Читать книгу IM AUGE DES FEUERS - Robert Blake Whitehill - Страница 11

KAPITEL 6

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Timon Pardue brach am nächsten Morgen, trotz des Katers, der in seinem Schädel wütete, sein Camp ab. Gemächlich belud er Popper mit seinen Sachen und führte das Tier dann den steinigen Abhang hinunter in das Gebüsch, das rund um den kleinen Bachlauf am Boden der Schlucht wuchs. Ihm war bewusst, dass Wimble und sein komischer Kader vielleicht nach ihm suchten, aber wenn er hier verharrte und zu leicht zu finden war, konnte es seiner Meinung nach den Eindruck erwecken, er wäre berechenbar, oder schlimmer noch, willens, auf ihre Seite zu wechseln.

Nach einem zweistündigen Spaziergang blieb Popper stehen, fing an zu wiehern, zerrte kräftig an seinen Zügeln und riss sie Pardue dann fast aus den Händen. Pardue war kurz davor, wütend auf sein Pferd zu werden, als er die eng gewundene Klapperschlange zwei Meter vor sich erblickte und ihre unverkennbare Rassel hörte. Es war schwer zu sagen, wie lang sie tatsächlich war, so eng zusammengerollt, wie sie war, aber sie war zweifellos riesig. Bevor er sich rührte, betrachtete er die Umgebung um sich und Popper herum, um sicherzugehen, dass er sich am Rande des Schlangenterritoriums befand und nicht genau in dessen Nest gestolpert war. Der Weg zurück den Pfad entlang war zum Glück frei. Pardue führte Popper gute drei Meter rückwärts, bevor er das Pferd wendete, noch fünfzig weitere Meter wegbrachte und an einer einsamen Kalifornischen Washington-Palme festband. Die Pflanze war womöglich ein vertriebener Flüchtling des Kofa Naturschutzgebiets hundert Meilen nordwestlich von hier. Oder vielleicht war es auch ein Überbleibsel aus der Zeit der Postkutschen, in der man schattenspendende Zwischenstationen angelegt hatte. Ein Indianer oder ein Vogel hatte womöglich einen Samen fallenlassen. Pardue staunte noch eine Weile über das kleine Wunder der Natur, bis er sein Henry-Gewehr aus dessen Holster zog und den Pfad hinunterlief.

Pardue war nur ein paar Minuten weg gewesen, aber als er an die Stelle zurückkehrte, an der Popper gescheut hatte, hatte die Klapperschlange den Weg bereits wieder freigegeben. Pardue folgte einem von der Sonne erwärmten Streifen den Hang hinauf, aber da Popper nicht da war, um ihn zu warnen, bewegte er sich dieses Mal mit größerer Vorsicht. Und da war sie auch schon, dick wie ein Männerarm schlängelte sie sich immer höher, bis zu einer Stelle, an der sie für den Rest des Nachmittags in der Sonne baden konnte. Dieses Vieh war ein Monster, knapp zwei Meter lang und mit einem Kopf so groß wie ein Spaten … so kam es Pardue zumindest vor.

Der frühere Sheriff kniete sich hin und nahm die Schlange sorgfältig ins Visier. Einen Augenblick später hallte der Knall seines Gewehrs zwischen den Hängen und das Tier krümmte sich kopflos in Pardues Griff.

Als er seine Beute zusammenrollte und in die Satteltasche stopfte, fiel sein Auge auf ein Knäuel aus Gestrüpp, etwas weiter den Hang hinauf. Irgendetwas war eigenartig daran. Normalerweise konnte Pardue das Hindernis, das die Sträucher und Zweige eingefangen hatten immer gut erkennen. In einem trockenen Flussbett war es häufig ein Baumstamm oder Unrat, der das Zentrum des Wirrwarrs bildete. Bei einem Bachlauf war es manchmal ein alter Biberdamm, um den sich Gestrüpp gesammelt hatte, zumindest drüben im Osten. Diese Ansammlung hier schien allerdings eher aus Ranken und Wurzeln zu bestehen. Pardue trat näher. Nein, dies war Müll aus Menschenhand.

Eine Reihe wurzelartiger Fäden wand sich den Hügel hinauf; niedergedrückt vom Lauf der Zeit und vielleicht dem gelegentlichen Niederschlag hatten sie die Konturen und die Farbe des Bodens und der Felsen angenommen. Die Ranken endeten an einer glatten, ausgewaschenen Fläche. Wäre die Schlange nicht gewesen, hätte er es niemals bemerkt, aber jetzt wusste er, was es war.

Ein alter Fallschirm lag dort ausgebreitet vor ihm, quer über den Hang drapiert, aber bedeckt von Sand und Geröll und halb verrottet, was den Boden so glatt wie getrockneten Schlamm aussehen ließ.

An den Stellen, an denen der Stoff die Sandtöne der Wüste nicht angenommen hatte, schimmerte das blasse, sonnengebleichte Armeegrün hervor.

Pardues Blick folgte den Fangleinen des Fallschirms, bis zu dem Buschknäuel. Die Zweige und Gräser hatten sich zusammen mit Disteln und Flockenblumen um etwas Großes gewickelt. Er näherte sich weiter und spähte auf der Suche nach Kleidung, Knochen oder noch mehr Schlangen in die Schatten hinein. Er konnte sich nicht entsinnen, eine Meldung über fehlgeschlagene Fallschirm-Missionen oder vermisste Springer bekommen zu haben. Vielleicht war dieser Kerl ja Teil einer lang vergessenen Trainingsmission von Fort Huachaca gewesen. Womöglich hatte es diese arme Sau niemals in die Zeitung geschafft, weil die Mission streng geheim gewesen war oder weil er Teil eines ausländischen Militäraustauschs gewesen war.

Er hob einen Stein auf und warf ihn ins Gebüsch, um mögliche Schlangen zu verscheuchen. Anstelle von Rasseln vernahm er allerdings einen dumpfen Aufschlag. Ein weiterer Stein landete mit dem gleichen Ergebnis dort.

Mit dem Lauf seines Henry-Gewehrs schob Pardue vorsichtig eine Schicht Unrat beiseite und sah daraufhin etwas, das wie eine Abfalltonne aussah. Diese war ebenfalls olivfarben. Da war also gar keine Leiche. Er enthüllte mehr von dem Behälter und sah, dass ein Bündel Metallstreben an die Seiten der Transporttonne geschnallt waren. Zwischen den verrotteten Gurten des Tragesystems bemerkte er nun zwei weitere Riemen, die mit sprödem Leder gepolstert waren. Ein Riemen hing lose an einem Tragegestell, das die Rundung des Behälters an die flacheren Konturen eines Soldatenrückens angepasst hätte. Der andere Riemen war immer noch festgezurrt, als wäre er nie benutzt worden. Dieses Ding war anscheinend aus einem Flugzeug gefallen und nie gefunden worden. Sonst war keiner hier und es war von niemandem außer dem Fallschirm getragen worden.

Dann sah Pardue die verblassten, weißen Buchstaben, die auf dem Container prangten: M-388VT.

»Heilige Scheiße«, keuchte Pardue.

Dies war kein einfacher Vorratsbehälter oder gewöhnliches Equipment. Aus seiner Zeit bei der Army wusste Timon Pardue ganz genau, was er da vor sich hatte. Er fragte sich, ob er es wagen sollte, es anzufassen.

Er erinnerte sich daran, dass das Labor in Los Alamos, New Mexico, in den frühen Sechzigern einen Nuklearsprengkopf mit verringerter Sprengkraft entwickelt und getestet hatte. Laut Konzept sollte eine Apparatur wie diese mit eigenem Fallschirm abgeworfen und von einem zweiköpfigen SEAL-Team in Position gebracht werden können, wo es dann ferngezündet werden konnte. Es sollte einen ziemlich großen Hafen von feindlichen Schiffen säubern können. Andere Varianten waren dazu konzipiert worden, auf AGM-62 Walleye-Luftraketen montiert zu werden, der einzige Gebrauch dieser Art für Nuklearsprengköpfe, um ein gesamtes Schwadron herannahender russischer Bomber auf einmal zerstören zu können, und das zu einer Zeit, als konventionelle Luftraketen noch nicht sehr genau oder zuverlässig gewesen waren. Im Vergleich zu der W-54 Rucksackeinheit, die eine Sprengkraft von etwa einer Kilotonne besaß, war die Raketenvariante für gewöhnlich kleiner. Er vermutete daher, dass ein M-388VT als Sprengkopf für die Davy Crockett gedacht gewesen war. Ein rückstoßfreies Kernwaffengeschütz, von dem einzelne Bauteile an die Tonne geschnallt waren.

Auch wenn sich Pardue nicht sicher war, ob er die Bombe erwähnen würde, lächelte er nun, als er dem Treffen mit Wimbles Leuten freudig entgegensah. Er würde als knallharter, cooler Typ dastehen, wenn er ihnen Klapperschlange als Imbiss reichte. Sie würden instinktiv wissen, dass sie den richtigen Mann gefunden hatten, ob er sie nun zur Hölle schickte oder ihnen anbot, sie höchstpersönlich dahin zu eskortieren.

IM AUGE DES FEUERS

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