Читать книгу DAS THEODIZEE-PROBLEM - Ron Müller - Страница 10

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Um drei Uhr vierzig wurde das Blaulicht heller und mit ihm kam eine Stimme aus einem Megafon näher.

»Es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Bleiben Sie in Ihren Häusern. Ich wiederhole: Bleiben Sie in den Gebäuden und folgen Sie den Anweisungen! Es sind Notstandsgesetze in Kraft getreten, die die Räumung der Gebäude erforderlich machen. Leisten Sie keine Gegenwehr! Wir sind zum unangekündigten Waffeneinsatz berechtigt.«

»Papa!«

Zoe kroch auf allen vieren aus ihrem Zimmer, aus Angst, durch das Fenster von den Scheinwerfern der Militärfahrzeuge erfasst zu werden.

»PAAAPAAA!«, kreischte sie panisch, als ein Lichtkegelpaar mit Blick auf ihr Haus stehen blieb. Ihr war nicht mehr danach zumute, Marten mit Vornamen anzusprechen. Sie brauchte gerade niemanden auf Augenhöhe.

»Zoe, wo bist du?«

»Am Ende des Flurs. Hilf mir!«

»Komm her.«

Er winkte sie zu sich in die Küche.

Als sie den Vater erreichte, drückte sie ihn mit der festen Absicht, ihn nicht wieder loszulassen.

»Was sind das für Leute?«

»Ich weiß es nicht.«

Marten küsste ihre Stirn und registrierte, wie hinter einem Streifenwagen zwei Flecktarn-Lkw hielten und Soldaten ausstiegen.

»Ich sehe mir das schon eine halbe Stunde an. Sie sind bei fast allen Nachbarn gewesen und haben sie aus den Häusern geholt. Übrig bleiben nur noch wir und nebenan die Kanzlei.«

Nachdenklich verfolgte er das Geschehen durch das Fenster.

Es war ein Fehler, aus dem Zentrum wegzuziehen, dachte Marten.

Als die Strahlung dafür sorgte, dass sich die Stadtbevölkerung immer weiter zurückzog, kam es zu einer Verlagerung des Lebens – weg von den Straßen und tiefer hinein in ihre Häuser. Überall, wo es ging, brach man in den Kellern die Wände zu den Nachbargebäuden durch. Diese Gänge ergaben zwar kein zusammenhängendes Netz, es entstanden jedoch viele kleine Verbindungen, um die Sozialkontakte in der näheren Umgebung aufrechtzuerhalten. So konnte sich Marten vom Kellergeschoss des Mietshauses aus, in dem er nach der Hochzeit mit seiner Ex-Frau wohnte, in beide Richtungen fünf, sechs Hausnummern weit bewegen.

Eine Situation mit Begleiterscheinungen, die er damals furchtbar fand. Ständig liefen ihm fremde Gesichter im Treppenhaus über den Weg oder es klopften ominöse Personen an die Tür, um etwas unter der Hand zu verkaufen. Der Schwarzmarkt befand sich praktisch vor der Wohnung. Ein Umstand, der ihn derart nervte, dass er auf Zoes Mutter so lange einredete, bis sie mit ihm einige Viertel weiter nördlich das Haus kaufte – ganz bewusst eines ohne Keller und damit auch eines ohne den Fluchtweg, den er gerade so dringend brauchte.

Was würde ich jetzt für unsere alte Mietwohnung geben, ärgerte sich Marten.

»Was machen sie mit ihnen«, flüsterte Zoe und spürte, wie das Zittern ihrer rechten Hand nicht mehr aufhörte.

»Ich vermute, sie verladen sie. Man sieht es von hier schlecht. Zumindest fahren die Zehntonner irgendwann los und es geht niemand zurück in die Häuser.«

»Denkst du, die …«, etwas in Zoe hinderte sie, das auszusprechen, was sie dachte.

DAS THEODIZEE-PROBLEM

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