Читать книгу Deutsche Geschichte - Ricarda Huch - Страница 24

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In je­dem Un­glück, das ihn traf, of­fen­bar­te Fried­rich sei­nen elas­ti­schen Geist. Nicht ein­mal sei­ne Mie­nen ver­rie­ten Nie­der­ge­schla­gen­heit, viel we­ni­ger Ver­wir­rung oder Un­si­cher­heit sei­ne Hand­lun­gen. Vi­el­leicht war es zu sei­nem Hei­le, dass das ver­we­ge­ne Herz des Gra­fen von Das­sel nicht mehr schlug und ihn nicht mehr über die Schran­ken, die er sich selbst ge­setzt hat­te, fort­rei­ßen konn­te. In­fol­ge sei­ner Nie­der­la­ge konn­ten al­ler­dings die Wi­der­stre­ben­den un­ter den lom­bar­di­schen Städ­ten all­mäh­lich neue Kraft sam­meln; aber im deut­schen Rei­che blieb sein An­se­hen un­er­schüt­tert, und es ge­lang ihm, dank dem Zu­sam­men­wir­ken mit Hein­rich dem Lö­wen, einen leid­li­chen Frie­dens­stand zu er­hal­ten.

Hein­richs Le­bens­zweck war, sein säch­si­sches Her­zog­tum zu ei­nem ge­schlos­se­nen, wo­mög­lich das nörd­li­che Deutsch­land um­fas­sen­den Staat zu bil­den, in dem alle Rech­te in sei­ner Hand lä­gen. Fast alle Fürs­ten such­ten zu er­obern und zu er­raf­fen, was die Ge­le­gen­heit bot; we­ni­ge hat­ten die Bil­dung ei­nes ab­ge­run­de­ten Staa­tes im Auge, und noch we­ni­ge­re gin­gen da­bei mit so durch­grei­fen­der Rück­sichts­lo­sig­keit vor wie Hein­rich der Löwe. Nicht Freund­schaft, nicht Ge­rech­tig­keit noch Dank­bar­keit hemm­ten ihn. Wahr­haft wie ein Löwe, ein blin­des Ge­schöpf der Na­tur, das mit schwe­rer Tat­ze zer­malmt, was vor ihm sich be­wegt, ging er groß­mü­tig und un­heil­voll sei­nen ge­ra­den Weg. Den Gra­fen Adolf von Hol­stein, sei­nen Ge­fähr­ten in vie­len Kämp­fen, zwang er, ihm sei­ne Stadt Lü­beck ab­zu­tre­ten; dem jun­gen Pfalz­gra­fen Adal­bert nahm er sei­ne Berg­fes­te Lau­en­burg bei Qued­lin­burg, auf die er kei­ner­lei recht hat­te. An den Hei­den­be­keh­rer Wi­ze­lin stell­te er die For­de­rung, er sol­le von ihm die In­ve­sti­tur an­neh­men, ein un­er­hör­ter Ein­griff in die kai­ser­li­chen Rech­te. Als Wi­ze­lin nach Be­ra­tung mit dem Erz­bi­schof von Bre­men sich wei­ger­te, wie das auch sei­ne Pf­licht war, sperr­te er ihm die Ein­künf­te, so­dass der gute Mann, wenn er nicht ver­hun­gern woll­te, sich fü­gen muss­te. Hein­rich be­grün­de­te sein An­sin­nen da­mit, dass er die von ihm er­ober­ten, ehe­mals sla­wi­schen Ge­bie­te zu ei­ge­nem Be­sitz habe. Es gab kaum einen un­ter den nord­deut­schen Fürs­ten, dem er nicht ir­gend­ein Recht oder Ge­biets­stück ent­ris­sen; den er nicht durch sein her­ri­sches Auf­tre­ten ge­kränkt hat­te. Der Füh­rer sei­ner Geg­ner war Al­brecht der Bär aus dem Ge­schlecht der Gra­fen von As­ka­ni­en, der ähn­li­che Be­stre­bun­gen wie der Her­zog fast eben­so um­sich­tig und nach­hal­tig ver­folg­te. Er war zu der Zeit, wo Hein­rich der Stol­ze durch Kon­rad III. ge­äch­tet wur­de, an des­sen Stel­le Her­zog von Sach­sen ge­wor­den, und, nach­dem er we­gen der Wie­der­ein­set­zung Hein­richs des Lö­wen hat­te zu­rück­tre­ten müs­sen, sein heim­li­cher Ne­ben­buh­ler ge­blie­ben. Bei der ge­gen­sei­ti­gen Ab­nei­gung und den gleich­ar­ti­gen Zie­len er­ga­ben sich be­stän­dig Rei­bun­gen. Die Erz­bi­schö­fe von Bre­men und Mag­de­burg und der Bi­schof von Hal­ber­stadt ge­hör­ten zu den Fürs­ten, die knir­schend, sprung­be­reit im Krei­se den Ge­wal­ti­gen um­ga­ben, der sie ver­ach­te­te. Er tat das, weil es sei­ne Na­tur war, und weil er sich durch die Gunst des Kai­sers ge­si­chert fühl­te. Wie er seit der im Be­ginn von Fried­richs Re­gie­rung ge­schlos­se­nen Ver­söh­nung dem Kai­ser bei al­len sei­nen Un­ter­neh­mun­gen ein treu­er Ge­folgs­mann ge­we­sen war, so schütz­te der Kai­ser ihn, ohne dem Rech­te pein­lich Rech­nung zu tra­gen. Selbst in der wich­ti­gen Fra­ge der In­ve­sti­tur der Bi­schö­fe gab er nach, so­dass Hein­rich das Recht er­hielt, die Bi­schö­fe von Rat­ze­burg, Al­den­burg und Meck­len­burg, spä­ter Lü­beck und Schwe­rin, zu be­leh­nen. Als Hein­rich den Markt- und Brücken­zoll von Föhring, ei­nem Ort, der dem Bi­schof Otto von Frei­sing ge­hör­te, nach Mün­chen ver­leg­te, um da­durch die­se sei­ne Stadt zu he­ben, auch da, wo es sich um sei­nen ei­ge­nen Oheim, einen hoch­an­ge­se­he­nen Geist­li­chen, han­del­te und Hein­rich of­fen­bar im Un­recht war, ent­schied der Kai­ser zu sei­nen Guns­ten. Im Be­wusst­sein der Un­nah­bar­keit sei­ner Stel­lung er­rich­te­te Hein­rich sei­ner Stadt Braun­schweig den eher­nen Lö­wen, der uns be­zeugt, was für be­deu­ten­de Wer­ke aus den deut­schen Erz­gie­ße­rei­en her­vor­gin­gen. War er rück­sichts­los ge­gen die Geist­li­chen, die ihn in sei­nen Plä­nen stör­ten, so war er doch nicht un­kirch­lich. Wie ei­ner ein Sie­gel un­ter ge­si­cher­ten Be­sitz setzt, so un­ter­nahm er im Jah­re 1172, als sein Geg­ner Al­brecht der Bär ge­stor­ben und das Fun­da­ment sei­nes Rei­ches fest­ge­legt war, eine Pil­ger­fahrt nach dem Hei­li­gen Lan­de. Alle Welt konn­te se­hen, dass er sein Her­zog­tum ru­hig in den Hän­den sei­ner eng­li­schen Frau und sei­ner treu­en Va­sal­len ließ. Un­ter den Geist­li­chen, die ihn be­glei­te­ten, war der ge­lehr­te und ver­eh­rungs­wür­di­ge Abt Hein­rich von Braun­schweig, der in Kon­stan­ti­no­pel durch sei­ne Ge­sprä­che über ei­ni­ge Punk­te, in de­nen die grie­chi­sche von der rö­mi­schen Kir­che ab­weicht, Be­wun­de­rung er­reg­te. In Je­ru­sa­lem hielt sich Hein­rich drei Tage lang auf und teil­te kö­nig­li­che Ver­ga­bun­gen aus. Den Er­trag drei­er Häu­ser, die er kauf­te, be­stimm­te er zur Un­ter­hal­tung drei­er ewig bren­nen­der Lam­pen in der Au­fer­ste­hungs­kir­che. Er be­such­te die hei­li­gen Orte, den Öl­berg, Beth­le­hem, Na­za­reth und das wüs­te Ge­bir­ge, in dem Je­sus nach der Über­lie­fe­rung vom Teu­fel ver­sucht wur­de. Über­all wur­de er von Chris­ten und Hei­den mit Ehr­er­bie­tung emp­fan­gen und reich be­schenkt. Um den wert­vol­len Re­li­qui­en, die er mit­brach­te, eine wür­di­ge Stät­te zu schaf­fen, bau­te er in Braun­schweig nach Nie­der­rei­ßung des al­ten Stif­tes den Dom, in dem wir jetzt sein und sei­ner Frau Mat­hil­de Grab­mal be­wun­dern. Auch die Dome von Rat­ze­burg und Lü­beck hat er ge­grün­det; sie ha­ben den erns­ten, stol­zen und da­bei ge­müt­li­chen Cha­rak­ter, der dem al­ten Sach­sen­lan­de so sehr ge­mäß ist. An der Um­rah­mung ei­nes Por­tals des Do­mes von Braun­schweig be­fin­det sich die Ver­tie­fung, die der Sage nach die Klaue des Lö­wen, den der Her­zog aus dem Hei­li­gen Lan­de mit­brach­te, zu­rück­ließ, als er den Weg zum Gra­be sei­nes Herrn such­te.

Ei­ni­ge Jah­re nach Hein­richs Rück­kehr brach der Reichs­krieg ge­gen das wie­der er­stark­te Mai­land aus, und der Kai­ser ver­lang­te von sei­nem Vet­ter den üb­li­chen Zu­zug. Da ge­sch­ah das Uner­war­te­te, Un­be­greif­li­che, dass der Her­zog ihm sei­nen Bei­stand ver­sag­te. Jah­re­lang hat­te das fes­te Zu­sam­men­hal­ten von Kai­ser und Her­zog so be­deu­ten­de Er­fol­ge für bei­de er­wirkt, dass man meint, es müs­se ein schwer­wie­gen­der An­lass zur Ent­frem­dung vor­ge­fal­len sein; aber kein sol­cher ist be­kannt. Dass Fried­rich die Erb­schaft des al­ten Welf, ei­nes ge­mein­sa­men Ver­wand­ten, an­ge­nom­men hat­te, die Hein­rich für sich be­an­spruch­te, scheint als Grund für sol­chen Ab­fall nicht zu ge­nü­gen. War in Hein­rich, der nun Schwie­ger­sohn des Kö­nigs von Eng­land und Va­ter meh­re­rer Söh­ne war, das Be­wusst­sein der Macht so an­ge­wach­sen, dass er nicht mehr er­tra­gen konn­te, einen Herrn über sich zu ha­ben? Vi­el­leicht war es wirk­lich nur das, dass er als Preis für sei­ne Hil­fe die Stadt Gos­lar ver­lang­te, die dem Kai­ser ge­hör­te, und dass die­ser sie ihm ver­sag­te. Auf die­se Stadt mit ih­rem Reich­tum an Sil­ber und Er­zen glaub­te er ein An­recht zu ha­ben, weil sie am Ran­de des Har­zes, auf säch­si­schem Ge­biet lag. Sie war ein Ge­gen­stand, der die Rau­blust ent­flam­men und einen Mann von so star­rem Cha­rak­ter so ver­blen­den konn­te, dass er selbst den Ab­grund auf­riss, der ihn ver­schlang.

Es steht nicht fest, wo die ver­häng­nis­vol­le Be­geg­nung zwi­schen den Vet­tern statt­fand, ob in Chia­ven­na oder in Par­ten­kir­chen; der Kai­ser kam aus Ita­li­en über die Ber­ge, um die Hil­fe vom Her­zog zu er­lan­gen, die den Aus­schlag zum Sie­ge ge­ben soll­te. Man er­zählt sich, dass Fried­rich dem Her­zog zu Fü­ßen ge­fal­len sei, um ihn zum Nach­ge­ben zu be­we­gen; es er­schi­en den da­ma­li­gen Men­schen fast grau­en­voll, dass der Herr der Welt vor sei­nem Va­sal­len das Knie beug­te.

Der Sieg der Lom­bar­den bei Le­gna­no be­deu­te­te für Fried­rich das Hin­der­nis des Schick­sals, das den ins Le­ben Stür­men­den zum An­hal­ten zwingt und zur Be­sin­nung bringt. Er war groß ge­nug, um zu ler­nen, dass er, wie hoch er auch stand, an­de­re Mäch­te müs­se gel­ten las­sen, dass er sich ver­tra­gen müs­se, wo er nicht herr­schen konn­te, und er han­del­te nach der ge­won­ne­nen Ein­sicht, ohne sei­ner Wür­de zu ver­ge­ben. Nach ei­ner furcht­ba­ren Nie­der­la­ge er­litt er kei­ne er­heb­li­che Min­de­rung sei­ner Macht, wenn er auch den lom­bar­di­schen Städ­ten die Selbst­wahl ih­rer Be­am­ten zu­ge­ste­hen muss­te, und gar kei­ne des An­se­hens. In Ve­ne­dig, wo der Frie­den im Jah­re 1177 ab­ge­schlos­sen wur­de, war er der Mit­tel­punkt der Be­wun­de­rung. Die bei­den großen Kir­chen­fürs­ten, Chris­ti­an von Mainz und Wich­mann von Mag­de­burg, hat­ten er­reicht, dass der Kon­gress nicht in Bo­lo­gna statt­fand, das dem Papst ge­hör­te, son­dern in der Re­pu­blik, zu der der Kai­ser in gu­ten Be­zie­hun­gen stand. Er un­ter­zog sich in der Mar­kus­kir­che al­len Förm­lich­kei­ten, die die Ge­le­gen­heit ver­lang­te, um dann im Palast des Pa­tri­ar­chen in deut­scher Spra­che zu er­klä­ren, dass er ge­irrt habe, in­dem er in An­ge­le­gen­hei­ten der Kir­che mehr kraft sei­ner Macht als nach den Grund­sät­zen des Rech­tes habe re­gie­ren wol­len. Chris­ti­an von Mainz, der sie­ben Spra­chen flie­ßend spre­chen konn­te, näm­lich Grie­chisch, La­tei­nisch, Apu­lisch, Lom­bar­disch, Rö­misch, Fran­zö­sisch, Bra­ban­tisch, ver­dol­metsch­te die Rede des Kai­sers. Den Schluss der Fest­lich­kei­ten bil­de­te eine Ver­samm­lung in der Mar­kus­kir­che, wo der Papst den Bann über alle die­je­ni­gen aus­sprach, die den zwi­schen der Kir­che und dem Kai­ser, dem Kai­ser und dem Kö­nig­reich Si­zi­li­en und den Lom­bar­den ge­schlos­se­nen Frie­den und Waf­fen­still­stand stö­ren soll­ten. Als er den Fluch aus­ge­spro­chen hat­te: »Und wie die­se Ker­zen aus­ge­löscht wer­den, so sol­len ihre See­len der ewi­gen An­schau­ung Got­tes be­raubt wer­den«, war­fen der Kai­ser und alle An­we­sen­den die bren­nen­den Ker­zen, die ih­nen über­reicht wor­den wa­ren, zu Bo­den, dass sie er­lo­schen. So­lan­ge Alex­an­der leb­te, blieb der Frie­de er­hal­ten. Er starb im Jah­re 1181, ein Jahr spä­ter Chris­ti­an, der große Erz­bi­schof von Mainz, der nach wie vor den Kai­ser in Ita­li­en ver­trat. Die Ent­wick­lung der Ver­hält­nis­se brach­te es mit sich, dass der schnei­di­ge Be­kämp­fer des Paps­tes als sein Be­schüt­zer en­de­te. Als die Rö­mer im Auf­stan­de ge­gen den Papst Tus­cu­lum be­la­ger­ten, wo er einst sei­nen be­rühm­ten Sieg er­foch­ten hat­te, eil­te er auf den Hil­fe­ruf des­sel­ben so­fort her­bei, und sein Name ge­nüg­te, um die An­grei­fer zu­rück­zu­schre­cken. Von ei­nem Fie­ber er­grif­fen starb er bald dar­auf, nach­dem ihn der Papst, es war Lu­ci­us III., mit den Ster­be­sa­kra­men­ten ver­se­hen hat­te. So hoch schätz­te Lu­ci­us sei­nen Ret­ter, dass er ein Rund­schrei­ben an die deut­schen Kir­chen über sei­ne Ver­diens­te und sei­nen Tod er­ließ und Be­stim­mun­gen für die Fei­er sei­nes Ge­dächt­nis­ses traf.

Wie er einst nach ei­nem Sie­ge Ita­li­en gleich ei­nem Flüch­ten­den hat­te ver­las­sen müs­sen, so kehr­te Fried­rich nach ei­ner furcht­ba­ren Nie­der­la­ge wie ein Sie­ger nach Deutsch­land zu­rück. Er hat­te auf eine un­mit­tel­ba­re Be­herr­schung der lom­bar­di­schen Kom­mu­nen ver­zich­ten müs­sen, aber die kai­ser­li­che Ober­ho­heit und an­sehn­li­che ihr zu­ste­hen­de Ein­künf­te ge­si­chert. Sei­ne nächs­te Sor­ge be­traf das Ver­hält­nis zu Hein­rich dem Lö­wen, und zwar hat­te er durch­aus nicht im Sinn, Ra­che zu neh­men für die Un­treue sei­nes Vet­ters, die ihn so teu­er zu ste­hen ge­kom­men war, son­dern wo­mög­lich die frü­he­re Ge­mein­schaft wie­der­her­zu­stel­len. Wahr­schein­lich war er nicht frei von Er­bit­te­rung; aber er war ge­wöhnt, sei­nen per­sön­li­chen Ge­füh­len das In­ter­es­se des Reichs vor­an­zu­stel­len, viel­leicht war un­will­kür­lich in sei­ner Brust schon bei­des eins ge­wor­den. Ein ge­de­mü­tig­ter, aber im­mer noch mäch­ti­ger Her­zog von Sach­sen blieb für ihn der er­wünsch­tes­te Bun­des­ge­nos­se, die Stüt­ze des Reichs, wenn er sich als Reichs­fürst er­wei­sen woll­te. Was man von den stei­ner­nen Her­zen der Sach­sen sag­te, ließ sich auf Hein­rich an­wen­den: sein Trotz wich der Ver­stän­di­gung, die der Kai­ser such­te, aus und zwang ihn da­durch, den For­de­run­gen des Fürs­ten­bun­des nach­zu­ge­ben, der den Her­zog ver­nich­ten woll­te. Fried­rich hat­te es aus­ge­zeich­net ver­stan­den, die hoch­mü­ti­ge Adels­fa­mi­lie, die im Kai­ser den von ihr er­wähl­ten Ver­tre­ter ih­rer In­ter­es­sen sah, zu­gleich zu eh­ren und zu be­herr­schen; umso we­ni­ger konn­te er die of­fe­ne Wi­der­setz­lich­keit ei­nes der Ihren un­be­straft las­sen. Oft hat­ten sei­ne vie­len Fein­de sich ge­gen ihn lahm ge­wü­tet, so, dach­te der Her­zog, wür­de es wie­der ein­mal ge­hen; aber er muss­te er­le­ben, dass den Ge­äch­te­ten fast alle sei­ne An­hän­ger ver­lie­ßen. Un­ter den we­ni­gen, die bei ihm aus­harr­ten, war der tap­fe­re Graf Bern­hard zur Lip­pe. Als der Her­zog sich nach ver­zwei­fel­ter Ge­gen­wehr un­ter­wer­fen muss­te und un­ter kai­ser­li­chem Ge­leit nach Lü­ne­burg kam, wo der Kai­ser sich auf­hielt, sag­te er zu den Rit­tern, die ihm ent­ge­gen­ka­men: »Sonst pfleg­te ich hier­zu­lan­de von nie­man­dem Ge­leit zu er­hal­ten, son­dern an­de­ren zu ge­ben!« Nur die­ser kar­ge Aus­druck des Schmer­zes ist von dem ge­stürz­ten Lö­wen über­lie­fert. Am meis­ten ge­wann durch sei­nen Un­ter­gang der Erz­bi­schof von Köln, Phil­ipp von Hains­berg, der, kaum dass er sei­ne Beu­te in Si­cher­heit ge­bracht hat­te, zum Papst über­ging und des Kai­sers Feind wur­de. Er er­hielt die west­li­che Hälf­te Sach­sens mit al­len her­zog­li­chen Rech­ten, mit der klei­ne­ren öst­li­chen wur­de ei­ner der Söh­ne Al­brechts des Bä­ren be­lehnt.

Bay­ern be­kam Otto von Wit­tels­bach, nach­dem die Stei­er­mark da­von ab­ge­trennt wor­den war, Hein­rich be­hielt sei­ne Ei­gen­gü­ter, Braun­schweig und Lü­ne­burg, die spä­ter Fried­rich II. mit der ehe­ma­li­gen Graf­schaft Sta­de ver­ei­nigt und zum Her­zog­tum er­ho­ben ei­nem En­kel Hein­richs übergab. Als der Kai­ser den Kreuz­zug an­trat und die säch­si­schen Fürs­ten mit Recht fürch­te­ten, Hein­rich wer­de des­sen Ab­we­sen­heit nüt­zen, um sie zu über­fal­len, schlug Fried­rich sei­nem Vet­ter vor, sich ent­we­der mit ei­ner so­for­ti­gen, aber nur teil­wei­sen Wie­der­ein­set­zung zu be­gnü­gen oder ihn ins Hei­li­ge Land zu be­glei­ten, um nach­her alle sei­ne Le­hen wie­der­zu­be­kom­men. Da er trot­zig bei­des ab­lehn­te, wur­de ihm auf­er­legt, das Fest­land zu ver­las­sen, und er ging nach Eng­land an den Hof des Kö­nigs, sei­nes Schwie­ger­va­ters. Wie ver­derb­lich die Auf­lö­sung des säch­si­schen Her­zog­tums auch für das Reich war, im Au­gen­blick ge­noss der Kai­ser die Frucht sei­ner Zu­ge­ständ­nis­se an die Fürs­ten. Sein An­se­hen war grö­ßer als je und stell­te sich auf dem Reichs­ta­ge zu Mainz im Jah­re 1184 ein­drucks­voll dar. Die Schwert­lei­te sei­ner bei­den äl­tes­ten Söh­ne, Hein­richs, der schon den Kö­nigs­ti­tel trug, und Fried­richs, Her­zog von Schwa­ben, gab Ge­le­gen­heit zu groß­ar­ti­gen rit­ter­li­chen Spie­len, an de­nen der Sech­zig­jäh­ri­ge sich rüs­tig be­tei­lig­te. In­des­sen war zwi­schen Papst und Kai­ser be­reits wie­der eine Ver­stim­mung ein­ge­tre­ten. Man hat­te beim Frie­den von Ve­ne­dig, um nur zum Schlus­se zu kom­men, die Fra­ge der Mat­hil­di­schen Gü­ter un­er­le­digt ge­las­sen; es war na­tür­lich, dass sie wie­der auf­tauch­te und eben­so un­lös­bar blieb wie frü­her. Im Hin­blick auf die In­ve­sti­tur sag­te der Kai­ser, er habe nach­ge­forscht und er­fah­ren, dass sei­ne Vor­fah­ren, die al­ten Kai­ser, Bi­schö­fe nach Be­lie­ben ge­wählt und ein­ge­setzt hät­ten. So­weit sei­ne Vor­fah­ren auf dies Recht ver­zich­tet hät­ten, wol­le er das auf sich be­ru­hen las­sen; was ihm aber an Rech­ten ge­blie­ben sei, wol­le er sich nicht be­schrän­ken las­sen. Da die Päps­te nicht nur eine vom Kai­ser ganz un­ab­hän­gi­ge Wahl der Bi­schö­fe, son­dern eine von ih­nen ab­hän­gi­ge woll­ten, be­stand auch hier­in ein un­ver­ein­ba­rer Ge­gen­satz. Vollends er­bit­ter­te den Papst, was Fried­rich als sei­nen größ­ten Er­folg an­sah, dass es ihm ge­lun­gen war, sei­nen Sohn Hein­rich mit Con­stan­ze, der Er­bin des Kö­nig­reichs Si­zi­li­en, zu ver­lo­ben. Wäre nicht Ur­ban III. als An­ge­hö­ri­ger ei­ner Fa­mi­lie, die sei­ner­zeit durch die Zer­stö­rung Mai­lands schwer be­trof­fen ge­we­sen war, oh­ne­hin ein un­ver­söhn­li­cher Geg­ner des Kai­sers ge­we­sen, er hät­te es wer­den müs­sen bei der Aus­sicht, den Kai­ser als Be­sit­zer des­je­ni­gen Lan­des zu se­hen, auf das der Papst sich ge­gen den Kai­ser zu stüt­zen pfleg­te. So­wohl Lu­ci­us wie Ur­ban wei­ger­ten sich, den jun­gen Hein­rich zum Kö­nig von Ita­li­en zu krö­nen. Groß­ar­tig un­be­küm­mert ließ Fried­rich die Ze­re­mo­nie durch den Pa­tri­ar­chen von Aqui­le­ja voll­zie­hen und ver­lieh sei­nem Soh­ne selbst den Cäsa­ren­ti­tel. Um sei­nen Tri­umph zu vollen­den, er­bat sich die völ­lig ver­söhn­te Stadt Mai­land die Ehre, dass Hein­richs Hoch­zeit mit Con­stan­ze in ih­ren Mau­ern ge­fei­ert wer­de.

Stellt man sich vor, wie Chris­ti­an von Mainz un­ter dem Se­gen des Paps­tes starb und wie die Mai­län­der Bar­ba­ros­sa um­ju­bel­ten, als er sei­nen Sohn mit der Er­bin Si­zi­li­ens ver­hei­ra­te­te, will es ei­nem vor­kom­men, als wä­ren die Ta­ten der Men­schen nicht an­ders als Na­tur­er­schei­nun­gen, Wol­ken oder Win­de, die kom­men und ge­hen, sich bil­den und ver­schwin­den, zer­stö­ren und be­fruch­ten. Und doch ist in dem ver­schlun­ge­nen Wech­sel und der schein­ba­ren Wahl­lo­sig­keit eine ste­ti­ge Fol­ge und ein fes­ter, tra­gi­scher Gang, im Schick­sal des Rei­ches wie in dem des Kai­sers und je­des ein­zel­nen, ja zu­wei­len ist es, als füg­ten weit ent­le­ge­ne Er­eig­nis­se sich zu­sam­men, um vor­be­stimm­te Er­geb­nis­se zu er­zeu­gen. Von sol­cher Wir­kung war die Erobe­rung Je­ru­sa­lems durch Sala­din im Jah­re 1187, die im Abend­lan­de all­ge­mei­ne Er­re­gung her­vor­rief und den Kai­ser ver­an­lass­te, sich selbst an die Spit­ze ei­nes Zu­ges zur Wie­der­ge­win­nung der Hei­li­gen Stadt zu stel­len. Auf dem Reichs­ta­ge zu Geln­hau­sen, der ein Jahr vor­her statt­fand, ver­fass­ten zahl­reich ver­sam­mel­te Bi­schö­fe ein Schrei­ben an den Papst, in dem sie sich für ver­pflich­tet er­klär­ten, dem Kai­ser, von dem sie ihre welt­li­chen Gü­ter hät­ten, zur Sei­te zu ste­hen, und in dem sie den Papst ba­ten, sei­nen be­rech­tig­ten For­de­run­gen zu ent­spre­chen. Wie­der schar­ten sich welt­li­che und geist­li­che Fürs­ten um die Kro­ne. Die­se Ei­nig­keit des Rei­ches, die Be­fes­ti­gung der Dy­nas­tie, die si­che­re Stel­lung dem Papst ge­gen­über, die Wah­rung der Reichs­rech­te in Ita­li­en, alle drei großen Er­fol­ge wa­ren haupt­säch­lich dem Cha­rak­ter des Kai­sers zu dan­ken. Wie viel der Geist und Wil­le ei­nes ein­zel­nen tra­gen und be­we­gen kann, er­leb­ten die Men­schen an ihm. Dass er im­mer das Gro­ße und Rech­te woll­te und sei­ne Per­son mit al­len Kräf­ten ein­setz­te, um es durch­zu­füh­ren, das trug ihm die dank­ba­re Lie­be sei­nes Vol­kes und die Aner­ken­nung der christ­li­chen Na­tio­nen ein. Schon die äu­ße­re Er­schei­nung des al­ten Man­nes, der sich zum Kreuz­zu­ge rüs­te­te, ver­ge­gen­wär­tig­te die im­po­nie­ren­de Exis­tenz ei­nes Kai­sers, der in har­ten Kämp­fen das Nur-Per­sön­li­che ab­ge­streift hat und eins ge­wor­den ist mit sei­nem Reich. Ent­waff­net durch die hei­li­ge Auf­ga­be, der der Kai­ser sich un­ter­zog, er­bot sich der oh­ne­hin ver­söhn­li­che Papst Cle­mens sei­nen Sohn Hein­rich, dem er die Reichs­re­gie­rung über­tra­gen hat­te, und Con­stan­ze in Rom zu krö­nen.

Fried­rich war bei den Vor­keh­run­gen für den Feld­zug so prak­tisch ver­fah­ren, dass man auf glück­li­ches Ge­lin­gen hof­fen konn­te. Für die Ver­pro­vi­an­tie­rung auf der Rei­se war ge­sorgt, und da­mit nicht eine Men­ge Ge­sin­del sich an­schlie­ße, das ge­wöhn­lich die Kreuz­zü­ge er­schwer­te, war ver­ord­net, dass nie­mand, ab­ge­se­hen von den Knech­ten und Hand­wer­kern, mit­ge­hen dür­fe, der nicht Geld ge­nug zum An­kauf von Le­bens­mit­teln für zwei Jah­re habe. Trotz­dem ging die Rei­se nicht ohne Un­fäl­le, Lei­den und Kämp­fe vor sich, die aber über­wun­den wur­den, ohne dass der Kai­ser an Fri­sche und Zu­ver­sicht ver­lo­ren hät­te. Da, am 10. Juni 1190, er­trank er beim Ba­den im Flus­se Sa­leph, wo­mit er sich nach Über­stei­gung ei­nes rau­en Ge­bir­ges er­qui­cken woll­te. Sein Sohn Fried­rich führ­te das Heer nach Ak­kon, das von dem Teil des Kreuz­hee­res, der zu Schif­fe ge­reist war, be­la­gert wur­de, und starb dort im An­fang des Jah­res 1191 an ei­ner Seu­che.

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