Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 13
9.
ОглавлениеIn dieser Nacht ankerten sie in einem der toten Nilarme. Seinen Zugang hatten sie am späten Nachmittag nur durch Zufall entdeckt. Er war sehr schmal und hinter Schilf versteckt.
Carberry, Dan O’Flynn, Blacky, Ferris Tucker, Al Conroy und Bill übernahmen auf Hasards Anweisung hin die erste Ankerwache, die bis Mitternacht dauern sollte. Mit schußbereiten Waffen kauerten sie in den Booten, während die Kameraden schliefen, und behielten durch den Schilfvorhang hindurch den eigentlichen Fluß unausgesetzt im Auge.
Lange brauchten sie nicht zu warten, bis sich tatsächlich etwas ereignete. Um kurz vor zehn Uhr – das Stundenglas verriet ihnen die genaue Zeit – segelten sechs Boote an dem toten Arm vorbei.
„Das sind die Kerle, ich schwör’s“, zischte Dan O’Flynn. „Seht ihr, wie stark die Kähne bemannt sind? Die haben Verstärkung geholt und wollen es uns elenden Christenhunden jetzt mal richtig zeigen.“
„Wenn du weiter so herumtönst, haben wir sie gleich am Hals“, raunte der Profos.
Sie schwiegen und beobachteten die Boote. Ja, ihrem aufgebrachten Gebaren nach suchten die Männer dort draußen wirklich die Auseinandersetzung mit den „Giaurs“, und so mancher arabische Fluch wehte zu den Seewölfen herüber.
Doch vorerst entdeckten sie den Gegner nicht. Sie segelten an dem Zugang vorbei und verschwanden. Bald hatte die Nacht die Umrisse ihrer Boote verschluckt.
Carberry hielt es für richtig, die Sache dem Seewolf zu melden, also balancierte er durch das leicht schwankende Boot zu ihm hinüber und berührte ihn an der Schulter.
Hasard war sofort wach.
„Eigentlich sollten wir froh sein, daß sie uns nicht entdeckt haben“, sagte er leise. „Aber ich bin der Ansicht, daß wir auch jetzt nicht unvorsichtig sein dürfen.“
„Ganz meine Meinung, Sir“, brummte Carberry.
„Sie werden uns eine Falle stellen, sobald sie sich davon überzeugt haben, daß wir nicht mehr vor, sondern hinter ihnen sind. Weiter flußabwärts suchen sie sich eine geeignete Stelle für ihr Vorhaben aus, und wir müssen auf eine unangenehme Überraschung gefaßt sein.“
„Ja“, sagte Ferris Tucker, der sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte. „Diese verbohrten Muselmanen lassen also nicht locker. Wie wäre es, wenn wir ihnen ein Schnippchen schlagen? Was hältst du davon, Sir?“
„Eine ganze Menge. Ich schätze, sie bauen eine Matten-Barriere quer über den Fluß oder sonst irgendein Hindernis, um uns den Weg zum See zu versperren.“
„Der Teufel soll sie holen“, sagte der Profos ärgerlich. „Wir müssen ihnen zuvorkommen.“
„Wie?“ fragte Ferris.
Der Seewolf lächelte plötzlich.
„Hört mal her“, sagte er. „Ich halte es für richtig, den Kerlen sofort, aber unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen zu folgen – damit wir rechtzeitig am Mann sind, falls sie den Fluß wirklich blockieren.“
„Allgemeines Wecken also?“ fragte Carberry. „Alle Mann auf Manöverstation?“
„Ja, Ed.“
Carberry begann sofort, die Schlafenden in Boot eins wachzurütteln, Ferris Tucker kehrte in Boot zwei zurück, das unmittelbar neben dem anderen lag, und gab erst Ben Brighton und dann den anderen Kameraden Bescheid.
So war binnen kurzer Zeit wieder alles wach, und auch Arwenack krabbelte zwischen den Beinen der Männer herum. Den Papagei allerdings griff sich Carberry rechtzeitig, ehe er davonfliegen und den Gegner womöglich auf sie hinweisen konnte.
Er stopfte ihn sich ins Hemd, das er während der Nacht trug, knöpfte es bis zum Hals hinauf zu und sagte drohend: „Laß dich bloß nicht mehr sehen, Freundchen, sonst rupf ich dir die Federn einzeln aus deinem verdammten Papageienarsch.“
Die Anker wurden gelichtet und vorn im Bugraum verstaut, dann setzten die Männer die Segel, und langsam schoben sich die Jollen aus ihrem Versteck auf den Fluß hinaus. Bald erfaßte sie die Strömung und verlieh ihnen schnellere Fahrt. Weiter ging es nach Norden, dem ungewissen Schicksal entgegen.
Etwa zwei Stunden später zahlte sich Hasards Voraussicht aus. Dan O’Flynn entdeckte die Gruppe der sechs Boote voraus. Hasard ließ dicht unter Land gehen und hielt angestrengt Ausschau. Bald erkannte er, daß er mit seinen Vermutungen recht gehabt hatte: Die Eingeborenen waren tatsächlich dabei, den Nilarm, der an dieser Stelle ungefähr eine Breite von knapp fünfundzwanzig Yards hatte, mittels armdikker Flechttrossen abzuriegeln und diese Trossen wiederum durch senkrecht hindurchgesteckte Schilfrohre zu verstärken. Interessiert verfolgten die Männer der „Isabella“ die Bemühungen der Kerle, und Will Thorne nickte sogar anerkennend.
„Schlecht machen sie das nicht, das muß man ihnen lassen“, flüsterte er.
„Ja“, sagte Ben Brighton gedämpft. „Eigentlich tut es einem richtig leid, sie dabei stören zu müssen, was?“
„Noch ist in der Mitte eine Lücke frei“, zischte Dan O’Flynn. „Noch können wir hindurch.“
„Die Trossen sind dort aber auch schon gespannt“, gab Shane leise zu bedenken.
„Die sollen für uns kein Hindernis sein“, raunte der Seewolf, und in seinen eisblauen Augen tanzten jetzt wieder einmal die bekannten tausend Teufel. „Die Kerle da sind so schwer beschäftigt, daß sie nicht darauf achten, was sich hinter ihnen tut. Das ist ihr entscheidender Fehler.“
„Was befiehlst du also?“ wollte Ben Brighton wissen.
„Ich bin für den sofortigen Durchbruch mit Flaschenbomben. Wie viele haben wir noch?“
„Sechs Stück“, erwiderte Ferris Tucker.
„Drei für jedes Boot“, sagte Hasard. „Also los, laßt uns keine Zeit verlieren. Bereitet alles vor.“
Der Gegner ahnte zu diesem Zeitpunkt nichts von der Anwesenheit der „verfluchten Giaurs“, und es bemerkte auch keiner von den an der Barriere arbeitenden Männern, wie flußaufwärts schwaches Feuer aufglomm. Die Glut in den Kupferbekken der beiden Jollen verbreitete wieder ihr rötliches Licht, doch das sahen die Kerle erst, als der Feind bedrohlich nah an der Falle war.
Völlig überraschend erfolgte der Angriff der Seewölfe, und im Nu war der Teufel los.
Als die Jollen nur noch dreißig Yards von der Barriere entfernt waren, holte Ferris zum ersten Wurf aus. Hoch schwang er die Flasche mit der explosiven Ladung – Pulver, Blei, Glas und Blei – über seinem Kopf, nahm so genau wie möglich Maß und schleuderte sie auf die Öffnung des gegnerischen Machwerks zu.
Jetzt ruckten drüben, in den sechs Einmastern, die Köpfe der Kerle herum, und es wurden Alarmrufe ausgestoßen, aber es war schon zu spät. Torkelnd segelte die Höllenflasche durch die Luft, ging mitten in der Lücke nieder und versank im Wasser.
Hasard warf die zweite Flasche, so war es vereinbart. Sein Wurf stand dem von Ferris in nichts nach, wieder landete die Flasche mit einem Klatscher in den Fluten – und genau in diesem Augenblick detonierte die erste.
Der Wasserspiegel wölbte sich nach oben wie bei einem Seebeben, zwei Boote des Feindes wurden sofort umgeworfen, und die Schreie der entsetzten Männer gellten durch die Nacht. Die Explosion riß das Wasser auseinander und ließ Fontänen aufsteigen, die Trossen-Barriere erzitterte wie unter den Hieben eines Giganten. Dann ging auch die zweite Flasche hoch, und wieder geriet das Wasser in Wallung.
In panischem Schrecken versuchten die Kerle, sich mit den Booten aus der unmittelbaren Gefahrenzone zu entfernen. Aber jetzt stand Ben Brighton in seinem Boot auf und schleuderte die dritte Flasche. Sie hatte eine kürzere Lunte als die ersten beiden und explodierte noch in der Luft, mitten zwischen den Widersachern. Ihr Feuerball drückte die Dunkelheit zu den Ufern fort, hinein in das Dickicht aus Schilf und Papyrus, während der Fluß selbst von zuckendem rotem Licht erfüllt war.
Die Jollen glitten auf die Bresche in der Barriere zu. Hasard konnte erkennen, daß die Trossen jetzt zerfetzt waren. Big Old Shane hatte die Lunte der vierten Höllenflasche zum Glimmen gebracht, nahm in aller Ruhe Maß und stieß noch einen saftigen Fluch aus, dann wirbelte auch diese Bombe zu den Gegnern hinüber und landete in einem ihrer Boote.
Einer der Männer in dem Boot bückte sich nach der Flasche und wollte sie ins Wasser werfen, doch auch sein Handeln erfolgte zu spät. Mit einem Donnerhall zersprang sie ihm in der Hand, das Krachen und Bersten vermischte sich mit den Todesschreien der Araber, Menschen und Trümmer flogen in hohem Bogen durch die Luft.
Unaufhaltsam schoben sich die Jollen weiter voran. Hasard gab seinen Männern einen Wink, und sie eröffneten das Musketenfeuer.
Die Waffen wummerten, ihre Kolben stießen gegen die Schultern der Männer. Mündungsblitze zerschnitten den wieder fallenden Vorhang der Nacht, weißlicher Pulverqualm stieg über dem Fluß auf. Im Stakkato krachten die Schüsse, und wieder fanden sie – wie am Tag – ihr Ziel in den Bordwänden der Boote.
Auf diese Weise wurden noch zwei Boote versenkt, und die Insassen des sechsten und letzten Einmasters dachten nicht mehr daran, Widerstand zu leisten. Sie entfernten sich zum westlichen Ufer, verfolgt von ihren Kameraden, die in höchster Todesangst schrien und danach verlangten, aus dem Wasser gezogen zu werden. Auch in der Nacht waren die Krokodile aktiv, und in der Dunkelheit konnte man sie nicht einmal heranschwimmen sehen.
Die Waffen der Seewölfe schwiegen. Hasard warf noch einen Blick in die Runde, ehe sie die Lücke passierten. Kein Gegner war mehr zu sehen. Im Wasser trieben die gekenterten Boote und die Trümmer des zerfetzten Fahrzeugs, von den gesunkenen Einmastern war schon nichts mehr zu erkennen.
Die Überraschung war perfekt, der Durchbruch gelungen. Hasard setzte sich wieder auf seine Ducht und wandte sich zu den Männern um.
„Wir haben es wieder mal geschafft“, sagte er. „Ich hoffe, daß uns jetzt niemand mehr in die Quere gerät.“
„Das hoffe ich auch“, ließ sich Ben Brighton von Boot zwei aus vernehmen. „Es hat schon zu viele Tote gegeben, und unsere Munition geht bald zur Neige.“
Sie freuten sich nicht über diesen Sieg. Still setzten sie ihre Fahrt den Fluß hinunter fort, die ganze Nacht hindurch. Ägypten hatte ihnen mehr Kummer beschert als Glück, ihre Erinnerung würde stets einen gallebitteren Beigeschmack haben. Über dem Land der Pharaonen lag der Fluch des Scheitans, und die größte Schmach, die man ihnen hatte zufügen können, war der Verlust der „Isabella VIII.“, die wahrscheinlich inzwischen längst ganz vom Sand zugedeckt war. Daran würden sie in ihrem Geist noch lange hart zu kauen haben, nichts konnte ihnen darüber hinweghelfen.
Die weitere Reise zum Mensaleh-See und nach Damiette verlief reibungslos. Am 29. Mai 1592 erreichten die beiden Boote ihren Zielhafen und vertäuten an einer abgelegenen Pier.