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2. MÄRZ
ОглавлениеSchweigen
Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.
PSALM 62, 2
Wie das Fasten ist das Schweigen eine geistliche Übung des Verzichts. Wer schweigt, nimmt bewusst Stille auf sich. Er verzichtet darauf, sich zu allem und jedem zu äußern. Er nimmt sich und seine Meinung zurück und überlässt den anderen, und letztlich auch Gott, die Gestaltung dessen, was geschieht. Schweigen ist somit ein Ausdruck des Vertrauens, dass Gott alles gut lenken wird, auch wenn wir selbst keinen Einfluss nehmen.
Eng verbunden mit der Übung des Schweigens ist der Verzicht auf Informationsaufnahme. Bei Aufenthalten in Afrika war ich wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten. Wenn ich dann wieder Nachrichten bekam, merkte ich zweierlei: Erstens, dass ich sie oft gar nicht einordnen konnte, weil mir der Zusammenhang fehlte. Und zweitens, dass vieles, worüber tagelang diskutiert wurde, aus der Perspektive eines anderen Kontinents mit ganz anderen Problemen unbedeutend und nebensächlich erscheint. Ich merkte: Ich muss nicht alles wissen – und kann es auch gar nicht. Noch weniger kann ich alles, was geschieht, beeinflussen.
Zeiten des bewussten Schweigens helfen uns, die Hauptsachen von den Nebensächlichkeiten zu trennen. Sie helfen uns, unsere Gedanken zu ordnen und das, was wirklich zählt, im Nachsinnen und im Gebet vor Gott zu bedenken.
Schweigen eröffnet uns den Freiraum, auf Gott zu hören. Schweigen und Hören gehören eng zusammen. Schweigen ist verbunden mit Vertrauen: „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.“ (Psalm 62, 2) An anderer Stelle sagt David, einfach und wunderschön: „Fürwahr, meine Seele ist still und ruhig geworden wie ein kleines Kind bei seiner Mutter; wie ein kleines Kind, so ist meine Seele in mir.“ (Psalm 131, 2)
Bei Gott zur Ruhe kommen und zu schweigen, kann uns unendlich guttun. Darum betet Otto Riethmüller: „Zeig uns dein königliches Walten. Bring Angst und Zweifel selbst zur Ruh! Du wirst allein ganz Recht behalten. Herr, mach uns still und rede du!“