Читать книгу Die Teufelsbibel-Trilogie - Richard Dübell - Страница 74
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Оглавление„Wir können dich zu ihm bringen, lieber Freund“, sagte Papst Clemens.
Kardinal de Gaete hielt die Luft an. „Er ist hier im Lateranpalast?“
„Wo sonst? Wir haben ihm nicht erlaubt, irgendwo anders hin zu gehen.“
De Gaete wechselte einen Blick mit Kardinal Madruzzo. Wie stets war dem deutschen Kardinal viel zu leicht vom Gesicht abzulesen, was er dachte. Was er im Augenblick dachte, was dies: Herr im Himmel, ich danke dir für die Einfalt des Heiligen Vaters!
„Seit wann?“
„Exakt“, sagte der Papst.
Kardinal de Gaete hatte darauf bestanden, ohne die Gegenwart der beiden Priester mit dem Heiligen Vater zu sprechen. Die zwei Übersetzer standen in einer Ecke des Saals und schmollten. De Gaete holte Atem und brüllte: „SEIT WANN!?“
„Seit er zu Uns kam und sich Uns offenbarte.“
Der alte Kardinal beugte sich über die Armlehne des Papstthrons und küsste dem überrumpelten Pontifex den Ring. Papst Clemens’ imposante Brauen hoben und senkten sich im Wechselspiel zwischen Überraschung und Geschmeicheltsein und verhielten in einer Miene des bescheidenen Letzteren.
„Können wir gleich zu ihm gehen?“
„Gleich nach dem Vesperläuten?“
Kardinal Madruzzo spähte zu einem der hohen Bogenfenster. Die Vormittagssonne schien noch immer zur Ostflanke des Palastes herein. Er biss die Zähne zusammen. Kardinal de Gaete hingegen war die Gelassenheit in Person. „Ich danke dem Pontifex maximus dafür, dass er uns erlaubt, unsere Demut an einer Lektion in Geduld zu beweisen.“
Die Ironie vibrierte im Raum. An Papst Clemens war sie vollkommen verschwendet. „Exakt.“
De Gaete zählte im Stillen bis zehn. „ODER GEHT ES GLEICH JETZT!?“
„Oh!“
Papst Clemens stand auf. Ringsum raschelten Gewänder, als alle Anwesenden in einer tiefen Verbeugung zusammensanken. Der Papst blickte sich freundlich um und winkte den gesenkten Köpfen zu.
„Dein Eifer soll belohnt werden, lieber Freund“, sagte Papst Clemens.
„Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Heiliger Vater.“
Der Papst strahlte. „Exakt.“
Kardinal de Gaete biss die Zähne zusammen und schickte ein Lächeln zurück, das aus seinem Schildkröten- ein Krokodilsgesicht machte. Er folgte dem Papst ein paar Schritte, dann blieb er stehen. Kardinal Madruzzo hatte sich mit den anderen verbeugt und betrachtete den Fliesenboden.
„Psst!“, zischte Kardinal de Gaete, dass es im Audienzsaal widerhallte. Seine Augen funkelten vor Wut.
Madruzzo fuhr zusammen, rappelte sich auf und folgte dem freundlich in alle Richtungen nickenden Papst und dem dunkelroten Gesicht seines Kardinalskollegen in die Tiefen der Engelsburg.
Nach einem längeren Fußmarsch vorbei an in sich zusammenknickenden Höflingen, sich tief verbeugenden Nonnen und durch weite Zimmerfluchten voller scheinender Parkettböden und leuchtendem Sonnenschein auf Wandfresken erreichten zwei verwirrte Kardinäle und ein immer noch freundlicher und eifriger werdender Papst einen Raum, aus dem ein Gurgeln und Stöhnen erklang.
De Gaete und Madruzzo sahen sich mit neu erwachender Hoffnung an. Ein Mensch in Schmerz; ein Mensch, der gerade die Erfahrung machte, dass man immer noch etwas zu gestehen findet, wenn die Daumenschrauben eine weitere Umdrehung enger gemacht werden. Papst Clemens schwang die Tür auf.
Außerhalb des Lateranpalasts war die Mittagssonne so heiß und drückend, dass man hätte meinen können, es sei August, nicht Anfang März. Vielleicht kam es den beiden Kardinälen aber auch nur so vor. Der Gestank der ewigen Stadt driftete zu ihnen und ließ Kardinal Madruzzo ein Tuch aus seiner Soutane ziehen und es sich vor Mund und Nase pressen.
Kardinal de Gaete klebte das Hemd am Körper. Er hatte den ganzen Weg über aus dem Lateranpalast heraus kein Wort gesagt und schwitzte, weil er gezwungen gewesen war, kein Wort zu sagen, sonst hätte er zu schreien begonnen.
„Kann es sein, dass er uns einen Kastraten gezeigt hat, der Stimmübungen machte?“, fragte Madruzzo schließlich ebenso ungläubig wie dumpf hinter seinem Tüchlein hervor.
Kardinal de Gaetes Gesicht war fast schwarz vor Wut. „Wir schreiben eine Nachricht an Pater Xavier“, sagte er erstickt. „Er muss wissen, dass wir Läuse im Pelz haben.“