Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 22

6.

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Seit die Mastspitze der französischen Galeone an der Kimm gesichtet worden war, hielt sich Juan de Faleiro auf dem Tabernakel auf, der kleinen erhöhten Plattform am Ende des Laufgangs, die der Platz des Kommandanten einer Galeere oder Galeasse war.

In seinen stechenden dunklen Augen lag ein irrer Glanz. Alles in ihm triumphierte. Er hatte nicht daran geglaubt, daß er so schnell ans Ziel gelangen würde. Er wußte, daß es auf seinem Schiff ein paar Männer gab, die nur auf einen Fehler von ihm warteten, um ihm das Wasser abzudrehen. Er hatte sie alle mal wieder in den Sack gesteckt.

Voller innerer Erregung dachte er daran, welchen Triumph es für ihn bedeutete, wenn die Admiralität ihm, Juan de Faleiro, öffentlich Lob für seine Umsicht und sein kluges Handeln aussprechen mußte. Dann war es vorbei mit diesem jämmerlichen Dienst auf Galeeren und Galeassen im Mittelmeer. Dann konnte ihn niemand mehr bei der Verteilung der Posten übergehen, und auch er konnte sich endlich ein Stück aus dem großen Kuchen herausschneiden, der in den westindischen Kolonien gebacken wurde.

Er dachte an alte Kameraden, die mit ihm zusammen zur Seefahrtsschule gegangen waren. Einige waren inzwischen geadelt worden, bekleideten in den Kolonien hohe Posten und waren reich geworden.

Seine Gefühle drohten ihn zu zerreißen, als er an die Seewölfe dachte, die ihn vor fünfzehn Jahren ins Unglück gestürzt hatten. Auf einmal brannte seine Brust, und er spürte den Einschlag des Bleis in seine Brust, als sei es erst gestern gewesen, daß einer dieser verfluchten Engländer auf ihn geschossen hatte.

„Teniente!“ brüllte er zur vorderen Plattform hinüber. „Alles klarmachen zum Gefecht! Sind die Jager geladen?“

„Si, Señor Capitán!“ rief Ribera zurück. Diesmal hatte er den Anordnungen des Kapitäns zu gehorchen, denn es ging um einen Angriff auf einen Feind.

Juan de Faleiro preßte die Lippen aufeinander, daß sie kaum noch zu sehen waren. Er warf einen kurzen, lauernden Blick zur Seite, wo sein Erster Offizier stand. Ja, du hast Grund dazu, blaß zu sein! dachte er. Mein Erfolg wird dein Untergang sein!

Jesus Valencia hatte den Blick seines Kapitäns bemerkt und las vom Gesicht de Faleiros ab, was dieser dachte. Dennoch blieb er seltsam ruhig. Er hatte die Nacht über kaum geschlafen, und gegen Morgen war er sich klar geworden, daß er nicht dafür geschaffen war, Ungerechtigkeiten einfach hinzunehmen. Noch einen solchen Tag wie gestern würde er nicht widerspruchslos über sich ergehen lassen, das hatte er sich geschworen. Er würde nie wieder tatenlos zusehen, wie ein Mensch vor seinen Augen ermordet wurde.

Er ärgerte sich nicht über das Glück Juan de Faleiros, daß sie die französische Galeone so schnell eingeholt hatten. Er wußte, daß Glück trügerisch sein konnte.

Sein Blick glitt von der Galeone hinüber nach Nordwesten. Der abflauende Wind war ein Zeichen dafür, daß sich irgendwo eine Wetterfront näherte. Dann sah er auch schon die dunklen Wolken an der Kimm und ahnte, daß das Glück dem Kapitän doch nicht so sehr hold war, wie dieser vielleicht annahm. Im ersten Moment wollte er de Faleiro auf die Sturmfront hinweisen, doch dann unterließ er es. Er hätte sich nur einen weiteren Rüffel eingehandelt.

„Teniente Ribera!“ brüllte Juan de Faleiro. „Setzen Sie dem Franzosen einen Warnschuß hinters Heck!“

Der Teniente gab seinen Leuten unter der Plattform ein Zeichen. Eine knappe Minute später brüllte einer der beiden Jager auf und spie seinen Vierundzwanzigpfünder der Galeone entgegen.

Das Geschoß lag gut. Es schlug nur knapp einen Faden hinter der Galeone ins Wasser.

Juan de Faleiro schrie: „Gut gezielt, Teniente!“ Doch dann erbleichte er. Er hatte wie alle anderen auf der Galeasse gesehen, wie eine Bö die Segel des französischen Schiffes plötzlich bauschte. Es war, als ginge ein Ruck durch die Galeone.

„Señor Capitan“, sagte Jesus Valencia, „ein Sturm zieht auf. Wir sollten die Riemen einholen und die Segel verkürzen.“

Der Zuchtmeister nickte und blickte Juan de Faleiro an.

Der geiergesichtige Kapitän schien vor Wut fast zu zerspringen. Seine Stimme überschlug sich.

„Pullt weiter!“ brüllte er. „Schneller, sage ich! Wir haben die verfluchten Hunde gleich!“

Jesus Valencia sah, daß der Kapitän der französischen Galeone das einzig Richtige tat und unter den fallwindartigen Böen westwärts davonrauschte.

„Feuer!“ brüllte de Faleiro.

Teniente Ribera, der erkannt hatte, daß die Entfernung für die Vierundzwanzigpfünder bereits viel zu weit war, zuckte mit den Schultern und gab den Befehl an seinen Stückmeister weiter. Die beiden Jager brüllten auf. Weit von der Galeone entfernt stiegen Wassersäulen im Kielwasser der Galeone hoch.

„Ihr Stümper!“ schrie Juan de Faleiro. Er war mit einem Satz bei dem dunkelhäutigen Mann, der den Takt für die Ruderer schlug, nahm ihm die beiden Klöppel weg und hämmerte auf die Trommel los, als wolle er einen Wirbel schlagen.

Jesus Valencia hätte fast laut aufgelacht. Er brauchte nicht lange zu warten, bis das geschah, was er erwartete.

Die Ruderer, an einen bestimmten Takt gewohnt, waren völlig durcheinander. Plötzlich erwischten vier von ihnen eine Welle des rauher werdenden Wassers. Sie kriegten den Riemen nicht rechtzeitig wieder hoch, und andere Riemen krachten dagegen. Es war ein ohrenbetäubender Lärm, als der Riemen splitterte. Durch die große Spannung des reißenden Holzes wurde ein armlanger Splitter in die Luft geschleudert und landete dicht neben einem Aufseher auf dem Laufgang. Der Mann sprang vor Schreck mitten zwischen die Ruderer auf eine Ducht, was die Verwirrung an der Steuerbordseite noch erhöhte.

Juan de Faleiro tobte, aber er brachte keinen vernünftigen Befehl mehr zustande.

Jesus Valencia wollte gerade den Befehl geben, die Riemen einzuholen, als eine heftige Bö in die Lateinersegel knallte und die Galeasse nach Lee krängte. Juan de Faleiro verlor das Gleichgewicht und stürzte auf den Laufgang. Leichenblaß erhob er sich wieder und sah sich um, als wüßte er nicht, wo er sich befand.

An Backbord gurgelte das Wasser durch die Ruderduchten. Die Backbordriemen schnitten unter. Gleichzeitig ruderten die Steuerbordriemen durch die Luft, die Ruderknechte auf der überhöhten Steuerbordseite rutschten zur Schiffsmitte.

Die Ketten der Gefangenen klirrten. Ein paar Männer schrien, weil sie eingeklemmt wurden, und die Aufseher vergaßen, ihre Peitschen zu benutzen, weil sie voller Entsetzen mit ansehen mußten, daß sie mehr Wasser übernahmen, als für die Galeasse gut war.

Die Ruderer an Backbord saßen, plötzlich bis zu den Waden im Wasser. Ihr Gebrüll zerrte an den Nerven der Mannschaft und der Seesoldaten. Einige der Gefangenen sprangen auf und zerrten an ihren Ketten. Sie schrien wie irre. Wahrscheinlich glaubten sie, die Galeasse würde absaufen.

Nur langsam richtete sich die Galeasse auf, und mit der geringeren Krängung des Schiffes normalisierte sich auch die Gesichtsfarbe Juan de Faleiros.

„Alle Mann an die Pumpen!“ brüllte er. „Teniente Ribera, Ihre Männer auch!“

Ribera nickte. Jetzt ging es um ihrer aller Leben, da konnte er sich nicht ausschließen. Er befahl seinen Männern, den Seeleuten an den Pumpen zu helfen.

Juan de Faleiro starrte hinter der Galeone her, die mit vollen Segeln in der hereinbrechenden Dämmerung nach Westen verschwand. Er war nahe daran, vor Wut zu heulen.

Der Wind war inzwischen immer ruppiger geworden, und wenn die Galeasse weiterhin unter Segel bleiben wollte, mußten diese verkürzt werden.

„Was stehen Sie hier herum, Valencia!“ brüllte Juan de Faleiro seinen Ersten Offizier an. „Lassen Sie die Segel kürzen, oder wollen Sie, daß wir alle absaufen?“

„Darf ich Sie darauf hinweisen, Señor Capitán, daß ich den Befehl schon geben wollte, bevor das Schiff krängte?“ sagte Jesus Valencia kalt.

Juan de Faleiros Hand zuckte zum Gürtel und riß eine Pistole hervor. Sein verzerrtes Geiergesicht sah aus, als sei er nicht mehr bei Sinnen.

„Ich habe Sie nicht nach Ihrer Meinung gefragt, Valencia“, stieß er mit zitternder Stimme hervor, „sondern Ihnen einen Befehl gegeben!“

Jesus Valencia verzog seine Lippen zu einem Lächeln.

„Si, Señor Capitán“, sagte er ruhig, „ich werde das Kommando übernehmen.“

Ehe Juan de Faleiro etwas antworten konnte, wandte sich der Erste Offizier an die Seeleute. Er wußte, daß es bei diesem harten Wind nicht einfach sein würde, die Segel zu kürzen. Dazu mußte die Galeasse in den Wind gehen, damit die Segel killten und nicht mehr unter Winddruck standen.

Der Rudergänger reagierte auf einen Wink Valencias hin. Er war ein ruhiger und zuverlässiger Mann, der seine Sache verstand.

Die Galeasse schwang langsam herum und ging in den Wind. Jesus Valencia jagte die Männer auf die weit ausladenden Rahen. Er selbst lief auf dem Laufgang bis zum Großmast vor, als er den Schrei hörte, der vom Wind davongetragen wurde.

Er sah einen Schatten durch die Luft wirbeln, und dann hörte er durch das Jaulen und Toben des Windes, wie ein Körper aufs Wasser klatschte.

„Mann über Bord!“ brüllte eine entsetzte Stimme.

„Ruder hart Steuerbord!“ schrie Jesus Valencia zum Rudergänger auf der achteren Plattform hinüber.

„Nichts da!“ Die Stimme Juan de Faleiros schnappte über. „Wir gehen auf Kurs West!“

„Señor Capitán, ein Mann ist über Bord gegangen!“ schrie Carlos Mendez, der Zweite Offizier, der sonst nie etwas sagte.

„Kurs West!“ kreischte de Faleiro.

Die Ruderknechte begannen zu johlen und zu grölen. Diesmal war es nicht einer von ihnen, der vom Kapitän dem Tod ausgeliefert wurde, und sie verspotteten die Mannschaft der Galeasse, daß sie sich von einem skrupellosen Mörder schikanieren ließ.

„Sie können den Mann doch nicht einfach ersaufen lassen, Señor de Faleiro!“ sagte Carlos Mendez erschüttert.

„Warum hat er nicht besser aufgepaßt, der Idiot!“ stieß Juan de Faleiro hervor. „Wir können seinetwegen keine Zeit verlieren! Unsere Aufgabe ist es, die Feinde Spaniens zur Strecke zu bringen. Niemand wird mich daran hindern! Auch nicht ein Einfaltspinsel von Seemann, der nicht in der Lage ist, seine Arbeit ordentlich zu verrichten!“

Jesus Valencia war starr vor Schrecken. Er beugte sich vor und blickte in die aufgewühlte See, wo der über Bord gegangene Seemann treiben mußte. Doch er entdeckte nichts. Er wußte, daß sie den Mann auch nicht finden würden, wenn sie jetzt noch wendeten.

Er hatte Juan de Faleiro schon vorher richtig eingeschätzt, dennoch war er erschüttert über soviel Menschenverachtung. Er begriff einfach nicht, was in einem Menschen wie Juan de Faleiro vorging. Er mußte vom Satan besessen sein. Ja, das war es! Aber wie sollte er das jemals einer höheren Instanz beweisen?

Jesus Valencia blieb vorn am Großmast, als die Galeasse mit gekürzten Segeln wieder vor den Wind ging und Fahrt aufnahm.

Kurs war West. Hinter den Franzosen her, die längst im Dunkel der Nacht untergetaucht waren.

Seewölfe Paket 14

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