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Zwölf

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„Ich schlage Ihnen vor, wie gehen in mein Büro“, meinte Frau Brotkorb, als sie ihn in der Empfangshalle traf. „Ich kann Ihnen die Liste der Teilnehmer an Ihrem Test geben“. Sie schloss die Tür hinter sich und suchte auf ihrem Schreibtisch die handschriftliche Liste. „Ich habe meinen Namen natürlich nicht darauf gesetzt“, meinte sie lächelnd.

Frau Brotkorb wusste, dass in den einzelnen Zimmern nicht nur Trübsal geblasen wurde. Das Produkt tat offensichtlich seine Wirkung. Es gab Kontakte, auch über Altersgrenzen hinweg. Auch Paarbeziehungen verhinderte in einigen Fällen nicht den intimeren Kontakt zu anderen Bewohnern.

„Hier können Sie sehen, wer, um welche Uhrzeit in ein anderes Zimmer gegangen ist“. Sie zeigte ihm einen ausgedruckten Belegungsplan.

„Wie können Sie das denn feststellen“?

„Es gibt auf jeder Etage Videokameras. Die Fürsorgepflicht gegenüber unseren Gästen und unsere Haftpflicht zwingen uns zu dieser Maßnahme. Die Aufnahmen werden nach 4 Wochen gelöscht.“

Das klang plötzlich sehr formell, wie zitiert aus einem Besprechungsprotokoll.

„Verstoßen Sie damit nicht gegen Datenschutzbestimmungen“?

„Nein, wir glauben das nicht. Das haben wir juristisch prüfen lassen. Wenn jemand wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte klagen würde, könnten wir vielleicht in Schwierigkeiten kommen. Aber es weiß ja keiner. Und dagegen steht unsere Verantwortung. Damit Gäste nachts nicht ohne Abmeldung das Gebäude verlassen. Und sich vielleicht sogar verirren“.

Lemkes juristische Kenntnisse waren unzureichend, um diese Situation zu beurteilen. Wären seine Firma oder sogar er selbst mitschuldig, falls es wegen der Überwachung Probleme gäbe? Aber die Überwachung hatte ja nichts mit dem Test zu tun, sondern existierte auch vorher. Seine Bedenken waren schnell verflogen.

„Der Gast, mit dem Sie sich neulich unterhalten haben, ist der Herr Nummer 3. Ein ganz aktiver Mann. Er ist in der letzten Woche zweimal abends in das Zimmer 19 gegangen. Dort wohnt eine noch recht attraktive Dame. Ich weiß natürlich nicht, ob sie zusammen fernsehen. Soweit geht meine Information nicht. Das gibt die Videoüberwachung nicht her. Oder hier: Herr 7 geht neuerdings nachmittags in das Zimmer von Frau 11. Er hat übrigens gewünscht, die Sitzordnung am Mittagstisch so zu ändern. Er möchte am selben Tisch wie Frau 11 sitzen.“

Lemke kam ein neuer Gedanke. Die Videoüberwachung. Er fühlte sich plötzlich unwohl.

„Äh, dann wird dieses Zimmer hier also auch mit der Videokamera überwacht“? Lemke dachte an den Vorfall beim letzten Besuch.

„Nein, natürlich nicht“, sagte sie. „Da müssen wir uns keine Sorge machen. Sehen Sie hier, ich habe noch mehr interessante Dinge festgestellt“. Frau Brotkorb hatte nun einen fast schelmischen Gesichtsausdruck. Lemke fand eher voyeuristisch.

„Herr 9. ist mit seinen 76 Jahren noch sehr an Kontakten zu Angehörigen des anderen Geschlechts interessiert. Seine mit ihm in selben Appartement wohnende Ehefrau scheint das nicht wahrzunehmen. Er ist Schachspieler. Und das ist sein Vorwand, abends noch einmal angeblich zu seinem Schachpartner zu gehen. Ich habe im Video gesehen, dass er stets vorsichtig die Tür zu Zimmer 16, im ersten Stock öffnet. Dort wurde er wohl ungeduldig erwartet. Die Gefahr gesehen zu werden war gering. Die meisten anderen Gäste hatten sich zu dieser Zeit bereits auf ihren Zimmern zur Ruhe begeben, lesen oder sehen fern.

Oder Frau 4. Sie hat mir berichtet, dass sich am Mittagstisch ein interessantes Gespräch über das Neumeier-Ballett in Hamburg mit dem Neuzugang Herr 14 ergeben hat. Ein Gespräch, das beide „bei Gelegenheit fortsetzen“ wollten. Und siehe da. Die Gelegenheit ergab sich noch am selben Abend, als sie bei ihm anklopfte, um ihm das Programm der Hamburger Staatsoper zu bringen.“

„Sind diese Aktivitäten zwischen den Gästen der Leitung der Residenz bekannt?“

„Natürlich. Das wird von der Leitung der Holstein-Residenz sogar gern gesehen. Sollen die Gäste ihren Aufenthalt doch genießen und sich in ihrem letzten Lebensabschnitt wohlfühlen. Informelle Kontakte dieser Art gibt es mit Sicherheit auch in anderen vergleichbaren Einrichtungen. Dennoch bemüht sich die Leitung der Residenz, dass darüber nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Man will nicht in den Ruf einer „Lustresidenz“ geraten. Dies wäre der eher konservativen oder zumindest sich nach außen so gebenden Klientel nicht Recht und könnte zu einer Geschäfts-Schädigung führen.“

Frau Brotkorb hatte sich bei diesem Thema richtig heißgeredet. Das hatte auch zu tun mit den Diskussionen, die sie innerhalb der Besprechungen mit der Geschäftsleitung gehabt hatte. „Ja, wir diskutieren dieses Thema. Ich vertrete den Standpunkt, in der Residenz ist es wie „draußen“, wo heute eine große Toleranz gegenüber nicht-ehelichen Verhältnissen besteht.„

„Da gibt es natürlich auch andere Meinungen. Ältere Menschen sollten doch ihre letzten Jahre in Würde verbringen können“, meint einer meiner Kollegen. „Es ist nicht unser Auftrag, Unzucht zu begünstigen“.

„Na, das ist doch eher ein Wort aus dem vergangenen Jahrhundert“, meinte Lemke.

Der Geschäftsführer der Residenz hatte das weitere Gespräch hierüber abgebrochen.

„Dieses Thema wird in der Öffentlichkeit nicht offen diskutiert,“ sagte Frau Brotkorb. „Und auch in vielen Familien der Bewohner nicht. Aus welchen moralischen Vorstellungen auch immer. Man will man den Angehörigen das Recht auf Selbstbestimmung in diesen Fragen nicht zugestehen“.

Frau Brotkorb gab Lemke ihre Aufzeichnungen. Sie stellte sich diesmal dichter vor ihn hin, als es in einer geschäftlichen Besprechung üblich ist.

„Hier ist die Liste der Teilnehmer. Ich würde auch ganz gerne an dem Test teilnehmen“, sagte sie.

Der Duftschwall ihres Parfüms umhüllte ihn. Sie hatte heute kräftig aufgetragen. Wollte sie damit erneut seine männlichen Instinkte wecken? Dieser Duft war gewöhnlicher, nicht so subtil wie der von Carolin. Frau Brotkorb war bestimmt nicht sein Typ. Er sah sie an. Sie strahlte eine Mischung aus Leichtsinn und Mütterlichkeit aus. Sie war nicht so schlank wie Carolin oder wie seine Frau. Wieder hatte sie sich so angezogen, dass ihre weiblichen Reize deutlich zur Geltung kamen. Über einem eng anliegenden Shirt trug sie eine offene, fast transparente Bluse, die ihm erneut überdeutlich zeigte, was sich darunter verbarg.

Lemke war unsicher. „Ich bin nicht nur auf einen Frauentyp festgelegt“, dachte er sich, wie zur Rechtfertigung.

Ihm war bewusst, dass er ihre Mitarbeit für den Erfolg der Untersuchung unbedingt brauchte. Und er hatte auch gewusst, dass die Anforderungen an seine Arbeit bei der Permedical GmbH hoch werden würden, als er sich als Produktmanager beworben hatte. Dafür gab es auch gutes Geld, von dem seine Familie ordentlich wohnen und leben konnte. Allerdings standen Anforderungen der Art, wie sie hier auf ihn zuzukommen schienen, nicht in seinem Arbeitsvertrag.

Was sollte er tun? Lemke zögerte. Wenn in der Firma bekannt würde, dass Frau Brotkorb mit ihm machte, was sie vorhatte? Dass er sich verführen ließe. Was dann? Es wäre sein Karriere-Aus bei der Permedical. Und Carolins Bruder Christof würde alles tun, um intime Informationen in der Firma zu streuen. Und mit Carolin würde es auch nichts werden. Und dann war da noch seine Familie.

Lemkes Knie fühlten sich wie Pudding an. Einerseits hatte er Lust, die notgeile Frau an sich zu ziehen. Es schmeichelte seiner Männlichkeit, dass diese nicht unattraktive Frau ihn begehrte. Eine Frau in diesem Alter übte einen besonderen Reiz auf ihn aus, auch wenn sie beinahe seine Mutter sein konnte.

Nein. Heute nicht. Die Situation hier in der Residenz ist zu verfänglich, schien ihm. Er musste die Notbremse ziehen. Lemkes Entscheidung war klar. Für heute.

“Ich muss jetzt dringend in mein Büro. Ich komme nächste Woche wieder. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Entwicklung genau beobachten würden, vielleicht auch mit weiteren Notizen“. Nur so konnte er sich zunächst aus der sehr delikat gewordenen Situation retten und verabschieden.

Lemke kam sich vor wie zu seiner Schulzeit, als er mit seinen Schulfreunden nach der Schule über die vereisten Wiesen nach Hause ging und er sich manchmal nur knapp vom brüchigen, knisternden Eis durch einen großen Sprung in Sicherheit bringen konnte. Aber soll denn der weitere Kontakt mit Frau Brotkorb so weiter gehen? Wohin würde das noch führen?

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