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8.

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Noch vor dem Niedrigwasserstand, als es auf den Abend zuging, waren die Mannen wieder an der Arbeit, um ihrer „Tante Barbara“ das harte Korsett vom Leib zu klopfen. Ferris Tucker hatte auf beiden Seiten der Galeone eine Art Gerüst errichtet, so daß sie auf in der Höhe verstellbaren Brettern stehen konnten. Sie gingen den oberen Teil des Panzers an, der sich in der Kimm befand, jenem Übergang der Bordwand in die Rundung, die zum Kiel führt.

Es war wieder ein wüstes Spektakel, denn Hämmern, Klopfen und Stemmen sind nun mal keine leisen Geräusche. Aus gebotener Vorsicht hatte Hasard Vormars und Hauptmars mit je zwei Ausgucks besetzen lassen, so daß vier Mann ununterbrochen die See ringsum im Auge behielten.

Drei Angriffe waren erfolgreich abgeschlagen worden, aber das bedeutete nicht, daß die Kerle aufgegeben hatten. Zumindest hielt Hasard den Häuptling dieser Horde für fanatisch genug, seine Kerle noch einmal gegen die Christenhunde zu hetzen.

Nach Lage der Dinge war der Angriff zu Fuß über das Watt bei Niedrigwasser aussichtsreicher als der Überwasserangriff mit den Schiffen, die dann dem furchtbaren Raketenbeschuß ausgesetzt waren.

Obwohl es unbequem war, hatte jeder der Mannen seine Waffen bei sich oder in Reichweite.

Kurz nachdem die Dunkelheit eingefallen war, ließ Hasard nach der Backbordseite hin drei Brandsätze des Typs „Pfirsichblüte“ in den Nachthimmel schießen. Sie jaulten auf gekrümmter Bahn hoch und zerplatzten unter krachendem Getöse. Ein Regen rosaroter Blumen ergoß sich nach allen Seiten und beleuchtete Wasser und Inseln mit einem gespenstischen Licht.

Der Versuch hatte Erfolg. Was Hasard hatte wissen wollen, erfuhr er bei der Geisterbeleuchtung: Auf drei, vier Inseln Backbord querab warfen sich Gestalten zu Boden oder flüchteten hinter die Dünen.

Das war’s also.

Sie marschierten wieder auf, um es noch einmal zu versuchen, wenn das Watt passierbar war. Zur Zeit stand das Wasser brusthoch, in zwei, drei Stunden würde man es durchwaten können oder gar trockenen Fußes bleiben, wenn man die Erhöhungen der Sände nutzte.

Carberry trieb die Klopfer an.

„Hurtig-hurtig, ihr Miesmuscheln!“ lästerte er. „Nicht so tranig, wenn ich bitten darf. Mister Davies, zu was hast du eigentlich deinen verdammten Haken, was, wie?“

„Bestimmt nicht, um so dusselige Fragen zu beantworten, wie du eben eine gestellt hast, Mister Carberry!“ lästerte Matt Davies zurück und hieb seinen scharfgeschliffenen Prothesenhaken krachend in ein traubenartiges Gebilde zusammengewachsener Seepocken, daß die Stücke nur so davonspritzten.

„Hau nicht die Bordwand durch!“ motzte Carberry.

„Leck mich am Arsch, Mecker-Eddy!“

„Wie nennst du mich?“

„Mecker-Eddy.“

„Das geht mir aber entschieden zu weit, Mister Davies. Hiermit verwarne ich dich.“

„Ich werd’s mannhaft ertragen“, entgegnete Matt Davies grinsend und schmetterte das Pockengebilde mit einem Hieb von der Bordwand.

„Sehr gut, Mister Davies“, lobte Carberry. „Ich sehe, du entwickelst dich zum Meisterklopfer.“

„Du bist ja nur neidisch, weil du keinen so schönen Haken hast, Mister Carberry. Und weil du dir ständig mit dem Hammer auf den Daumen kloppst, was mir nie passieren kann, weil ich keinen Hammer brauche.“ Und unter Matts Hieb zerplatzte eine weitere Muschelansammlung.

Tatsächlich arbeiteten Matt Davies und Jeff Bowie, die beiden „Hakenmänner“, wie sie manchmal genannt wurden, schneller und erfolgreicher als die anderen. Und es gab ihnen eine Art Selbstwertgefühl, das ihnen den Verlust einer Hand ersetzte.

„Da hast du recht, Matt“, sagte Carberry. „Neidisch werden könnte man. Erinner mich nicht an meinen linken Daumen. Der ist schon ein Stück breiter geworden.“ Er stieß Matt mit dem Ellbogen an und raunte: „Magst du ’n Schluck aus der Pulle?“

„Her damit!“

Matt gluckerte einen. Dann Carberry. Sie grinsten sich an und wüteten weiter.

Hasard ließ eine Stunde später einen zweiten Brandsatz „Pfirsichblüten“ hochschießen. Dieses Mal waren keine Kerle zu sehen. Vielleicht waren sie schon in Deckung gegangen, als sie das Jaulen hörten. Aber das machte nichts. Hasard betrieb psychologische Kriegführung. Er wußte, daß sich die Kerle über das Feuerwerk beunruhigten.

Und um diese Unruhe, die sicher auch mit Furcht gepaart war, noch ein bißchen anzuheizen, ließ er im Flachschuß ein paar Brandsätze vom Typ „Feuerbäume“ zu den Inseln sausen, auf denen sie die Kerle gesehen hatten.

Das war eine Pracht in der Dunkelheit, die sich plötzlich von bunten Blitzen erhellte. Wenn die Feuerbäume zerplatzten, bildeten sie riesige Verästelungen in roten, grünen und weißen Farben. Diese Dinger waren ähnlich dem Griechischen Feuer nicht zu löschen.

Als sie jetzt auseinanderbarsten, zickzackten sie in wilden Bahnen kreuz und quer durchs Dünengelände – und das mit sicht- und hörbarem Erfolg. Da schnellten brüllende Gestalten hoch und führten Veitstänze auf. Sie schlugen kreischend und heulend um sich, einige rasten gar in Kuhlen, in denen noch Wasser stand, und warfen sich hinein. Ein paar rissen sich die Kleidung vom Leib und rannten nackend davon. Der Scheitan saß ihnen auf den Fersen.

Ja, das waren schlechte Zeiten für die Krieger vom Raubstamm der Joasmäer. Sie würden ja gerne kämpfen, aber doch nicht mit diesen weißen Teufeln mit ihren ätzenden Krallen, die aus dem Nichts heraus nach ihnen griffen wie zustoßende Vipern.

Mitternacht. Die Wahnsinnsarbeit war geschafft. Sie hatten wirklich wie die Kesselflicker geschuftet. Ferris Tucker baute mit ein paar Mannen das Gerüst ab und ging noch einmal mit Hasard ums ganze Schiff herum. Das Wasser war abgelaufen, sie befanden sich auf Sand, allerdings einem Sand, der von zerborstenen Muscheln bedeckt war, einer ziemlich dicken Schicht.

„Sauber-sauber“, murmelte Hasard und strich da und dort über die Planken des Unterwasserrumpfes, der teilweise einen faustdicken Panzer getragen hatte. Er war verschwunden und hatte sich ringsum auf dem Sand abgelagert. Die Planken hatte Ferris Tucker bereits mit einem neuen Harpüseanstrich versehen, einem Schutzmittel aus Teer und Schwefel gegen Wurmfraß und Rott.

„Das Plankenholz ist in Ordnung“, sagte Ferris Tucker zufrieden. „War eine Scheißarbeit, hat sich aber gelohnt.“

„Das meine ich auch, vor allem, was das Gewicht betrifft, das wir losgeworden sind“, sagte Hasard. Er dreht sich zu Carberry um. „Ed, kümmerst du dich bitte um die Ankertrosse? Nimm ein paar Männer mit. Ihr braucht das gekappte Ende ja nur neu am Ankerroring anzuschlagen. Holt die Lose durch, die Trosse ist zur Zeit nicht belegt.“

„Geht klar, Sir“, sagte der Profos und rief Matt Davies, Stenmark und Batuti zu sich. Sie schnappten sich die Trosse, die aus der Steuerbordklüse hing, und zogen mit ihr los in Richtung des gekappten Ankers.

Will Thorne hatte in das Ende bereits ein großes Auge gespleißt, an dem ein Ankerschäkel hing. Sie brauchten den Schäkel praktisch nur am Roring anzuschäkeln.

Carberry vorneweg, trotteten sie hintereinander in die Dunkelheit, die Trosse über der Schulter. Der Weg wurde zuletzt wegen des Trossengewichts etwas mühsam, und sie atmeten auf, als sie fast genau auf den Anker stießen, der sich auf der einen Seite mit Flunke und Arm bis zum Ankerkreuz tief in den Sand eingegraben hatte. Der saß bombenfest und würde erst auszubrechen sein, wenn die Trosse auf und nieder stand.

„Ist auch ’ne neue Art, zu Fuß zum gekappten Anker zu latschen, um die Trosse wieder anzuschlagen“, brummte Carberry kopfschüttelnd. „Wenn ich das mal meinen Enkeln erzähle, meinen die bestimmt, Opa Ed habe nicht mehr alle Tassen im Spind.“

„Hast du recht“, sagte Matt Davies tiefsinnig und half Carberry mit seinem Haken, den alten Schäkelbolzen aufzuschrauben, der verdammt fest saß. Wenn das sonst der Fall war, nahm man dafür einen Marlspieker. Matt erledigte das mit seinem Haken – wieder ein Vorteil, den er mit dieser „künstlichen Hand“ hatte.

Sie schlugen die Resttrosse ab, die noch eine Länge von etwa drei bis vier Yards hatte. Carberry schraubte den alten Schäkelbolzen wieder ein.

„Willst du diesen Gammelrest samt Schäkel mit zurück an Bord nehmen?“ fragte Matt. Er wußte, daß der Profos zur Eichhörnchensorte gehörte, die nichts fortwarf und alles einsammelte, was noch irgendwie brauchbar erschien. Nur war bei diesen Typen alles brauchbar.

„Soll das hier vielleicht liegenbleiben?“ schnauzte Carberry. „Auch ein Ankerplatz muß saubergehalten werden!“

Das war wieder einmal so ein Argument, das einem die Stiefel ausziehen konnte.

„Ah so“, sagte Matt trocken, „dann hätten wir natürlich noch ’ne Harke mitnehmen müssen.“

„Harke? Wieso Harke?“

„Um den Ankerplatz zu harken“, erwiderte Matt, sich umblickend, „und ungebührliche Muscheln sowie anderes Zeug tunlichst zu entfernen.“

Batuti, Stenmark und Matt feixten bis zu den Ohren, was den Profos jedoch nicht weiter anfocht. Er war bereits damit beschäftigt, die Trosse von der „Santa Barbara“ näher heranzuzerren, um sie am Roring einschäkeln zu können.

„Helft mal!“ knurrte er.

„Still!“ zischte Batuti. Er stand plötzlich gespannt und lauernd da.

Carberry ließ die Ankertrosse fallen und drehte sich um. Über seine Schulter hing der „Gammelrest“. Wie die anderen spähte er in die Richtung, in die Batuti deutete.

Aus der Dunkelheit schlichen sechs Gestalten heran. Sie stoppten jäh, als sie die vier Männer sahen.

„Na? Kommt nur näher, ihr kleinen Scheißerchen!“ lockte der Profos. „Wolltet wieder an der Trosse rumschnippeln, was, wie? Na wartet, ihr bösen Buben …“

Ein Messer wirbelte auf ihn zu. Er duckte sich, das Messer flog über ihn weg. Die sechs Kerle stürmten auf sie los.

Carberry riß das Tau von seiner Schulter, schwang es zurück und schlug damit zu. Er senste alle sechs Kerle von den Füßen. Der schwere und massive Eisenschäkel am Ende des Taus krachte dem Flügelmann rechts an den Schädel, der Kerl wurde von der Wucht nach links katapultiert, und dabei nahm er seine fünf Kumpane mit. Sie kippten um wie Zinnsoldaten.

Noch bevor sie wieder auf den Füßen waren, fielen die vier Arwenacks über sie her und machten kurzen Prozeß. Sechs weitere Krieger würden bei Allah um Einlaß bitten müssen.

„Zu was waren Tau und Schäkel gut?“ fuhr der Profos den Hakenmann an.

„Schon kapiert“, erwiderte Matt und starrte auf die sechs Toten. „Hier muß ’ne Wache bleiben, Ed. Die werden nach den sechs Kerlen suchen, wenn sie nicht zurückkehren.“

„Wir beide bleiben hier“, entschied der Profos, „bis wir mit den Knien im Wasser stehen. Dann soll die Ablösung mit dem Boot kommen. Sten und Batuti, sagt dem Kapitän, daß die Trosse dann rund um die Uhr bis morgen früh bewacht werden muß. Am besten sollte auch die zweite Jolle ausgesetzt werden. Die Kerle haben es auf die Trosse abgesehen. Sie wollen uns weiter festnageln.“

„So wird es wohl sein“, sagte Stenmark.

Sie zogen die Trosse gemeinsam näher an den Anker und schäkelten sie am Roring an. Wie vereinbart, marschierten Stenmark und Batuti zur „Santa Barbara“ zurück.

Carberry und Matt lehnten sich an den schrägstehenden Anker.

„Auch so ’ne Wache, die es noch nicht gegeben hat“, brummte Carberry und starrte hinüber zu den sechs Toten. „’ne richtige Friedhofswache. Die wär’ was für Old Donegal.“

„Na ja“, sagte Matt Davies, „ich finde das auch nicht sehr lustig. Ob wir die sechs Kerle einbuddeln?“

„Hast du ’n Spaten?“

„Nein.“

„Na also.“

Schweigen. Dann: „Ed?“

„Ja?“

„Ist in deiner Buddel noch was drin?“

Der Profos klatschte sich an den Kopf. „Klar, Mann! Hab’ ich doch glatt vergessen.“

Matt trank den ersten Schluck in Richtung der Toten und sagte: „Möge Allah ihnen gnädig sein.“

„Du sagst es.“ Und auch Carberry widmete seinen Schluck dem toten Gegner. Er fügte hinzu: „Dummköpfe – sterben wegen ’ner fremden Ankertrosse. Das muß man sich mal vorstellen. Hätten sie nicht abhauen können, als sie uns sahen?“

„Sechs gegen vier, Ed. Da meinten sie, uns einen überbraten zu können.“

Sie redeten hin und her und waren froh, den Rum dabeizuhaben. Dann meinten sie, erneut angegriffen zu werden, aber die Gestalt näherte sich aus Richtung „Santa Barbara“ und entpuppte sich als Mac Pellew. Er brachte den beiden Mannen „Atzung“, wie er sich ausdrückte. Und auch eine Flasche Rum zauberte er aus dem Segeltuchsack.

„Hervorragende Idee mit dem Rum, Mac“, lobte Matt Davies. „Meine Kehle ist völlig ausgetrocknet. Also wirklich, daß du daran gedacht hast!“

Großzügig ließen diese beiden Halunken auch Mac Pellew aus der Pulle schlucken, während sie mit Heißhunger kalten Braten und Fladenbrot verdrückten.

Inzwischen lief das Wasser wieder auf. Als Mac zur „Santa Barbara“ zurückkehrte, patschte er bereits durch Lachen und Pfützen. Für Carberry und Matt Davies wurde es ungemütlich. Ringsum regte es sich, es schmatzte und gurgelte. Das Watt veränderte sein Gesicht von einer Minute zur anderen. Wo Sand gewesen war, erschienen plötzlich blinkende Wasserflächen. Es wurde kühler.

Als der Wachwechsel erfolgte, standen die beiden Männer bis über die Knie im Wasser. Die beiden Jollen tauchten auf. Eine blieb bei der Ankerstelle, die andere brachte Carberry und Matt zurück und übernahm dann ebenfalls ihren Wachdienst.

Gegen drei Uhr morgens schlugen beide Jollen den Angriff mehrerer Boote des Gegners ab, der noch einmal versuchte, die Ankertrosse zu kappen.

Von da ab herrschte Ruhe. Die Piraten von Abu Dhabi zeigten sich nicht mehr. Vielleicht hatte ihr Häuptling eingesehen, daß er die Existenz seines Stammes aufs Spiel setzte, wenn er weitere Angriffe riskierte.

Es waren vier Boote gewesen, die den letzten Versuch unternahmen, doch noch an die Ankertrosse heranzukommen. Doch die Teufel hatten Tromblons und Flaschenbomben eingesetzt.

Am Morgen wuchteten die Arwenacks am Gangspill und schafften es, ihre „Santa Barbara“ von der Sandbank zu ziehen. Sie hievten den Anker kurzstag, brachen ihn aus dem Grund, setzten die Segel und nahmen Kurs auf die Bahrein-Inseln im Nordwesten …

ENDE

Seewölfe Paket 28

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