je­doch knüpf­te sich an den Kreuz­zug, das war die Grün­dung des Deut­schen Or­dens un­ter den Mau­ern von Ak­kon, zu der sich deut­sche Rit­ter mit Kauf­leu­ten aus Lü­beck und Bre­men ver­ei­nig­ten. Auch in der Or­dens­grün­dung sind die Fran­zo­sen den Deut­schen vor­an­ge­gan­gen. Die spä­te­re Ver­le­gung des Deut­schen Or­dens nach Deutsch­land und sei­ne Tä­tig­keit im Os­ten stimmt in das Schick­sal und die Nei­gung der Deut­schen ein, sich Ko­lo­ni­en an den Gren­zen der Hei­mat zu schaf­fen. Die ori­en­ta­li­schen Ko­lo­ni­en: Je­ru­sa­lem, Odes­sa, An­tio­chia, Tri­po­lis sind von West­fran­ken und Nor­man­nen ge­grün­det, die Deut­schen hat­ten kei­nen Teil dar­an. Die Wir­kung, die die Be­kannt­schaft mit den Sa­ra­ze­nen und die wirt­schaft­li­chen Be­zie­hun­gen zur Le­van­te auf den Wes­ten aus­üb­te, be­traf denn auch haupt­säch­lich Frank­reich und Ita­li­en. Mit­tel­bar in­des­sen mach­te sich der wirt­schaft­li­che Auf­schwung der ita­lie­ni­schen Han­dels­städ­te, na­ment­lich durch Ve­ne­dig und Ge­nua, auch für die Süd­deut­schen gel­tend, und die Er­wei­te­rung des Ge­sichts­krei­ses, die Schär­fung des Ur­teils und die Selbs­t­er­kennt­nis, die jede Be­kannt­schaft mit frem­den Län­dern und Völ­kern zur Fol­ge hat, er­streck­te sich be­le­bend, lö­send und lo­ckernd auch auf Deutsch­land.

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