Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 37

6.

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Das schreckliche Massaker, das sich unter der sengenden Sonne des frühen Nachmittags in der Bucht von Kanais abspielte, war bald zu Ende. Die Seewölfe standen immer noch wie erstarrt, und einige von ihnen hatten es nicht verhindern können, daß ihnen das Grauen eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

Will Thorne, der in seinem langen Leben schon viel Schreckliches gesehen hatte, brach als erster das allgemeine Schweigen.

„Siehst du, Donegal“, sagte er in seiner ruhigen und bedächtigen Art, „es geht auch ohne Koch. Die Haie haben jedenfalls keinen gebraucht.“

Der alte O’Flynn kniff die Augen zusammen. „Was willst du damit sagen, Mister Thorne? Hast du vielleicht keine Lust mehr, für uns zu kochen, he?“

„So war es nicht gemeint.“ Will Thorne lächelte. „Gerade da es euch so gut schmeckt, bereitet mir die Arbeit in der Kombüse besonders viel Spaß.“

„Das will ich auch hoffen“, knurrte Old O’Flynn besänftigt. „Überall an Bord duftet es nämlich jetzt noch so herrlich nach Knoblauch. Willst du nicht mal die Burschen da draußen damit füttern? Bis jetzt weiß noch niemand, wie sie auf Knoblauch reagieren. Vielleicht würden sie sogar daran eingehen, wer weiß. Es soll sogar Leute geben, die schon böse Geister und selbst den Teufel mit Knoblauch vertrieben haben.“

„Das glaube ich nicht, Mister O’Flynn“, erklärte Sam Roskill. „Wenn das Zeug so wirksam wäre, dann hättest du bestimmt schon die Hacken gezeigt.“

Die Starre, die über den Männern gelegen hatte, war nun jedenfalls gebrochen. Rasch kehrten sie in die Wirklichkeit zurück, denn vor ihnen lag ein Problem, von dem sie noch nicht wußten, wie sie es lösen sollten. Es mußte unbedingt Kriegsrat an Bord der Sambuke gehalten werden, denn die Haie dachten noch nicht daran, die Bucht wieder zu verlassen.

„Und was wird jetzt aus unseren schönen Klunkerchen?“ fragte Bob Grey. „Hat irgend jemand Lust zum Tauchen?“

Doch danach stand im Moment niemand der Sinn. Auch Ben Brighton hatte ein skeptisches Gesicht.

„Vielleicht sollten wir überlegen, ob wir unter diesen Umständen weiter tauchen wollen“, sagte er. „Ich bin jedenfalls nicht dafür, daß jemand sein Leben wegen dem ganzen Plunder da unten riskiert.“

„Plunder ist gut“, brummte Smoky, „das sind Schätze, richtige Schätze von unermeßlichem Wert.“

„Und wenn schon“, erwiderte Ben Brighton. „Ich möchte auf keinen Fall wegen des Zeugs einen Mann verlieren. Es wäre unverantwortlich, wegen eines Schatzes Menschenleben aufs Spiel zu setzen.“

„Du hast schon recht, Ben“, pflichtete ihm Al Conroy bei. „Wir brauchen ja auch nichts zu überstürzen. Du hast ja selber gesagt, daß niemand mit der Neunschwänzigen hinter uns steht und uns antreibt. Wir könnten doch zunächst einmal abwarten, was die Haie weiter so treiben. Es kann ja durchaus sein, daß sie recht bald wieder verschwinden, wenn sie erst einmal kapiert haben, daß es hier nichts mehr für sie zu holen gibt.“

Ben Brighton nickte. „Natürlich werden wir erst einmal abwarten. Es bleibt uns auch gar nichts anderes übrig, wenn wir unseren guten alten Stockanker nicht hier zurücklassen wollen. Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit einmal daran erinnern, daß er immer noch da unten festsitzt.“

„Das soll uns im Moment nicht stören“, fuhr Al Conroy fort. „Ich habe nämlich noch eine ganz andere Idee, wie wir doch noch an die Schätze heran können.“

„Da bin ich aber gespannt“, brummelte Old O’Flynn, „ja, da bin ich gespannt wie ein Flitzebogen. Willst du vielleicht den Haien die Schwanzflossen zusammenbinden, damit sie nur noch im Reigen schwimmen, wie?“

„Diese Idee ist von dir, Donegal“, erwiderte Al Conroy. „Du kannst die Sache ja mal ausprobieren. Eigentlich kann dir nicht viel passieren. An deinem Holzbein würden sich die Biester die Zähne ausbeißen und am Rest könnten sie sich höchstens noch den Magen verderben.“

Wumm! Das saß! Old Donegal tat, als habe er diese Worte nicht gehört. Der stämmige Waffen- und Stückmeister konnte deshalb ungehindert fortfahren, seine Idee darzulegen.

„Man könnte“, so erklärte er, „auch außerhalb der Bucht Köder auslegen, um die Haie von hier fernzuhalten. Jedenfalls sollten wir es einmal probieren. Ich habe nämlich überhaupt keine Lust, all die schönen Sachen in dem Wrack zurückzulassen.“

Dieser Vorschlag ließ die Männer aufhorchen. Selbst der alte O’Flynn spitzte längst wieder die Ohren. Schließlich hatten sie alle noch nicht vergessen, welche Schätze sie in den gesprengten Bergkavernen jenseits des „Todes“-Kanals hatten zurücklassen müssen, nachdem ihr Schiff, die „Isabella“, langsam unter den Sandmassen verschwunden war. Zwar hatte jeder von ihnen in den damals von Will Thorne genähten breiten Ledergürteln ein Vermögen an Geld und Perlen mitnehmen können, aber dennoch hatten sie mehr als Dreiviertel ihrer Schätze aufgeben müssen.

Dabei ging es den Seewölfen gar nicht darum, sich persönlich zu bereichern, aber sie hatten ja ein Ziel vor Augen. In England, wohin sie sich durchschlagen wollten, sollte eine neue „Isabella“ gebaut werden. Das war jedenfalls ihr Traum. Und, wer weiß, vielleicht würden sie noch alles das, was da unten in der gesunkenen Galeone lag, bitter nötig gebrauchen.

„Dein Vorschlag ist interessant, Al“, sagte Ben Brighton. „Wir sollten überlegen, wie wir ihn am besten in die Tat umsetzen können. Wir haben bisher noch nie aufgegeben, wenn sich uns Schwierigkeiten in den Weg stellten, deshalb wollen wir auch hier nichts unversucht lassen. Wie hast du dir das Ganze vorgestellt?“

„Ganz einfach“, antwortete Al Conroy. Dann entwickelte er vor seiner erstaunten Zuhörerschaft einen Plan, der ebenso simpel wie raffiniert war.

Im Nu waren die Seewölfe wieder in ihrem Element. Die Schätze, die sie schon fast verloren geglaubt hatten, rückten plötzlich wieder in greifbare Nähe. Und das war ihnen nur recht, denn schließlich hatten sie durch die „Isabella“ sehr viel verloren. Jetzt aber bot sich ihnen die Möglichkeit, etwas dafür zurückzugewinnen – nicht im wilden Enterkampf, sondern ganz einfach durch Tauchen.

Und den Haien würde man schon ein Schnippchen schlagen. Zumindest wollte man es versuchen.

Das tiefe Blau des Himmels spiegelte sich im Wasser der Bucht. Eigentlich wäre das Bild ganz friedlich gewesen, wenn nicht Dutzende von dunklen Schatten kreuz und quer unter der Oberfläche entlanggeglitten wären. Noch immer schienen die Haie den kleinen Segler zu belagern wie eine beuteträchtige Festung.

Die Seewölfe waren jedenfalls sehr darauf gespannt, ob der Plan Al Conroys funktionieren würde. Sie hofften es inbrünstig, denn sie konnten sich einfach nicht damit abfinden, daß sonst all die glitzernden und funkelnden Schätze dort unten in der „San Marco“ zurückbleiben sollten. Irgendwie mußten die Haie doch dazu zu bewegen sein, aus der stillen und einsamen Bucht zu verschwinden. Am liebsten hätten sie jedem der gefräßigen Räuber eine Flaschenbombe in den Rachen geworfen, aber erstens hatten sie nicht so viele zur Verfügung, und zweitens würden ihnen die Biester sicherlich nicht den Gefallen tun, die brisanten Dinger treu und brav zu schlucken, so wie es ihr Artgenosse rein zufällig getan hatte.

Al Conroys Vorschlag sollte deshalb sofort getestet werden. Sollte die Sache nicht klappen, dann lag es in den Händen sämtlicher Götter Ägyptens, wie lange sie darauf warten mußten, bis die Haie das Feld räumten.

Die Zweimast-Sambuke, die sie in Alexandria dem alten Händler Abdul abgekauft hatten, zählte zu ihrer Ausrüstung eine winzige Nußschale von Beiboot. Auf Befehl Ben Brightons wurde dieser kleine „Badezuber“ nun ausgesetzt und von Al Conroy und Smoky bemannt.

Die beiden Männer, denen in der Nachmittagshitze der Schweiß von den Gesichtern rann, nahmen Musketen, dünne Leinen und einige Fischhaken mit an Bord des Bootes. Dann pullten sie aus der Bucht hinaus auf die offene See.

Zunächst sah das Ganze nach einer beschaulichen Angelpartie aus, denn es gelang ihnen relativ rasch, einige prächtige Fische aus dem Wasser zu holen. Doch die Dreiecksflossen, die ihnen lautlos gefolgt waren, zerstörten jäh die Idylle. Die Bestien schienen überall zu sein, denn auch außerhalb der Bucht umkreisten sie lauernd das winzige Beiboot.

Smoky hatte gerade eine prächtige Geißbrasse am Angelhaken, da geschah es.

Beutewitternd und mit einer nahezu eleganten Drehung schoß einer der Haie blitzschnell auf den zappelnden Fisch zu. Der respekteinflößende Rachen öffnete sich, und noch bevor Smoky reagieren konnte, klappte das Haifischmaul wieder zu.

Die zappelnde Brasse war verschwunden, der Fischhaken und ein Stück der Leine ebenfalls.

Die beiden Seewölfe warfen sich einen erstaunten Blick zu.

„Ob der Fischhaken dem Burschen wohl bekommt?“ fragte Al Conroy.

„Wenn er einen empfindlichen Magen hat, wird ihn das Eisen schon ein bißchen kitzeln“, erwiderte Smoky. Doch es sollte ihnen nicht vergönnt sein, die Auswirkungen des dreisten „Mundraubs“ zu beobachten, denn die anderen Haie, die nun ebenfalls Beute witterten, begannen verrückt zu spielen. Sie zogen ihre Kreise um das Boot immer dichter, und einige konnten es sogar nicht unterlassen, das hölzerne Fahrzeug anzugreifen.

„Wollt ihr wohl verschwinden, ihr Riesenheringe!“ fluchte Smoky, während zwei der kräftigen Fischleiber die kleine Nußschale rammten und zum Schaukeln brachten. Einige Schwanzflossen peitschten das Wasser und ließen es hoch aufspritzen.

„Verdammt!“ schrie Al Conroy. „Wenn die sich alle gegen uns einig werden, knabbern sie uns bald den Speck von den Hinterteilen.“

„Da kannst du recht haben“, sagte Smoky mit grimmigem Gesicht. „Am besten, wir lenken sie ab, denn genau das wolltest du mit deinem Plan ja erreichen. Wir haben doch schon eine Menge Fische an Bord, dann laß uns endlich anfangen, die lieblichen Tierchen da draußen zu füttern. Sie haben bestimmt einen schrecklichen Kohldampf.“

Das schien die einzig vernünftige Lösung zu sein, und die Männer warfen schleunigst ihren gesamten Fang über Bord. Die Haie hatten ihre Beschäftigung, das Beiboot wurde ab sofort in Ruhe gelassen.

„Na, siehst du?“ Al Conroy grinste. „Die Sache funktioniert doch. Die possierlichen Tiere haben nur Hunger, und wenn man ihnen was zum Fressen gibt sind sie schon zufrieden.“

Smoky warf ihm einen bissigen Blick zu. „Fragt sich nur, wann die vornehme Gesellschaft sich schön wohlig rund und satt fühlt. Bei der Menge von Haien können wir noch angeln, bis uns der Achtersteven an den Duchten klebt.“

„Trotzdem habe ich mich nicht getäuscht“, sagte Al Conroy. „Die Biester sind tatsächlich abzulenken. Schau mal rüber zur Bucht, siehst du dort noch eine Dreiecksflosse, he? Alles ist so friedlich wie an Weihnachten, denn die ganze Horde ist uns gefolgt. Und das haben wir ja beabsichtigt.“

Smoky schnitt ein mißmutiges Gesicht. „Zum Teufel mit deinen Absichten. Ich hab mich schon wesentlich wohler gefühlt als in dieser blutrünstigen Gesellschaft.“

„Man kann nicht alles gleichzeitig haben, mein lieber Smoky“, sagte Al Conroy gutgelaunt. „Ich kann ja verstehen, daß dir eine muntere Schar von Meerjungfrauen wesentlich lieber wäre, aber denk doch mal an all die schönen Klunkerchen im Bauch der ‚San Marco‘! Ist das vielleicht nichts? Wenn wir uns als fleißige Angler erweisen, sind die Haie an der Bucht nicht mehr interessiert, und es kann munter weiter getaucht werden.“

„Dein Plan mag ja funktionieren“, meinte Smoky, „trotzdem finde ich ihn ziemlich beschissen, jawohl! Oder meinst du vielleicht, die Taucherei bereitet Spaß, wenn man ständig darauf hoffen muß, daß die Haie schön regelmäßig mit Leckerbissen versorgt werden?“

Al Conroy winkte ab. „Nun mach dir doch nicht gleich in die Hosen. Du wirst schon sehen, daß alles in Ordnung geht. Bis jetzt war das Ganze ja nur ein Versuch, und er scheint bestens zu klappen. Natürlich kann man die Sache noch ausbauen.“

„Und wie, wenn man fragen darf?“

„Nun“, erwiderte Al Conroy, „man müßte jenseits des Kaps, zur Seeseite hin, so eine Art Futterstelle für Haie einrichten. Wenn sich die ganze Gesellschaft dort zu ihren Mahlzeiten versammelt, bleibt die Bucht frei, und wir können tauchen. Schließlich kann es ja nicht wochenlang dauern, bis wir die Schätze des venezianischen Schiffes an Bord haben.“

„Diese Idee ist gar nicht so schlecht“, sagte Smoky, „und die Sache mag sogar klappen. Aber wenn wir daheim, in England, in der Kneipe des dicken Plymson erzählen, daß wir als mitleidige Christenmenschen eine Futterstelle für hungrige Haie eingerichtet haben, dann landen wir allesamt im Irrenhaus.“

Al Conroy zuckte mit den Schultern.

„Du mußt es ja nicht herumposaunen, du armer Irrer“, meinte er und legte sich gleichzeitig kräftig in die Riemen.

Die beiden Seewölfe pullten das Beiboot mit rhythmischen Schlägen zur Sambuke zurück. Da ihre Aufmerksamkeit in erster Linie den Haien galt, bemerkten weder sie noch die Männer an Bord die stechenden Blicke aus zwei finsteren Augenpaaren, denen schon seit längerer Zeit keine Bewegung entgangen war.

Seewölfe Paket 14

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