Читать книгу Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 13
9.
ОглавлениеHasard richtete es so ein, daß sie in einer finsteren Nacht bei Schneetreiben vor der Küste ankerten und ein Boot aussetzten.
Der Rustabout Bill wurde an Land gepullt und abgesetzt. Er sollte sich beim dicken Plymson unauffällig umhören, denn Plymmie hatte ja immer die Ohren am Boden und hörte das Gras wachsen und wußte auch ganz genau, an welchen Stellen es grüner und saftiger war.
Kurz vor Morgengrauen kehrte Bill zurück und erzählte die Neuigkeiten, die er erfahren hatte.
„Das Geschwader liegt wieder im Hafen, Sir, so habe ich von Plymson erfahren. Auch die ‚Hornet‘ ist wieder zurückgekehrt. Doc Freemont hat erreicht, was er wollte. Lord Cliveden ist mit zwei Abgesandten in Plymouth erschienen und befindet sich seit zwei Tagen dort. Es hat sich natürlich alles herumgesprochen, und es wurde eine faire Untersuchung eingeleitet. Wir haben nicht das geringste zu befürchten, Sir, und können unbesorgt einlaufen. Da scheint mächtig der Teufel los zu sein, in jeder Kneipe wird über uns geredet.“
„Und was ist mit dem Marquess?“ fragte Hasard gespannt.
„Der Duke of Battingham ist ebenfalls in Plymouth.“
Hasard pfiff leise durch die Zähne.
„Vielleicht hat er seinem Schnösel die Ohren langgezogen.“
„Man munkelt, daß der Marquess vorläufig von seinen Pflichten entbunden wurde“, sagte Bill. „Plymson meinte, an seine Stelle hätte man den Ersten Offizier des Flaggschiffes gesetzt.“
„Dann scheint ja alles in Ordnung zu sein. Und auf die Nachricht ist absoluter Verlaß?“
„Aye, Sir, es gibt nicht den geringsten Zweifel.“
In den Gesichtern seiner Männer sah der Seewolf Entspannung. Insgeheim war jedem ein zentnerschwerer Stein von der Seele gefallen, und ihre Gesichter strahlen zufrieden.
„Wenn der Duke persönlich da ist“, sagte Hasard, „dann bedeutet das für seinen Ableger nichts Gutes. Die beiden verstehen sich nämlich so prächtig, daß sie sich hassen. So habe ich es gehört.“
„Dann laufen wir also ein?“ fragte Ben.
„Natürlich. Nehmt das Boot an Bord und hievt den Anker. Wir legen uns wieder an den Ausrüstungskai.“
„Dann lassen wir. bei Plymson gleich noch ein Faß auslaufen“, sagte der Profos voller Hoffnung. „Das ist doch ein Grund zum Feiern.“
„Morgen abend“, versprach Hasard. „Erst werden wir alles klären, was es zu klären gibt, dann können wir loslegen.“
Das Boot wurde an Bord genommen, dann der Anker gehievt, und als die Dämmerung hereinbrach, segelte die „Isabella“ wieder in den Hafen von Plymouth zurück.
Der Schwarze Segler war nirgends zu sehen. Thorfin gurkte vermutlich noch immer draußen herum und suchte sie, oder er befand sich ebenfalls auf dem Kurs zurück, seit sie sich aus den Augen verloren hatten.
Auf den Galeonen des Marquess rührte sich nichts, als sie vorbeisegelten. Die Wachen waren zwar aufgezogen, doch niemand rief sie an, obwohl jedermann sie erkannte.
„Ein sehr gutes Zeichen“, sagte Hasard zufrieden. „Aber die Galeonen von Onkel Henry sehen etwas mitgenommen aus. Denen ist wohl die ruppige See nicht so recht bekommen.“
Sie sahen wirklich zerrupft aus, und die Segel waren auch schlecht aufgetucht und trugen Windbeulen.
Langsam glitt die „Isabella“ an den Kai heran. Die Dämmerung wich einem trüben Morgen mit kühlem Wind.
Als das Anlegemanöver beendet war, zeigte Carberry auf die Pier, von der das Stück fehlte.
„Sieht ja wirklich mies aus“, sagte er zu seinem Freund Ferris. „Aber die Siegel sind wenigstens nicht beschädigt worden. Unser Siegelbewahrer hat ja hoffentlich nicht geschlafen.“
Old O’Flynn vernahm die Worte sehr wohl und brauste gleich auf.
„Willst du Stint jetzt etwa mit mir Streit anfangen? Wenn ich auf etwas aufpasse, dann passiert nichts. Rein gar nichts. Und die Siegel sind unbeschädigt, davon kann sich der Lord überzeugen.“
„Er wird dir dann eine Urkunde aushändigen“, sagte Ferris. „Und eine öffentliche Belobigung erhältst du auch noch. Wahrscheinlich wird der Stadtrat von Plymouth zusammentreten und dich feierlich ausloben. Du kriegst dann als königlicher Siegelverwahrer auch eine Rente auf Lebenszeit ausgesetzt.“
O’Flynn starrte den Zimmermann verblüfft an.
„Ist das wirklich so?“ fragte er erstaunt.
„Natürlich“, sagte der Profos ernst. „Das ist immer so. Ganz sicher mußt du auch noch zur Königin. Sie werden dich in einer Kutsche nach London bringen, dort wirst du in den Palast marschieren und mußt an feierlichen Gelagen teilnehmen.“
„Und das auf meine alten Tage“, sagte O’Flynn gerührt. „Davor habe ich direkt furchtbaren Bammel.“
„Und dein Holzbein mußt du grün anstreichen“, sagte der Profos mit dem gleichen ernsten Gesicht, „weil das bei Hofe für alte Freibeuter und Piraten Vorschrift ist. Am besten, wir streichen es jetzt gleich an, dann ist es bis morgen restlos trocken.“
„Du verdammter krummbeiniger Brassenläufer!“ schrie Old O’Flynn mit zornigem Blick. „Ich wußte doch gleich, daß man von euch beiden miesen Stinten immer verarscht wird und nie eine richtige Antwort kriegt.“
Dann wurde er noch fuchtiger und rannte auf den Profos los.
„Aber dir werde ich es zeigen, du lausige Nordseewanze.“
Diesmal flüchtete der Profos, denn Old O’Flynn war voll aufgebraßt und hatte eine gallige Wut im Bauch.
„Seid ihr verrückt geworden?“ fragte Hasard ruhig, dem das Geplänkel nicht entgangen war. „Streitet ihr schon wieder?“
„Aber wir doch nicht, Sir“, beteuerte der Profos. „Donegal wollte nur sein Holzbein grün anstreichen, aber davon habe ich ihm abgeraten.“
Hasard wandte sich kopfschüttelnd ab und ging in seine Kammer, während der Kutscher und MacPellew daran gingen, das Frühstück zuzubereiten.
Es war noch nicht ganz fertig, als Hasard junior die Ankunft einer Kutsche meldete.
Hasard war sofort an Deck und hielt Ausschau. Diesmal war es ein anderes Gefühl, eine Kutsche zu sehen, denn jetzt erschien kein junger Schnösel, um haltlose Requirierungsansprüche zu stellen.
Der Kutsche entstiegen Lord Cliveden in vornehmer und eleganter Kleidung sowie zwei weitere Herren.
Die Begrüßung fiel ausgesprochen freundlich aus. Kein Grund zur Besorgnis also, dachte der Seewolf. Doc Freemont hatte tatsächlich das erreicht, was er wollte, und er war dem Arzt sehr dankbar dafür.
Hasard bat die Herren in seine Kammer. Auch die Männer der Schiffsführung nahmen an der Unterredung teil.
Zunächst einmal sah der Lord sich um und nickte anerkennend.
„Ein prächtiges Schiff, Sir Hasard“, sagte er begeistert. „Wirklich ein sehr hervorragendes Schiff.“
„Bitte, nehmen Sie Platz, meine Herren“, sagte Hasard.
Getränke wurden gereicht, aber der Lord nippte zu dieser frühen Stunde nur daran, sah sich aber immer wieder in der Kapitänskammer um.
„Es hat reichlich viel Ärger in letzter Zeit gegeben, Sir Hasard“, sagte Lord Cliveden. „Man hat Ihnen ständig Schwierigkeiten bereitet.“
„Zu meinen allergrößten Bedauern“, gestand Hasard. „Ich habe diese Schwierigkeiten nicht provoziert, ich versuchte, ihnen auszuweichen und verteidigte nur mein Recht.“
„Daß Ihnen auch zusteht. Diese Schwierigkeiten sind mittlerweile beseitigt. Es hat eine Untersuchung stattgefunden, die empörende Einzelheiten enthüllte. Der Marquess of Battingham hat sich Übergriffe erlaubt, zu denen er nicht berechtigt war. Als der Duke of Battingham davon erfuhr, reiste er extra nach Plymouth. Er hält sich zur Zeit immer noch hier auf.“
„Heißt das“, fragte Hasard leise, „der Marquess war nicht berechtigt, mein Schiff zu requirieren?“
„Natürlich nicht. Er ist etwas, nun, sagen wir – hm – zu übereifrig. Jedenfalls ist er zu jung, um ein Geschwader zu führen.“
So kann man es auch ausdrücken, dachte Hasard. Natürlich konnte der Lord den Marquess nicht einen bornierten Tölpel nennen, aber er dachte das ganz sicherlich, auch wenn er es nicht aussprach. Sein kurzes Lächeln bewies das zur Genüge.
„Er ließ uns an die Kette legen“, sagte Hasard. „Ich weiß nicht, ob Sie davon unterrichtet sind, Lord Cliveden. Er …“
„Ich bin über jede dieser empörenden Einzelheiten unterrichtet, auch darüber, daß der Marquess einfach die ‚Hornet‘ besegeln ließ und mit ihr unberechtigt in See ging. Das lastet man ihm natürlich ebenfalls an. Ich erfuhr auch, daß Sie sich dagegen – zu Recht – wehrten.“
„Das Siegel ist unbeschädigt, Lord Cliveden. Wir haben es an Bord, und wir kommen für den angerichteten Schaden selbstverständlich in voller Höhe auf.“
„Das Siegel hat nicht die geringste Gültigkeit. Es ist im Namen der Königin von einem jungen Heißsporn mißbraucht worden. Wir haben uns bei der Untersuchung bemüht, fair zu bleiben und die Angelegenheit neutral zu beurteilen. An dieser Untersuchung nahm übrigens auch der Duke of Battingham teil, und er hat sich sehr korrekt verhalten und vor allem Sie, mein lieber Sir Hasard, von jeglicher Schuld freigesprochen. Von Schuld war im übrigen nicht die Rede, es ging mehr um die Unüberlegtheiten des Marquess. Er ist vom Dienst suspendiert worden und hat keinerlei Befehlsgewalt mehr. Das hat der Duke selbst veranlaßt.“
Hasard atmete tief aus und nickte erleichtert. Die anderen hörten mit gespannten, Gesichtern zu, was der Lord noch alles zu berichten hatte.
Es war eine ganze Menge, und dabei kamen immer mehr Untugenden des eifrigen Marquess heraus.
Lord Cliveden bedankte sich bei Hasard noch einmal für den persönlichen Einsatz, den er für England geleistet hatte, und erhob sich dann nach einer weiteren Stunde mit seinen beiden schweigsamen Begleitern, den Abgesandten der Königin.
„Wir sehen uns heute nachmittag noch, Sir Hasard“, sagte er abschließend, „dann werden wir noch die näheren Details besprechen.“
„Ich danke Ihnen, Lord Cliveden“, sagte der Seewolf. „Ich danke Ihnen auch im Namen meiner Männer für die faire Untersuchung.“
Hasard erhob sich ebenfalls und nahm aus einer Schublade eine in Leder gebundene Mappe, die er dem Lord überreichte.
„Bis heute nachmittag“, sagte er. „Hier sind die Schiffspapiere der ‚Hornet‘, die ich damit wieder der Krone überstelle, damit alles seine Richtigkeit hat. Es fehlt ein Segel an Bord, Sir. Es ging durch einen unglücklichen Umstand verloren.“
„Ich war der Ansicht, man bezeichnet das als sogenannte Kettenkugel“, sagte der Lord ernst, „Aber das mag wohl auch ein unglücklicher Umstand sein.“
Die Männer verabschiedeten sich. Hasard brachte sie an Deck und geleitete sie bis zur Kutsche. Dann verbeugte er sich knapp.
Der Lord sagte noch etwas zu ihm, woraufhin alle beide lächelten.
Als die Kutsche anfuhr, hielt Carberry es vor Neugier nicht mehr aus.
„Was hat er gesagt, Sir?“ wollte er wissen.
„Ich fragte ihn, was aus dem Marquess nun wird.“
„Und was wird aus ihm?“
„Der Alte hat ihm eine sehr üble Standpauke vor versammelter Mannschaft gehalten, vor der gesamten Besatzung. Und dann nahm er seinen Ableger mit, zwecks Erholung, wie er das ausdrückte. Künftig wird Onkel Henry sich wohl mit Hühnern, Pferden und Schweinen beschäftigen, denn der Duke hat riesige Landgüter, und auf denen soll der Lümmel sich erst einmal Landluft um die Ohren wehen lassen.“
Die Seewölfe grinsten schadenfroh.
„Die Hühner tun mir leid“, sagte Ed. „Der Kerl wird doch sofort die Eier requirieren, die sie legen.“
Befreites Gelächter erklang, und als Ed vorschlug, Plymmie heute abend einen kleinen Besuch abzustatten, hatte niemand etwas dagegen. Natürlich würde dieser Besuch in allen Ehren verlaufen, das war klar.