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Kapitel 12: Jarmila

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Langsam erholten sich Brenda und Robert.

„Wir haben es wirklich geschafft“, sagte er. „Der Namenlose Magier ist besiegt!“ Er trat zu Brenda und half ihr auf. Ein mattes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie hatte zu viel Kraft eingebüßt, um sich richtig freuen zu können.

Die geflügelten Affen wirkten etwas desorientiert und verzogen sich auf die Wehrgänge. Misstrauisch beobachteten sie, was nun geschah.

Das zugemauerte Tor veränderte sich. Die Mauer barst und eine Öffnung von etwa einem Meter mal einem Meter entstand.

Dahinter war der Blick frei auf…

„Sieh nur!“, rief Brenda und streckte den Arm aus. „Die Couch, das Poster… Hey, das ist dein Zimmer!“ Sie fasste ihn bei der Hand und wollte ihn mit sich ziehen. „Robert, das ist die Escape-Funktion!“ Aber Roberts Gesicht wurde starr.

Er blieb stehen. „Etwas ist noch zu tun“, sagte er.

„Du wirst jetzt nicht hier bleiben, um dieser Hexe gegenüber ein Versprechen einzulösen, das ja wohl alles andere als freiwillig gegeben wurde!“

Doch Robert hörte sie gar nicht.

Er ging mit stieren Augen auf die Tür des Turms zu. Seine Schritte wirkten entschlossen. Brenda nahm alle ihre Kräfte zusammen und stellte sich ihm in den Weg.

„Nein, Robert!“

Aber sie spürte, dass er einer fremden Macht gehorchte und sie ihn nicht erreichen konnte.

Er packte sie grob und warf sie zu Boden. Funken sprühten dabei. Die magischen Kräfte, die Robert erfüllten, waren den ihren haushoch überlegen. Sich ihm in den Weg stellen zu wollen war sinnlos. Sie kauerte kraftlos am Boden und war ähnlich benommen wie nach der Attacke durch den Magier.

Robert streckte die Hand mit dem Zauberstab aus. Blitze fuhren in die Tür zum Turm. Sie wurde aus den Halterungen gerissen und über die Brustwehr in Richtung Meer geschleudert. Man hörte noch, wie sie an den Klippen zerschellte.

Dann betrat Robert das Innere des Turms.

Jarmila! Er war nicht fähig, irgendetwas anderes zu denken. Seltsamerweise wusste er, wo er hinzugehen und nach der Gefangen zu suchen hatte.

Schließlich hatte er die letzte Tür zu ihrem Gefängnis geöffnet. Sie war an die Wand gekettet – so wie er es im Hexenfeuer gesehen hatte.

Er streckte die Hand mit dem Zauberstab aus.

Instinktiv schien er zu wissen, was getan werden musste.

Es war so, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, als mit magischen Energien zu jonglieren.

Ein Blitz zuckte aus dem Zauberstab heraus, teilte sich und traf jeweils die Eisenmanschetten, mit denen Jarmilas Handgelenke fixiert waren.

Die Ketten sprangen auf.

Robert senkte den Stab.

„Jarmila!“, stieß er hervor. „Du bist frei! Der Namenlose Magier existiert nicht mehr und es gib keinen Grund mehr, sich zu fürchten.“

Jarmila rieb sich einen Moment lang die Handgelenke. Sie war schön. Aber in ihren Augen glitzerte es kalt. Robert bemerkte davon jedoch nichts. Er starrte sie an, wie ein Weltwunder. Dass draußen die vielleicht einmalige Chance wartete, diese Welt verlassen zu können, hatte er fast vergessen.

„Du Narr!“, sagte Jarmila und ihre Stimme klirrte dabei wie Eis.

Sie trat an ihn heran. Er war völlig verzaubert von ihrer Gegenwart. Sie berührte ihn leicht an der Schläfe und Robert spürte, wie die Kraft, mit der ihn die Hexe ausgestattet hatte, verließ.

Jarmila lachte schallend.

Ihr Körper veränderte sich.

Für einen Moment nahm sie die Gestalt der Hexe an.

„Erkennst du mich nicht?“, fragte sie. „Wir sind uns begegnet – im Wald einer anderen Ebene!“ Ein irres Kichern kam aus ihrem lippenlosen Mund. Dann verwandelte sie sich abermals. Sie wurde zu jenem riesigen Schlangenwesen, das ihre wahre Gestalt sein musste.

„Deine Seele gehört jetzt mir. Und da du mir außerdem den Gefallen getan hast, den Namenlosen Magier zu töten, werde ich jetzt seine Stelle einnehmen. Lange habe ich auf diesen Moment gewartet.“

Das Schlangenmaul mit dem einen, Säure triefenden Giftzahn öffnete sich.

Robert stand unbeweglich da. Er war wie hypnotisiert und unfähig, sich zu bewegen.

In diesem Moment ertönte ein Knall.

Brenda stand an der Tür. Sie hatte sich mit letzter Kraft her geschleppt und die Pistole mit der geweihten Kugel abgefeuert.

Der Schuss traf den Kopf der Riesenschlange. Den Schutzschirm aus blitzender magischer Energie hatte dieses Projektil offenbar ohne Schwierigkeiten durchdringen können.

Noch ehe der Schlangenkörper zu Boden fiel, wurde er transparent und löste sich in nichts auf.

*

Ein Ruck ging durch Robert. „Was tue ich eigentlich hier?“, murmelte er.

„Ist das jetzt noch wichtig?“, fragte Brenda. Sie wirkte erleichtert und nahm in bei der Hand. „Komm. Ich weiß nicht, ob das Tor, durch das wir zurück können, überhaupt noch offen ist. Jedenfalls glaube ich nicht, dass wir diese Chance sehr lange haben werden.“ Robert nickte.

„Du hattest recht!“, sagte er. „Ich meine, was Jarmila und die Hexe betrifft.“

„Sie waren ein und dieselbe Person!“

„Ja.“

Sie verließen den Turm.

Draußen hatte sich die Witterung verändert. Über dem Meer waren düstere Wolkengebirge aufgezogen und die ersten Blitze schossen daraus hervor – untermalt von einem dunklen Donnergrollen.

Robert und Brenda erreichten das Loch im Tor.

Bevor sie hindurch gingen, zögerte Robert.

„Was ist noch?“

Er zog den Dolch und Rapier aus dem Gürtel und warf sie von sich. „Wir sollten zurücklassen, was hier her gehört.“ Die Pistole folgte.

Brenda nickte und tat es ihm gleich.

Dann stiegen sie durch das Loch. Es wurde ihnen beiden schwarz vor Augen. Ein Strudel aus Farben und Formen zog sie beide in sich hinein.

*

Wenig später fanden sie sich in Roberts Zimmer wieder.

GAME OVER stand auf dem Bildschirm. Und darunter die Frage: MÖCHTEST DU EINE ZWEITE RUNDE SPIELEN?

„Bestimmt nicht!“, gab Robert die Antwort, nachdem er einigermaßen begriffen hatte, dass er sich tatsächlich wieder in der Realität befand.

Brenda strahlte ihn an. Sie betastete sich selbst, ihre Arme, Beine und den Stuhl, auf dem sie saß, so als könnte sie es kaum fassen.

„Wir sind zurück!“ rief sie.

„Ja.“

Sie sprang auf. Robert war bereits aufgestanden und hatte den Datenträger aus dem Rechner genommen und in die Verpackung gelegt.

Im Überschwang umarmte sie ihn.

„Ich kann es noch gar nicht fassen!“

„Ich auch nicht“, gab er zu. „Es erscheint mir alles wie ein böser Alptraum.“ Er strich ihr sanft über das Haar.

„Aber etwas Gutes hatte die Sache schon.“

„So?“

„Wir haben gesehen, dass wir uns aufeinander verlassen können, Brenda.“

Sie nickte. „Ja, das stimmt.“

Er lächelte. „Eigentlich wollen wir ja lernen…“ Sie löste sich von ihm und sah auf die Uhr. Dann lächelte auch sie. „Das können wir auch immer noch! Sieh nur! Es ist eine Minute nach halb sechs!“

Robert stutzte, sah erst auf seine Armbanduhr, dann auf den Wecker, der ihn jeden Morgen aus dem Schlaf klingelte.

„Während unseres Aufenthaltes in der Hölle ist hier die Zeit stehen geblieben!“, stellte er fest.

Brenda lächelte. „Das erspart uns erstens ein paar lästige Fragen unserer Eltern danach, wo wir in den letzten Tagen waren und zweitens…“

Robert seufzte.

„Ich ahne es!“

„… haben wir tatsächlich noch eine realistische Chance deinen ganz persönlichen Endgegner zu bezwingen – und der heißt in diesem Fall Mathematik!“ Sie lachte. „Da sollst du mal sehen, dass du dich in der Realität auf mich verlassen kannst! Lass uns gleich anfangen!“

„Einen Moment!“, widersprach Robert. Er nahm das Spiel samt Verpackung in die Hand. „Was machen wir damit?“

„Vernichten würde ich sagen.“

Robert nickte. „Es ist allerdings fraglich, ob das was nützt… Es gibt so viele, denen der Gothic-Opa Kopien verkauft hat!“

„Aber du hast ihn besiegt!“, erinnerte sie ihn. „Und vielleicht stimmt es ja, dass alle Kopien dieses Spiels dieselbe magische Welt teilen.“

„Ich werde trotzdem die Augen offen halten, ob mir dieser Typ irgendwann noch einmal über den Weg läuft!“, versprach Robert. Er nahm die DVD aus der Packung und zerbrach sie.

ENDE

Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis

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