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3. Kapitel

Wie ein gieriges Monster fraß sich die schwere Maschine lautstark durch den Wald. Mit ihrer Riesenfaust packte sie die vierzig Meter hohen Fichten wie Schnittblumen am Stamm, sägte sie in Sekundenschnelle ab und entastete sie, um sie dann behutsam abzulegen und auf Länge zu sägen. Ludwig Meier liebte seine Arbeit. Früher hatte er sich mit der Motorsäge durch die Fichtenbestände gekämpft. Dann hatte er einen Holzvollernter, einen sogenannten Harvester bei der Arbeit gesehen, der am Tag problemlos zweihundert Bäume schaffte, wofür Meier, wenn es gut lief, zehn Tage gebraucht hatte. Er hatte nicht eher geruht, bis er sich einen gebrauchten Harvester leisten konnte. Fast hunderttausend Euro hatte er zahlen müssen.

Das Geld dafür konnte er allerdings nicht mit der Motorsäge verdienen, deshalb hatte er begonnen, mit Holz zu handeln. Er hatte schnell heraus, dass den meisten Kleinwaldbesitzern in der Eifel jegliche Erfahrung beim Holzverkauf fehlte. Er zahlte einen besseren Preis als die großen etablierten Forstunternehmen und er zahlte immer einen gewissen Anteil bar aus, was die anderen mit ihren Warenwirtschaftssystemen nicht konnten. Die konnten allerdings auch beim Aufmaß und der Abrechnung keine Stämme vergessen. Wenn Bargeld vorbei am Fiskus lachte, fraß die Gier den Eifelern das Hirn auf. Mit ein paar Gesprächen unter vier Augen, ein paar Bier hier und ein paar Schnäpsen da, hatte Ludwig schnell das Vertrauen der Leute gewonnen. Außerdem saß sein Handelspartner in Belgien. Wenn sie erst einmal das Bargeld in der Tasche hatten, war es den Leuten egal, was mit ihrem Holz passierte. Von seinem Vater hatte er gelernt, wie man mit Viehhändlern umzugehen hatte, Menschen einer Branche, die seit Jahrhunderten mit einem schlechten Ruf lebten. Er hatte sich ihnen vieles abgeschaut und beherrschte die gesamte Klaviatur der Händlerpsychologie, ohne jemals an einer Schulung teilgenommen, geschweige denn einen Hörsaal von innen gesehen zu haben. Sein Traum vom Harvester rechtfertigte die Mittel. Und warum sollte er etwas ändern, das funktionierte? Der Wald und sein Holz waren zu Ludwigs Lebensinhalt geworden. Er liebte seine Arbeit und die Einsamkeit, die sie mit sich brachte, denn die meiste Zeit war er in der Steuerkabine des schweren Gerätes auf sich gestellt. Nur ab und zu schaute mal der Förster oder ein Waldbesitzer vorbei. Das waren dann immer gute Gelegenheiten, um das nächste Geschäft einzufädeln.

Die Elektronik zeigte ihm an, dass eine Sägekette stumpf war. Sein bestens ausgestatteter Werkstattwagen, ein schwarzer Ford Transit, dem man seine harten Einsätze ansah, stand immer in der Nähe. Ludwig schaltete den Motor des Riesen aus, legte Gehörschutz und Helm ab und stieg die eisernen Stufen des Monsters hinunter, um das Spezialwerkzeug zu holen.

Auf dem Weg zum Werkstattwagen stellten sich die Haare an seinen muskulösen und braun gebrannten Armen auf. Er blieb abrupt stehen, lauschte angestrengt und tastete mit seinen geschulten Augen die Umgebung ab. Doch außer Vogelstimmen und dem leisen Wehen des Windes vermochte er nichts auszumachen. Er konnte sich aber auf seine Instinkte verlassen und blieb unschlüssig stehen. Aber was sollte schon sein? Da! Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, eine leichte, nicht dorthin gehörende Bewegung im Unterholz ausgemacht zu haben. Nein … er hatte sich wohl getäuscht. Kopfschüttelnd ging er weiter.

Hätte er sich noch einmal umgedreht, hätte er den Kopf sehen können, der jede seiner Bewegungen sorgfältig verfolgte. Wenn sich das Monster mit seinen bedrohlichen, Zerstörung verkündenden Arbeitsgeräuschen durch den Wald fraß, ergriff alles, was Beine oder Flügel hatte, die Flucht. Niemals im Leben wäre Ludwig auf die Idee gekommen, dass ein Wolf aus kurzer Distanz jede seiner Bewegungen registriert hatte.

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