Читать книгу Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 26
3.
ОглавлениеEs dauerte nicht lange, dann verging den Arwenacks das Lachen. Die Angelegenheit begann langsam peinlich zu werden.
Zwei Flötenspieler erschienen an der Pier, ein Kerl mit einer Fidel gesellte sich hinzu, und dann begannen sie zum Erstaunen der Seewölfe zu musizieren. Das war wohl als Kurzweil gedacht, doch es hörte sich erbärmlich an, denn vom Musizieren verstanden die drei Kerle absolut nichts, und so klang es dann auch.
„Um Gottes willen“, stöhnte Dan O’Flynn. „Das soll wohl zu unserer Erheiterung beitragen, was?“
„Das ist doch auch heiter“, meinte Carberry. „Sieh dir nur diese drei Hüpfer an. Die haben überhaupt keine Ahnung von Musik, aber sie spielen trotzdem unverdrossen weiter.“
Zwei dürre Kerle entlockten ihren Flöten schauerliche Töne ohne jeglichen Rhythmus, der dritte zog an den Saiten seiner Fidel, als hielte er einen Bogen in der Hand, mit dem man Pfeile abschoß.
Dann erschien eine Tänzerin, die sich schüchtern auf die Pier schob. Sie trug ein langes Kleid und wiegte sich im unregelmäßigen Takt der Spieler.
Leider war die Tänzerin etwas fett, und was sie da tanzte, kapierte ohnehin keiner. Es erinnerte sie in etwa an die beleibten Bauchtänzerinnen aus Istanbul.
Sie hatte ungefähr zehn Minuten getanzt, als der Alcalde und der Hafenmensch wieder aufkreuzten. Beide strahlten über das ganze Gesicht.
„Gefällt Ihnen die Darbietung, Señores?“ fragte der Alcalde. „Señorita Lucia ist die beste Tänzerin im Ort.“
Die Dicke hüpfte immer noch auf dem Steg herum, daß die Bohlen dröhnten und wackelten.
„Wunderbar“, sagte Hasard ernst. „Eine ausgezeichnete Darbietung, für die wir sehr dankbar sind.“
„Gut, gut.“ Der Alcalde rieb sich freudestrahlend die Hände. Dann wandte er sich an die „Darsteller“.
„Husch, husch, ab nach Hause jetzt“, sagte er. „Es hat den ehrenwerten Señores sehr gefallen. Jetzt reicht es.“
Das fanden die anderen auch, ohne es jedoch zu sagen. Aber sie waren sehr erleichtert, als sich die Darsteller nach einer tiefen Verbeugung zurückzogen.
Dezentes Klatschen erklang rein höflichkeitshalber auf seiten der Arwenacks, und dazu grinsten sie, denn jetzt konnten sie bis an die Ohren grinsen, ohne daß es auffiel.
„Ich habe inzwischen alles veranlaßt“, sagte der Alcalde stolz. „Ich habe auch die beiden Anker für Sie – Prachtstücke, Señor, wahrhaftige Prachtstücke. Das andere wird ebenfalls gleich geliefert.“
„Ich habe das natürlich auch mit veranlaßt“, krähte der Hafenmensch, aus Angst, er könne später bei Hof weniger wohlwollend erwähnt werden. Da war es schon besser, sie teilten sich den künftigen Ruhm.
„Ja, natürlich“, sagte der Alcalde etwas ungnädig. „Don Martin war auch mit dabei.“
Hasard lud die beiden Kerle zu einem Schluck an Bord ein und ließ ihnen Wein kredenzen. Das erfüllte die beiden mit einem nie gekannten Stolz, und von da ab fühlten sie sich dem spanischen Hofe wesentlich näher.
Sie tranken nicht, sie soffen ganz ungeniert. Ihre Köpfe wurden noch roter, auch wegen der Ehre, die ihnen zuteil wurde, neben einem spanischen Grande stehen zu dürfen.
Paddy Rogers reichte die Humpen weiter, die er vom Kutscher entgegennahm und würzte den Trunk mit biblischen Sprüchen.
„Und ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben“, sagte er salbungsvoll, als er dem Alcalden einen neuen Humpen reichte. „Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein.“
„Wo – wo ist was los?“ fragte der Alcalde. Er lallte bereits ein wenig und stierte Paddy Rogers irritiert an.
„Im Himmel, mein Sohn.“
„Ach ja, im Himmel ist immer was los. Darauf, hicks, sollten wir noch einen heben.“
„Matthäus sechzehn, Vers neunzehn“, fügte Paddy belehrend hinzu.
Der Hafenmensch wackelte ein bißchen mit dem Kopf und drehte sich suchend um.
„Matthäus – wo ist er denn?“
Er stierte Old O’Flynn an und schüttelte unmerklich den Kopf. Vor seinen Augen verschwamm alles.
Der Alcalde sah sich auch nach Matthäus um und wackelte dabei noch mehr. Dann zeigte er in die Richtung, wo die Backsteinhäuser dicht am Hafen standen und sich zwei Eselskarren näherten.
„Da – da ist er! Er bringt die Dings … äh – Anker. Genau!“
Die wackeren Mannen tranken noch einen und noch einen und waren so blau, daß sie kaum noch stehen konnten.
Hasard wunderte das, doch dann sah er, daß der Profos die Humpen füllte, und dieser niederträchtige Mensch goß mit einem hinterhältigen Grinsen jedesmal einen kräftigen Schluck Rum mit hinein.
Die beiden Kerle lümmelten jetzt am Schanzkleid herum, wackelten mit den Köpfen und stierten rülpsend über den Hafen.
Den beiden Eselskarren folgten etwa fünfzehn Kerle, die verblüfft zu ihrem Alcalden und dem Hafenmeister starrten. Beide hatten ein Lied angestimmt und grölten es jetzt lautstark hinaus.
Die Anker wurden abgeladen. Die Arwenacks sprangen mit auf die Pier und brachten die Anker an Deck. Es waren zwei gute, schwere und solide Anker, genau das, was sie brauchten.
Es dauerte auch nicht lange, dann waren die Anker verzurrt.
„Auf Don Egalo!“ brüllte der Alcalde und war so gerührt, daß ihm die Tränen kamen. „Mein tapferer Freund. Grüß mir Seine Allerkalli… Allerkol… Alkoholische Majestät, oder wie der Kerl heißt. Sag ihm, er kann alles von mir haben, sag ihm das, Don Egalo.“
Er fiel Old O’Flynn um den Hals und drückte ihm die ausladende weiße Halskrause platt.
Dann starrte er ihn traurig an, und plierte auf die dicken Tränen, die Don Egalo über die Wangen liefen.
„Mein Freund – er weint vor Rührung“, schniefte er und brach in lautes Schluchzen aus.
Und weil das alles so sehr rührselig war, schniefte auch der Hafenmensch mit.
„Hallall – hallall!“ schrie er, aber das kapierte natürlich keiner, auch Don Juan nicht, obwohl der sämtliche spanische Dialekte verstand.
„Wachet und betet“, sagte Paddy mit Grabesstimme, „daß ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“
Da liefen Old O’Flynn noch mehr Tränen über das Gesicht, und er erstickte fast vor Lachen.
Die beiden verbrüderten sich jetzt mit allen, die an Deck standen. Da war wieder mal was los, ganz besonders, als der Hafenmensch den Schimpansen Arwenack erwischte, ihn umarmte und ihm einen feuchten Schmatz aufdrückte.
„Mein Freund, Caballero“, lallte er und legte ihm einen Arm und den Hals, wobei er tief in die Knie ging. „Du bist der Kleinste an Bord, aber ein richtiger Held.“
Arwenack, derartige Liebkosungen nicht gewohnt, bleckte das Gebiß und zeigte die Zähne. Der Hafenmensch deutete das als freundliches Grinsen und klopfte ihm auf den Rücken.
Dann torkelte er zum nächsten und riß sich das Hemd an Matt Davies’ Hakenprothese auf, als er nach seinem Arm griff.
Inzwischen erschien ein weiterer Eselskarren. Zwei Männer luden die Gold- und Silberbarren ab, dann folgten Fässer mit Wein, ein paar Speckseiten und riesige Hartwürste.
Das alles wurde an Bord gemannt.
Hasard stand etwas ratlos davor und wußte nicht, was er sagen sollte.
„Ein lustiger Verein“, sagte Don Juan lachend. „Das ist ja das reinste Affentheater hier. Was tun wir jetzt mit den beiden so überaus netten Menschen?“
„Die beiden netten Menschen sind sowieso gleich restlos abgefüllt, daß sie nicht mehr laufen können. Ich werde jedem als kleine Anerkennung eine kostbare Perle in die Tasche stecken. Immerhin haben sie uns so reichlich beschenkt, daß es mir peinlich ist.“
„Trotzdem sind es Hohlköpfe“, sagte der Spanier. „Mir ist noch peinlicher, daß sich meine Landsleute so ausgesprochen dämlich benehmen.“
„Nimm es leicht“, riet Hasard. „Wenn unsere Kerle zuviel gekümmelt haben, sehen sie auch nicht geistreicher aus.“
„Aber sie sind nicht so dämlich.“
„Das nicht“, schränkte Hasard ein, „aber auch da gibt es immer wieder ein paar Ausnahmen.“
„Hallall!“ brüllte der Hafenmensch und wollte das ganze Schiff umarmen. Aber dabei landete er am Fockmast und stieß sich die Nase.
Der Alcalde erklärte weinerlich und nuschelnd, er müsse jetzt nach Hause, weil ihm kotzübel sei.
Don Martin fiel sein Weib ein, das offenbar grantig wurde, wenn er einen über den Durst getrunken hatte.
Das war auch wahrhaftig der Fall, wie sich gleich darauf herausstellte.
„Bringt die beiden zu den Backsteingebäuden“, sagte Hasard zu dem Profos, der vor Lachen kaum stehen konnte. „Schließlich bist du ja nicht ganz schuldlos an dem Zustand der Kerle.“
„Ich wollte ihnen nur eine Freude bereiten“, sagte Carberry entschuldigend. „Ich wußte ja nicht, daß sie nichts vertragen.“
Carberry schnappte sich den dicklichen Hafenmenschen, während sich Smoky den betrunkenen Alcalden auf den Rücken lud. Aber der war so in Bewegung, daß er ihn allein nicht abschleppen konnte. Also sprangen noch Roger Brighton und Nils Larsen hinzu.
Sie flankierten die beiden von rechts und links und wackelten über die Pier. Dort blieb der Hafenmensch noch einmal stehen, blickte aus trüben Augen zum Schiff und brüllte wieder sein „Hallall!“ in die Gegend, jetzt mit lauter und durchdringender Stimme.
Offenbar war das ein Signal, denn aus einem der Häuser trat eine korpulente Madonna heraus, die sich suchend umblickte. Das „Hallall“ schien ihre Sinne alarmiert zu haben. Offenbar war sie dadurch schon über weite Entfernungen über den Zustand ihres Gatten genau unterrichtet.
Das grimmig dreinblickende Weib hielt eine solide Bratpfanne in der rechten Hand, die sie ein paarmal hin und her wippte, anscheinend in der Absicht, bereits Maß zu nehmen.
„Halleluja“, sagte der Profos unterdrückt. „Die sieht aber sehr gesund aus, die Mutter. Die wird doch nicht …“
Die Dicke hatte strähnige Haare und stramme Beine. Ihr gewaltiger Busen bewegte sich wie ein Blasebalg, als sie in die Richtung blickte, aus der die Arwenacks die beiden Kerle heranschleppten.
„Bratpfannen in der Hand von Frauenzimmern – und dann noch vorm Haus – sind nicht unbedingt das Gesündeste“, meinte Smoky. „Das arme Kerlchen kriegt damit ganz sicher kein Festessen serviert. Ich denke, wir sollten die Kerle lieber hier absetzen und uns aus dem Staub machen. Es liegt kaum Dankbarkeit in ihrem Blick.“
„Wir sind ja schließlich nicht besoffen“, meinte der Profos kühn. „Wir leisten ja nur einen Samariterdienst.“
Smoky fühlte sich trotz allem sehr unbehaglich.
Nils und Roger setzten den Alcalden vorsichtig zu Boden, noch bevor sie die Häuser erreicht hatten. Sie nickten sich zu und empfahlen sich grinsend.
„Feiglinge“, knurrte der Profos. „Ihr Kerle habt einfach keine Argumente zur Hand und könnt die Señora nicht überzeugen.“
„Wollen wir auch gar nicht“, sagte Nils Larsen. „Du bist Profos und Zuchtmeister, das überlassen wir dir.“
Der Profos war von seinem Charme restlos überzeugt, und so sah er der Ankunft der Dicken einigermaßen gelassen entgegen.
Sie schaute jetzt noch grimmiger drein. Ihre Augen waren hinter kleinen Fettpolstern zusammengekniffen, und der Profos sah, daß sie auf der Oberlippe einen Schnurrbart hatte, auf den mancher Kerl neidisch gewesen wäre. Vielleicht hatte sie ja auch Haare auf den Zähnen, die man jetzt wegen der ebenfalls zusammengekniffenen Lippen nicht sah.
Er ließ den Hafenmenschen los und verneigte sich.
„Señora“, sagte er galant, „wir bringen Ihnen Ihren Gatt…“
„Diablo, das Schwein ist wieder besoffen, dieser verlauste Hurenbock!“ keifte die Señora wild.
Neben ihr waren zwei grinsende Bälger aufgetaucht mit einem kleinen schmutzigen Köter, der den Hafenmenschen wütend ankläffte.
„Er hat nur ein wenig Wein getrunken“, sagte der Profos.
Dann wichen er und Smoky zurück, als die Señora, fauchend und die Bratpfanne schwenkend, auf Don Martin losging.
Der hockte jetzt dümmlich grinsend am Boden, und der Köter zerrte an seinem Hosenbein. Eins der Bälger bohrte mit Genuß in der Nase, das andere bückte sich interessiert vor, um die Aktion der Mutter zu begutachten.
Die ließ auch nicht lange auf sich warten.
Der stramme Arm der Señora fuhr hoch und wieder zurück. Die dunklen Haare auf ihrer Oberlippe zitterten, und durch ihren massigen Körper ging ein Ruck, der alles wabbeln ließ.
Durch den Körper des Hafenmeisters ging ebenfalls ein Ruck, als ihm die Bratpfanne auf den Schädel knallte. Der dumpfe Gong war bis auf die Schebecke zu hören.
Der kleine Nasenbohrer grinste jetzt befriedigt, und das andere Gör brüllte begeistert: „Noch eins, Mami, gib ihm noch eins auf die Rübe!“
Die resolute Señora ließ sich das nicht zweimal sagen.
Noch während Don Martin mit glasigen Augen zur Seite kippte, wobei immer noch das dümmliche Grinsen auf seinem Gesicht lag, erfolgte der zweite Angriff.
Wieder landete die Bratpfanne auf Don Martins Schädel. Es hörte sich an, als würde auf der Schebecke geglast.
Don Martins Gesichtsausdruck veränderte sich rapide.
Er grinste nicht mehr. Er öffnete den Mund zu einem lauten Seufzer, schloß die Augen und wurde schlaff. Sein Kopf sank auf die Brust, und so blieb er einen Augenblick hocken – jenseits von Gut und Böse.
„So, du verdammter Säufer“, sagte die Señora zufrieden, „das wird dir eine Lehre sein, denke ich.“
Carberry und Smoky waren genauso erschüttert wie Don Martin. Sie sahen sich an und schluckten trocken.
„Kriegt er auch noch was aufs Maul?“ erkundigte sich der eine Knabe hoffnungsvoll.
Die Señora gab keine Antwort, aber jetzt wandte sie sich mit blitzen den Augen den beiden Seewölfen zu.
„Und jetzt zu euch, ihr verdammten Hurensöhne!“ rief sie. „Ihr seid schuld daran, daß er wieder besoffen ist, dieser miese Kerl, dieser Fuselschlucker. Schämt ihr euch …“
Carberry ließ noch einmal seinen Charme spielen, obwohl er von dem jetzt nicht mehr so ganz überzeugt war.
„Aber Señora Don Martin“, sagte er. „Wir …“
„Halt dein Maul, du langer Lulatsch!“ keifte die Señora. „Und nenne mich nicht Don Martin. Das ist kein Don, sondern ein nichtsnutziger Lümmel. Aber euch werde ich es zeigen.“
Carberry hatte mit der Attacke nicht gerechnet. Er stand da und versuchte „charmant“ zu grinsen, was bei seinem Aussehen allerdings völlig mißlang.
Da knallte es auch schon. Die Bratpfanne sauste mit einer Vehemenz heran, daß Carberry nicht mehr ausweichen konnte. Er wollte noch die Arme hochreißen, doch da ertönte schon der Gong.
„Oh, mein Gott“, hörte er Smoky wie aus weiter Ferne rufen.
Der Ruf ging in einem zweiten Gong unter, und da begann der Profos bereits mit dem Schädel zu wackeln. Sekundenlang war er völlig benommen, erst dann blickte er wieder einigermaßen durch.
Die Señora hatte sich von ihm abgewandt und traktierte jetzt den Decksältesten, der verstört die Hände über den Kopf hielt und versuchte, die rasende Furie mit den Ellenbogen von sich abzuhalten.
Aber auch Smoky mußte zwei harte Gongs einstecken, ehe es ihm mit Not und Mühe gelang, ein paar Schritte davonzurennen.
Für die Kerle auf der Schebecke war das Spektakel an Land mehr als ergötzlich. Sie hielten sich die Bäuche vor Lachen und kriegten sich nicht mehr ein. Da waren nur noch Brüllen und Gelächter an Deck und wiehernde Kerle, die sich nach allen Seiten bogen.
„Hurra!“ rief Ferris Tucker. „Wahrhaftig ein tolles Bild! Der liebe Ed kriegt eine Abreibung.“
„Er hat die beiden Kerle ja auch ganz übel abgefüllt“, sagte Hasard lachend. „Schließlich ist das nicht mehr als gerecht, wenn auch für ihn ein paar Brocken abfallen.“
Sie lümmelten am Schanzkleid der Schebecke und sahen sich den Fortgang interessiert und unter lautem Gelächter an.