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7.

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Die Sonne brannte erbarmungslos auf die beiden Araber nieder, die drüben an der Küste des Ras el Kanais seit mehr als einer Stunde im heißen Sand lagen und das Treiben der Giaurs, der verhaßten Christenhunde, verfolgten. Beide waren in schmutziggraue Djelabas gekleidet und trugen lange Krummsäbel in den Gürteln. Ihre Augen blickten voller Haß zu der ankernden Sambuke hinüber.

„Möge Allah bewirken, daß die Giaurs von den Haien zerfleischt werden!“ stieß Omar, ein kleiner, untersetzter Mann mit tiefbrauner Haut, hervor.

Sein Begleiter, ein großer, hagerer Bursche, nickte zustimmend.

„Wir dürfen uns nicht länger hier aufhalten, Omar“, sagte er. „Muley Salah wird sich bestimmt sehr für das interessieren, was hier vor sich geht. Vielleicht wird sogar eine Belohnung für uns abfallen.“

„Dann laß uns keine Zeit mehr verlieren, Hamed“, antwortete der kleine, untersetzte Mann, „und möge Allah geben, daß du mit deinen Vermutungen recht behältst. Es liegen schlechte Zeiten hinter uns, und wir könnten ganz gut einige Piaster im Beutel vertragen.“

Vorsichtig krochen die beiden Araber durch den Sand zurück und glitten dann einen Abhang hinunter, bis zu jener Stelle, an der sie ihre Kamele an spärlichem Gestrüpp festgebunden hatten. Sie schienen es plötzlich sehr eilig zu haben, denn schon wenige Augenblicke später trieben sie ihre Reittiere mit anfeuernden Rufen ostwärts.

Die beiden Araber kannten sich in der trostlosen Gegend bestens aus, dennoch erreichten sie erst in der Nacht den kleinen Hafen von El Amaid an der Axaber-Bucht, dem Stützpunkt eines wilden Haufens von Schnapphähnen zu Lande und zu Wasser.

Ihr Ziel lag am Ortsrand, wo mehrere kastenförmige Lehmbauten eng aneinandergeschmiegt im Mondlicht lagen. Dort hauste Muley Salah, wenn er El Amaid anlief.

Das Geiergesicht des hageren Mannes verzog sich mißmutig, nachdem Omar und Hamed ihn aus dem Schlaf gerissen hatten. Die beiden Männer erweckten einen abgehetzten Eindruck, auf ihren braunen Gesichtern glänzte der Schweiß.

„Allah sei mit dir, Muley“, sagte der hagere Hamed mit einer Verbeugung.

„Und er schenke dir Reichtum und ein langes Leben“, fügte der kleine, untersetzte Omar hinzu.

„Was Wollt ihr beide um diese Zeit bei mir?“ fragte Muley Salah mit ärgerlicher Stimme. „Wißt ihr nicht, daß ich mich nur ungern in meiner Mittagsruhe stören lasse?“

„Wir wissen es sehr wohl, Muley“, antwortete Omar, „aber der Grund, der uns zu dir geführt hat, ist sehr wichtig. Wir glauben bestimmt“, setzte er dreist hinzu, „daß du uns ein Gastmahl und einen Trunk nicht vorenthalten wirst, wenn wir dir berichtet haben.“

Muley Salah wurde hellhörig. Wenn die beiden Halunken so redeten, steckte meist etwas dahinter.

„Nun gut“, sagte er, „ihr wißt ja, daß ich nie abgeneigt bin, mit guten Freunden zusammen zu arbeiten.“ Er klatschte kräftig in die Hände und befahl einer Frau, die sofort erschien und den verschleierten Kopf zur Türöffnung hereinstreckte, den beiden Gästen süßen Pfefferminztee und eine Mahlzeit zu servieren.

Omar und Hamed nahmen das mit größter Genugtuung zur Kenntnis.

„In der Bucht von Kanais haben Christenhunde geankert“, begann nun Omar unvermittelt.

„Woher wißt ihr das?“ fragte Muley Salah scharf.

„Wir waren dort“, berichtete der kleine, untersetzte Bursche. „Nicht weit von Land entfernt liegt eine Sambuke vor Anker. Aber sie gehört nicht etwa einem ägyptischen Händler, sondern einer Handvoll Giaurs. Weiß der Scheitan, was diese Hunde dazu veranlaßt hat, auf einer Sambuke die Küstengewässer zu befahren.“

„Ungläubige Hunde?“ fragte Muley Salah. „Wie viele sind es?“

„Wir haben acht Männer gezählt“, antwortete Hamed. „Wir dürften leicht mit ihnen fertig werden.“

„Du mußt es ja wissen“, sagte Muley Salah spöttisch. „Doch wir können ja mal nachsehen, was es damit auf sich hat. Vielleicht sind die Christenhunde auch schon weitergesegelt, bis wir die Bucht erreichen.“

„Das glaube ich nicht“, betonte Omar. „Sie sind ständig beim Tauchen, und da sehr viele Haie in der Bucht erschienen sind, mußten sie vorerst damit aufhören …“

„Sie tauchen?“ Muley Salah war zusammengezuckt, als Omar das Tauchen erwähnte. Jetzt wirkte sein Geiergesicht verkniffen.

„Ja, sie tauchen abwechselnd“, bestätigte Omar eifrig. „Und wir haben beobachtet, daß sie in irgendwelchen Beuteln oder Säcken etwas vom Meeresgrund heraufholen.“

Muley Salah wurde plötzlich quicklebendig. Erregt rieb er sich die knochigen Hände, auf seinem hageren Gesicht bildeten sich winzige Schweißperlen.

„Verflucht!“ sagte er mit heiserer Stimme. „Wir werden sie wie räudige Schakale vernichten. Sie haben dort nichts zu suchen.“

„Recht so, Muley“, begeisterte sich Omar. „Du kannst, wie immer, mit unserer vollen Unterstützung rechnen. Die Giaurs werden noch eine Weile zu tun haben. Ich sagte ja schon, daß sie die Tauchgänge unterbrechen mußten, weil sehr viele Haie erschienen sind. Wir hatten nicht den Eindruck, daß sie bereits alles vom Meeresboden heraufgeholt hatten, und wir haben beobachtet, daß sie versucht haben, die Haie abzulenken und von ihrem Schiff wegzulocken.“

Den Kampf der Seewölfe mit einigen der Haie verschwiegen die beiden Gauner wohlweislich, denn sonst hätten sie ja auch über die merkwürden Waffen berichten müssen, die die Giaurs offensichtlich an Bord hatten. Außerdem war ihnen sowieso rätselhaft, was die ungläubigen Hunde mit dem einen Hai gemacht hatten. Es hatte ausgesehen, als hätten sie ihm etwas in den Rachen geworfen. Und gleich darauf hatte es das Tier zerrissen. Wußte der Scheitan, was die Kerle getan hatten …

Hinter der Stirn Muley Salahs arbeitete es fieberhaft.

„Wenn die Giaurs weitertauchen wollen, werden sie morgen gewiß nicht den Anker lichten“, sagte er. „Da haben sie mit Sicherheit noch genug zu tun. Wer weiß, ob es ihnen überhaupt gelingen wird, sich die Haie vom Leib zu halten. Für uns wird es am besten sein, wenn wir sie weiter beobachten und dann zuschlagen.“

„Ich sehe, Allah hat dir Weisheit geschenkt“, sagte Omar. „Du wirst es nicht bereuen, Muley, und wie ich dich kenne, wirst du dich auch uns beiden gegenüber großzügig erweisen. Schließlich haben wir dir diese gute Nachricht überbracht.“

„Natürlich werdet ihr euren Anteil erhalten“, versprach Muley Salah. „Aber zuerst muß die Arbeit getan werden. Ihr beide werdet die Giaurs und ihr Schiff inzwischen im Auge behalten, während ich die übrigen Männer zusammenhole und rechtzeitig zu euch stoßen werde. Die Giaurs werden eine große Überraschung erleben.“

Omar und Hamed nickten und griffen gierig nach dem Kunafa, den süßen, mit Sirup, Mandeln und Nüssen überbackenen Fadennudeln, die die verschleierte Frau hereingebracht hatte. Dazu schlürften sie den heißen Pfefferminztee.

Als sie sich lange genug die Bäuche vollgeschlagen hatten, zog Muley Salah einfach die Schüssel aus ihrer Reichweite. Und das erinnerte die beiden Gauner daran, daß es an der Zeit war, die Kamele zu besteigen und zu verschwinden.

Daß dort in der Bucht von Kanais das Wrack einer Galeone lag, wußten die beiden Araber nicht. Aber Muley Salah wußte es, und ihm wurde heiß und kalt, wenn er daran dachte …

Auf der Sambuke der Seewölfe war Al Conroy an diesem Tag der unumstrittene Star. Schließlich war es seine Idee gewesen, die Haie mittels Köder von dem Segler wegzulokken. Und es schien sogar zu funktionieren, wie der erste Versuch bewiesen hatte.

Old O’Flynn war der einzige, der noch skeptisch war. In den Blicken, die er Al Conroy von Zeit zu Zeit zuwarf, lag die stumme Frage verborgen, ob denn der stämmige Waffen- und Stückmeister noch alle Mucks im Schapp habe.

„Mir geht’s einfach nicht in den Schädel“, brummte er. „Eine Futterstelle für Haie – so was hab ich noch nie erlebt. Selbst auf der guten alten ‚Empreß of Sea‘, auf der man dem Teufel immer kühn ins Gesicht gespuckt hat, ist man diesen Biestern aus dem Weg gegangen. Niemand wäre auf den Gedanken verfallen, die Haie auch noch freiwillig zu füttern. Eine Futterstelle! Daß ich nicht lache! Das erinnert mich an ein Kloster, in dem mittags die Bettler einen Teller warme Suppe erhalten. Und das kann ich ja noch verstehen, aber bei Haien …“

„Nun beruhige dich schon, Donegal“, sagte Ben Brighton. „Wir wollen den Burschen ja schließlich keine warme Suppe kochen, denn wir sind ja keine Klosterbrüder, nicht wahr? Das Ganze ist doch nur ein Trick, der uns hilft, die Truhen aus der ‚San Marco‘ zu bergen.“

„Trick hin, Trick her“, nörgelte der Alte mit düsterem Gesicht. „Wenn mir so ein Biest den Achtersteven weggebissen hat, welchen Trick wendest du dann an, um den edlen Körperteil wieder dran zu kriegen, he? Ich sage euch, wir sollten das Schicksal nicht herausfordern. Wer die gefräßigen Kerle füttert, fällt ihnen schließlich selbst zum Opfer.“

Al Conroy, der von seiner Idee besessen war, hatte inzwischen weitere Angelleinen mit Haken verfertigt.

„So“, sagte er unternehmungslustig. „Jetzt geben wir den lieben Tierchen ein Fest. Du wirst sehen, Donegal, wir kriegen die noch handzahm. Die lassen sich dann den Bauch von dir kraulen.“

Der alte O’Flynn warf ihm einen strafenden Blick zu, und noch währender unschlüssig war, ob er auf die Sticheleien Al Conroys antworten sollte oder nicht, mischte sich Ben Brighton wieder ein.

„Schluck’s runter, Donegal“, sagte er. „Du wirst sehen, daß wir sehr vorsichtig an die Sache herangehen werden. Letzten Endes haben wir doch alle den gleichen Bammel vor den Haien. Wir werden kein unnötiges Risiko eingehen. Wenn wir die Biester heute und morgen noch einige Male füttern, dann gewöhnen sie sich wahrscheinlich schnell an ihre Futterstelle und halten sich dort auf. Tauchen werden wir erst dann, wenn wir absolut sicher sind, daß kein Hai mehr in der Nähe ist.“

Wenig später pullten Al Conroy, Pete Ballie, Sam Roskill und Bob Grey das kleine Beiboot zum Land hinüber. Außer ihren Leinen und Fischhaken hatten sie Musketen und Messer mitgenommen.

Die vier Männer kletterten mit ihrer Ausrüstung auf das felsige Kap, das im Bogen weit ins Meer ragte. Auf der Seeseite verteilten sie sich so, daß einer genügend Abstand zum anderen hatte, und dann begannen sie zu angeln.

„Wenn Hasard, Ed Carberry und all die anderen uns jetzt sehen könnten“, sagte Bob Grey, „würden ihnen die Augen aus dem Kopf fallen. Wir stehen hier auf afrikanischem Boden und angeln im Mittelmeer, so wie mancher kleine Fischer an der Themse.“

An seiner Leine ruckte es, und Sekunden später zog er eine Meerbarbe aus dem Wasser. Auch die anderen Männer hatten recht bald Erfolg, und so gesellte sich ein Fisch zum anderen.

Die Seewölfe warfen die gefangenen Fische in eine mitgebrachte Bütte. Als die ersten zehn beisammen waren, betäubten sie die Tiere und schnitten sie teilweise mit dem Messer an, denn Al Conroy hatte beobachtet, daß die Haie zuerst jene Köder annahmen, die bluteten.

Dann folgte ein spannender Augenblick.

Die vier Männer kippten die Fische an einer geeigneten Stelle ins Wasser. Erwartungsvoll waren ihre Blikke hinüber in die Bucht gerichtet. Und sie brauchten nicht lange zu warten, da schossen die ersten Dreiecksflossen pfeilschnell heran.

Gleich darauf gurgelte, schäumte und spritzte das Wasser an der Futterstelle. Die Mahlzeit hatte begonnen. Weitere Scharen von Haien zogen aus der Bucht herüber, so als habe sich das Ereignis blitzschnell herumgesprochen.

Die Seewölfe stellten zufrieden fest, daß die Sache so lief, wie sie sich vorgestellt hatten. Während sie zur Sambuke zurückpullten, beobachteten sie eingehend das Wasser der Bucht. Es schien sich tatsächlich kein einziger Hai mehr dort aufzuhalten.

Auch die Männer, die an Bord des Seglers geblieben waren, bestätigten diese erfreuliche Beobachtung.

Die Seewölfe wiederholten ihre Fütterungen noch mehrmals an diesem Tag, um die Haie an ihre Futterstelle zu gewöhnen. Sie erwiesen sich als unermüdliche Angler, bis die Sonne hinter der Kimm versank und sich die Dunkelheit wie ein schwarzes Tuch über das öde Land und die weite Wasserfläche senkte.

Als die vier Männer nach der letzten Fütterung mit dem Beiboot an der Sambuke anlegten, hatten sie selbst ein zünftiges Magenknurren.

„Donegal hat recht“, meinte Sam Roskill. „Bei uns sitzt wahrscheinlich doch eine Muck zu locker im Schapp. Wir schuften, damit sich die Biester die Bäuche vollhauen können, und wir selber schieben Kohldampf.“

„So gehört es sich auch für einen selbstlosen Christenmenschen“, ulkte Pete Ballie. „Hauptsache, die lieben Tierchen sind rund und satt. Wir edlen Menschen aber üben uns im Verzicht.“

„Ich denke ja gar nicht dran“, erklärte Sam Roskill. Er deutete auf die Bütte mit Fischen, die er den Haien vorenthalten hatte.

„Unser guter Will Thorne wird sie uns zum abendlichen Backen und Braten in die Pfanne hauen“, sagte er mit lüsternem Blick. „Schließlich haben wir ja genug davon. Und, bei allen Mumien Ägyptens, mir läuft schon jetzt das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an den lieblichen Bratenduft denke, der bald über unser schönes Schiff hinwegziehen wird.“

Seewölfe Paket 14

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