Читать книгу Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 27

4.

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„Die ist ja verrückt, die alte Schachtel!“ schrie Smoky. „Die haut uns in Grund und Boden. Los, wir verschwinden, Ed, sonst gibt es noch mehr Senge.“

Carberry geriet jetzt allmählich in Braß, aber auch die Señora steigerte sich noch und wurde dabei von ihren Gören kräftig angefeuert. Die genossen es offensichtlich sehr, daß der Herr Papa ordentlich durchgewalkt wurde. Und daß zwei Fremde auch ihren Teil abkriegten, ließ sie vor Vergnügen laut krähen.

Die Señora war sehr gerecht, das mußte man ihr lassen. Drei Kerle hatten Senge bezogen, nur der Alcalde noch nicht. Der kam gerade wieder zu sich und versuchte, sich aufzurappeln.

Er stand noch mit wackligen Knien da, als ihn ebenfalls die Bratpfanne traf. Weil er sich gerade umdrehte, erwischte das zweckentfremdete Instrument seinen Hinterkopf und brachte ihn auf Trab.

Er rannte los, wie aus einer Kanone abgefeuert, schrie wild und gellend und landete dann hart auf der Nase im Staub der Straße.

Carberry und Smoky machten sich jetzt schleunigst aus dem Staub und rannten los.

Doch die Señora folgte bratpfannenschwenkend und mit wilden Worten. Sie war jetzt erst so richtig in Fahrt, aber sie erreichte die beiden nicht mehr.

Dem Profos stank es zwar ganz gewaltig, vor einer triumphierenden Furie auskneifen zu müssen, doch er hatte keine andere Wahl, sonst gab es wieder Senge.

Smoky wollte sich ebenfalls nicht länger der Lächerlichkeit preisgeben und rannte in langen Sätzen neben dem Profos her.

Weiter vorn standen Roger und Nils. Sie lehnten an einem Dalben und hielten sich daran fest, damit sie vor lauter Lachen nicht umfielen.

„Sehr witzig, das alles“, fauchte Smoky und warf einen ängstlichen Blick über die Schulter zurück, wo ihnen das attackierende Weib immer noch mit der Pfanne in der Hand nachrannte.

Aber dann gab sie auf und blieb schnaufend stehen.

Smoky und der Profos blieben ebenfalls stehen, wahrten aber genügend Abstand, damit sie jederzeit wieder die Flucht antreten konnten.

„Das darf doch nicht wahr sein“, sagte der Profos keuchend. „Diese schnauzbärtige Xanthippe hat mir tatsächlich was auf die Rübe gedonnert. Das gibt zwei ganz verdammte Beulen.“

„Mir auch, aber wenigstens haben die anderen auch kräftig was abgekriegt.“

„Das ist doch keine Genugtuung“, grollte Carberry wütend. „Wie stehen wir denn jetzt vor den anderen da? Die lachen sich krank.“

„Mann, da törnt die Kakerlakenmutter wieder los“, sagte Smoky entsetzt. „Die hat immer noch nicht genug.“

Die Señora nahm erneut Kurs auf sie, blieb dann jedoch unschlüssig stehen, als die beiden vorsichtshalber die Beine in die Hand nahmen und in Richtung Schiff abdrehten.

Voller Wut, weil sie nichts mehr ausrichten konnte, warf sie die Bratpfanne nach ihrem bedröselten Mann.

Der Hafenmensch kriegte das Ding noch einmal an den Schädel und streckte sich der Länge nach auf dem Pflaster aus. Er sah aus wie tot.

Was dann folgte, kapierten Smoky, der Profos und die anderen überhaupt nicht mehr.

Die Dicke watschelte auf ihren hingestreckten Mann zu, warf sich über ihn und brach in lautes Jammern und Wehklagen aus.

Die Arwenacks glaubten, nicht richtig zu hören.

„Mein armer Martin“, schluchzte sie tief und ergreifend. „Was haben die bösen Kerle nur mit dir getan? O Martino! Santitochen, mein kleiner Heiliger, mein Goldengel!“

„Hä?“ fragte der Profos wenig geistreich. „Bin ich jetzt bescheuert, oder sind es die anderen?“

„Die Alte spinnt“, kommentierte Smoky entsetzt. „Die hat nicht alle am Dachfirst.“

Die beiden Bälger brachen ebenfalls in lautes Plärren aus, nur der Köter kläffte den bewußtlosen Hafenmenschen weiterhin an und zerrte immer wieder an seiner Hose.

„Das gibt es doch nicht“, ächzte Smoky, „oder hat sie den lieben Martin etwa totgeschlagen?“

Immer noch hing sie schluchzend über ihm, nahm den Zipfel ihrer Schürze und wischte ihm damit über die prachtvollen Beulen, die die Bratpfanne hinterlassen hatte. Dabei erfuhr Don Martin, das liebe Santitochen, sämtliche Kosenamen, und gleichzeitig richtete sich der Señora Zorn wieder auf die Kerle, die ihn angeschleppt hatten.

Sie stand auf und suchte nach der Bratpfanne. Es sah nicht so aus, als würde der Hafenmensch damit nochmals eins übergebraten kriegen, jetzt waren wohl wieder Ed und Smoky an der Reihe.

Unter dem brüllenden Gelächter der Arwenacks und etlicher Einwohner von Denia kniffen die beiden Arwenacks aus.

„Hoffentlich sind die Drehbassen mit Grobschrot geladen, und sie können gleich feuern“, knirschte Smoky, „die verprügelt sonst noch die gesamte Mannschaft.“

Es war eine idiotische Situation, die sie völlig der Lächerlichkeit preisgab.

Als sie die Pfanne wieder in den Händen hielt, hatten der Profos und Smoky endgültig genug. Die Gören hüpften jetzt ebenfalls hinter ihnen her, um zu sehen, wie die Mutter den Kampf entschied.

Der Profos und Smoky gaben Fersengeld. Der Profos hatte die Arme angewinkelt und stürmte keuchend auf das rettende Schiff zu. Smoky folgte stöhnend und fluchend.

Die aufgebrachte Señora verfolgte sie bis auf die Pier. Dort blieb sie schnaufend stehen und hob drohend die Pfanne, als die beiden Señores mit einem Affenzahn an Bord flitzten.

„Jetzt kann sie antanzen“, sagte Smoky mit blitzenden Augen. „Wenn sie das Schiff entert, fliegt sie außenbords.“

Die eifrige Señora hatte aber nicht vor, das Schiff zu entern, obwohl es anfangs fast so aussah.

Sie belegte die beiden nur mit einigen recht deftigen Ausdrücken, von denen „Hurenböcke“ noch die harmlosesten waren.

Dann kehrte sie zurück und beklagte laut ihren Don Martin, der wieder das Bewußtsein erlangt hatte und im Straßenstaub hockte.

Der Alcalde wurde auch nicht weiter traktiert. Er sah im Gesicht übel zerschrammt aus, als er sich erhob und mit wackligen Knien still und leise davonschlich.

Mac Pellew hatte sich wimmernd an den Mast geklammert und kriegte sich nicht mehr ein. Aus seinen Augen schossen sturzbachartig die Tränen, und er hatte große Mühe beim Luftholen.

Carberry sah der schlagfreudigen Señora unbehaglich und mit zusammengekniffenen Augen nach.

„Möchte wissen, was es da so dämlich zu grinsen gibt“, knurrte er und befummelte seinen Schädel, an dem allmählich zwei Hörner aufzublühen begannen. Später würden sie in allen Farben schillern.

„Das war ein Bild für die Götter“, sagte der Kutscher. „Es war einfach einmalig, wie ihr erst verdroschen wurdet und dann gerannt seid. Ihr hättet euch selbst mal sehen sollen.“

Dem Profos war nicht nach Witzen zumute. Er schaute recht grantig und unfreundlich drein. Smoky erging es ähnlich, denn ihm dröhnte immer noch nachhaltig der Schädel von den beiden Treffern. Auch ihm würden prachtvolle Hörner wachsen.

Inzwischen schleppte die Señora mit Hilfe ihrer Gören den Hafenmenschen ab, der so wackelte, als habe er Pudding in den Knien.

Die Lachsalven verebbten allmählich. Der Hafenmensch wurde in ein Gebäude geschoben und verschwand darin. Vom Alcalden war ebenfalls nichts mehr zu sehen, der hatte sich abgesetzt und schämte sich jetzt wegen seiner Niederlage.

„Dann ist der Tanz ja beendet“, sagte der Seewolf mit fröhlicher Miene. „Wir haben wieder zwei Märtyrer an Bord. Alles andere haben wir auch. Mithin können wir mit dem kurzen Abstecher ganz zufrieden sein, und so steht unserer Weiterreise eigentlich nichts mehr im Wege.“

„Ich bin jedenfalls mit dem Abstecher nicht zufrieden gewesen“, sagte der Profos gereizt. „Mir langt es völlig. Die Don-Martin-Mutter hat mich restlos geschafft. Bin heilfroh, wenn wir aus diesem verlausten Kaff verschwunden sind.“

In der Ferne standen noch eine Menge Neugierige herum, aber sie verliefen sich nach und nach, denn es gab nichts mehr zu sehen. Vermutlich ging der Krach jetzt im Haus weiter.

Die Leute wandten sich schulterzuckend ab. Eine Neuigkeit war das für sie nicht. Bei Don Martin flogen immer dann die Fetzen, wenn er einen über den Durst getrunken hatte, und der Alcalde war dann meist ebenfalls der Dumme und kriegte etwas ab.

„Leinen los und ein“, sagte Hasard mit einem amüsierten Unterton.

Ein paar Einwohner sahen ihnen noch nach und winkten, als die Leinen gelöst und die Segel gesetzt wurden.

Langsam bewegte sich die Schebecke aus dem Hafen. Unter den Kattbalken hingen an Backbord und Steuerbord die beiden neuen Anker.

Als der Wind in die Segel griff, erschien ein schlaksiger Kerl mit einer langen Tröte und blies aus voller Kraft hinein.

Über den Hafen schallte ein so schauriger Ton, daß einige Arwenacks irritiert zusammenzuckten.

Der Posten blies die Neuigkeit in die Welt, daß die Schebecke jetzt aus dem Hafen laufe und in See gehe.

Er blies dreimal in sein fürchterliches Horn, damit es auch jeder mitkriegte. Er kam sich dabei sehr wichtig vor und hatte schließlich einen dunkelroten Kopf von der Anstrengung.

Aber jetzt wußten es alle, und selbst jene, die es nicht sahen: Das prächtige Schiff ging in See.

Der Posten war damit seine Verantwortung vorübergehend los und ließ sich erschöpft auf einem Stein nieder, um dem Schiff nachzublicken.

„Das war ein seltsames Völkchen“, meinte Hasard belustigt, als der Hafen von Denia achteraus kleiner wurde und nur noch der große Berg mit seinen Weinhängen und dem maurischen Schloß zu sehen waren. „Solche Leute erlebt man nicht alle Tage.“

„Aber es hat dich niemand erkannt“, sagte Don Juan. „Obwohl du direkt auf Lobo del Mar angespielt hast.“

„Ich weiß nicht, ob das ein Maßstab war, Juan. Die Leute, damit meine ich hauptsächlich den Bürgermeister und den Hafenmenschen, scheinen recht einfältig und trottelig zu sein. Als Bewährungsprobe möchte ich das eigentlich nicht ansehen.“

Old O’Flynn zupfte grinsend seine Halskrause zurecht und wischte sich verstohlen die letzten Tränen aus den Augenwinkeln.

„Ein feiner Spaß war das, Sir, ich habe mich über alle amüsiert.“

„Wir alle wohl. Mir erging es nicht anders.“

„Eigentlich“, sagte Old Donegal nachdenklich, „wäre es doch nicht verkehrt, wenn wir in diesen Gewässern weiterhin als Spanier verkleidet segeln. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die ersten Dons aufkreuzen. Vermutlich behelligen sie uns dann nicht weiter.“

„Spanier auf einer Schebecke sind immerhin recht ungewöhnlich. Das fiel sogar dem Hafenmenschen auf. Was meint ihr?“

„Warum eigentlich nicht“, sagte Ben. „Wir können die Schebecke ja für die Krone erbeutet haben, nachdem man unser eigenes Schiff versenkt hat. Das klingt doch einigermaßen glaubwürdig.“

Hasard nickte. Das würde schon glaubwürdig klingen.

„Gut, dann segeln wir als Spanier weiter. Außerdem können wir den behäbigen Kriegsgaleonen immer noch in einem weiten Bogen ausweichen, wenn wir sie sichten sollten. Dann bleibt es dabei. Wir besprechen nachher noch die Namen, mit denen sich jeder ausgibt, falls wir den Dons begegnen sollten.“

„Über etwas anderes sollten wir auch noch sprechen“, sagte Dan O’Flynn. „Wir wollten noch darüber abstimmen, welchen Kurs wir einschlagen, ob wir vom Atlantik aus gleich in die Karibik zurücksegeln oder den Abstecher nach England unternehmen. Einmal haben wir kurz darüber gesprochen, ein Ergebnis kam jedoch nicht zustande.“

„Ja, die Abstimmung steht noch aus. Ich schlage vor, jeder überlegt sich das gründlich vierundzwanzig Stunden lang, und danach entscheiden wir uns. Für England gibt es natürlich gute Gründe. Immerhin haben wir wertvolle Kontakte in Venedig und anderswo anknüpfen können und haben etwas vorzuweisen. Das ist nur einer von etlichen Gründen.“

„Ein bißchen Heimweh ist natürlich auch dabei“, ließ sich Big Old Shane vernehmen. „Wir waren schon lange nicht mehr dort. Aber wenn wir diesmal nach England segeln, stehen wir mit ziemlich leeren Händen da. Die gute Lissy erwartet von uns zumindest Gold und Silber, und damit sind wir nicht gerade gesegnet. Sie wird sich über unseren Besuch zwar freuen, aber noch mehr würde sie sich freuen, wenn wir ihr etwas Schönes mitbringen.“

„Da hast du recht, Shane“, sagte Hasard nachdenklich. „Wir haben zwar Gold und Silber an Bord, aber im Gegensatz zu unseren früheren Raids ist das keineswegs üppig.“

Die Kerle grinsten ein bißchen verlegen. Es war nur allzu bekannt, daß Ihre Majestät, die Königin von England, eine offene Hand hatte, die gerne nahm. Kurz gesagt: Sie war reichlich geldgierig, das wußte an Bord jeder.

„In dem Fall sollten wir natürlich etwas tun“, meinte Hasard. „Da hast du wahrhaftig recht, Shane. Das muß jedoch die Gelegenheit ergeben. Möglicherweise gelingt es uns, im Atlantik einen dicken Brocken zu schnappen, vielleicht stoßen wir sogar auf einen Geleitzug, der von Kuba nach Spanien segelt.“

„Das wäre eine feine Sache. Wir haben schon lange keinen Don mehr gerupft.“

„Bisher gab es dazu auch keine Gelegenheit, sie segeln ja auf einer anderen Route.“

Denia lag jetzt schon sehr weit achteraus und war nur noch ein feiner dunstiger Strich an der Kimm.

Sie segelten fast Ostkurs, um die Küste möglichst schnell hinter sich zu lassen.

Als sie in einem Abstand von etwa vier Meilen von der Küste Cabo de la Nao rundeten, ließ Hasard auf Südkurs gehen. Eine Stunde später wurde der Kurs auf Südsüdwest gesetzt. Damit entschwand die spanische Südostküste ihren Blicken. Von der algerischen Küste war weiter im Süden nichts zu sehen.

Sie waren wieder scheinbar allein auf dem Meer, doch das änderte sich am späten Nachmittag.

Batuti gab aus dem Ausguck ein Handzeichen an Deck und rief: „Zwei feine Striche voraus an der Kimm!“

„Mit Sicherheit meine lieben Landsleute“, vermutete Don Juan.

Er behielt mit seiner Vermutung recht. Durch das Spektiv erkannte Hasard etwas später zwei Karavellen, die genau Kurs auf sie hielten.

„Spanier“, sagte Dan O’Flynn, der Mann mit den Adleraugen. „Dreimastig, lateinergetakelt, ziemlich schnelle Schiffe. Sie scheinen auch nur zu einem Drittel abgeladen zu sein. Und bewaffnet sind sie auch nicht schlecht“, fügte er nach einem weiteren Blick hinzu.

Die beiden Schiffe segelten auf Parallelkurs nebeneinander her. Ihr Abstand von Schiff zu Schiff betrug etwa zwei Kabellängen.

Auch das änderte sich nach kurzer Zeit.

„Sieh an“, sagte der Seewolf, „deine Landsleute werden neugierig und wollen uns beschnuppern, Juan.“

„Dann empfehle ich dir, den Kurs zu ändern, mein Freund. Es sind immerhin Kriegskaravellen, und sie sind verdammt schnell. Es empfiehlt sich nicht unbedingt, sich beschnuppern zu lassen. Zu leicht könnte daraus ein gefährlicher Biß werden.“

„Hm, sehr richtig. Wir wollen ja auch nichts provozieren. Wir werden zur algerischen Küste hin abfallen.“

Nils Larsen stand am Ruder. Er wurde gerade von Pete Ballie abgelöst, dem besten Gefechtsrudergänger, den die Arwenacks hatten.

Die Schebecke fiel langsam ab, bis sie fast wieder auf Südkurs lag. Sie hielt jetzt auf die algerische Küste zu.

Das Manöver war auf den Karavellen nicht unbeobachtet geblieben. Offenbar wurden die Dons neugierig und wollten wissen, wer da vor ihnen so betont harmlos ablief.

Die nach Süden versetzte Karavelle fiel nach Steuerbord ab. Die andere schloß sich dem Kurs etwas später an, ließ aber den Abstand von Schiff zu Schiff noch weiter offen, der jetzt etwa vier Kabellängen betragen mochte. Es sah so aus, als wollten die Dons die Schebecke wie in eine geöffnete Schere laufen lassen, zumal die – von den Arwenacks aus gesehen – an Backbord segelnde Karavelle noch weiter abfiel.

„Wir machen gefechtsklar“, sagte der Seewolf nach einem schnellen Blick, „aber wir werden uns nicht unbedingt mit den Kerlen anlegen, und wir segeln auch nicht in die Schere hinein. Wir laufen direkt auf die algerische Küste zu und halten den Kurs.“

Gefechtsklar war die Schebecke in ganz kurzer Zeit. Dafür sorgte schon Al Conroy, der erfahrene Waffen- und Stückmeister.

Die sechs Culverinen auf jeder Seite mit ihrem Geschoßgewicht von 17,3 Pfund waren geladen, ebenso die beiden achtern und vorn montierten Drehbassen. Der Kutscher füllte bereits glühende Holzkohle in die Messing- und Kupferbecken für die Lunten.

„In einem haben sich die Dons verrechnet“, sagte der Seewolf lächelnd. „Die eine Karavelle, die an der nördlichen Seite segelt, können wir vergessen. Ihr Kapitän hat etwas zu großzügig gedacht oder angenommen, wir würden zwischen ihnen hindurchsegeln. Dadurch hat er viel Zeit verloren, und bis er die wieder aufgeholt hat, sind ihm graue Bartstoppeln gewachsen.“

„Die Gefahr ist trotzdem noch nicht vorüber“, sagte Ben gelassen. „Der andere Kapitän scheint dafür um so eifriger zu sein. Sollen wir ihm die spanische Flagge zeigen?“

„Nein“, sagte Hasard sarkastisch, „die kennt er ja. Außerdem haben wir der Karavelle gegenüber notfalls noch den Vorteil, daß wir einen Schlag zulegen können. Wir verfügen zusätzlich über Ruder, und wir haben noch einen weiteren Vorteil: Wir können mit unserer Rohrlänge von fast vier Yards etwas weiter feuern als die Kerle da drüben. Das ist eben das Gute an einem ehemaligen Piratenschiff. Die Schnapphähne haben schon gewußt, warum sie längere Rohre nahmen. Das ist immer ein Vorteil. Sollte uns der Kerl zu dicht auf den Pelz rücken, schicken wir ihm eine Breitseite hinüber.“

Vorerst sah es aber nicht danach aus. Die Schebecke erwies sich als das schnellere Schiff, auch wenn sie von der Lateinerkaravelle hart bedrängt wurde.

Fast eine Stunde lang segelten sie auf Südkurs, dann reckte sich Hasard und stemmte die Fäuste in die Hüften.

„Es langt jetzt“, sagte er hart. „Ich habe nicht die geringste Lust, möglicherweise nach Oran zu segeln, wo wieder die Schnapphähne der anderen Couleur auf uns warten und ebenfalls nachsehen wollen, wer wir wohl sein mögen. Zeigt den Kerlen unsere Flagge, und wenn sie das nicht kapieren, dann empfangen sie eine Breitseite.“

„Endlich mal ein bißchen Abwechslung“, sagte der Profos händereibend. „Das war ja schon zum Einschlafen, war das. Jeder lausige Köter will an uns schnüffeln, als seien wir ein Dreckhaufen.“

Er sah zu, wie sich die Flagge entfaltete und im Wind wehte.

Da war sie, die Flagge des Bundes der Korsaren, die Flagge der Freiheit, wie sie auch von ihnen genannt wurde. Diese Flagge, einst von dem Segelmacher Will Thorne genäht, wehte jetzt in ihrer ganzen Länge aus. Es war ein schwarzes Tuch mit dem Symbol zweier gekreuzter goldener Säbel, das jetzt so im Wand flatterte, als seien die Säbel in ständiger Bewegung.

Durch den Kieker sah Hasard auf der Karavelle erstaunte und verblüffte Gesichter. Auf der anderen Karavelle waren die Gestalten durch das Spektiv nur undeutlich und verschwommen zu sehen.

Die Dons reagierten allerdings anders, als der Seewolf erwartet hatte. Vielleicht waren sie wütend darüber, daß sie diese Flagge noch nicht gesehen hatten oder fühlten sich von irgendwelchen Schnapphähnen auf den Arm genommen.

Eine kleine dunkle Rauchwolke war drüben zugleich mit einem lanzenartig hervorstechenden Blitz zu sehen. Die Rauchwolke zerrieb der Wind innerhalb weniger Sekunden.

Eine gute Kabellänge achteraus stieg eine kleine Säule aus Her See. Ein leichter Schlag war zu hören wie ein Klaps. Dann fiel das Wasser müde in sich zusammen.

„Aha, sie haben gehustet“, sagte Carberry. „Sollen wir uns unsere Lungen auch mal freihusten, Sir?“

„Anluven und Feuer frei nach eigenem Ermessen!“ rief Hasard.

Pete Ballie ging an den Wind, bis die Schebecke der Karavelle die Steuerbordseite zeigte.

Auf diesen Augenblick hatte Al Conroy gewartet. Er visierte und gab den anderen Männern ein Zeichen, die mit den Lunten in der Hand darauf warteten, sie auf die Zündlöcher zu pressen.

Das geschah nach dem Handzeichen.

Winzige, schlangengleiche Flammen fraßen sich durch die Zündkanäle.

Sechs Culverinen brüllten gleichzeitig auf und spien Feuerblitze und dunklen Rauch aus ihren zurückfahrenden Schlünden, die den Mäulern gefährlicher Drachen glichen.

Der Eisenhagel ging auf die Reise. Eine der Kugeln glühte deutlich sichtbar in der Luft. Wahrscheinlich hingen glimmende oder nachglutende Pulverreste an ihr.

Zwei Kugeln strichen dicht über das Deck der Karavelle, eine durchschlug ein Segel, zwei weitere donnerten dicht vor der Bordwand ins Wasser und warfen Fontänen auf, die das Deck näßten.

Die sechste Eisenkugel fraß sich mit einem hallenden Geräusch in den Rumpf der Karavelle und ließ in der Beplankung dicht an der Wasseroberfläche ein großes gezacktes Loch entstehen. Berstend flogen ein paar Holztrümmer ins Innere des Schiffes.

„Hat gerade so gereicht“, sagte Al Conroy. „Ein paar Yards dichter dran, und die Dons hätten von allen Seiten durch ihr Schiff linsen können. Sofort nachladen.“

Hasard sah sich wieder die Gesichter auf der Karavelle an. Die meisten Kerle standen verängstigt an Deck. Ein paar hatten sich hinter das Schanzkleid verkrochen und hielten die Köpfe unten.

Das Erschrecken war aber deutlich zu erkennen, und die Reaktion des Kapitäns der weiter entfernten Karavelle war eindeutig genug. Er drehte sofort ab und ging auf Westkurs.

„Jetzt zeigen wir ihm die andere Breitseite“, sagte der Seewolf hart. „Aber diesmal segeln wir weiter auf, damit er auch etwas davon hat.“

Als Pete Ballie Ruder legte, hatten die Dons da drüben kapiert, daß auf der Schebecke ein paar Kerle waren, die etwas gegen das Beschnüffeln hatten und entsprechend hart reagierten.

Das Segelmanöver war noch nicht zur Hälfte ausgeführt, da kniff der spanische Kapitän aus und ging ebenfalls auf Westkurs, ohne einen Schuß abzugeben. Er hatte es plötzlich sehr eilig.

Ferris Tucker sah der Karavelle sinnend nach.

„Da werden die Kerle wohl bald tüchtig Hand anlegen müssen“, meinte er, „das Loch in der Bordwand ist recht beachtlich. Sobald die See kabbelig wird, haben sie eine große Badewanne in den Stauräumen zur Verfügung.“

Hasard sagte nichts. Auch er sah den Schiffen nach. Der Hauptzweck war jedenfalls erreicht, die Verfolger hatten sich zurückgezogen. Aber es würde sich erst später zeigen, ob sie die Verfolgung tatsächlich aufgegeben hatten oder ihre Neugier so weit geweckt war, daß sie als Fühlungshalter an der Schebecke blieben.

Das war tatsächlich der Fall, als die Arwenacks auf den alten Kurs zurückgingen.

Die Karavellen lagen weit zurück, aber auch sie hatten den Kurs geändert. Offenbar dichteten sie gerade provisorisch das Leck ab, denn die eine hinkte ein wenig hinterher.

„Das gefällt mir überhaupt nicht“, sagte Hasard. „Ausgerechnet vor der spanischen Küste. Das Risiko ist mir zu groß. Wir werden jetzt den Spieß umdrehen und sie solange attackieren, bis ihnen die Lust auf uns endgültig vergeht.“

Die Verfolgung hielt nicht lange an. Anfangs mochten sich die Spanier etwas davon versprochen haben, doch dann lag die Schebecke ganz plötzlich auf Gegenkurs und segelte hoch am Winde nach Osten. Ihre zwölf Rohre waren ausgerannt, und sie segelte diesmal genau in die immer noch bestehende Schere hinein, die allerdings etwas auseinandergezogen war.

Das behagte den beiden spanischen Kapitänen absolut nicht, denn sie hatten erlebt, wie weit die Rohre trugen. Bei einem blitzschnell ausgeführten Passiergefecht, wenn die Schebecke genügend Abstand hielt, würden sie Feuer von beiden Seiten kriegen.

So wichtig war ihnen die Schebecke nun auch wieder nicht, daß sie zuviel riskieren wollten.

Offenbar verärgert drehten sie ab. Diesmal gingen sie auf Nordkurs, immer noch verfolgt von der Schebecke, die ihnen nachsetzte.

Hasard ging bis auf ein paar hundert Yards heran und jagte sie weiter zur spanischen Küste.

„Das dürfte reichen“, sagte er. „Jetzt schicken wir ihnen noch ein paar Grüße nach, damit sie uns besser in Erinnerung behalten.“

Im Abdrehen sprachen noch einmal die Culverinen.

Lange Flammenzungen jagten aus den Rohren, brüllender Donner fegte über die See, und die Schebecke hüllte sich in eine dunkle Rauchwolke. Sie krängte bei ihrer leichten Bauweise ein wenig über, als die Eisenkugeln die Rohre verließen.

Achteraus von den Karavellen blühten riesige Blumen auf, die im Sonnenlicht in allen Farben schillerten. Farbige Wassersäulen stiegen aus dem Wasser und vergingen in einem Regen aus Gischt und Schaumtropfen.

Es rauschte, als würde eine große Sense durch reifes Korn gezogen.

Den Dons stand das Grauen in den Gesichtern, als die Kugeln in unmittelbarer Nähe einschlugen. Sie richteten auf die Entfernung keinen Schaden an, aber dieses verdammte Schiff mit der schwarzen Flagge und den gekreuzten Säbeln auf dem Tuch hätte nur noch etwas dichter aufzusegeln brauchen, dann hätte es sie erwischt.

Von einer Verfolgung wollten sie nichts mehr wissen. Sie waren restlos bedient von den Kerlen, die so unerschrocken angriffen.

Sie klüsten unter vollem Preß nordwärts auf die rettende spanische Küste zu.

„Den wird das Fühlungshalten vergangen sein“, sagte der Seewolf grimmig. „Beim Schnuppern kann man sich verdammt hart die Nase verbrennen. Ich denke, die sind wir jetzt endgültig los.“

„Ganz bestimmt“, sagte Don Juan. „So wichtig sind wir ihnen jetzt nicht mehr. Wenn man einen Wolf ärgert, sollte man damit rechnen, daß er gefährlich wird.“

„Und den Fang nicht nur zeigt, sondern auch zubeißt“, fügte Hasard hinzu.

Als sie längst wieder auf ihrem alten Kurs lagen, war von den beiden Karavellen nichts mehr zu sehen. Wahrscheinlich hatten sie die spanische Küste angelaufen, um ihre Wunden zu lecken.

Seewölfe Paket 30

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