Читать книгу Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 31
8.
ОглавлениеDer Teniente war ein blasierter Kerl mit einem dünnen Bart. In seiner Begleitung befand sich ein Corporal mit massiger Gestalt und finster blickenden Augen.
Der Teniente hatte einen schmalen, verkniffenen Mund und durchdringend blickende Augen wie die eines Habichts. Auf seiner linken Wange befand sich eine Narbe, die bis ans Kinn reichte.
Die beiden enterten auf. Natürlich fragte auch keiner, ob es gestattet sei, an Bord kommen zu dürfen. Das ließ ihre überhebliche Arroganz gar nicht zu.
„Wo ist der Kapitän?“ blaffte der Teniente den Profos an, der ihn mit mürrischem Gesicht musterte und ihm am liebsten gleich den Hals umgedreht hätte.
Carberry winkelte den Daumen ab und zeigte über die Schulter nach achtern.
„Sie kriegen wohl Ihr Maul nicht auf, was?“ brüllte der Don.
„Ich kann sogar mit dem Arsch wackeln“, knurrte der Profos zurück. Er war mächtig sauer.
„Sie melden sich nachher bei mir!“ rief der Teniente. „Das ist eine Frechheit, das lasse ich mir nicht bieten!“
„Einen Scheiß werde ich tun!“ brüllte der Profos und drehte sich um.
Der Teniente hatte sofort stinkige Laune, und seine Lippen verkniffen sich noch mehr. Der Corporal sah noch finsterer drein.
Die beiden marschierten mit dröhnenden Schritten nach achtern, wo Hasard, Don Juan, Ben Brighton und Dan O’Flynn standen. Es war wie Spießrutenlaufen, als sie durch die Gasse der schweigenden Arwenacks marschierten.
„Wer ist der Kapitän?“ fragte der Teniente ungnädig.
„Ich“, sagte Hasard, ohne sich zu rühren.
„Name?“ Da war ein deutliches Schnarren in der Stimme.
„Virgil Senona. Und Ihr Name?“
„Frechheit!“ schrie der blasierte Kerl empört. „Das geht Sie überhaupt nichts an. Sie haben mich mit Teniente anzureden, oder können Sie meinen Rang nicht sehen?“
„Ich sehe nur einen aufgeblasenen Kerl vor mir“, sagte Hasard ruhig. „Im übrigen verzichte ich darauf, Sie mit Ihrem Rang anzureden. Was wollen Sie also von einem friedlichen Handelsfahrer, indem Sie eine ganze Armada aufbieten und mit Mord und Totschlag drohen?“
Der Don lief rot an. Seine Lippen zitterten.
„Wir können auch anders“, drohte er. „Ich kann Sie in Eisen legen und mitsamt Ihrem Schiff an Land bringen. Dann stehen Ihnen unangenehme Zeiten bevor.“
„Ich weiß, zu was meine Landsleute fähig sind“, sagte Hasard. „Aber wenn Sie nicht so schreien, können wir uns auch vernünftig unterhalten.“
Hasard war ungemein erleichtert, aber auch etwas ratlos, denn er fragte sich, was die Dons wohl wollten. Sie hatten ihn nicht erkannt, das war sicher, sonst hätte es hier nur so gewimmelt.
Aus diesem Grund beschloß er, ein wenig höflicher zu sein, um den Kerl nicht unnötig zu provozieren.
„Was ist Ihr Heimathafen?“ fragte der Teniente.
„Cádiz.“
„Was haben Sie geladen?“
„Ein wenig Gewürze, ein paar Silberbarren.“
„Aha. Das ist nicht viel für einen Handelsfahrer auf dem Weg in die Heimat, nicht wahr?“
„Dem stimme ich zu.“
„Dann wollen wir uns mal über das Schiff unterhalten“, sagte der Teniente gehässig. „Ist es für einen spanischen Handelskapitän nicht etwas ungewöhnlich, ein Barbareskenschiff zu segeln?“
„Sehr ungewöhnlich“, sagte Hasard ernst. „Aber das hängt wiederum mit dem Umstand zusammen, daß wir kaum etwas geladen haben.“
„Das verstehe ich nicht“, sagte der Don irritiert.
Der Corporal sagte gar nichts. Er riß nur das Maul auf und gähnte ungeniert, bis seine achteren Backenzähne sichtbar wurden.
„Nun, ich hatte eine kleine, ältere Galeone, aber auf der Höhe der tunesischen Küste hatte ich sie nicht mehr. Da überfielen uns ein paar maurische Schnapphähne, plünderten mein Schiff aus und verbrannten es, weil es ihnen offenbar zu alt war. Wir konnten an Land entkommen und haben im Gegenzug ein paar Tage später die Schnapphähne geentert, als sie ahnungslos waren. Da ich kein Schiff mehr hatte, nahm ich mir die Schebecke. Ich denke, das war mein gutes Recht.“
Offenbar hatte sich Hasard mit seiner Antwort einige Sympathien bei dem Teniente erworben, denn der lächelte kurz und verkniffen.
„Das war sehr richtig“, sagte er gnädig. „Hoffentlich haben Sie die Halunken auch umgebracht.“
„Die meisten schon.“
„Dafür sollte man Ihnen einen Orden geben. Schlagt die Mauren tot, wo immer ihr sie antrefft.“
„Ist das alles, was Sie wissen wollten?“ fragte Hasard. „Haben Sie in uns Mauren vermutet und daher diesen gewaltigen Aufwand getrieben?“
Zum ersten Mal lächelte der Teniente. Der Corporal auch, aber es war mehr ein Zähnefletschen und sah gar nicht gut aus.
Hasard gefiel auch das Lächeln des Teniente nicht. Da lag Boshaftigkeit drin. Heimtücke und Hinterhältigkeit. Er gab jedoch keine Antwort auf die Frage.
„Können wir jetzt weitersegeln?“ fragte Hasard erleichtert.
„Gleich, es dauert nicht mehr lange.“
Die Arwenacks grinsten sich klammheimlich eins, daß alles so gut abgelaufen war. Etwas später erfolgte allerdings die Ernüchterung.
Der Don trat jetzt vor Don Juan hin und musterte ihn.
„Wer sind Sie?“ fragte er katzenfreundlich.
„Juan Quintanas aus Sevilla, Kaufmann. Ich bin Gast an Bord und reise bis nach Cádiz mit.“
„Sind Sie sicher?“ fragte der Don höhnisch. Er warf dem Corporal einen Blick zu und grinste gemein.
„Warum nicht? Von Cádiz aus reise ich weiter. Entweder über Land oder den Guadalquivir hinauf.“
„Wie war doch Ihr Name?“
„Juan Quintanas, das sagte ich doch.“
„Ah ja, das sagten Sie. Wäre es nicht vielleicht möglich, daß Sie Ihren Namen verwechseln?“
„Ich habe ein gutes Gedächtnis.“
Hasards Blick wurde langsam starr. Er wagte kaum noch, Luft zu holen. Es sah aus, als würde gleich eine Bombe platzen.
„Sind Sie nicht möglicherweise Juan de Alcazar, Sonderbevollmächtigter der spanischen Krone, Generalkapitän?“
„Ich?“ fragte Don Juan lächelnd. „Das ist mir aber ganz neu.“
Er spürte, wie ihm Eiswasser durch die Adern rann, dann schien es zu Staub zu werden und zu rieseln.
„Sie streiten es also ab?“
„Das muß ich wohl, wenn ich nicht der Mann bin, für den Sie mich halten.“
Die Arwenacks waren ebenfalls starr. Mit allem hatten sie gerechnet, aber damit nicht.
Der Teniente schien die unfreundliche Stimmung zu spüren, denn er drehte sich um und kniff die Augen zusammen.
„Nun ist die Katze aus dem Sack“, sagte er drohend. „Wenn einer von euch Kerlen diesen Verräter beschützen will und auf die Idee verfällt, mich oder den Corporal als Geisel zu nehmen, um de Alcazar freizupressen, dann …“
„Wird man Sie mit in die Luft blasen“, sagte Hasard. „Das ist klar. Aber er ist wirklich nicht der Mann, den Sie suchen.“
Eigentlich war das ganze ein idiotischer Witz, fand Hasard, eine Situation, die schon tragikomisch war. Hier stand der gefürchtete und verhaßte Seewolf vor den Spaniern und niemand erkannte ihn. Verrückt war das!
„Sie können das überhaupt nicht wissen“, knurrte der Teniente den Seewolf an. „Wenn der Kerl bei Ihnen Gast ist, dann hat er sich natürlich unter einem anderen Namen eingeschlichen. Sie haben sich aus der Sache sowieso herauszuhalten. Dieser Mann wird gesucht, denn er hat Hochverrat begangen, Verrat an der spanischen Krone. Geben Sie jetzt endlich zu, daß Sie de Alcazar sind!“
„Der bin ich nicht.“
Wieder erschien das hinterhältige Grinsen auf dem blasiert wirkenden Gesicht.
„Corporal!“ schnauzte er. „Ordern Sie fünf Mann ab, die das Schiff von vorn bis achtern durchsuchen. Es könnte sein, daß sich irgendwelche Kerle unter Deck versteckt halten.“
„Es hat sich niemand versteckt“, sagte Hasard, aber seine Worte änderten nichts daran, daß das Schiff gründlich durchsucht wurde.
„Segeln Sie zum Flaggschiff hinüber, Corporal, und bitten Sie den Generalkapitän persönlich an Bord, wie das besprochen war. Er hat es sich ausbedungen, wenn irgendwelche Zweifel bestehen.“
„Jetzt ist der Ofen aus“, raunte Don Juan. „Wenn das der Kerl ist, erkennt er mich auch.“
„Was auch immer geschieht“, flüsterte Hasard, „wir lassen dich nicht im Stich, auch wenn wir augenblicklich hilflos sind. Denke immer daran. Wir werden dasein.“
„Danke.“
Der Teniente war ganz Herr der Lage und gab sich wieder arrogant und überheblich.
„Kennen Sie Don Miguel de Salamanca?“ fragte er grinsend.
„Nein“, antwortete Don Juan.
„Sie werden ihn gleich kennenlernen. Sicher wird er sehr erfreut sein, Sie wiederzusehen.“
Der hohe Herr erschien kurze Zeit später in Paradeuniform persönlich an Bord der Schebecke. Er war ein Mann mit einem groben Gesicht und funkelnden Augen.
Als er Don Juan sah, begann er mit falscher Herzlichkeit zu lachen.
„Mein lieber Don Juan“, sagte er mit polternder Stimme. „Jetzt gehen Sie der spanischen Krone wenigstens nicht mehr verloren, und Sie brauchen auch nicht zu befürchten, einmal in der Ferne zu sterben. Das wird hier geschehen, und zwar schon bald, wie ich annehme. Oder sind Sie etwa nicht Don Juan?“ fragte er mit beißendem Spott.
In Don Juans schiefergrauen Augen regte sich nichts. Er blieb kühl und gelassen, nur in seinen Mundwinkeln stand Spott. Hasard fand, daß er kalt wie Gletschereis blieb. Ihn konnte anscheinend nichts mehr erschüttern.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Don Miguel“, sagte er kühl.
„Na, ich wußte doch, daß Sie es sind. Das sah ich schon vom Achterdeck meines Schiffes aus. Ich dachte, Sie seien in der Karibik, um El Lobo del Mar zu jagen. Wo haben Sie den Bastard denn?“
„Ich weiß nicht, wo er steckt. Wahrscheinlich rupft er gerade wieder ein paar Silberschiffe. Der Mann ist leider nicht zu fassen, er ist mir immer wieder entwischt.“
„Interessant. Und Sie haben ihn vier lange Jahre gejagt? Man sprach davon, daß Sie an Bord seines Schiffes gesehen worden sind.“
„Gerüchte, die wahrscheinlich der korrupte Gouverneur in Havanna in Umlauf gebracht hat“, erwiderte Don Juan mit einem feinen Lächeln.
„Sie haben sich nicht mit dem Britenbastard verbündet, nein? Aber nein, das traue ich Ihnen auf keinen Fall zu, mein Lieber. Aber die spanische Krone denkt leider anders darüber. Sie hat eine Kopfprämie von zehntausend Reales ausgesetzt, wenn man Sie fängt.“
„Demnach scheine ich hoch im Kurs zu stehen. Das ehrt mich natürlich.“
„Ihr Lästermaul wird man Ihnen noch stopfen, Sie Verräter. Sie hätten es einfacher haben können. Sie hätten den Schurken zur Strecke bringen, eine ungewöhnlich hohe Belohnung kassieren und sich damit zur Ruhe setzen können. Aber nein, ein Mann wie Sie muß sich mit Spaniens Todfeind verbünden und gegen die eigenen Landsleute kämpfen.“
„Große Worte, Don Miguel“, sagte Don Juan gelassen. „Haben Sie auch die Beweise dafür?“
„Die haben wir, so klein ist die Welt nicht mehr. Es gibt sogar ein paar Zeugen, mit denen wir aufwarten können. Sie werden wegen Hochverrats und etlicher anderer Delikte angeklagt. Das Urteil steht schon jetzt fest: Tod durch die Garotte.“
„Das ist immer gut, wenn das Urteil schon vorher feststeht“, entgegnete Don Juan spöttisch. „Dann haben es die Richter leichter und brauchen nicht lange zu suchen. Darf ich noch erfahren, wer sich den Judaslohn verdient hat?“
„Judaslohn? Das sind noch patriotisch denkende Männer, die so handeln und einen Verräter der Krone ausliefern. Es war einer der Männer von dem Versorgungsboot, der Sie sofort erkannt hat.“
Der Corporal meldete, daß das Schiff durchsucht worden sei. Man habe jedoch nichts gefunden.
„Wen suchen Sie denn noch?“ fragte Don Juan. „Sie haben mich doch gefunden.“
Der Generalkapitän sah sich um. Er gab keine Antwort, aber er musterte die Arwenacks gründlich. Auf dem „Adligen“ blieb sein Blick etwas länger haften. Hasard dagegen streifte er nur mit einem flüchtigen Blick, was der Seewolf überrascht zur Kenntnis nahm.
„Wo ist dieser Killigrew?“ fragte er hart.
„Wie soll ich das wissen? Schön, ich hatte ein paar Male Auseinandersetzungen mit ihm, aber das liegt lange zurück.“
„Wir wollen mehr über seine Gepflogenheiten wissen, und wenn Sie nicht bereit sind, freiwillig darüber auszusagen, wird man Sie der Folter unterwerfen. Sie sind verhaftet, Juan de Alcazar. Ich werde Sie in Ketten legen und an Bord meines Schiffes bringen lassen.“
„Was geschieht mit diesen Bastarden hier, Señor Generalkapitän?“ fragte der Teniente. „Können sie weitersegeln, oder haben Sie anders entschieden?“
Don Miguel de Salamanca zog die Stirn kraus.
„Da sind noch ein paar Fragen offen. Veranlassen Sie, daß die Kerle in Gibraltar einlaufen, und lassen Sie sie nicht aus den Augen. Das Schiff wird unter strenge Bewachung gestellt.“
Der Teniente salutierte. Dann grinste er diabolisch, als er durch den dicken Corporal Don Juan Eisenketten anlegen ließ.
Don Juan brachte es wahrhaftig fertig, den Arwenacks zuzulächeln, als er auf die Schaluppe übersteigen mußte. Nerven schien er keine zu haben.
Sie mußten Segel setzen und mit dem Pulk in den Hafen von Gibraltar segeln.
„Diesmal sitzen wir in dem größten Misthaufen, den es je gab“, sagte der Profos erbittert. „Und das Schlimmste daran ist, daß wir ihm nicht helfen können. Wir können gar nichts tun.“
„Jetzt noch nicht“, sagte Hasard mit steinernem Gesicht. „Aber ihr habt mich damals bei den Dons rausgehauen, als ich vor dem Erschießungskommando stand, und wir werden einen Weg finden, Don Juan herauszuhauen. Und wenn wir dieses ganze verdammte Land umkrempeln! Irgendwie gibt es immer einen Weg.“
„Wenn es dann nur nicht zu spät ist“, murmelte Ben düster. „Die Dons scheinen es verdammt eilig zu haben, ihn vom Leben zum Tode zu befördern.“
„Sie werden ihn erst verhören“, erwiderte Hasard, „und das geht alles nicht von heute auf morgen. Für uns ist im Augenblick wichtiger, daß uns niemand erkennt, sonst sind wir alle geliefert. Also, Kopf hoch und nicht verzagen.“
Das taten sie auch nicht, aber ihre Stimmung war gedrückt …
ENDE