Читать книгу IM FADENKREUZ - Robert Blake Whitehill - Страница 9
Kapitel 3
ОглавлениеDer Fremde wusste, dass die Mission erfolgreich war. Der Fernseher lief im Hintergrund des Motelzimmers und die unaufhörlichen Wiederholungen der dramatischen Videos von Fernsehkameras und privaten Handyaufnahmen, die Archivfotos und Grabreden erwiesen sich fröhliche Ablenkung vom banalen Tagesgeschäft. Im derzeitigen Zustand des Killers, der gerade von einer kürzlich selbstverschriebenen Fuhre Halluzinogene runterkam, verlief das Packen des kleinen Koffers nur schleppend, aber es blieb noch reichlich Zeit, bevor das Flugzeug den LAX verließ. Der Erzengel des Todes entschied sich gegen ein Nickerchen, aus Angst, dass die furchtbaren Albträume zurückkehrten. Also hielt sich der Fremde beschäftigt und blieb wach. Den Raum von sämtlichen Fingerabdrücken zu reinigen, würde seine Zeit brauchen, aber da dieser methodische Meuchelmörder geradezu in Latex-Handschuhen lebte, sollte es nicht allzu mühsam werden.
Natürlich war die Berichterstattung über Luz Calderons Dahinscheiden wichtig, um die Arbeit beurteilen zu können, aber es war der Anruf der Klienten, der wirklich zählte. Die Kritiken waren da. In der oberen Etage waren alle zufrieden. Der nächste Auftrag würde bald folgen.
Der Dienstleister war erfreut, zu erfahren, dass ihn noch mehr Arbeit erwartete, aber das war kein Grund, jetzt nachlässig zu werden. Es war durchaus möglich, dass tatsächlich keine weiteren Aufträge kommen würden, und dass die Aussicht auf eine neue Mission nur eine Finte war, um Sicherheit vorzugaukeln, während des Killers eigene Terminierung geplant und ausgeführt wurde. Der Sensenmann hatte eine gute Saison mit diesem Klienten gehabt, aber alles neigte sich irgendwann dem Ende zu. Vielleicht fühlte sich der Klient nach den letzten Bemühungen zu sehr der Öffentlichkeit ausgesetzt. Es war sicherlich der öffentlichste aller Morde dieser Serie gewesen. Daraus eine Sensation zu machen, war Teil der Auftragsbeschreibung gewesen, ein gewünschtes Ergebnis. Eine große Nummer. Vor allen Augen. Es entsprach nicht der verstohlenen Art des Scharfschützen, derart sichtbar zu arbeiten, vor allem nicht auf amerikanischem Boden, aber manchmal ließ die Prominenz des Ziels nichts anderes zu. Abgesehen von ein paar Bekanntschaften war der Killer tatsächlich für alle ein Fremder. Das Bündel falscher Identitäten, die Jahrzehnte zurückreichten, gewährten schon lange Anonymität.
Unglücklicherweise war der stille Profi so gut und ein so perfekter Angestellter, dass sich bei den Klienten häufig Angst zu dem Respekt und der verächtlichen Bewunderung gesellte, die so vielen erfolgreich ausgeführten Aufträgen gebührte. Diese Entartung der Stimmungslage, diese schwindende Wertschätzung war schon bei früheren Geschäftsbeziehungen aufgetaucht, gewöhnlich dann, wenn der Klient den Preis als zu hoch empfand. Niemand in der Branche war so gut, dass er nicht früher oder später als riskant eingestuft würde. Selbst dem dümmsten Menschen sollte einleuchten, dass es keine gute Idee war, einen Auftragsmörder um die Zeche zu prellen, und doch probierten es manche Klienten. Zu versuchen, einen Profikiller zu ermorden, war noch lächerlicher – und trotzdem kam es vor. Es war wichtig, auf Zack zu sein, selbst in Zeiten großen Erfolgs.
Der Anruf des Klienten hatte nicht lange gedauert. Der wahre Beweis der Zufriedenheit fand sich im Internet. Durch eine Reihe von geheimen Unter-Accounts, die jegliche Online-Aktivitäten durch Shell-Server in fernen Ländern lotsten, in denen Bestechung geschätzt wurde, hatte der Fremde feststellen können, dass der abschließende Betrag inklusive erheblicher Spesen auf einem Konto bei einem kleinen Schweizer Finanzinstitut in Bern eingegangen war. Es fehlte nichts. Der Kontostand betrug eine satte Million Euro, Spesen nicht mitgerechnet. Ein paar Minuten und einige Tastenanschläge später würde sich dieses Konto wieder auf null belaufen, sobald das Geld aufgeteilt und in den Cyber-Morast anderer Konten in anderen Ländern, acht insgesamt, verschickt war. Falls ein Konto jemals aufgespürt und gehackt würde, gab es noch viele andere. Diese Art von Absicherung war kompliziert, lohnte sich aber für den Seelenfrieden des freiberuflichen Killers.
Das Flugticket, welches der Fremde gebucht hatte, war für die erste Klasse. Und warum auch nicht? Es war nicht aus Eitelkeit. Um die ganze Welt zu jetten, Spuren zwischen den Auftragsorten und der Heimat zu verwischen mithilfe einer Reihe von falschen Identitäten, die sich auf teure, gefälschte Dokumente stützten, forderte seinen Tribut am müden Reisenden.