Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 26

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Es gab etwas, was im Mittelmeer nie vorausschaubar war: die Launen des Windes.

Pierre Delamotte, der schon geglaubt hatte, der spanischen Galeasse endgültig entwischt zu sein, fluchte ungeniert, als der Wind zu krimpen begann, dann zurück gegen den Uhrzeigersinn drehte, dabei mäßig wurde und sich schließlich auf Nordwesten einpendelte.

„Das ist ein schöner Schlag ins Kontor, Monsieur Carberry“, sagte er. „Es wird uns nichts weiter übrigbleiben, als auf Westsüdwestkurs zu gehen. Nach Nordnordosten können wir nicht laufen, dann würden wir wahrscheinlich den Dons vor die Kanonen segeln.“

Carberry hielt die Nase in den Wind.

„Wir müßten eigentlich noch einen Kurs Westen zum Süden schaffen“, meinte er. „Wir würden zwar keine volle Fahrt laufen, wenn wir uns am Rande der äußersten Höhe entlangschleichen, aber wenigstens nicht so weit von unserem Kurs abkommen.“

Delamotte blickte den Engländer skeptisch an.

„Ihr Mann am Ruder wird sich bald nicht mehr auf den Beinen halten können“, sagte er skeptisch, „und ob ein anderer die ‚Mercure‘ so gut im Griff haben …“ Er unterbrach sich, als Carberry breit zu grinsen begann. „Sie meinen, daß Ihre anderen Kameraden ebenfalls …“

„Worauf Sie sich verlassen können, Monsieur le capitaine“, erwiderte Carberry im Brustton der Überzeugung. „Unter den Seewölfen von Arwenack gibt es keinen, der eine Galeone nicht mindestens ebensogut wie Stenmark fahren kann.“

Pierre Delamotte blieb skeptisch, aber die Männer überzeugten ihn schnell. Luke Morgan übernahm als erster das Ruder, dann folgten Jeff Bowie und Blacky. Sie alle geigten dem Capitaine etwas vor, daß ihm Hören und Sehen verging.

„Sie haben es alle vom alten Pete Ballie gelernt, der auf unserer ‚Isabella‘ Rudergänger war“, sagte Carberry grinsend, als er am frühen Morgen wieder neben dem Kapitän auf dem Achterdeck stand. „Pete meinte zwar immer, daß sie es nie lernen würden, aber ich muß sagen, daß man mit ihnen im großen und ganzen zufrieden sein kann.“

Pierre Delamotte legte den Kopf schief und starrte Carberry an, als wolle der ihn verarschen. Mein Gott, was hatte er da für Kerle an Bord! Wenn er auch nur einen Bruchteil von dem in Brest bei Janvion im „Goldenen Hahn“ zum besten gab, würde man ihn für den größten Lügner aller sieben Meere halten!

Er wollte etwas erwidern, doch in der Kuhl wurde es plötzlich laut. Eine schrille Stimme schrie etwas auf Französisch, und dann brüllte der Kutscher: „Das Ferkel hat in meiner Kombüse nichts zu suchen, verflucht noch mal! Der verdirbt mit seinem Gestank schon das Essen, wenn er nur seinen Rüssel durch den Türspalt steckt!“

Ein Klatschen war zu hören, dann brüllten mehrere Stimmen durcheinander.

Pierre Delamotte drehte sich demonstrativ um und stiefelte zum Niedergang hinüber, der zu seiner Kammer führte.

„Sie übernehmen das Kommando, Monsieur Duval“, sagte er über die Schulter zu seinem Steuermann, der richtig aufgelebt war, seit er solche Rudergänger hatte.

Carberry verschwand vom Achterdeck und sah sich auf der Kuhl einem Pulk von Männern gegenüber. Diesmal nicht Franzosen und Engländer getrennt, sondern auf einem Haufen. Sie starrten alle auf Pet, den kleinen Koch, den der Kutscher aus seinem Reich vertrieben hatte. Bill und ein Franzose, die gerade den Bottich aus der Kombüse über Bord entleert hatten, stellten ihn neben dem Kutscher ab.

„Was ist hier los?“ fragte Carberry.

„Pet will wieder in feine Kombüfe“, sagte Marteau, der Hammer, grinsend. Er hatte immer noch Schwierigkeiten mit der Aussprache, aber inzwischen hatten sich die anderen daran gewöhnt und verstanden ihn.

„Wollt ihr ihn denn wiederhaben?“ fragte Carberry die Franzosen unter der Mannschaft. „Soll der Kutscher die Kombüse verlassen und Pet wieder euer Essen kochen?“

Ein Sturm der Entrüstung ging durch die Männer. Fäuste wurden gegen den kleinen Koch geschüttelt, der die Mannschaft systematisch vergiftet hatte, wie Breton, der Bootsmann, behauptet hatte, nachdem allen klargeworden war, was ein ordentliches Essen bedeutete, als sie die erste Mahlzeit des Kutschers gekostet hatten.

„Ich hab nichts gegen den Furzer“, sagte der Kutscher, als wieder ein wenig Ruhe eingekehrt war. „Er soll sich nur mal gründlich waschen und aufhören, so viele Zwiebeln zu fressen.“

Die Männer nickten grimmig. Breton trat vor und wies auf den Bottich.

„Wir sollten ihn da reinstecken und ihn mit Decksbürsten abscheuern“, sagte er grollend. „Wahrscheinlich aber brauchen wir Kalfatereisen, um den Dreck von seiner Haut runterzukriegen.“

Pet heulte auf. Er duckte sich und versuchte, an zwei Männern vorbei im Vorschiff zu verschwinden, aber sie packten ihn und hielten den zappelnden Mann fest.

„Füllt den Bottich mit Waffer!“ schrie Marteau.

„Haaalt!“ Der Kutscher stürzte sich auf seinen Bottich und zerrte ihn weg. „In diesem Bottich wird der Kerl nicht gebadet!“ brüllte er. „Dann können wir ihn hinterher gleich über Bord schmeißen!“

Seine letzten Worte brachten die Männer auf einen Gedanken. Im Nu war der kleine Pet von seinen Landsleuten umringt. Sie banden einen Tampen um seine Hüften, hoben den strampelnden Kerl hoch und warfen ihn in hohem Bogen über das Schanzkleid ins Meer.

Pets Schreien verstummte, als die erste Ladung Meerwasser in seinen Mund drang. Er schlug wie ein Verrückter um sich und japste keuchend, als die Männer ihn endlich wieder an Bord hievten.

Aber das war noch lange nicht alles. Jemand hatte Kernseife und Bürsten herangeschleppt, und mit einem halben Dutzend Männern begannen sie, an ihm herumzuschrubben, bis seine Haut krebsrot war.

Pet brachte schon keinen Ton mehr hervor. In seiner Erregung machte sich seine Krankheit wieder bemerkbar, was ihm ein paar Ohrfeigen einbrachte. Sie warfen ihn wieder über Bord, um die Seife abzuspülen, und als sie ihn dann hochgezogen hatten, rümpfte Marteau die Nase und sagte lispelnd: „Der ftinkt noch immer. Daf müffen wir noch ein paarmal wiederholen.“

Pet war zu fertig, als daß er noch einen lauten Protest hätte loslassen können. Die Männer ließen ihn einfach liegen und wandten sich lachend wieder ihrer Arbeit zu.

Pet kroch über Deck und suchte seine Kleider. Aber die hatte jemand mit spitzen Fingern angehoben und über Bord geworfen. Der kleine, magere Franzose heulte vor Wut. Sein Kopf ruckte herum, als er einen Schatten neben sich auftauchen sah. Seine feuchten Augen starrten auf den Kerl, der ihm das alles eingebrockt hatte, und wenn er in diesem Augenblick ein Messer zur Hand gehabt hätte, er wäre damit auf den Kutscher losgegangen.

„Tut mir leid, daß sie dich so zugerichtet haben“, sagte der Kutscher und hielt ihm ein Hemd und eine Hose entgegen, die er vorn in der Segelkammer gefunden hatte.

Pet wischte die Hand wütend zur Seite.

„Stell dich nicht so an“, sagte der Kutscher. „Verdammt, du hast selbst schuld an deiner Lage. Warum hast du Ferkel dich nie gewaschen, he? Und sieh dir jetzt mal deine Kombüse an. Die würdest du nicht wiedererkennen. Mann, wenn man für seine Kameraden kochen muß, dann hat man die verdammte Pflicht, so sauber wie möglich zu sein. Du wärst doch fast in deinem eigenen Dreck erstickt!“

Pet nahm zögernd die Hose und das Hemd entgegen, erhob sich und streifte die Sachen über. Dann blickte er den Kutscher schief an und leckte sich die Lippen.

„Ich war nicht immer so dreckig“, sagte er halblaut. „Aber hör du dir mal jeden Tag die Sticheleien an und laß dich Furzer nennen, dann ist dir eines Tages auch scheißegal, ob die Kerle sauberes oder dreckiges Essen kriegen.“

„Warum frißt du denn so viele Zwiebeln?“ fragte der Kutscher.

Pet zuckte mit den Schultern.

„Wir haben zu Hause immer Zwiebeln gegessen“, sagte er. „Meine Mutter meinte, es gäbe nichts Gesünderes als Zwiebeln.“

„Das mag schon stimmen. Aber hier lebst du mit anderen auf engstem Raum zusammen, und da sollstest du ein bißchen Rücksicht nehmen. Wie ist eigentlich dein richtiger Name?“

„Henri“, sagte Pet.

„Gut, Henri“, sagte der Kutscher. „Die Arbeit in der Kombüse ist für einen Mann ohnehin zuviel. Wir könnten zusammenarbeiten, wenn du mir versprichst, dich zu waschen und mit dem Zwiebelfressen aufzuhören.“

Der kleine Franzose schaute den Kutscher einen Moment zweifelnd an, doch dann nickte er, und der Kutscher zog ihn mit sich zum Niedergang unter dem Achterdeck.

Henri staunte, als er die Kombüse betrat. Er erkannte sie tatsächlich nicht wieder. Alles hatte seinen Platz, und Töpfe und Tiegel glänzten vor Sauberkeit.

Der Kutscher wies auf einen Kübel mit den Resten vom letzten Essen und fragte Henri, ob er das Zeug wohl über Bord kippen könne.

Der Franzose nickte grinsend und verschwand mit dem Kübel an Deck. Als er das Zeug an der Leeseite über das Schanzkleid schüttete, sah er die mächtige Rückenflosse eines Riesenhais, die plötzlich einen engen Kreis beschrieb und mit Affengeschwindigkeit auf die „Mercure“ zuhielt. Wahrscheinlich wollte der schwere Brocken sich das Zeugs holen, das er, Henri, über Bord gekippt hatte.

Henri erschrak, als er den langen Schatten unter der Wasseroberfläche sah. Mann, war das ein Mordskerl! Er wurde blaß, als er daran dachte, was hätte passieren können, wenn der Hai vor einer Stunde aufgetaucht wäre, als er am Tampen hängend im Wasser herumgezappelt hatte.

Ein Zittern ging plötzlich durch das Schiff, als wäre es auf ein Riff aufgelaufen.

Henri beugte sich über das Schanzkleid und sah, wie der riesige Hai mit taumelnden Bewegungen davonschwamm. Gleichzeitig brüllte jemand vom Achterdeck auf Englisch.

Der große Mann mit dem Narbengesicht und dem Amboßkinn stand auf einmal neben Henri. Der kleine Franzose zuckte regelrecht zusammen.

„Was war das?“ fragte er.

„Ein Hai!“ stieß Henri hervor. „Er schnappte nach dem Zeug, das ich über Bord kippte. Dabei muß er die ‚Mercure‘ gerammt haben.“

„Verflucht“, sagte Carberry, als er die Rufe vom Achterdeck verstand. Blacky erschien an der Balustrade, ein wenig wankend.

„Das Ruder ist im Eimer!“ brüllte er. „Wir müssen irgendwo aufgelaufen sein! Es hat mir den Kolderstock glatt aus den Fäusten gerissen!“

Carberry hörte über sich das Knattern der Segel und bemerkte, wie die „Mercure“ aus dem Ruder lief.

„Geit die Segel auf, Leute!“ schrie er. „Ferris, laß einen Treibanker auswerfen!“

Auf dem Achterdeck wurden wieder Stimmen laut. Carberry hörte den Steuermann Duval mit seinem Kapitän sprechen. Es dauerte eine Weile, dann gab Pierre Delamotte den Befehl, einen Treibanker auszuwerfen und die Segel aufzugeien.

Carberry lief zum Aufgang hinüber und war mit ein paar Sprüngen auf dem Achterdeck. Er grinste, als er das verwunderte Gesicht des Kapitäns sah, der nicht begreifen konnte, wie es möglich war, daß seine Befehle so schnell ausgeführt wurden.

Alain Duval, sein Steuermann, erklärte ihm gerade, daß Monsieur Carberry die Befehle schon eine Minute vor ihm gegeben hätte.

Diesmal verging Pierre Delamotte das Grinsen, als sein Schiffszimmermann ihm mitteilte, daß das verfluchte Meerungeheuer das Ruderblatt zersplittert hätte, so daß es nicht mehr zu gebrauchen sei.

Nachdem Ferris Tucker dafür gesorgt hatte, daß ein Treibanker ausgebracht worden war, besah er sich zusammen mit dem Schiffszimmermann der „Mercure“ den Schaden. Auf dem Achterdeck zurück, meinte er, daß er etwa einen halben Tag für ein neues Ruderblatt gebrauchen würde.

Pierre Delamotte sagte nichts, aber er nickte, als Sir John, der auf Carberrys Schulter hockte, aus tiefster Seele „Merde!“ krächzte.

Ferris begann umgehend mit der Arbeit. Für die anderen begann ein zermürbendes Warten, und Stenmark hatte wieder Ärger mit dem Giftzwerg Marchais, der einfach seine Neugier nicht bezähmen konnte. Ihm hatten es die breiten Ledergürtel der Engländer angetan. Er war überzeugt davon, daß sie Gold oder etwas Ahnliches darin verbargen. Wenn er gewußt hätte, wie nah er mit seinen Vermutungen der Wirklichkeit war, wäre er vor Gier wahrscheinlich verrückt geworden.

Gegen Nachmittag sichtete Bill zwei Mastspitzen. Pierre Delamotte ließ das Schiff vorsichthalber gefechtsbereit machen, obwohl sie mit beschädigtem Ruder gegen einen entschlossenen Feind kaum eine Chance gehabt hätten.

Zu ihrem Glück erwies sich das Schiff als eine griechische Handelsgaleere, die offensichtlich Kurs auf Sizilien steuerte.

Der Kapitän der Galeere ließ anfragen, ob die „Mercure“ Hilfe brauche, aber Pierre Delamotte winkte freundlich ab. Man könne den Schaden selber beheben.

Ferris und der französische Schiffszimmermann arbeiteten wie die Berserker, und tatsächlich hatten sie es nach zwölf Stunden geschafft.

Es war drei Uhr morgens, und am östlichen Horizont war vom beginnenden Tag noch nicht einmal ein schwacher Streifen zu sehen, als Pierre Delamotte Segel setzen ließ und die. „Mercure“ wieder Fahrt aufnehmen konnte.

Sie segelten weiter Kurs Westen zum Süden, und Pierre Delamotte hoffte, daß ihnen die verlorenen zwölf Stunden nicht noch zum Verhängnis werden würden.

Seewölfe Paket 14

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