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7.

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Die Zeit spielte keine sonderlich große Rolle mehr. Hasard kauerte zwischen den Felsen unmittelbar an der Küste und wartete auf den unheimlichen Mörder. Neben ihm lag Plymmie auf dem Untergrund – mucksmäuschenstill.

Unten, im Stollen, unweit des Einganges, hockten die Wächter. Die Zwillinge, Mac und Mustafa leisteten ihnen Gesellschaft. Der Kutscher war beim Sultan Quabus bin Said und dem Leibarzt geblieben, für den Fall, daß Nabila während der Nacht seine Hilfe brauchte.

Natürlich war auch der Palast abgeschirmt. Keine Maus konnte herein oder heraus. Überall lauerten die bewaffneten Wächter.

Langsam verstrichen die Stunden. Der Seewolf war um Geduld bemüht, aber natürlich beschlichen ihn doch einige Zweifel. War der Mörder so verrückt, noch einmal an den Tatort zurückzukehren? Hatte er nicht genug Vernunft, von einem weiteren Anschlag abzusehen? Mußte er nicht direkt wittern, daß man ihm eine Falle stellte?

Aber nein – er konnte nur etwas ahnen, wenn ihm inzwischen bekannt geworden war, daß der englische Kapitän und seine Helfer den geheimen Stollen entdeckt hatten. Dann verging die Nacht, ohne daß sich auch nur der Schatten des Vermummten zeigte. Schöpfte er aber keinen Verdacht, daß sein geheimer Einlaß gefunden worden war, dann pirschte er sich wieder an, um seine nächste Bluttat zu verüben.

Oder hatte er sich möglicherweise doch ganz abgesetzt? Hasard konnte es nicht ausschließen. Aber er glaubte nicht an eine Flucht des Verbrechers.

Welche Motive hatte der Mann, sich wie eine Bestie auf Frauen zu stürzen? Wollte er sie vergewaltigen? Nein, das konnte nicht der Grund sein. Haß steckte dahinter, vielleicht Blutrache, wie sie im Orient üblich war. Der Mörder wollte in Wirklichkeit Quabus bin Said treffen.

Plymmie hob die Ohren.

Hasard wandte vorsichtig den Kopf und sah in die Richtung, in die die Hündin blickte. Er registrierte eine schwache Bewegung zwischen den Felsen. Dann flatterte etwas auf – ein schwarzer Nachtvogel.

Fehlmeldung, dachte der Seewolf.

Er rechnete damit, noch einige Stunden zwischen den Felsen verbringen zu müssen. Vielleicht war alles vergebens. Darauf mußte man vorbereitet sein. Und auch eine zweite und dritte Nacht mußten nicht unbedingt zum gewünschten Erfolg führen. Der Mörder konnte sie so lange an der Nase herumführen, wie er wollte.

Von Masquat drangen nur schwache Geräusche herüber. Die Lichter der Stadt zitterten in der Dunkelheit. Im Hafen schien alles ruhig zu sein.

Moravia könnte begriffen haben, daß sich ein Angriff auf die „Santa Barbara“ nicht auszahlt, dachte Hasard. Aber die Nacht war noch nicht vorbei. Noch war alles offen. Die Ruhe im Hafen war trügerisch – bald sollte es damit vorbei sein.

Dan O’Flynn war zwar der Mann mit den schärfsten Augen an Bord der „Santa Barbara“, doch dieses Mal war es Bill, der als erster auf die drohende Gefahr aufmerksam wurde. Er stand im Großmars und versah seinen routinemäßigen Dienst als Ausguck. Plötzlich bemerkte er, daß sich kleine Schemen auf die Galeone zuschoben.

Ben hatte mit der Crew genau abgesprochen, wie man sich im Falle eines Angriffes verhalten sollte. Die Kanonen der „Santa Barbara“ waren geladen, aber nicht ausgerannt. Auch die Handfeuerwaffen waren griffbereit.

Ferris Tucker hatte seine Flaschenbomben gestapelt. Shane und Batuti hatten ihre Langbögen aus englischer Eibe in Reichweite. Die Drehbassen waren ebenfalls feuerbereit. Doch wenn es irgend ging, sollte ein Schußwechsel mit Angreifern vermieden werden.

Bill stieß einen Laut aus, der dem Ruf einer Möwe ähnelte. Unter ihm, auf der Kuhl, waren die Männer mit einem Schlag hellwach. Carberry kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und entdeckte die nahenden Boote.

„Hol’s der Henker“, murmelte er. „Da kommen unsere Freunde.“

Higgy verschwand wie der Blitz, um die Kameraden zu wecken, die an diesem Abend Freiwache hatten. Sofort sprangen sie aus ihren Kojen. Sie verließen das Logis und schlichen an Oberdeck – Blacky, Stenmark, Piet Straaten, Jan Ranse und vier andere.

Ben Brighton war unterdessen von seinem Bruder Roger benachrichtigt worden. Er erschien auf dem Hauptdeck und warf einen Blick auf eins der Boote.

„Da sitzen ziemlich viele Kerle drin“, flüsterte er.

„Insgesamt scheinen es drei bis vier Dutzend zu sein“, meldete Dan O’Flynn gedämpft.

„Aufpassen“, raunte der alte O’Flynn. „Das kann ins Auge gehen.“ Er schwang aber bereits einen Koffeynagel und schaute drein, als habe er auch noch vor, sein Holzbein abzuschnallen und auf dem Rücken eines Portugiesen tanzen zu lassen.

Die Arwenacks bezogen ihre Posten. Alles lief in völliger Stille ab. Moravia und die Bande Hafenhaie hatten sich inzwischen weiter genähert. Der Anführer stand aufrecht im Heck seines Bootes.

Er triumphierte bereits. Diese Engländerbastarde schliefen ja! Längst hätten sie den nahenden Verdruß bemerken müssen. Aber es blieb still an Bord des Dreimasters. Nichts regte sich. Moravia glaubte, das Schnarchen der Ankerwache zu hören.

Nun war es soweit. Die Boote glitten bei der „Santa Barbara“ längsseits, an Backbord und an Steuerbord. Zwei Boote schoben sich unter das Heck, eines unter den Bug. Und schon schleuderten die Portugiesen ihre Enterhaken. Wie die Katzen enterten sie an den Bordwänden auf.

Furio Ingrao, der Glatzkopf, wollte einer der ersten sein. Er kletterte am Heck hoch und stieg über das Ruderblatt auf die Heckgalerie. Hier richtete er sich vorsichtig auf und warf einen Blick durch die Bleiglasfenster in die Kapitänskammer.

Dunkel – kein noch so kleines Licht brannte. Und das Schott war von innen abgeriegelt. Ingrao fluchte leise, dann grinste er aber wieder und hangelte zur Heckreling hinauf, um auf das Achterdeck zu gelangen.

Silvestro Moravia schwang im selben Augenblick sein rechtes Bein über das Schanzkleid der Backbordseite. Nun stand er auf der Kuhl und sah sich siegessicher um. Wo waren die Engländer? Nichts rührte sich. Moravia hob seinen schweren Schiffshauer. Dem ersten Bastard, der sich zeigte, würde er den Kopf vom Rumpf schlagen.

Ein Schatten wuchs vor Moravia hoch – zwei andere huschten von links und rechts heran. Überall erhoben sich Gestalten von den Planken. Sie hatten sich hinter Masten, Nagelbänken und Kanonen versteckt. Jetzt erschienen sie wie Dämonen. Moravia fluchte gurgelnd, holte aus und drosch auf den ersten Schatten ein.

Aber der knallte ihm von unten die Faust gegen den Arm. Mit geweiteten Augen stellte Moravia fest, daß er wieder seinem Erzfeind in die Hände gelaufen war: Carberry!

Moravia wollte immer noch zuschlagen, aber sein Arm war gelähmt. Die Finger hatten keine Kraft mehr. Der schwere Säbel polterte auf die Planken. Der Bärtige ächzte. Seine linke Faust schoß vor – wurde aber vom Profos gestoppt.

„Bastard!“ keuchte der Portugiese.

„Gleichfalls“, sagte Carberry. Er rammte Silvestro Moravia die eine Faust vor die Brust, die andere gegen die Kinnlade, daß es krachte und knackte. Moravia taumelte rückwärts und ruderte mit den Armen. Er prallte gegen einen seiner nachrückenden Kerle. Der Kerl fluchte. Moravia brach zusammen und blieb regungslos auf der Kuhl liegen.

Ingrao wurde unterdessen von einem graubärtigen Riesen gestoppt – Big Old Shane. Der Glatzkopf ließ seinen Cutlass wie eine Sense durch die Luft schwirren. Aber Shane wich aus. Dann stoppte er die gegnerische Klinge mit seinem Säbel.

Es klirrte, als habe ein Schmied seinen Hammer auf Eisen gedonnert – und der Glatzkopf brüllte auf. Die Wucht des Zusammenpralls verprellte ihm das Handgelenk. Er nahm den Cutlass in die andere Hand, verlor jedoch Zeit.

Im selben Moment war Shane ganz heran und knallte Ingrao das Heft seines Säbels auf den Unterarm. Ingrao stöhnte und trat nach Shanes Unterleib. Shane war wieder schneller. Er wich aus und schlug mit der freien Faust zu.

Ingrao schüttelte den Kopf wie ein Stier, der mit dem Schädel gegen eine Mauer gerannt ist. Shane deckte ihm mit einem Wirbel von Hieben ein. Ingrao rutschte aus. Sein Hinterkopf prallte gegen das Rohr einer Drehbasse. Das gab ihm den Rest. Schlaff landete er auf den Planken.

Doch nun waren die übrigen Angreifer an Bord. Ihre Gestalten schoben sich übers Schanzkleid und überfluteten die Decks. Der Tanz begann – und plötzlich war der Teufel los an Bord der „Santa Barbara“:

Säbel, Degen, Entermesser und Schiffshauer klirrten und rasselten. Die beiden gegnerischen Crews prallten auf der Kuhl zusammen, aber auch auf der Back und auf dem Achterdeck tobte der Kampf. Belegnägel und Spillspaken trommelten im Kreuzfeuer auf die Portugiesen ein – und Old O’Flynn schnallte tatsächlich sein Holzbein ab.

Er donnerte es mit Wucht einem anstürmenden Angreifer vor die Brust. Dem Kerl rutschten die Füße buchstäblich unter dem Leib weg. Ihm war, als habe ihn ein Pferd getreten. Mit einem dumpfen Laut streckte er alle viere von sich und blieb auf dem Hauptdeck liegen.

Silvestro Moravia hatte den Fehler begangen, seinen Feind zu unterschätzen. Im übrigen hatte er seinen Kerlen vorgegaukelt, sie würden leichtes Spiel mit den „englischen Bastarden“ haben. Das stellte sich als fataler Irrtum heraus.

Zahlenmäßig waren die beiden Parteien zwar gleich, aber die Arwenacks hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Die Portugiesen hatten geglaubt, ein paar schläfrige Deckswachen umzuhauen und dann den Rest der Mannschaft in den Kojen zu erledigen.

Statt dessen hatte es die Bande mit einer Crew hellwacher, quicklebendiger Mannen zu tun, die sich sehr wohl ihrer Haut zu wehren wußten.

Im Handumdrehen lagen mehr als ein Dutzend Moraviakerle auf den Planken. Was aber am meisten an der Moral der Angreifertruppe zehrte, das war die Tatsache, daß es den Anführer und den Glatzkopf gleich als erste erwischt hatte. Die stärksten Kämpfer schlummerten, weitere zehn bis zwölf Schnapphähne waren im Reich der Träume versunken, und auch dem Rest der Meute ging es nun an den Kragen. Was blieb da noch zu tun? Es gab nur eine Rettung: die Schußwaffen zücken.

Fluchend holten die Portugiesen ihre Pistolen hervor. Aber Matt Davies hackte dem einen Kerl seinen Eisenhaken in den Arm, und der Kerl ließ die Radschloßpistole fallen, ehe er überhaupt den Hahn spannen konnte. Der Kerl führte einen wahren Veitstanz auf und heulte, als habe er hundert Pfeile im Leib stecken.

Einem anderen Angreifer hieb Old O’Flynn das Holzbein gegen den Kopf. Auch dieser Gegner sackte zusammen. Weitere Kerle, die mit ihren Pistolen hantierten und fuchtelten, wurden von Carberry, Blacky, Batuti, Stenmark, Gary Andrews und Luke Morgan abgeräumt. Die Kerle flogen über das Schanzkleid außenbords – mitsamt ihrer Schießeisen, die im Wasser unbrauchbar wurden.

Ben, Shane, Ferris und Pete Ballie kämpften auf dem Achterdeck. Auch sie konnten die Auseinandersetzung zu ihren Gunsten entscheiden. Gerade kippten die letzten beiden Gegner aus den Stiefeln, wie man so schön zu sagen pflegt.

Und auf der Back befaßten sich Smoky, Al Conroy und Sam Roskill mit den drei Portugiesen, die noch übriggeblieben waren. Diese Kerle versuchten zähnefletschend und fluchend ihre Positionen zu behaupten.

Aber der eine sackte urplötzlich zusammen. Er war Arwenack zu nahe getreten. Der Schimpanse hing wie ein schwarzer Schatten in den Fockwanten der Steuerbordseite und drosch dem Kerl einen Belegnagel auf den Schädel. Der Kerl krachte mit einem dumpfen Laut auf die Planken.

Die beiden restlichen Señores empfingen ihr Quantum, ehe sie ihre Schußwaffen zu zücken vermochten. Irgendwie waren sie zu verdutzt. Alles hatten sie sich vorgestellt – nur nicht, daß Smoky sie einfach packte und mit den Köpfen zusammenhieb. Das war nicht geplant gewesen.

„Das war’s“, sagte Ben Brighton. „Ins Wasser mit den Señores, Freunde.“

Es gab eine Serie von Klatschern, als die Portugiesen ins Hafenwasser flogen. Ben und die Arwenacks blickten ihnen spöttisch und schadenfroh nach. Natürlich wirkte das Wasser belebend. Ein Kerl nach dem anderen erlangte wieder das Bewußtsein.

Der Glatzkopf zum Beispiel: Er spuckte einen dicken Strahl Wasser aus und grunzte wie ein Walroß. Dann schwamm er zu einem der dümpelnden Boote.

Silvestro Moravia steckte den Kopf ebenfalls aus dem Wasser. Sein Gesicht war die Fratze des Hasses schlechthin. Sofort wollte er wieder zum Angriff auf die „Santa Barbara“ hetzen. Aber seine Kerle spielten nicht mehr mit. Sie pullten einfach zum Ufer zurück.

„Das werdet ihr mir büßen!“ zischte Moravia.

Furio Ingrao hockte ihm gegenüber auf der Ducht. „Wer? Wir?“

„Ja. Ihr seid Versager. Feiglinge!“

„Sag das nicht noch mal, oder ich quetsch’ deinen Schädel wie ’ne faule Birne zusammen“, erwiderte der Glatzkopf, und er meinte es wirklich genauso. Im übrigen war es die längste Rede, die er seit Zeiten gehalten hatte.

Die Boote wurden für die Männer der „Santa Barbara“ unsichtbar. Ruhe trat wieder ein. Am Kai und vor den Häusern der Kasbah schien sich nichts zu regen – kaum jemand in Masquat hatte von dem Handgemenge etwas bemerkt. Und daß mal ein Kerl so heulte wie der Portugiese, der mit Matts Eisenhakenprothese nähere Bekanntschaft geschlossen hatte, war hierzulande vielleicht gar nicht so selten.

„Na also“, sagte Ben Brighton. „Wir haben nicht viel Aufsehen erregt. Ein schöner Abschluß.“

„Ob es die Kerle noch einmal versuchen?“ fragte Shane.

„Von mir aus“, erwiderte Carberry. „Ich habe nichts dagegen.“

„Wir sind für alle Fälle gerüstet“, sagte Old O’Flynn kichernd. Er schnallte das Holzbein wieder an.

Alles in allem waren die Arwenacks prächtiger Laune. Keiner hatte mehr als ein paar Kratzer oder eine leichte Beule empfangen. Ben ließ den erfolgreichen Ausgang der nächtlichen Aktion mit einer doppelten Extraration Branntwein begießen. Die Laune an Bord wurde immer besser.

Ganz anders in Masquat: Moravia stand am Ufer und versuchte, seine versprengten Kerle wieder zusammenzutrommeln.

„Ihr Kanaillen!“ zischte er. „Wollt ihr kneifen? Was seid ihr bloß für feige Arschlöcher!“

Ingrao hatte die Nase voll. Er trat zu Moravia und knallte ihm die rechte Faust voll unters Kinn. Moravia hob erst ab und ging dann zu Boden. Er wollte sich wieder aufrappeln, doch der Glatzkopf langte noch einmal zu. Das reichte. Der Vollbärtige legte sich erneut schlafen. Im Traum beobachtete er bunte Vögel, die in allen Tonarten zwitscherten.

„Du bist selbst eine Kanaille, Moravia“, sagte der Glatzkopf mit grollender Stimme. „Du hast uns alle reinlegen und verheizen wollen. Wir können froh sein, daß wir noch am Leben sind. Für dich arbeite ich nie wieder.“

Er sprach’s und verschwand. Die anderen Kerle folgten ihm. Sie mußten ihren Ärger erst mal richtig herunterspülen. Später trafen sie sich – naß, wie sie waren – in einem Keller, in dem Ingrao eine Art Kaschemme eingerichtet hatte. Hier einigten sie sich: Silvestro Moravia war für sie erledigt.

Und überhaupt, vielleicht war es besser, Masquat für einige Zeit den Rücken zu kehren. Wie es schien, hatten die Engländer die Portugiesen sowieso beim Sultan angeschwärzt. Das konnte früher oder später eine Säuberungsaktion bedeuten. Wenn man alles richtig betrachtete, schien der Boden in Masquat sehr heiß zu werden.

Seewölfe Paket 28

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