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12.

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Sie sichteten die Galeone am späten Nachmittag.

Juan de Faleiro, den das Jagdfieber gepackt hatte, wußte, daß die Galeone ihm diesmal nicht entgehen konnte. Der Wind blies immer noch mäßig aus Nordwest.

Eine ganz andere Frage bewegte den Kapitän der „San Antonio“. Er hatte bei ihrem ersten Zusammentreffen gesehen, daß die Bewaffnung der Galeone nicht von Pappe war. Die vier Stücke an den Kuhlseiten konnten ihm einige Scherereien bereiten.

Eigentlich mußte der französische Kapitän froh sein, wenn er die Begegnung mit der spanischen Galeasse ungeschoren überstand. Und Juan de Faleiro nahm sich vor, ihm dies zu versprechen, wenn er die Engländer, die er an Bord hatte, freiwillig herausgab.

Er winkte Jesus Valencia, der wieder an Deck war, zu sich und sagte: „Wir steuern auf Rufweite an den Franzosen heran. Ich möchte einen Kampf vermeiden. Trotzdem werden wir gefechtsbereit sein. Sind die beiden Jager besetzt?“

Jesus Valencia nickte.

„Ich kann allerdings nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, daß die Männer ohne Anleitung ihrer Stückmeister auch Treffer landen werden“, sagte er.

Juan de Faleiro lief rot an, doch er verschluckte seinen Ärger.

„Befehlen Sie Quintana und Sotero wieder an die Geschütze!“ stieß er wütend hervor. „Aber damit ist ihre Strafe nicht aufgehoben!“

„Si, Señor Capitán“, sagte Jesus Valencia, und als er sich umdrehte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er befahl einem Aufseher, die Eisen Antonio Soteros aufzuschließen, und führte den Mann unter die vordere Plattform, wo Manuel Quintana hockte. Der Stückmeister hatte sich einigermaßen erholt, und er nickte sofort, als Jesus Valencia ihn bat, eins der beiden Geschütze zu übernehmen, für die er vorher verantwortlich gewesen war.

„Was hat der Capitan vor?“ fragte Teniente Ribera.

„Er will einen Kampf vermeiden, wenn es geht“, erwiderte Valencia. „Er ist wild auf die Engländer, die an Bord des Franzosen sind.“

„Warum eigentlich?“ fragte Ribera. „Niemand von uns versteht, daß er derart durchdreht, seit er hinter diesem Schiff her ist.“

„Die Engländer sollen damals sein Schiff gekapert haben“, sagte der Erste Offizier leise. „Einer von ihnen hat ihm eine Ladung Blei in die Brust geschossen, an der er beinahe krepiert wäre. Das Ganze hat ihn damals seine Karriere gekostet.“

Ribera nickte. Jetzt war das Verhalten des Kapitäns verständlicher. Ein Mann wie Juan de Faleiro konnte so etwas nie vergessen.

Sie drehten die Köpfe, als sie de Faleiros Stimme auf der achteren Plattform hörten. Der Kapitän gab Anweisung, ihre friedlichen Absichten zu bekunden, indem die Galeasse parallel zur Galeone trieb. Die Galeone hatte inzwischen beigedreht. Deutlich war zu erkennen, daß auch ihre Geschütze feuerbereit waren.

„Señor Capitán!“ brüllte Juan de Faleiro zur Galeone hinüber. „Wir sind auf der Suche nach Feinden der Spanischen Krone! Es handelt sich um Engländer, die sich an Bord Ihres Schiffes befinden müssen!“

Es dauerte eine Weile, bis Antwort von der Galeone gegeben wurde.

„Bedauerlicherweise ist es mir nicht möglich, Ihnen behilflich zu sein, Monsieur!“ rief der Kapitän der Galeone zurück. „Wir haben keine Engländer an Bord!“

Juan de Faleiro zitterte vor verhaltener Wut. Im ersten Moment war er drauf und dran, die Galeasse mit ein paar Riemenschlägen eine Wendung von neunzig Grad durchführen und die beiden Vierundzwanzigpfünder abfeuern zu lassen. Doch dann dachte er daran, daß er die Engländer lebend in die Finger kriegen wollte. Sie sollten keinen leichten Tod erfahren. Nein, sie sollten wie die anderen Feinde Spaniens den Feuertod auf der Plaza von Valladolid erleiden – nachdem er sich selbst an ihnen für alles gerächt hatte, was sie ihm angetan hatten.

„Señor!“ brüllte er zurück. „Ich habe meine Befehle von der Admiralität! Ich bitte, an Bord Ihres Schiffes kommen zu dürfen! Ich muß darauf bestehen, Ihre Aussage zu überprüfen!“

Eine Weile war es auf der französischen Galeone still, dann trat der Kapitän wieder an die Reling des Achterdecks und rief: „Sie sind willkommen an Bord der ‚Mercure‘, Monsieur!“

Das Geiergesicht Juan de Faleiros entspannte sich.

„Teniente Ribera!“ rief er. „Stellen Sie zehn Soldaten ab, die mich zur Galeone hinüberbegleiten! Señor Valencia, lassen Sie das Beiboot zu Wasser!“

Er verschwand kurz unter Deck in seiner Kammer und kehrte nach einigen Minuten in seiner Galauniform und mit seiner Sonntagsperükke wieder zurück.

Der Erste Offizier hatte das Beiboot inzwischen zu Wasser gebracht, und außer acht Rudergasten hatten zehn Seesoldaten auf den Duchten Platz genommen.

Juan de Faleiro ignorierte seinen Ersten Offizier. Er winkte den Aufseher herbei, der den Platz des toten Zuchtmeisters übernommen hatte.

„Sie übernehmen während meiner Abwesenheit das Kommando über die ‚San Antonio‘, Señor Saltillo“, sagte er kalt. „Ich erwarte, daß Sie bei irgendwelchen Zwischenfällen hart durchgreifen. Wenn irgend etwas Unvorhergesehenes auf der Galeone geschieht, greifen Sie sofort an. Ohne Rücksicht auf meine Person, verstanden?“

Der Aufseher, der sich in die Brust geworfen hatte und dessen Augen vor Stolz leuchteten, nickte heftig.

„Sie, Señor Capitán!“ brüllte er.

Juan de Faleiro winkte ab. Sein Geiergesicht mit den stechenden Augen und den messerrückendünnen Lippen verzog sich zu einem leichten Grinsen, als er das blasse Gesicht seines Ersten Offiziers sah. Warte nur, Kerl, dachte er, wenn ich die Engländer erst einmal in meiner Gewalt habe, werde ich mich ein bißchen intensiver um dich kümmern!

Er bestieg das Beiboot und befahl, abzulegen.

Jesus Valencia starrte dem Boot aus brennenden Augen nach. Er spürte deutlich die Gefahr, in der er schwebte.

Seewölfe Paket 14

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