Читать книгу Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis - Rolf Michael, Alfred Bekker, Frank Rehfeld - Страница 18

Kapitel 11: Der Namenlose Magier

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Brenda und Robert verließen das dunkle Gewölbe. Hustend liefen sie durch die rauchverhangenen Gänge und erreichten schließlich den Ausgang. Die Fackeln ließ Brenda im Haupthaus zurück. Sollten die Flammen diesen Ort des Bösen ruhig vollständig verzehren!

Das Feuer hatte sich inzwischen überall ausgebreitet. Als sie ins Freie traten sahen sie, wie die Flammen bereits aus den Fenstern schlugen. Es war unbeschreiblich heiß.

Draußen war es bereits dunkel.

„Lass uns hier verschwinden“, sagte Brenda.

„Es muss hier eine Möglichkeit geben, die nächste Ebene zu erreichen“, war Robert überzeugt.

„Wenn es so ist, dann werden wir früher oder später darauf stoßen!“

„Oder dieser Gnom meldet sich wieder, um uns irgendwelche Waffen von zweifelhafter Wirkung anzudrehen.“ Sie gingen in Richtung des Schloss-Tores, das sich plötzlich verwandelte. Flammen schlugen aus dem Stein und es glich auf einmal in erschreckender Weise jenem Höllentor, das sie als erstes durchschritten hatten.

Was dahinter lag, wurde von einem plötzlich auftretenden Nebel verhüllt.

Der Gnom trat daraus hervor.

„Immer hereinspaziert! Ihr habt euch trotz aller Widrigkeiten und einem miserablen Start die nächste Ebene verdient!“, gab er zu. Die Armbrust war plötzlich verwunden.

Den Bogen hatte Brenda schon zuvor bei der Flucht aus dem Gewölbe verloren.

„Es gibt auf der nächsten Ebene keine Vampire, daher brauchst du weder eine Armbrust, noch Holzpflöcke oder irgendetwas anderes, das mit all diesen Dingen zu tun hat!“

„Kommen wir jetzt auf die Ebene des Namenlosen Magiers?“, fragte Robert.

„Da ihr den Schlossherrn besiegt habt – ja!“, gab der Gnom zögernd Auskunft.

„Ich dachte, das wäre die Voraussetzung, um überhaupt im Spiel zu bleiben!“, wunderte sich Brenda.

„Habt ihr das etwa angenommen?“, tat der Gnom recht unschuldig. „Tut mir leid, wenn ihr meine objektiven Informationen ein bisschen falsch verstanden zu haben scheint.“

„Was soll das heißen – falsch verstanden?“, hakte Robert sofort nach.

„Nun, ganz einfach! Wenn ihr nur lange genug in dieser Ebene überlebt und euch tapfer der Schattenkreaturen erwehrt hättet, währt ihr irgendwann auch auf die nächste Ebene gekommen. Allerdings nicht auf die Ebene des Namenlosen Magiers. Da hättet ihr vorher noch Station auf ein paar anderen Levels machen müssen, was sicher der Vervollkommnung eurer Kampfkünste sehr dienlich gewesen wäre, wenn mir diese Bemerkung erlaubt sei!“ Der Gnom hüstelte verlegen vor sich hin. „Da ihr jedoch den Schlossherrn getötet habt, kommt ihr in den Genuss einer Abkürzung. Also frohlockt!“ Der Gnom machte einen Salto. Dann streckte er die Hände aus. Wie durch magische Hand wurden die Schwerter, die Robert und Brenda bei sich trugen, ihnen weggerissen. Sie schwebten durch die Luft, wirbelten um die eigene Achse und wurden schließlich vom Gnom im Flug aufgefangen. Mit traumwandlerischer Sicherheit legten sich seine Hände um die Griffe der beiden Klingen, die er daraufhin gegeneinander rieb, wie ein Essbesteck.

„Heh, was soll das?“, empörte sich Brenda.

„Ihr bekommt neue Waffen! Zwei Pistolen mit je einer geweihten Kugel! Für das doppelläufige Modell war euer Start hier im Reich der Verdammten leider einfach zu dämlich –

sorry!“

Die Pistolen erschienen plötzlich und sowohl Brenda als auch Robert griffen sofort zu. Schließlich konnte man bei dem Gnom ja nie wissen, ob er es sich noch anders überlegte.

„Und es gibt noch das hier!“, verkündete der Gnom.

Zwei einfache Metallstäbe schwebten ebenso wie zuvor die Pistolen schwerelos in der Luft umher.

„Was soll das sein?“, fragte Robert.

„Dummkopf, wie hast du nur das erste Level überstanden?“, tadelte ihn der Gnom. „Das sind Zauberstäbe. Ihr seid ja nicht zaubermächtig, aber ihr könnt sie einfach zum Blitze schleudern verwenden. Damit kann man sich recht effektiv irgendwelcher Gegner erwehren. Nur für den Namenlosen Magier, euren Endgegner, werdet ihr wohl nur mit einer der beiden Waffen zum Ziel kommen, die mit geweihten Kugeln geladen sind.“

„Wie ist es denn, kriegen wir noch etwas mehr Munition?“, fragte Robert.

Der Gnom grinste. „Es gibt doch nur einen Namenlosen Magier“, argumentierte er dagegen. „Und ihr habt zusammen zwei Kugeln. Ich finde, das ist mehr als genug. Aber was die Blitze und die Zauberstäbe angeht, so möchte ich euch doch in einer Hinsicht warnen! Benutzt sie nicht zu häufig, denn jeder Blitz, den ihr sendet, wird euch von der persönlichen Lebensenergie abgezogen. Und ihr wollt doch im nächsten Level nicht unbedingt alt und gebrechlich aussehen! Aber genau das würde passieren, wenn ihr eure Blitzkraft wahllos und zu jedem nur erdenklichen Angriff benutzt! Und nun durchschreitet das Tor.“

Kaum hatte er das gesagt, war der Gnom auch schon wieder verschwunden.

Die beiden Zauberstäbe fielen zu Boden. Brenda und Robert nahmen sich je einen.

*

Brenda und Robert durchschritten das Flammentor. Auf der anderen Seite lösten sich die Nebel rasch auf. Dahinter zeigte sich eine völlig veränderte Welt. Sie entsprach dem, was Brenda und Robert im Hexenfeuer gesehen hatten. Es war heller Tag. Auf einer Klippe nahe dem Meer ragten die Mauern einer Burg empor. Davor erstreckten sich grüne Wiesen unter einem strahlend blauen Himmel.

„Spürst du noch den Einfluss der Hexe?“, fragte Brenda, während sie sich der Burg näherten.

Er sah sie verwundert an und schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin vollkommen frei in meinen Entscheidungen“, behauptete er.

„Könntest du dir vorstellen, Jarmila nicht zu befreien?

Ich meine nur theoretisch…“

Er schwieg. Sein Gesicht bekam plötzlich einen gequälten Ausdruck.

„Warum sollten wir über diese Möglichkeit nachdenken?“, fragte er.

Also doch! , erkannte sie. Der Einfluss, den die Hexe auf Roberts Geist genommen hat, ist auch auf dieser Ebene noch wirksam.

„Sie hat dich verhext, Robert! Sonst wäre dir das nicht so wichtig!“

„Wir haben zu dem Thema doch alles gesagt!“, fand Robert.

Und was wäre, wenn er sich tatsächlich nur in diese Jarmila verliebt hat? , fragte sie sich. Wäre dir das wirklich lieber?

Das Tempo, das Robert vorlegte, war ziemlich schnell und Brenda hatte Mühe mitzuhalten. Sie schob das auf die unterschiedlichen Kraftreserven, die ihnen von der Hexe eingeflößt worden waren.

Dann erreichten sie schließlich die Burg.

Zunächst wirkte sie verlassen.

Dich dann erschienen plötzlich ein paar Wächter. Sie hatten die Gestalt von geflügelten Affen, waren etwa einen Meter fünfzig groß und trugen Helme, Dreizacke und tunikaartige Gewänder.

Von den Zinnen blickten sie misstrauisch herab.

Schließlich rief ihr Anführer: „Heh, ihr dort! Da ihr beide Zauberstäbe bei euch tragt, müsst ihr jene Zauberer sein, die sich zum magischen Duell mit unserem Herrn verabredet haben!“

„Die sind wir!“, stimmte Robert zu. „Also lasst uns herein! Öffnet das Tor!“

„Dieses Tor ist schon seit ewigen Zeiten nicht mehr geöffnet worden!“, antwortete der geflügelte Affe.

Das Holztor verschwand und machte festem Mauerwerk Platz.

„War das Tor nur eine Illusion oder ist das, was wir jetzt sehen die Täuschung?“, fragte Brenda. „Wir haben es mit der Burg eines Magiers zu tun, da müssen wir mit allem rechnen.“

„Hauptsache, wir kommen da schnell herein und können unsere Aufgabe erledigen“, erwiderte Robert.

„Jarmila?“, fragte sie.

Er sah sie an. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.

„Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht anders. Ich muss fortwährend an sie denken.“

„Das geht so, seit die Hexe dich berührt hat, nicht wahr?“

„Ja“, gab er zu. Er wirkte niedergeschlagen. „Aber hier, auf dieser Ebene ist es noch weitaus schlimmer geworden!“ Sie kamen nicht mehr dazu, weiter darüber zu reden, denn in diesem Augenblick flatterten zwei Dutzend der geflügelten Affen von den Burgzinnen herab. Aber anstatt zu landen, packten sie Robert und Brenda an Armen und Beinen. „Wir bringen euch zu unserem Herrn!“, riefen sie und flatterten wieder empor.

Im nächsten Moment hatten Robert und Brenda keinerlei festen Boden mehr unter den Füßen.

Die geflügelten Wächter brachten sie in den Innenhof der Burg und setzten sie vorsichtig ab.

Ein Mann in einem dunklen Umhang stand dort. Er hatte kein einziges Haar auf dem Kopf und sein Mund wurde von einem Knebelbart umgeben. Die Augenbrauen wirkten sehr kräftig und beschrieben jeweils einen nach oben gerichteten Bogen.

Robert schluckte unwillkürlich.

„Erkennst du mich wieder?“, fragte der Mann.

„Der Gothic-Opa, der mir dieses Teufelsspiel verkauft hat!“, stellte Robert mit bitterem Unterton fest.

„Ja, Teufelsspiel ist eine gar nicht so verkehrte Bezeichnung.“ Er wandte sich Brenda zu. „Wie schön, dass dein Freund noch eine zweite Seele mit ins Verderben gezogen hat!“

„Du nennst dich Namenloser Magier – aber wie heißt du wirklich?“, fragte Robert.

„Ich trage viele Namen und trete an vielen Orten gleichzeitig auf. Aber überwiegend bin ich Garabos, ein Oberdämon des Höllenreichs.“ Er lachte schallend. „Seht euch diese Burg an! Die Umgebung erinnert eher an ein verlorenes Paradies, als an eine Hölle. Es bedarf einer großen Menge an Energie, um so etwas hier zu erhalten! Seelen kraft!“ Er lachte schallend. „Ich sammle Seelen und das Spiel, das ihr unter dem Namen Hellgate kennt, ist ein Mittel dazu. Es gibt keine Escape-Funktion, es sei denn, ihr könntet mich besiegen. Es ist erstaunlich, wie lange ihr durchgehalten habt. Die meisten erliegen schon den Herausforderungen auf dem unteren Level. Dennoch, hier ist eure Reise zu Ende. Ihr werdet das sein, was ihr in Wahrheit die ganze Zeit schon wart. Verdammte Seelen, gefangen in einem Reich des Bösen.“ Garabos nahm plötzlich eine Haltung ein, die an die Kampfstellung eines Kung Fu-Kämpfers erinnerte. Das Gesicht wirkte grimmig und entschlossen.

„Verlängern wir euer Leiden nicht unnötig. Denn unerfüllbare Hoffnungen bedeuten Leiden. Ihr seht also, dass ich durchaus meine menschliche Seite habe!“ Eine Handbewegung folgte.

Blitze fuhren aus den Fingern des Magiers. Sie trafen Brenda und Robert gleichzeitig. Sie wurden zu Boden geworfen.

Robert glaubte zu spüren, wie die ungeahnte Kraft, die er seit der Berührung durch die Hexe in sich gespürt hatte, sogleich um mindestens die Hälfte reduziert worden war. Er rappelte sich auf. Brenda hatte mehr Schwierigkeiten damit.

Sie schien bereits der erste Angriff des Magiers an den Rand des Todes gebracht zu haben. Sie war blass und ihr Gesicht wirkte eingefallen.

Robert wollte zu der Pistole mit der geweihten Kugel greifen.

Tu das nicht! , meldete sich plötzlich eine Stimme in ihm.

Es war die Hexe. Sie schien tatsächlich immer noch eine Verbindung zu seinem Geist zu haben. Nicht jetzt jedenfalls.

Du musst ihn erst geschwächt haben, sonst verfehlt auch die geweihte Kugel ihre Wirkung!

Das hätte mir der Gnom auch sagen können! , ging es Robert ärgerlich durch den Kopf.

Die Gedankenstimme der Hexe lieferte ihm jedoch eine sehr einleuchtende Erklärung dafür, dass er es nicht getan hatte: Diesmal hat er anders gewettet!

Robert benutzte den Zauberstab.

Konzentriere deine Kräfte. Alle auf einen Punkt und in einem Moment. Du hast genug Kraft, um ihn besiegen zu können.

Ich weiß es, sonst hätte ich dich niemals mit der Aufgabe betraut, Jarmila zu befreien!

Ein Blitz fuhr jetzt aus Roberts Zauberstab. Er traf den Magier und warf ihn mehrere Meter zurück, bis er gegen die Wand jenes Turmes prallte, von dem Robert gesehen hatte, dass die schöne Jarmila dort gefangen gehalten wurde.

Der Magier war überrascht.

„Ah, ich spüre da eine fremde Energie in dir… Ich hätte gleich darauf kommen sollen…“

Er hob die Hände für den magischen Angriff. Doch diesmal wartete Robert nicht ab. Alles in einem Moment, alles auf einen Punkt!

Gleichzeitig zuckten Blitze aus Roberts Stab und den Fingern des Magiers. Es war jetzt ein offenes magisches Duell. Für Augenblicke glaubte Robert, dass sämtliche Lebenskraft seinen Körper verließ. Aber er versuchte durchzuhalten. Diesen Magier zu besiegen war die einzige Möglichkeit um diese Welt jemals wieder verlassen zu können.

Doch daran dachte Robert jetzt nicht. Er konzentrierte sich nur auf den Impuls, den er in Richtung seines Gegners schickte.

Beide sanken dann plötzlich ermattet zu Boden.

Sie brauchten Erholung.

Der Namenlose Magier schien mit diesem massiven Widerstand nicht gerechnet zu haben.

Robert wiederum hat nicht geahnt, welche Kräfte in ihm steckten. Aber es waren nicht seine Kräfte und das war ihm durchaus schmerzlich bewusst.

Brenda versuchte ebenfalls einen Angriff. Doch der Magier hob nur die Hand und parierte ihre magische Attacke mit links. Brenda taumelte zu Boden. Der Magier atmete schwer.

Erneut wandte er sich Robert zu. Noch einmal prallten die magischen Energien aufeinander. Diesmal nur für kurze Zeit, denn beide Kontrahenten brauchten jetzt weitaus früher eine Pause.

Nimm die Pistole!

Robert tat, was die Stimme sagte.

Der Magier hob noch die Hand. Robert drückte ab. Die Kugel durchzuckte ein Feld aus Blitzen der magischen Energie, das jedoch nicht mehr stark genug war, um das Projektil aufzuhalten. Es traf den Magier im Oberkörper. Mit überraschtem Gesicht starrte er Robert an, bevor er schließlich transparent wurde und sich auflöste.

Im nächsten Moment war er nicht mehr existent.

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