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Bänderriss

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Als sie den Flur betrat, stockte ihr kurz der Atem. Zu ihrem Schreck sah sie, dass ihr Freund ihr an Krücken entgegenkam. "Dreifacher Bänderriss!", sagte er erbittert.

Er sei in seiner Firma, erfuhr sie, zu schnell um eine Ecke gebogen und dabei böse gestürzt. “Ärmster!", sagte sie und streichelte ihm sanft den Rücken. Doch sie konnte ihn auch hierdurch nicht beruhigen. Zu groß war seine Verärgerung darüber, dass er für die nächsten sechs Wochen krankgeschrieben war.

Da sie in der Kantine ihrer jeweiligen Firma schon zu Mittag gegessen hatten, aßen sie zum Abendessen nur eine Kleinigkeit.

"Zeit für mich, ins Bett zu gehen", sagte sie gegen zehn. "Für mich?", fragte er spitz. Überrascht sah sie ihn an. Kurz vorher hatte er ihr noch angekündigt, er werde heute länger fernsehen.

Gleich nachdem sie am nächsten Abend die Wohnungstür geöffnet hatte, sah sie ihn schon mit seinen Krücken im Flur stehen. Ihr war, als hätte er dort bereits länger auf sie gewartet. "Heute gibt es dein Lieblingsgericht!", rief sie und deutete mit dem Kopf auf ihre Tragetasche. "Lachs mit Wildreis!"

Beim Essen erzählte sie, was sie tagsüber im Büro erlebt hatte. Ihr fiel auf, dass er danach nur noch wenig sprach. "Warum so einsilbig?" „Was“, entgegnete er ihr darauf, „kann ein Krüppel wie ich schon erleben.”

Der Ton seiner Antwort gefiel ihr nicht. Dennoch legte sie zart ihre Hand auf die seine. "Ihm fehlt die Arbeit", dachte sie. Wenig später bat er sie, ihm morgen ein Wirtschaftsmagazin mitzubringen.

Während sie am nächsten Abend die Wohnungstür aufschloss, überlief es sie mit einem Mal heiß. Ihr fiel ein, dass sie vergessen hatte, das Magazin zu kaufen.

"Entschuldige!", sagte sie sofort nach der Begrüßung. "Bei uns ging heute alles drunter und drüber." "Verstehe", erwiderte er höhnisch, "die Arbeit geht stets vor."

"So darfst du nicht mit mir reden. Wie oft hast nicht auch du schon etwas vergessen!" Nichts davon sagte sie. Stattdessen lief sie schell in die Küche und schob geräuschvoll eine gut belegte Pizza in den Backofen.

Kaum hatte sie am nächsten Abend die Tür geöffnet, da traute sie ihren Augen nicht. Vor ihr saß ihr Freund mit einem Wecker in der Hand. "Eine halbe Stunde zu spät!", fuhr er sie an. Dabei reckte er die Hand mit dem Wecker in die Höhe. Nach einer kurzen Pause fuhr er leise fort: "Warum nicht vorher noch mit einem Kollegen ein Bier trinken? Der Krüppel kann ja warten!"

Jetzt konnte sie ihren Zorn nicht mehr länger unterdrücken. "Sieh dich doch nur einmal an", schrie sie mit hochrotem Kopf, "du sitzt hier und beleidigst mich. So kann es mit uns nicht mehr weitergehen!"

Mit einer heftigen Bewegung griff sie in ihre Tasche und zog das Magazin hervor. Äußerlich plötzlich wieder ruhig, legte sie es auf die Kommode neben ihm. „Hier“, erklärte sie, „siehst du den Grund für mein Zuspätkommen!"

Einen Augenblick lang sah er sie mit einem tückischen Lächeln an. Dann sagte er ganz langsam zu ihr: "Das perfekte Alibi!"

Unwillkürlich wich sie vor ihm zurück. Statt noch etwas zu sagen, ließ sie die Tür sprechen: Sie schlug sie mit ganzer Wucht hinter sich zu.

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