Читать книгу Ein Krankenhaus im Kongo - Robert Kösch - Страница 14

Das neue Krankenhaus

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Am nächsten Morgen ging es mit Filippo das erste Mal zum Grundstück des neuen Krankenhauses. Der Stadtteil hieß Kalundja und lag etwa fünf Kilometer nördlich vom Zentrum Barakas entfernt. Für diese Strecke würden wir den Wagen nehmen. Es fühlte sich irgendwie absurd an, dass rund um die Uhr ein Auto inklusive Fahrer bereitstand, nur um uns durch die Gegend kutschieren zu können. Aber gut, das war Teil des Sicherheitskonzepts. Und nach Kalundja zu laufen war verboten. Für diese Strecke bräuchten wir – wenn es gut lief und nicht regnete – circa 20 Minuten mit dem Auto. Das machte eine stolze Durchschnittsgeschwindigkeit von sage und schreibe 15 km/h! Wenn ich in Hamburg mit dem Rad zur Arbeit fuhr, war mein Schnitt an guten Tagen doppelt so hoch. Als wir also die völlig verwüstete RN5 entlangfuhren, fiel mir auf, wie viele Menschen am Straßenrand liefen. Der Grund dafür war banal: Die meisten Menschen hatten keine Fahrräder, ganz zu schweigen von einem eigenen Auto. Auch ein Moto-Taxi war vielen einfach zu teuer. Somit blieb noch der kostenfreie Marsch zu Fuß – bei 37 Grad Außentemperatur eine schweißtreibende Angelegenheit. Die Frauen trugen Körbe voller Brennholz und merkwürdig aussehenden Wurzeln auf dem Kopf.

Auf einmal bog unser Fahrer Cedric von der RN5 links ab. Aber wo wollte er hin? Dort war keine Straße, sondern nur eine grüne Wand aus Gräsern, Büschen und Bäumen. Unerschrocken bog Rhino die Hecken einfach zur Seite, und es kam ein kleiner Trampelpfad zum Vorschein. Dann bat Cedric uns, die Fenster zu schließen, damit keine Schlangen von den nahen Büschen ins Auto gelangen konnten. Schlangen?!? Er erzählte, dass genau das vor ein paar Monaten im Nachbarprojekt in Kimbi passiert war, und da hatte es ordentlich Tumult im Auto gegeben. Oh Mann, wo war ich hier nur gelandet …

Hinter den Scheiben vor potenziellen Schlangenangriffen geschützt, passierten wir einige Strohhütten und ernteten überraschte Blicke, was denn der Geländewagen hier wollte. Dann sahen die Leute das MSF-Logo und winkten uns freundlich zu. Nach weiteren 100 Metern kam der Wagen zum Stehen. Wir waren da.

Nachdem Cedric den Motor abgestellt hatte, merkte ich, wie ruhig es hier war. Kein Gehupe, kein Geschrei, keine überdrehten Boxen. Nur der Wind, der sanft durch die hohen Gräser blies und ein entferntes Kinderlachen zu uns herübertrug. Hinter uns erstreckte sich die endlose Hügelkette, und vor uns bot sich ein atemberaubendes Panorama auf den tiefblauen Tanganjikasee. Die Sicht war so gut, dass man auf der anderen Seite des Ufers sogar die Berge von Burundi erblicken konnte! Das Grundstück selbst war wie gemalt und gigantisch groß. Mächtige Mangobäume erhoben sich aus den saftig grünen Büschen und strahlten Ruhe und Gemächlichkeit aus. Ein magischer Ort, an dem die Zeit langsamer zu vergehen schien. Ein Ort, der den Menschen Hoffnung geben könnte. Ein Ort ohne Hektik. So langsam wurde mir die Tragweite unseres Vorhabens bewusst. Hier würde in ein paar Jahren auf einer Fläche von elf Fußballfeldern eines der modernsten Krankenhäuser im Ost-Kongo stehen! Ich stellte mir vor, wie in naher Zukunft afrikanische Ärzte in weißen Kitteln von Bett zu Bett gingen, Patienten im wohltuenden Schatten der großen Mangobäume saßen und es genug Platz gab, um eine angemessene Behandlung zu erhalten. Es war zum Greifen nahe. Jetzt mussten wir uns nur noch an die Umsetzung machen.

Zurück in Papaya schaute ich mir das Construction Management Protocol und den Construction Project Plan an. Endlich etwas, das ich kannte und verstand. Pläne, Struktur, Reporting, Governance – das war zu Hause in Deutschland mein täglich’ Brot gewesen. Die Phase der Machbarkeitsstudie war nahezu abgeschlossen. Es gab ein vorläufiges Konzept, eine strategische Ausrichtung, ein definiertes Budget, eine Abschätzung für den Personalbedarf und ein technisches Anforderungsprofil. Mit anderen Worten: eben den ganzen Krempel, den man für ein Projekt dieser Größenordnung brauchte. Es fehlte noch etwas Papierkram zu rechtlichen Dingen, und dann käme die Designphase. Dazu würden wir in den nächsten Monaten in Papaya viel Besuch bekommen. Architekten, Bauingenieure und Experten für Wassertechnik würden ein Paket schnüren, um eine Ausschreibung zu starten. Wenn alles gut lief und ein Lieferant gefunden würde, könnten im Oktober die Bagger anrollen und mit den Bodenarbeiten beginnen.

Ein Krankenhaus im Kongo

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