Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 8

4.

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Sie hatten jetzt wenigstens einigermaßen Schutz vor der sengenden Sonne, doch die Lage war nach wie vor hoffnungslos. Finnegan und Rogers kletterten wieder von der Rah auf die Plattform zurück, verfolgt von den Blicken der Holländer. Rogers verspürte nicht übel Lust, den drei Kerlen seine Meinung zu sagen, doch Finnegan hielt ihn durch eine verstohlene Geste zurück.

Sie ließen sich auf dem Rand des Großmarses nieder und ließen ihre Beine hinunterhängen. Kein Wort wurde gewechselt, die Spannung wuchs.

Dirk Pravemann stierte auf die Haie, die gelassen ihre Kreise zogen. Finnegan beobachtete ihn heimlich. Hinter der Stirn des Holländers arbeitete es, in seinem Geist reifte ein Plan heran.

„Vertreiben müßte man die Biester“, sagte Pravemann schließlich. „Oder einfach nur ablenken. Dann kann man ins Wasser und an Land schwimmen, und ehe sie was merken, haben wir’s geschafft.“

„Was redest du denn da?“ fragte Marten verdutzt.

„Ich sage, man müßte die Haie füttern.“

„Was? Du bist wohl nicht mehr ganz richtig im Kopf!“ Marten war regelrecht empört.

„Ein idiotischer Vorschlag“, sagte Rogers verhalten zu seinem Freund, auf englisch allerdings, damit die Holländer es nicht verstehen konnten. „Was sollen wir den Bestien wohl zu fressen geben, wenn wir selbst nichts zu beißen haben?“

„Abwarten“, brummte Finnegan. Sein Blick war äußerst wach, fast lauernd. Er konnte sich bereits ausmalen, was jetzt folgte.

Pravemann grinste und sah erst Marten, dann Reuter an. „Wenn die Biester erst mal satt sind, hauen sie bestimmt ab. Wollen wir wetten?“

Reuter grinste nun ebenfalls, aber Marten hatte immer noch nicht begriffen. Erst als Pravemann beziehungsreich auf die beiden Engländer deutete, ging dem Koloß von Mann ein Licht auf. Er drehte sich langsam zu Finnegan und Rogers um.

„Ja“, sagte er gedehnt. „Als Haifischfutter wären die beiden bestimmt ganz besonders gut geeignet.“

Reuter und Pravemann lachten. Es klang gehässig und nervös.

Jack Finnegan bedachte Jan Marten mit einem abschätzenden Blick. Seine Züge nahmen mit einemmal einen höhnischen Ausdruck an.

„So, das glaubst du wirklich?“ sagte er. „Dann versucht es doch mal. Ihr denkt wohl, ihr könnt das große Wort führen, weil ihr in der Überzahl seid, was? Nur zu. Pullt an. Einen von euch Käsefressern nehme ich bestimmt mit zu den Haien, und wie ich meinen Freund Paddy hier kenne, sorgt er bestimmt auch dafür, daß er nicht allein mit den lieben Tierchen spielen muß.“

„Jawohl“, sagte Paddy.

„Nun mal immer mit der Ruhe“, sagte Piet Reuter. „Dirk hat doch nur Spaß gemacht.“

„Dann nimm’s zurück, Pravemann“, sagte Finnegan zu dem kleinen Mann.

„Es war nur Spaß“, sagte Pravemann und grinste wieder.

Jack Finnegan wies auf das Wasser. „Ganz abgesehen von euren Sprüchen – es würden nicht einmal fünf Kerle ausreichen, um die Freßsucht der Haie zu stillen. Ich selbst habe nämlich bereits acht von den verdammten Biestern gezählt.“

„Acht?“ wiederholte Reuter. „Beim lebendigen Donner, das sind ja mehr, als ich gedacht habe.“

Pravemann hatte den Hals gereckt und hielt nach allen Seiten Ausschau.

„Neun“, sagte er. „Da hinten ist noch einer. Ja, er hält auf uns zu.“

„Wir können uns prügeln und gegenseitig vom Mars stoßen“, erklärte Finnegan. „Aber das wird keinem von uns nutzen. Wir sollten so etwas wie einen Burgfrieden schließen und zusammenhalten, das habe ich schon mal gesagt. Schließlich sitzen wir alle in einem Boot.“

„In einem absaufenden Boot“, brummte Pravemann.

„Nein“, widersprach Finnegan. „Tiefer wird die ‚Zeland‘ nicht sinken, das steht fest. Wenigstens diesen einen Vorteil haben wir.“

„Das ist vielleicht ein Trost“, murmelte Piet Reuter. Er kuschte jetzt aber vor Finnegan, und auch seine beiden Landsleute folgten diesem Beispiel. Im Grunde sahen sie seine Argumente nämlich ein, natürlich hatte er recht.

Jack Finnegan aber wußte, daß die Vernunft bei den drei Holländern bald zum Teufel gehen würde, dann nämlich, wenn sie anfingen, durchzudrehen, vor Durst oder Hunger, aus Panik oder aus nackter Lebensgier. Menschen konnten auch zu Bestien werden, zu schlimmeren sogar als die Haie da unten.

Mit solchen und anderen Überlegungen, die von beiden Parteien geführt wurden, verstrich allmählich der Vormittag, und so sollte der ganze Tag verrinnen, ohne daß sich irgendwo ein Segel an der Kimm zeigte, ein Schiff, das ihnen die Rettung brachte.

Die See ringsum war wie tot, bis auf die Haie. Die waren inzwischen noch mehr geworden. Ein Dutzend belagerte das Wrack der „Zeland“.

Die beiden Beiboote der „Isabella“ waren in der vergangenen Nacht ein beachtliches Stück westwärts gelangt, doch die Hoffnung, daß sie noch am Abend dieses 21. Mai den Delta-Arm des Nils erreichen würden, mußte aufgegeben werden: An diesem Morgen schlief der Wind aus Norden ein, der Sturm vor der ägyptischen Küste hatte sich gelegt.

In dieser Flaute blieb den Seewölfen keine andere Wahl – sie mußten pullen. So wurden die Segel geborgen und die Riemen ausgebracht, und unter Hasards und Bens Kommandos fingen die Männer an, sich kräftig ins Zeug zu legen.

Es wurde eine elende Schinderei, denn die Boote waren überladen und viel zu schwer. Natürlich lösten sie sich gegenseitig ab, aber dennoch wurde es bei der brütenden Hitze eine höllische Quälerei. Gegen Mittag brachte auch das Wasser des Kanals keine Kühlung mehr, die Luft schien zu stehen und war zum Schneiden dick.

„Auf Riemen!“ rief der Seewolf.

Die Männer hoben die Riemen übers Wasser, verharrten in der Ruderbewegung und wandten sich erstaunt zu ihm um.

„Ich habe euch etwas vorzuschlagen“, sagte Hasard, „und will, daß wir gerecht darüber abstimmen, denn diesmal liegt die Entscheidung ganz bei euch.“ Er stand mit leicht abgespreizten Beinen im Heck seines Bootes und sah sie der Reihe nach an – seine Söhne, die O’Flynns, Shane, Ferris Tucker, Smoky, Blacky, Ben und all die anderen.

Träge lagen die Jollen im Kanal der Pharaonen. Rasch gelangten sie zum Stillstand. In der Umgebung regte sich kein Leben, die Wüste war wie ausgestorben, und die Zeit schien angehalten worden zu sein.

Verblüfft blickten die Männer und die Jungen sich untereinander an. Was für ein Vorschlag konnte das sein?

Ben Brighton hatte sich seines Hemdes entledigt wie die anderen auch, er schwitzte am ganzen Leib und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn.

„Sir“, sagte er. „Willst du, daß wir nur nachts pullen? Ist es das, was du meinst?“

„Genau. Überlegt es euch. Tagsüber könnten wir unter einer nassen Persenning einigermaßen kühl ruhen oder sogar schlafen.“

„Ihr habt es alle gehört“, sagte Ben zur Crew. „Nun mal raus mit der Sprache. Was haltet ihr davon?“

Die Männer schwiegen. Keiner wollte sich als erster äußern. Carberry warf mit finsteren Blicken um sich und fixierte plötzlich Matt Davies.

„Mister Davies, du sollst deine Meinung sagen!“ fuhr er ihn an. „Hast du das nicht gehört?“

„Ich? Warum ausgerechnet ich?“

„Weil du schon wieder dahockst und in die Gegend starrst wie ein gestrandeter Barsch. Ich seh’s dir doch an, daß dir wieder eine deiner blöden Bemerkungen auf der Zunge liegt.“

Matt setzte eine gallebittere Miene auf. „Mister Carberry, findest du nicht auch, daß ich lieber meine Schnauze halten sollte, wenn es nur eine blöde Bemerkung ist?“

„Na los, Matt“, sagte jetzt Gary Andrews. „Rede doch, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Oder brauchst du eine Sondereinladung?“

Matt räusperte sich. „Ich verstehe immer noch nicht, wieso ausgerechnet ich als erster was sagen soll, aber meinetwegen, ich will ja auch nicht kneifen. Also, wenn’s nach mir ginge, sollten wir weiter ranklotzen, jawohl, denn ich persönlich pulle lieber, bis ich von der Ducht kippe, als daß ich hier in dem Scheißkanal herumdöse und Maulaffen feilhalte.“ Er richtete seinen Blick auf den Profos. „Zufrieden, Mister Carberry?“

„Ja, du Stint!“ rief der Narbenmann so laut, daß es Matt, Gary und den anderen in seiner Nähe Sitzenden in den Ohren dröhnte. „Das ist ganz nach meinem Geschmack, so wahr ich Carberry heiße! Nicht ums Verrecken gebe ich klein bei! Ich pulle mit, Matt, du Rübenschwein!“

„Ich auch!“ schrie Ferris Tucker.

„Ich ebenfalls!“ rief Big Old Shane.

Dann meldeten sich auch die anderen, und alle stimmten sie Matt Davies, dem Profos, Ferris und Shane zu. Damit war Hasards Vorschlag glattweg abgeschmettert. Nein, die Arwenacks wollten nicht im Kanal steckenbleiben. Sie wollten weiter rucksen und die Boote voranbringen, sie wollten heraus aus dem Kanal der Pharaonen und hinein in den Seitenarm des Nils, der sie nach Norden brachte.

Eine Niederlage war ihnen genug. Was geschehen war, hatte ihnen gereicht. Und jetzt ging es los: Ihr alter Kampfgeist, wenngleich auch zuvor etwas lädiert, setzte sich in diesem Augenblick in ihnen durch, und jetzt zeigten sie, was in ihnen steckte.

Unter energischen „Hooo-ruck“-Rufen wurden die Riemen wieder eingetaucht und durchgeholt, die Jollen nahmen wieder Fahrt auf. In Bächen sollte der Schweiß fließen, das kümmerte sie einen Dreck, sie pullten wie die Teufel und bissen die Zähne zusammen.

Hasard hatte allen Grund, sich still zu freuen. Stolz durfte er auf seine Crew sein, denn nur mit solchen Männern waren Situationen zu überstehen, in denen andere längst kapituliert hätten.

Natürlich wurde bei dieser Arbeit nun auch kräftig geflucht und gelästert.

„Nun stellt euch mal vor, wir hätten bei dieser Plackerei auch noch zwei Schreine mit Mumien an Bord gehabt“, sagte Old O’Flynn. „Wie wäre das wohl gewesen?“

„Die hätte ich gleich über Bord befördert, damit sie im Kanal in ihrem eigenen Saft weiterschmoren können“, antwortete Carberry, während Sir John zeternd über seinem Kopf hin und her flog. „Was denn wohl sonst? Unnötigen Ballast soll man abladen.“

„Richtig!“ rief der Kutscher. „Aber ich weiß schon, auf was Donegal hinauswill! Wirf einen verschrumpelten Pharao ins Wasser, dann wird er quick-lebendig, schwimmt dir nach und klettert bei Nacht wieder an Bord, um dir den Hals umzudrehen!“

„Jawohl“, bestätigte der Alte grimmig. „Und die Geister der alten Könige gehen sowieso noch überall um, da bin ich ganz sicher.“

„Und die Pharaonen-Gespenster verfügen über Riesenkräfte“, fügte sein Sohn mit einem Grinsen hinzu. „Sie sind so stark, daß nicht mal ein Prof os sie besiegen kann.“

„Haha“, sagte Carberry grunzend. „Daß ich nicht lache. Eins habt ihr Heringe bei euren Spinnereien aber vergessen: daß nämlich so ein Kistenramses gar nicht schwimmen kann. Das war damals noch nicht üblich.“

„Woher willst du das wissen?“ fragte Blacky.

„Das haben mir die Wüstendämonen heute nacht zugeflüstert!“ rief Carberry.

Damit löste er ein brüllendes Gelächter aus, das weithin durch die Wüste schallte.

Carberry stieg bei dieser Aufgabe, die vor ihnen lag und die es zu bewältigen galt, zu ungeahnten Formen auf und bewies wieder einmal, von welch eisenhartem Kaliber er war. Und diese Härte zeigte auch der Seewolf, als sie beide als Schlagleute ihres Bootes pullten.

Da brachte Hasard nun selbst seinen Profos zum Staunen – und wenn der Kapitän eisern und lächelnd durchhielt, Stunde über Stunde, dann konnte auch der Profos nicht aufstecken, oder?

Keiner konnte dies, sie alle gaben, was sie zu geben vermochten und trieben die Jollen mit immenser Willenskraft voran, stundenlang, ohne Aufenthalt nach einem gut durchdachten System, mit dem sie sich immer wieder ablösten.

Hasards Jolle war Bens Jolle etwas voraus, etwa eine Bootslänge. Ben Brighton nahm dies als Ansporn und feuerte seine Männer zu größerer Leistung an. Nun holten sie wieder etwas auf, und es entwickelte sich ein richtiges Wettrennen auf dem Kanal unter der glühenden Sonne Ägyptens. Wer immer sie hätte beobachten können, er hätte sie für verrückt erklärt.

Ohne eine neuerliche Überraschung hätte das Ganze aber nicht ablaufen können, das wäre denn doch zu schön gewesen. Gegen zwei Uhr nachmittags gab es plötzlich einen heftigen Ruck, und Hasards Jolle saß fest. Bens Boot glitt heran, Ben hatte bemerkt, was los war, konnte aber nicht mehr rechtzeitig genug stoppen. Seine Jolle brummte neben der von Hasard auf.

„Hölle und Teufel!“ fluchte der Profos. „Wir sitzen auf, Leute!“

„Eine Sandbank“, sagte der Seewolf und erhob sich von seiner Ducht. „Eine der vielen Barrieren im Kanal, über die wir schon mit der ‚Isabella‘ wegmußten. Diese hier scheint besonders hoch zu sein.“

Er stieg aus und ließ sich in das trübe Wasser sinken. Das Naß reichte ihm gerade bis zu den Hüften, und zwar nicht nur in der unmittelbaren Nähe der beiden Boote, sondern auch weiter entfernt, zu den Ufern hin. Somit war bewiesen, daß die Wassertiefe an dieser Stelle überall gleich war, auch ein Ausweichmanöver nach links oder nach rechts hätte sie vor dem Auflaufen nicht bewahrt.

Hasard lehnte sich mit der Schulter an das Heck seiner Jolle und stemmte sich dagegen.

„Warte!“ rief Ben Brighton. „Wir helfen dir!“

Sofort schickten sich die Männer beider Boote an, ebenfalls außenbords zu springen, und auch die Zwillinge wollten ins Wasser, doch Hasard hielt sie zurück.

„Bleibt, wo ihr seid“, sagte er. „Das schaffe ich auch allein.“

Und er schaffte es – schob die Jolle von der Sandbank und vergewisserte sich, daß sie wieder frei im Kanal schwamm, watete dann zu Bens Boot hinüber und versuchte es auch hier nach demselben Prinzip.

Der Schweiß rann ihm übers Gesicht und über den ganzen Oberkörper, sein Atem beschleunigte sich, sein Herz pumpte heftig, aber er kapitulierte nicht. Etwas schlängelte sich um seine Fußknöchel und verschwand dann wieder, aber er kümmerte sich nicht darum. Der Kanal mochte von Schlangen, giftigen Würmern und Zitteraalen nur so wimmeln – ihn störte es in diesem Moment nicht. Er hatte nur ein Ziel vor Augen: die verdammte Barriere zu überwinden.

„Himmel noch mal, Sir“, sagte Ben Brighton. „Das wäre doch viel leichter, wenn wir aussteigen würden.“

Hasard drückte das Boot mit aller Macht voran, und jetzt – endlich – stellte sich auch hier der gewünschte Erfolg ein, die Jolle hatte wieder Wasser unterm Kiel. Der Seewolf stieß sie von sich weg, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und lächelte seinen Männern zu.

„Warum denn?“ fragte er. „So geht es viel schneller, und wir wollen jeden Zeitverlust vermeiden.“

Mit diesen Worten kehrte er zu seinem Boot zurück und stieg wieder ein. Die beschwerliche Reise konnte weitergehen.

Seewölfe Paket 14

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