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ОглавлениеLichtblicke in der Hektik
Sarah hatte an diesem Morgen große Mühe aus dem Bett zu kommen. Mit dem frühen Arbeitsbeginn hatte sie sich noch immer nicht angefreundet, und an solchen Tagen haderte sie etwas mit ihrem Schicksal. Doch sobald sie ihre Berufsuniform angezogen hatte, waren diese Gedanken verflogen.
Auf der Station herrschte morgens eine hektische Atmosphäre. Sofort übertrug sich diese Stimmung auf Sarah. ‚Ich habe heute wohl nicht meinen besten Tag‘, redete sie sich ein. Als sie Céline in den Operationssaal bringen musste, riss sie sich zusammen, damit ihre Patientin nichts davon mitbekam. Sarah wusste, die sensible Céline hatte feine Antennen für die Gefühle anderer Menschen. Da waren sich die beiden sehr ähnlich.
Daher bemühte sich Sarah gute Laune, aber auch Entschlossenheit auszustrahlen, doch Céline nahm ihr das offenbar nicht ab. Nicht einmal Fabienne, die mit ihrer gewinnend fröhlichen Art fast allen Patienten auf dem Weg zum Operationssaal ein Lächeln entlocken konnte, hatte bei Céline eine Chance. Als die drei den Lift zum Operationssaal erreicht hatten, schloss Céline die Augen.
„Machst du das auch vor deinen Auftritten. Hilft dir das bei der Konzentration?“, fragte Sarah mit ruhiger Stimme.
Céline schüttelte nur den Kopf.
Die Türe schloss sich langsam und einen Moment lang war es nun ganz ruhig. Nur das leise Geräusch des fahrenden Liftes war zu vernehmen.
„Jetzt gibt es wohl kein Zurück mehr!“, murmelte Céline, bewegungslos auf ihrem Bett liegend.
„Aber Céline, das ist doch alles halb so schlimm. In ein, zwei Stunden ist alles vorbei. Zum Gehen und Tanzen brauchst du nun mal ein gutes Knie, und so haben wir eben keine andere Wahl“, tröstete sie Fabienne.
Sarah hielt es für angebracht, nichts mehr zu sagen und hielt nur Célines Hand. Die Patientin schwieg.
Inzwischen waren sie im hell erleuchteten Operationssaal eingetroffen und mussten an der Schleuse warten. Sarah wurde noch nervöser, als sie feststellte, dass sie sich verspätet hatten. Doch dann erspähte sie ihren Anästhesiearzt. Erstmals sah sie ihn in der grünen Operationskleidung, und er kam direkt auf sie zu.
‚Er sieht ja echt niedlich aus mit diesem Kopfhäubchen‘, dachte sie und zupfte ein bisschen verlegen an ihrer weißen Schürze.
Sarah geriet beim Rapportieren ins Stocken und wusste plötzlich nicht mehr, wo sie hinschauen sollte. Sie spürte den Blick des Anästhesiearztes, seine direkt auf sie gerichteten großen Augen. Irritiert wollte sie diesem Blick ausweichen und entschied sich, auf die Krankengeschichte von Céline zu blicken, doch sie verhaspelte sich trotzdem. Fabienne rettete die Situation und ergänzte.
Die Krankenschwestern verabschiedeten sich und waren froh, dass die Operation endlich losgehen konnte. Das lange Warten hatte allen zugesetzt.
„Solch eine sensible Seele habe ich noch nicht erlebt. Ist halt eine typische Künstlerin, unsere Céline“, meinte Fabienne im Fahrstuhl auf dem Weg zurück.
„Auch wir wären vor einer Operation nervös“, erwiderte Sarah entschlossen, und Fabienne nickte.
„Hat der Anästhesist dich auch nervös gemacht?“
„Ach was, das ist wegen Céline gewesen, sie tat mir leid, als sie mich so angeschaut hat“, meinte Sarah schnell.
„Der Anästhesiearzt kann dich aber auch so besonders anschauen. Er hat irgendwie schon einen besonderen Blick, findest du nicht?“
„Schon möglich“, antwortete Sarah knapp. Sie konnte ihre Gefühle für den Mann mit den großen Augen noch nicht richtig einordnen. Sie fand den Moment deshalb noch nicht passend, um mit Fabienne darüber zu sprechen.
„Ich wusste schon, dass diese Phase irgendwann ein Ende haben würde, und das ist gut so“, murmelte Fabienne leise vor sich hin.
„Welche Phase?“, wolle Sarah nach einer kurzen Pause wissen.
„Kürzlich hast du gesagt, du willst von Männern nichts mehr wissen, erinnerst du dich?“
„Ach was, das bedeutet überhaupt nichts. Du hörst mal wieder das Gras wachsen“, antwortete Sarah unwirsch.