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6.

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Die Beduinen waren nun so dicht heran, daß sie sich von der Zahl der Männer in den Booten und auch von deren Bewaffnung einen Eindruck verschaffen konnten, doch sie dachten nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Sie schwangen Lanzen und Krummsäbel, stießen gellende Schreie aus und trieben ihre hochbeinigen Reittiere auf das Wasser des Kanals zu.

„Wartet noch“, sagte der Seewolf zu seinen Männern. „Schießt erst, wenn ich euch den Befehl dazu gebe.“

„Aye, Sir“, antworteten die Männer wieder.

Die Beduinen hatten den Kanal erreicht, die Kamele drängten sich im dichten Pulk und strebten ins Wasser.

„Großartig“, sagte der Profos grimmig. „Da hätten wir sie also, unsere nette kleine Karawane.“

„Ja“, sagte Dan O’Flynn gedehnt. „Wie schön, daß man in dieser Einsamkeit endlich mal wieder auf menschliche Lebewesen stößt.“

Zwar lauerten nicht überall in dieser Wüste nur Feinde – die Karawane, zu der auch das Mädchen Parisade gehörte, war eine angenehme Ausnahme gewesen –, doch in diesem Fall war die feindselige Absicht der Beduinen eindeutig. Zum Angriff bereit steuerten sie durch das Wasser auf die Boote zu.

Die Seewölfe hatten allen Grund, hart und ohne jeden Kompromiß zu reagieren. Die Rücksicht und das Gebot der Fairneß hatten mit dazu beigetragen, daß sie in eine der schwersten Lagen geraten waren, in denen sie jemals gesteckt hatten – und zur Zeit und in dieser Situation waren alle Araber für sie eine Bande von Ali Abdel Rasuls, von heimtükkischen und verschlagenen Kerlen, die nur eins herbeiwünschten, nämlich den Tod der verhaßten „Giaurs“.

„Feuer frei!“ schrie der Seewolf.

Ja, diesmal verzichtete er darauf, zu Beginn der Auseinandersetzung lediglich Schreckschüsse abfeuern zu lassen. Es waren mehr als zwanzig Kerle mit Kaftan und Djelaba, die da auf sie eindrangen. Grund genug für die Männer der „Isabella“, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen.

„Bringt sie um, die Christenhunde!“ schrie ein großer Kerl im dunklen Djelaba, der der Anführer der Bande zu sein schien.

Die Zwillinge verstanden seine Worte, aber auch Hasard, Dan O’Flynn und ein paar andere konnten inzwischen genug Arabisch, um den Sinn dieser wenigen Silben einwandfrei zu deuten.

Giaurs, Christenhunde – wie oft hatte man ihnen diese Worte im Land Ägypten entgegengeschleudert. Nur die Muslims kannten angeblich die Wahrheit Gottes, alle anderen Menschen waren für sie Ungläubige. Hasards Wut über diese Art von Intoleranz und Überheblichkeit brach in diesem Augenblick voll durch,

Er schoß selbst als erster auf einen der Angreifer, und dann krachten auch die Tromblons und Musketen seiner Männer. Ein Bleihagel fegte den Kamelreitern entgegen und erzielte eine verheerende Wirkung. Fast die Hälfte der Bande wurde aus den Sätteln gerissen, schreiend landeten die Kerle im Wasser.

Dann löste sich die Meute auf und bildete zwei Gruppen, die die Jollen in die Zange zu nehmen versuchten. Ferris Tucker stieß eine Verwünschung aus und schleuderte eine der Flaschenbomben. Mit zischender Lunte torkelte sie durch die Luft, und als sie zwischen den Banditen landete, war die Zündschnur bereits durch den Korken bis auf die Ladung abgebrannt, so daß sie nicht mehr erlöschen konnte. Sie glomm noch eine Sekunde, dann zerriß es die Flaschenwände mit immenser Wucht. Eine schaumgekrönte Wassersäule stieg aus dem Kanal auf. Die Dromedare schrien gellend, die Reiter brüllten, das Durcheinander war perfekt.

Ferris tauschte mit Al Conroy einen Blick. Al Conroys Miene war anerkennend. Sie hatten in den Jahren ihres Zusammenseins genug Erfahrung mit den Flaschenbomben gesammelt, doch alle Kenntnis bewahrte sie nicht vor gelegentlichen Fehlern. Diesmal aber hatte der Wurf perfekt gesessen, und die Länge der Lunte war von Ferris genau richtig berechnet worden.

Wieder krachten die Handfeuerwaffen. Die Seewölfe schossen ihre letzten noch geladenen Tromblons leer, dann die Pistolen. Die Zwillinge luden die abgefeuerten Musketen und Blunderbüchsen nach, mit fliegenden Fingern versahen sie ihr Werk.

Ferris wollte noch eine zweite Flaschenbombe werfen, doch das war schon nicht mehr nötig. Die Abwehr der Seewölfe war so jäh, wild und vernichtend, daß die letzten Beduinen die Flucht ergriffen. Hasard zählte nur noch ganze sechs Kerle, die ihre Dromedare mit Rufen und heftigen Beinbewegungen aus dem Kanal trieben, zurück ans südliche Ufer, und dann ab durch die Wüste dorthin, von wo sie aufgetaucht waren.

Jetzt aber traten Carberry, Big Old Shane, Batuti und Pete Ballie in Aktion. Ohne sich vorher groß miteinander abgestimmt zu haben, sprangen sie außenbords und wateten den flüchtenden Gegnern nach. Das Wasser reichte ihnen bis zu den Schultern und bot einigen Widerstand, trotzdem gelang es ihnen, noch zwei der reiterlosen Kamele zu erreichen, ehe sich der ganze Pulk entfernte und die herrenlosen Tiere mitnahm.

Die Beduinen dachten nicht daran, noch etwas zur Rettung ihrer wertvollen Tiere zu unternehmen. Die blanke Angst saß ihnen im Nacken, sie hatten nur noch den einen Wunsch: so viel Distanz wie möglich zwischen sich und die Boote zu legen. Die Hacken ihrer Füße trommelten gegen die Flanken der Dromedare, in einer Staubwolke jagten sie davon.

Big Old Shane und Batuti hängten sich an „ihr“ Kamel. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, den schnaubenden und nach hinten austretenden Vierbeiner zu bändigen.

„Gut so!“ brüllte Shane. „Laß ihn nicht los, Batuti!“

„Den Teufel wird Batuti tun!“ rief der schwarze Herkules und klammerte sich an einem der Hinterläufe des Kamels fest.

Das andere Kamel jedoch raste in panischer Flucht mit Carberry und Pete Ballie aus dem Wasser. Die beiden ließen nicht locker. Der Profos hielt sich am Schwanz fest, Pete an einem der Hinterbeine, und so stolperten sie fluchend mit dem Tier am Ufer entlang.

Sir John flatterte über ihren Köpfen und krächzte: „Satansbraten! Galgenvögel! Kanalratten!“

Die Männer in den Booten konnten nicht anders, sie mußten einfach lachen. Denn es war eine Szene von unvergleichlicher Komik, die sich da an Land abspielte: Carberry stolperte und fiel, Sir John fluchte wie verrückt. Pete Ballie klammerte sich immer noch an dem Bein des Kamels fest und überhäufte das arme Tier mit den übelsten Beleidigungen. Carberry rappelte sich wieder auf, rannte ihnen nach und kriegte diesmal das andere Hinterbein des Kamels zu fassen. Er hängte sich daran, als ginge es um sein Leben.

Das Dromedar tobte. Es bockte wie ein Esel und stieß die fürchterlichsten Laute aus, ein dissonantes Kreischen, ein fast menschliches Schreien und eine Art Wiehern, das dem eines Maultiers nicht unähnlich war.

Die Männer lachten und klatschten Beifall, an guten Ratschlägen, wie Ed und Pete das Tier am besten zum Stehen bringen konnten, mangelte es nicht.

Nur einer lachte nicht mit – Ferris Tucker. Verdrossen und erbittert zugleich blickte er auf eine Lanze, deren Spitze unterhalb der Wasserlinie in Ben Brightons Boot ragte. Da rann nun bereits Wasser in die Bilge, nicht viel zwar, aber genug, um den Schiffszimmermann unruhig zu stimmen. Verletzt war niemand, aber die Beduinen hatten durch ihren Angriff dennoch Schaden angerichtet.

Die Lanze wirkte zwar selbst wie ein Pfropfen in dem Loch, das sie verursacht hatte, aber immerhin – es suppte, wie man zu sagen pflegte, und auf die Dauer würde der Wasserpegel im Boot steigen.

„Sir“, sagte Ferris. „Verdammt und zugenäht, wir haben ein Leck.“

Der Seewolf hatte gerade Dan O’Flynn und Blacky losgeschickt, damit sie Carberry und Pete Ballie bei der Bändigung des Kamels halfen. Die beiden wateten an Land, verfolgt vom Johlen und Pfeifen ihrer Kameraden. Carberry war es unterdessen zwar gelungen, eins der Vorderbeine des Tieres zu ergreifen, doch er lief höchstens Gefahr, schwungvoll in den Wüstensand befördert zu werden.

Hasard wandte sich Ferris zu, der immer noch eine erbitterte Miene schnitt, und sah sich die Bescherung an.

„Wir legen am Ufer an“, entschied er.

Rasch wurden beide Jollen an die Südseite des Kanals dirigiert, und der Seewolf ließ die Männer aussteigen, um Bens Jolle zu leichtern. Er unterzog nun auch sein Boot einer ausgiebigen Untersuchung, konnte jedoch keinerlei Beschädigung feststellen.

Bens Jolle lag inzwischen so hoch im Wasser, daß die Lanze aus dem Wasser ragte.

„Na fein“, sagte Ferris grimmig. „Dann mal los. Wer faßt mit an und hilft mir, das zu beheben?“

Alle Männer meldeten sich bereitwillig, Ferris grinste und suchte Al und Will Thorne als Assistenten aus.

„Du triefäugige Wüstengaleone!“ brüllte Carberry das Kamel an. „Willst du wohl stehenbleiben? Willst du wohl gehorchen?“

Das Dromedar, störrischer denn je, dachte nicht daran, sich von den Flüchen und Befehlen in irgendeiner Weise beeinflussen zu lassen. Immer wieder versuchte es, auszubrechen und davonzulaufen, und Carberry und Pete Ballie hatten schon einiges an Huftritten und Knüffen einstekken müssen. Zum Glück waren aber jetzt Dan und Blacky zur Stelle und packten mit zu. Jeder hielt ein Bein, und dieses Mal mußte das Kamel kapitulieren, ob es wollte oder nicht. Carberry ließ das Vorderbein los, richtete sich auf und gab dem lieben Tier mit der Faust was auf die Schnauze – und jetzt wurde es so sanft wie ein Lamm.

Als er das Kamel stöhnen hörte, wurde selbst der ruppige Profos mit einemmal weich. Er ließ sich dazu verleiten, ihm die Hand zwischen die Ohren zu legen.

„Nimm’s nicht so schwer“, sagte er. „Tut mir leid, dich so behandeln zu müssen, aber du hast es ja nicht anders gewollt.“

„Ja, ja“, sagte Dan O’Flynn. „Da sieht man wieder, wer ein Herz für Tiere hat.“

„Würde ich es sonst bei euch blinden Kanalratten aushalten?“ stieß Carberry aus. Sein Kinn schob sich dabei bedrohlich vor.

„Nein, natürlich nicht, Ed“, erwiderte Dan schnell.

„Wie lange wollen wir hier noch rumstehen?“ fragte Pete Ballie keuchend. „Das Biest stinkt wie die Pest. O Lord, ich hab’ noch nie einen so abscheulichen Gestank in der Nase gehabt.“

Blacky wollte darauf etwas entgegnen, ließ es aber lieber sein. Pete schien momentan nicht in der besten Stimmung zu sein. Das Kamel hatte ihm immerhin beachtliche Flecken und Schrammen zugefügt.

Zu viert brachten sie das Tier nun zu den Booten, dort warteten bereits Shane und Batuti mit dem anderen Kamel. Es gab wieder ein großes Gelächter, und die Männer schlugen sich gegenseitig auf die Schultern. Sie waren erleichtert, denn jetzt hatten sie zwei Tiere, von denen sie die beiden Boote ziehen lassen konnten.

„Wir können treideln“, sagte Hasard. „Gut reagiert, Ed. Vielleicht schinden wir wieder einen Vorsprung heraus und holen den Zeitverlust auf. Jedenfalls aber brauchen wir uns nicht mehr so abzurakkern.“

Treideln – wie der Kameltreiber Yussuf alias Ali Abdel Rasul es ihnen mit der „Isabella“ vorexerziert hatte – Hasard mußte unwillkürlich an die Episode zurückdenken. Mit einem Schlag war die Erinnerung an die Geschehnisse am Nil wieder in ihm wach, und er verspürte erneut einen Anflug von Trauer und Wehmut, als er an ihr Schiff dachte.

Rasch verdrängte er diese Bilder aus seinem Geist. Es hatte keinen Zweck, sich wieder damit abzugeben und sich in immer größere Selbstvorwürfe zu verstricken. Ihr Ziel, den Kanal zu verlassen und den Mensaleh-See zu erreichen, hatte den absoluten Vorrang vor allem anderen, nur hierauf durften seine Überlegungen ausgerichtet sein.

Ferris Tucker reparierte das Leck. Al und Will unterstützten ihn und reichten ihm das Material, das er zum Abdichten des Loches in der Bordwand brauchte. Hasard ließ der Vorsicht halber alle Männer vom Kutscher untersuchen. Er wollte ganz sicher gehen, daß keiner von ihnen verwundet worden war.

„Wir haben mächtigen Dusel gehabt“, sagte der Kutscher am Ende. „Es ist wirklich keiner verletzt.“

„Ausgezeichnet“, sagte der Seewolf. „Ferris, wie weit bist du?“

„Fertig, Sir.“

Das Instandsetzen der Jolle hatte nicht länger als eine halbe Stunde gedauert. Hasard und seine Männer konnten sich jetzt um die Beduinen kümmern. Die Verwundeten hatten sich natürlich längst verholt, aber acht Tote hatte die Bande zurückgelassen, die zum Teil im Wasser schwammen, zum Teil am Ufer gelandet waren.

Die Seewölfe nahmen ihnen die Lanzen und Krummsäbel ab, dann bestatteten sie die Toten unweit des Ufers, so gut es ging. Sie einfach den Aasfressern zu überlassen, brachte Hasard denn doch nicht übers Herz.

Nach verrichteter Arbeit kehrten sie zu den Booten zurück und stiegen ein – und nun wurde getreidelt. Batuti war auf das eine Kamel geklettert, Luke Morgan auf das andere. Weiter ging es, bald mit viel Hallo und Witzeleien, weil Luke mit seinem Kamel mächtig viel Zirkus aufführte.

„Halt die Luft an, Else!“ schrie er und schlug dem Tier mit der Hand gegen den Höcker. „Ho, was ist denn in dich gefahren? Suchst du einen Freier?“

Das Kamel antwortete mit grunzenden Lauten und trat kräftig nach hinten aus, wobei es mit dem Tau in Konflikt geriet, an dem es das eine Boot hinter sich herzog. Es strauchelte und drohte zu fallen, Luke konnte sich nur noch mit Mühe im Sattel halten. Er sparte nicht mit Schimpfworten. Irgendwie schien das etwas zu nutzen, das Kamel hielt das Gleichgewicht und trottete schwankend weiter, wobei es nun seinem Beinamen „Wüstenschiff“ alle Ehre bereitete.

Die Männer in den Booten lachten begeistert.

„He, Luke!“ schrie Big Old Shane. „Sieh mal richtig hin! Das ist kein Weibchen, sondern ein Männchen, Junge! Was ist denn, hast du Schlick auf den Augen?“

„Sand“, korrigierte Luke. Er grinste und tätschelte dem Dromedar noch einmal den Höcker. „Na, dann mal weiter, John, und immer hübsch artig. Wenn du brav bist, bringe ich dich mit der Lady da drüben zusammen, auf die bist du doch scharf, oder?“

Das Kamel wandte halb seinen Kopf und blickte zu dem anderen Kamel – tatsächlich handelte es sich um ein Weibchen – am Südufer hinüber, so, als habe es Lukes Worte ganz genau verstanden. Es drehte den Kopf noch etwas weiter nach hinten und fixierte Luke mit einem Auge – und dann versuchte es wieder, den Mann abzuwerfen. Es war das Tier, das Carberry und Pete zu zweit nicht hatten bändigen können – ein ganz obstinates Vieh.

Luke hielt sich fest und war krampfhaft um seine Balance bemüht.

„Führ’ dich nur weiter so auf, du Dickschädel“, sagte er zornig. „Wir werden ja sehen, wer der Stärkere ist. Wir müssen uns nämlich irgendwie zusammenraufen, kapiert?“

Das Kamel stieß ein beleidigtes Grunzen aus.

Seewölfe Paket 14

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