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12. Kapitel

Sie waren gemeinsam von Bonn angereist. Hauptkommissar Marius Fröhlich war alles andere als begeistert, als er von Oberstaatsanwalt Dr. Westenhoff den Marschbefehl nach Preußisch Sibirien bekommen hatte.

»Mensch, Herr Westenhoff, wieso ziehen Sie uns diesen Fall an Land? Der gehört in erster Zuständigkeit den Rheinland-Pfälzern. Wir haben in Bonn wahrlich genug Arbeit.«

»Mein lieber Fröhlich, nun beruhigen Sie sich doch. Das Opfer war mit seinem ersten Wohnsitz in Bonn gemeldet. Na jedenfalls wenn sich herausstellt, dass das Opfer tatsächlich mit der Person auf dem Personalausweis identisch ist, den die Kollegen gefunden haben. Es ist schön und idyllisch in der Eifel. Machen wir uns einfach eine gute Zeit.«

»Das wird man ja wohl auf den ersten Blick erkennen können, ob die gefundene Person mit der auf dem Personalausweis identisch ist!«, erwiderte Fröhlich säuerlich.

»Nicht, wenn eine Rotte Wildschweine sich darüber hergemacht hat.«

Westenhoffs knochentrockene Art konnte nicht jeder gut ab, Fröhlich jedoch schätzte sie. »Sie sind ja vielleicht drauf, Herr Oberstaatsanwalt. Und dann haben Sie mit den Koblenzern vereinbart, dass wir uns kümmern?«

»Genau so.«

»Die lachen sich doch jetzt einen Ast ab. Die sind einen Sau-Fall los und wir haben ihn an den Hacken. Herzlichen Glühstrumpf.«

»Nun fahren Sie sich mal wieder runter, Fröhlich. Ein bisschen frische Luft wird uns beiden ganz guttun. Schauen wir uns die Sache doch erst mal genauer an.« Der Oberstaatsanwalt war noch ganz optimistisch.

»Polizeihauptkommissar Gerhard Teufel von der Polizeiinspektion Bad Neuenahr«, stellte sich der dienstranghöchste Polizist vor, der bisher vor Ort alles geregelt hatte.

»Ich dachte, hier wäre die Polizeiinspektion Remagen zuständig«, wunderte sich Fröhlich, nachdem er und Westenhoff sich vorgestellt hatten.

»Und ich dachte, die Staatsanwaltschaft Koblenz wäre hier zuständig«, lachte Teufel. »Nein, im Ernst, wir sind natürlich informiert, dass Bonn den Fall übernimmt, wenn der Tote dort den ersten Wohnsitz hat. In Königsfeld sind wir aus Neuenahr zuständig. Die Kollegen aus Remagen sind für das Brohltal ohne die Ortsgemeinden Schalkenbach, Königsfeld, Spessart, Kempenich, Weibern und Hohenleimbach zuständig. Die können jedenfalls froh sein, dass sie sich den Fundort dieser Leiche nicht aus nächster Nähe anschauen müssen. Überzeugen Sie sich selbst.«

Westenhoff und Fröhlich folgten der fragwürdigen Einladung widerstrebend, Fröhlich mit verdrehten Augen.

Da die Spurensicherung nichts mehr ausrichten konnte, war der Tote mittlerweile mit einem Tuch bedeckt. Westenhoff bückte sich und zog es beiseite. Der Anblick ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Mit Mühe schaffte er es, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten. Leichenfraß oder postmortaler Tierfraß, wie die Rechtsmediziner es ausdrückten, in natura zu erleben, gehörte zu den unschönsten Momenten für Ermittler. Lediglich die groben Schuhe ließen darauf schließen, dass es sich um eine männliche Person handelte. Der gesamte Leichnam war ansonsten bis zur Unkenntlichkeit zerfressen. Selbst vor den Knochen hatten die Sauen nicht haltgemacht.

Fröhlich überwand sich und schaute sich den Toten so lange an, bis er glaubte, genug für die Ermittlungen gesehen zu haben. Dann ließ er Westenhoff mit einem vernichtenden Blick wissen, was er davon hielt, diesen Fall in der idyllischen Eifel unter der Kategorie gesunde Landluft zu verbuchen.

Westenhoff schaute betreten auf seine blank geputzten Schuhe. Es schien wirklich eine ziemlich bescheuerte Idee von ihm gewesen zu sein, den Fall aus reiner Freude an der Eifel und absolut ohne Not in ihre Zuständigkeit gezogen zu haben. Als er die Kollegen von der Spurensicherung fragte, ob sie am Fundort etwas Verwertbares gefunden hatten, trafen ihn ebenfalls vernichtende Blicke. Das konnte ja heiter werden.

Fröhlich hatte sich inzwischen von Gerhard Teufel den Personalausweis geben lassen und las laut vor: »Benno Meier, dreiundzwanzig Jahre, wohnhaft in Bonn. Geburtsort Bad Neuenahr-Ahrweiler. Kennen Sie diesen Benno Meier, Herr Teufel?«

»Kennen ist zu viel gesagt«, antwortete Teufel, »ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es sich um einen Sohn vom Meier-Hof handelt, ganz in der Nähe hier. Die haben vier Söhne. Die Familie gilt hier in der Gegend als sehr speziell. Die Rede ist immer nur von der Meierei.«

»Das heißt was?« Fröhlich schwante nichts Gutes.

»Es sind keine wirklich üblen Kerle, denke ich, aber eben sehr speziell. Fahren Sie hin und sehen sie selbst. Der Hof liegt am Rand vom Dorf. Vielleicht ist es ja auch gar nicht Benno, sondern nur sein Personalausweis. Woran soll man ihn auch erkennen? Hat es ja alles schon gegeben.«

»Kein Zweifel, wir sind in der Eifel«, brummte Fröhlich.

Blutdorf

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