Читать книгу Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 38

6.

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„Vielleicht sind sie von Cádiz hergesegelt“, meinte Ben Brighton. „Die haben wir dann später schon nicht mehr auf dem Pelz, wenn wir uns dort aufhalten.“

„Sollen wir auskneifen?“ erkundigte sich Dan. „Sie ein bißchen foppen, dichter aufschließen lassen und dann weiter in den Atlantik segeln. Das ärgert sie sehr, wenn man ihnen in ihren eigenen Gewässern auf der Nase herumtanzt.“

„Und ihnen später die englische Flagge zeigen“, murmelte Ben. „Das ärgert sie noch mehr.“

Es war klar, daß die Dons unbedingt erkunden wollten, was es mit der fremden Schebecke auf sich hatte, die in diesen Gewässern nun einmal gar nicht üblich war. Die Arwenacks hatten zwar ein gutes und prachtvolles schnelles Schiff, aber es erregte auch überall Aufsehen und Neugier, und das war dem Seewolf gar nicht recht.

„Natürlich kneifen wir aus“, sagte Hasard. „Es wäre totaler Unsinn, sich mit den Brocken anzulegen, zumal es um absolut gar nichts geht. Warum sollen wir Kopf und Kragen riskieren, nur weil ein paar Dons neugierig geworden sind?“

„Dann zeigen wir ihnen das Heck, und damit hat es sich“, meinte Dan.

Die Galeonen segelten schwerfällig und behäbig ihren Kurs, der ein paarmal geändert wurde. Auch sie hatten unter dem auflandigen Wind zu kämpfen, der die Schiffe unmerklich nach Osten versetzte, wo sich die spanische Küste befand.

Langsam drehte die Schebecke ab. Hasard beobachtete die Dons durch das Spektiv.

Al Conroy erschien und meldete: „Für alle Fälle sind die Geschütze geladen und kontrolliert, Sir. Kann sein, daß die Dons doch noch aufrücken.“

„Gut“, sagte Hasard, „aber die Befürchtung habe ich eigentlich nicht. Wir können unsere Schnelligkeit wieder mal ausspielen.“

Die schweren Brocken näherten sich nur langsam. Auch sie änderten gleich darauf den Kurs, als die Schebecke nach Westen segelte.

Eine der Kriegsgaleonen drehte scharf ab. Man wollte ihnen ganz offensichtlich den Weg verlegen.

„Ein zweites Mal passiert mir das nicht“, murmelte Hasard. „Die Falle vor Gibraltar war mir eine Lehre.“

Sie gingen auf einen langen Kreuzschlag.

„Hier ist das Brassen kein Kunststück“, sagte Carberry grinsend. „Aber die Kerle auf der Galeone müssen sich ganz schön plagen. Sie sollten auch lieber Gaffelruten mit Lateinersegeln fahren.“

„Dann wären es keine Galeonen mehr“, wandte Smoky ein.

Die Dons merkten sehr schnell, daß ihnen die Schebecke mühelos davonlief. Auch die Karavelle, die noch weiter östlich stand, konnte nicht mithalten. Sie ging hart an den Wind und segelte ebenfalls einen langen Kreuzschlag.

Auf der ersten Galeone befand sich offenbar ein sehr grantiger oder erboster Kapitän, dem es nicht paßte, daß die Schebecke ihnen lässig das Heck zeigte.

Er ließ feuern, um zumindest seine Macht zu demonstrieren.

Viermal hintereinander zuckten lange Feuerlanzen auf der Backbordseite auf. Pilzartige Rauchwolken stiegen aus den Geschützpforten.

Der Wind verblies sie innerhalb weniger Augenblicke zu Nichts. Dumpfer Donner war zu hören, der sich grollend über das Wasser legte.

„Bum-bum“, sagte Batuti höhnisch, als sich aus dem Meer wie hingezaubert ein paar riesige Fontänen erhoben. Vier Säulen wuchsen aus dem Wasser, prachtvoll anzusehen in der hochgehobenen Dünung. Doch dann sanken sie mit einem lauten Rauschen in sich zusammen.

„Schade, daß sie so schnell vergehen“, fügte er hinzu. „Sie sehen wirklich prächtig aus.“

Den Dons genügte diese eine Demonstration noch nicht. Sie feuerten noch einmal.

Diesmal spien sechs Geschütze gleichzeitig Feuer. Die Galeone hüllte sich in Rauch und Feuer. Aus den Stückpforten waberten lange Flammenzungen hervor. Schwarzer Qualm trieb zur Seite.

Sie konnten die Kugeln sehen, die auf flacher Bahn durch die Luft zogen, bevor sie sich senkten und ins Wasser schlugen.

Sechs Säulen stiegen aus dem Meer. Ein dichter Vorhang von Gischt stäubte über die See. Die Arwenacks freuten sich über die schönen, mitunter bunt schimmernden Säulen. Aber leider war die Pracht sehr schnell vorbei. Die Fontänen vergingen weit achteraus im Kielwasser und lösten sich auf.

„Die scheinen über unbegrenzte Mengen an Kugeln zu verfügen“, meinte Nils Larsen trocken. „Die Steinmetze müssen sehr beschäftigte Männer sein.“

Die Dons jagten ihnen weiter nach, doch es war vergebliche Mühe. Mit der Schebecke konnten sie auch auf Kreuzschlägen nicht mithalten. Sie war wendiger und schneller.

Selbst die Karavelle blieb immer weiter zurück. Aber die Meute gab trotzdem noch nicht auf. Zumindest wollten sie das fremde Schiff aus ihren Gewässern vertreiben, wenn sie schon nichts ausrichten konnten. Sie schienen auch sehr verärgert zu sein.

Die Wasser des Atlantiks wurden wilder. Wind pfiff durch das stehende und laufende Gut und erzeugte heulende Töne. Immer wieder donnerte Gischt über das Deck.

Zwei Stunden lang segelten sie in den Atlantik. Kurs Nordwest lag jetzt an. Auch die Dons segelten den Kurs nach, doch ihre Schiffe wurden in der hochgehenden See immer kleiner.

„Nichts mehr von ihnen zu sehen“, stellte Dan knapp zwei Stunden später fest. „Entweder haben sie aufgegeben, oder sie sind so weit achteraus, daß nichts mehr zu sehen ist.“

„Sie werden aufgegeben haben“, meinte Hasard. „Zähneknirschend, versteht sich, und sehr erbost. Vermutlich lauern sie jetzt irgendwo dicht unter der Küste. Uns kann es egal sein, wir laufen jetzt Cádiz an und bleiben so weit von der Küste entfernt, daß wir sie nur als schmalen Strich sehen.“

Weit und breit war kein Schiff mehr zu sehen.

Hasard ließ noch eine knappe Stunde auf dem Kurs weitersegeln. Danach wurde Nordkurs gesegelt. Die Schebecke lag hart über Steuerbordbug.

Don Juan hatte mit beträchtlichem Aufsehen gerechnet. Aber es kam alles ganz anders, als er gedacht hatte.

Die Kutsche fuhr in Cádiz direkt vor der Hafenfestung vor.

Don Pedro und sein Begleiter verschwanden, um mit dem Festungskommandanten zu sprechen. Juan blieb solange angekettet in der Kutsche hocken.

Jetzt hatte er noch Zeit, um sich einmal umzuschauen. Wahrscheinlich sah er das Tageslicht so schnell nicht mehr wieder.

Sein Blick wanderte über den Hafen. Etliche stark armierte Galeonen lagen dort, aber auch Karavellen und Schaluppen. Im Hafen selbst herrschte ein beängstigendes Gewimmel. Eine dickbauchige und tief abgeladene Galeone wurde gerade gelöscht. Über die Stelling hasteten Männer mit Kisten, Ballen und schweren Säcken. Ein breitschultriger Kerl trieb sie fluchend zur Eile an.

Aus Juans Blickwinkel befand sich weiter rechts der Fischereihafen, wo das Gewimmel fast noch größer war. Unzählige Fischerboote lagen da. Auf manchen flickten die Fischer ihre Netze, andere Netze hingen zum Trocknen an den Masten.

Versonnen blickte Don Juan auf das bunte Treiben. Eine schlankgebaute Karavelle lief gerade aus. Sie segelte noch sehr langsam und behäbig, weil der Wind noch nicht richtig pfiff.

Cádiz – schon lange um tausend vor Christi von den Phöniziern gegründet – hatte größte Bedeutung als Ausgangspunkt der Westindienfahrten erlangt. Der Betrieb war direkt atemberaubend.

Er beugte sich etwas vor und warf einen weiteren Blick auf die große Kathedrale. Dumpfes Glockengeläut war von dort zu hören.

Mehr als eine Stunde verging. Er spürte, wie Hunger und Durst übermächtig wurden. Die Reiter waren abgesessen und starrten lustlos und müde auf das Treiben am Hafen. Trotzdem ließen sie ihn nie aus den Augen. Sie hätten ihn ruhig unbeaufsichtigt lassen können. Er war so fest angekettet, daß an eine Flucht nicht zu denken war.

Nach einer weiteren halben Stunde kehrte Don Pedro zurück. In seinem Gesicht stand blanke Schadenfreude. Mit ihm erschienen acht behelmte Männer von der Festungsgarde. Das Tor zur Festung war weit geöffnet worden. Drei Kuttenträger marschierten mit über dem Bauch gefalteten Händen heraus. Die acht Kerle blickten grimmig in die Kutsche. Unter ihnen befand sich ein Comandante.

„Das ist der Verräter“, sagte Don Pedro. „Ein gefährlicher Mann. Aber mit solchen Halunken werdet ihr ja fertig.“

Der Comandante grinste nur abfällig.

„Löst seine Ketten!“ befahl er. „Und dann ab mit ihm.“ Er unterschrieb auf einem Pergament die Übergabe des Gefangenen und reichte es Don Pedro zurück, der es in den Aufschlag seiner Jacke schob.

Don Juan wurde für ein paar Augenblicke von seinen Fesseln erlöst. Dann wurden ihm die Hände erneut gefesselt und zwischen den Ellenbogen eine weitere Kette durchgeschoben, die weiter um seinen Hals gelegt wurde. Er konnte nur noch mit durchgedrückten Kreuz gehen.

„Na, dann viel Spaß“, wünschte Don Pedro höhnisch. „Ich habe mit einem der Richter gesprochen. Ihre Hinrichtung wird nicht lange auf sich warten lassen. Die Verurteilung ist nur eine reine Formsache, es wird ganz schnell gehen. Eigentlich bedauere ich, nicht dabeisein zu können.“

„Sie sind ja bei Ihrem eigenen Tod dabei, falls das ein Trost ist“, entgegnete Juan.

„Sterben Sie gut!“ empfahl der Erste Offizier.

Don Juan lächelte auf eine merkwürdige Art.

„Die Wege des Herrn sind unergründlich“, sagte er. „Mit Madrid hat es nicht geklappt. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.“

„Im Himmel ganz sicher nicht.“

„Ich weiß. Man wird Ihnen den Zutritt verbieten.“

Don Pedro schnaufte empört. Er drehte sich um und ging zu der Kutsche zurück.

Die Soldaten stießen Juan vorwärts. Ein breiter Innenhof nahm sie auf. Dann ging es durch eine eisenbeschlagene Bohlentür in einen langen Gang.

Don Juan fand sich in einem holzgetäfelten hohen Raum wieder. Es war fast dunkel darin. An einem riesigen Tisch hockte ein Männchen unbestimmbaren Alters mit einem kurzen Bart. Das Männchen blickte sehr bösartig und verkniffen drein.

„Der Gefangene, Señor de Almedo“, meldete der Comandante. Er stieß Don Juan zwei Schritte vorwärts.

„Juan de Alcazar?“ fragte das Männchen mit erstaunlich tief klingender Stimme.

„So lautet mein Name“, sagte Don Juan.

Der Mann, offenbar einer der Richter, musterte ihn ausgiebig und schweigend. Auffallend lange betrachtete er ihn, wobei sich seine ohnehin dünnen Lippen zu einem schmalen Strich verzogen.

Als die Musterung beendet war, nickte de Almedo.

„Einzelhaft. Bringen Sie ihn ins Verlies, Comandante. Scharf bewachen!“

Mehr sagte das Männchen nicht. Es faltete die Hände über dem Bauch und blickte auf die Tischplatte.

Es ging wieder hinaus, durch endlose Gänge, dann ein paar Treppen hinunter, bis es immer finsterer wurde. Links, rechts, oben und unten waren dicke Quader zu sehen. In eisernen Halterungen steckten blakende Fackeln, die geisterhaft die Gänge erleuchteten.

An einem Kreuzgang standen mit Hellebarden bewaffnete Soldaten, die sich nicht rührten.

Ein weiterer hoher Gang, kühl und trocken. Don Juan hörte leise Stimmen und ein tiefes Seufzen. Hinter dicken Bohlentüren befanden sich weitere Gefangene.

Vor einer dicken Bohlentür blieb der Trupp stehen. Ein Schüssel wurde ins Schloß geschoben, die Tür aufgesperrt.

Don Juan blickte in einen viereckigen Raum aus behauenen dicken Quadern. In drei Yards Höhe befand sich ein schmaler handbreiter Spalt, durch den diffuses Halbdämmerlicht fiel. In einer Ecke lag ein dünner Haufen verfaultes Stroh. Es roch unangenehm in der Zelle. Weitere Einrichtungsgegenstände gab es nicht, nur noch zwei starke Ringe in der Wand, von denen schmiedeeiserne Ketten hingen.

Wortlos wurde er in den Raum gestoßen. Die Tür wurde zugedonnert, ein Schlüssel drehte sich kreischend im Schloß.

Don Juan war allein. Auf dem Gang verklangen die Schritte seiner Bewacher.

Ein paar Augenblicke blieb er stehen, den Blick auf die schmale Öffnung im Mauerwerk gerichtet. Dann trat er mit den Stiefeln das Stroh auseinander. Es schien schon wochenlang hier zu liegen und faulte langsam vor sich hin.

Eine Stunde verging. Geräusche drangen nur sehr leise und gedämpft in das modrige Verlies. Erst nach einer Ewigkeit vernahm er wieder Schritte, die vor seiner Tür hielten.

Zwei Soldaten öffneten vorsichtig. Einer hielt eine schußbereite Pistole in der Hand.

„An die Wand treten“, schnarrte der Mann. Don Juan gehorchte und trat an die kühle Quaderwand.

Eine Kumme mit einer undefinierbaren Brühe wurde auf den Boden gestellt. Ein steinharter Kanten Brot schwamm darin. Der Mann stellte noch einen Krug mit Wasser auf den Boden. Die beiden verschwanden, so wortlos, wie sie erschienen waren.

Der schlanke große Spanier zuckte zusammen, als er nach dem Krug mit Wasser griff.

Er hörte klatschende Schläge und dann eine Stimme, die in höchster Angst laut und gellend schrie: „Neiiin! Ich will nicht sterben, laßt mich leben!“

Die Stimme brach ab, ein Winseln war zu hören, weitere klatschende Schläge. Anscheinend schleiften sie den Mann, der geschrien hatte, jetzt aus seiner Zelle. Don Juan glaubte zu wissen, daß seine Hinrichtung unmittelbar bevorstand. Denn so schrie nur jemand, der genau wußte, daß er jetzt sterben würde.

Als es wieder ruhig war, trank er einen Schluck Wasser. Seine Kehle war wie ausgedörrt. Das Brot in der Wassersuppe war mittlerweile aufgeweicht. Er aß sehr langsam und mit Bedacht.

Danach begann er in der Zelle umherzuwandern, und etwas später legte er sich auf den kalten Boden.

So verging der erste Tag in der Festung.

Seewölfe Paket 30

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