Читать книгу Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 31

8.

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Zu Alis Entsetzen und zum Schrecken der anderen Schnapphähne und Totschläger wurde das rote Segel schnell größer. An Bord herrschten Angst und Verwirrung, weil Moshu das Revier für sich beanspruchte und Ali darin ungeniert plünderte. Das war das eine.

Das andere war die unversöhnliche Feindschaft zwischen den beiden. Das dritte Übel war die Tatsache, daß Moshu mindestens doppelt so viele Kanonen und Drehbassen an Bord seiner Sambuke hatte. Und trotzdem war seine Sambuke noch schneller und wendiger.

„Wenn er uns stellt, sind wir erledigt“, sagte Ali besorgt zu dem Tonnenmann. „Wenn er aber noch die Truhen an Bord findet, dann sind wir noch erledigter. Was können wir tun, beim Scheitan?“

Tarsa starrte zu dem Inselgewirr, das prächtige Verstecke bot. Moshu kannte sich zwar auch hervorragend in dieser Ecke aus, aber vielleicht hatten sie noch eine Chance.

„Wir werfen die Truhen über Bord“, sagte er dumpf.

„Bist du verrückt geworden?“ fuhr Ali ihn an.

„Ich meine natürlich, wir versenken das Zeug an einer Stelle, wo wir es später leicht wiederfinden. Drüben, bei Qok im seichten Wasser der kleinen Insel. Die Drehbassen werfen wir auch über Bord, dann sind wir schneller und können dem Bastard entwischen. Später, wenn er weg ist, holen wir uns das Zeug zurück.“

Ahmed hörte mit zu und sog jedes Wort gierig in sich auf. Niemand beachtete ihn. Alle waren mit diesem Moshu el Kekir beschäftigt und seiner Sambuke, von der sie gejagt wurden.

„So schlecht ist die Idee nicht“, sagte Ali nach einer Weile. „Zunächst müssen wir unseren Hals retten, denn ohne Hals nutzt uns die ganze Beute nichts.“

Er blickte sich gehetzt um. Die Sambuke hatte weiter aufgeholt. In spätestens einer Stunde würde sie auf gleicher Höhe sein. Dann ging es hart zur Sache. Aber diesen zweifellos letzten Gang wollte Ali unbedingt vermeiden.

„Gut, über Bord mit den Drehbassen, aber jetzt noch nicht. Wir versenken sie hinter der Insel. Und die Kisten werfen wir an einer anderen Stelle über Bord.“

Sie steuerten die Insel an. Dahinter gab es noch ein paar kleine Eilande, zwischen deren Gewässern sie sich gut auskannten.

Als sie hinter der Insel waren, geriet die Sambuke vorübergehend aus ihrem Blickfeld.

In wilder Hektik wurden die schweren Drehbassen über Bord geworfen. Auch sie wollte man später wiederholen, wenn sie Moshu entwischt waren. Eine nach der anderen klatschte ins Wasser und versank.

Ali ließ eine schmale Bucht ansteuern, wo nicht einmal die Fischer hinkamen. Hier wohnte weit und breit kein Mensch.

„Los, jetzt, über Bord mit den Truhen. Merkt euch genau diese Stelle. Das Wasser ist nicht sehr tief.“

Am Land standen drei mickrige Palmen, die Ali zusätzlich als Markierungspunkt dienten.

Sie stemmten die Truhen hoch und warfen sie ebenfalls über Bord. Das bedauerten alle zwar sehr lebhaft, aber das kostbare Zeug war ja nicht verloren. Doch jetzt ging es um das eigene Leben.

Sie kurvten zwischen den Inseln herum und erreichten bald darauf wieder offene See. Hier wehte der Wind kräftig, und die Sambuke bewegte sich wesentlich schneller, über das Wasser als vorher.

Inzwischen war Ahmed nach achtern gegangen und hatte sich dicht vor dem Heck versteckt. Immer noch kümmerte sich keiner um den Jungen. Als er einen Blick achteraus warf, erkannte er an der Kimm feine Masten, die offenbar zu einem größeren Schiff gehörten. Aber das war noch sehr weit entfernt.

Jetzt konnte er den Halunken eins auswischen. Vielleicht gelang es ihm, das fremde Schiff zu erreichen und die Männer für den Schatz zu begeistern. Dann hatten Ali und seine Kerle das Nachsehen. Wenn er den Kerl schon nicht umbringen konnte, dann wollte er ihm wenigstens noch einen großen Schaden zufügen.

Er drehte sich um und sah gerade noch, wie auch der Tonnenmann den Kopf wandte und ihn verblüfft anstarrte.

Dann sprang Ahmed mit einem wilden Satz achtern über Bord und verschwand im blasenwerfenden und schaumigen Kielwasser. Unglaublich rasch trieb er achteraus.

„Weiß der Teufel, was in dieser Ecke los ist“, sagte Hasard. Sie hatten „Gewittergrollen“ gehört, aber das war schon vor einer Weile gewesen, und es rührte zweifellos von Drehbassen her. „Hier jagt einer den anderen.

Durch das Spektiv sahen sie undeutlich eine Sambuke mit rötlichen Segeln, die Westkurs lief und dann abdrehte. Sie jagte hinter einer anderen her.

„Es könnte fast die schwarze Sambuke sein“, meinte Don Juan. „Aber die Entfernung ist noch zu groß, um das genauer bestimmen zu können. Außerdem geht es uns nichts an. Sollen sich die Kerle doch beharken, wie sie wollen.“

„Ganz meine Ansicht, Juan“, erwiderte Hasard. „Dieser Küstenverlauf scheint von Piraten nur so zu wimmeln. Ich bin nicht wild darauf, mich mit ihnen anzulegen. Schließlich haben wir etwas anderes vor.“

Durch das Spektiv sah Dan O’Flynn, daß die beiden Sambuken immer noch dahinjagten. Sie waren wesentlich schneller als die „Santa Barbara“. Etwas später verschwand die eine Sambuke im Inselgewirr, die zweite folgte ihr, und dann waren beide für mehr als eine halbe Stunde verschwunden.

Erst viel später tauchten sie als feine Striche wieder auf. Danach sah auch Dan O’Flynn sie mit seinen scharfen Augen nicht mehr.

Dafür sah er etwas anderes, noch bevor der Ausguck es bemerkte.

„Steuerbord voraus treiben Gegenstände in der See, Sir. Möglicherweise ist das auf den Donner zurückzuführen. Meiner Meinung nach hat da ein Kampf stattgefunden.“

Der Ausguck meldete die Trümmer ebenfalls gleich darauf.

Der Seewolf entschied sich nach kurzem Zögern.

„Wir sehen einmal nach, Stenmark“, sagte er zu dem Schweden, der am Ruder stand. „Kurs auf das, was da in der See treibt.“

Der Kurs wurde nach Steuerbord geändert. Als er anlag, waren voraus noch mehr treibende Gegenstände zu erkennen.

„Ein Bugteil, Planken, zwei Kisten und anderer Kleinkram“, zählte Ben Brighton auf. „Das sieht tatsächlich ganz danach aus, als sei da ein Schiff untergegangen.“

Mit langsamer Fahrt näherten sie sich den Wrackteilen. Die Segel hingen lose an den Rahen, Brassen und Schoten waren gefiert worden.

Die Arwenacks blickten aufmerksam ins Wasser. Hasard hatte ihnen eingeschärft, nach eventuellen Überlebenden Ausschau zu halten.

Gleich darauf wurden sie fündig. Smoky, der seine Glatze jetzt mit einer Art Turban nach Landessitte verziert hatte, deutete nach vorn.

„Da treibt einer im Wasser.“

„Der ist tot“, sagte Carberry zum Kutscher, „denn er treibt mit dem Gesicht nach unten.“

„Höchstwahrscheinlich“, gab er Kutscher zu. „Dennoch geschehen immer mal wieder Wunder. Wir sollten ihn uns ansehen.“

Als sie langsam näher herantrieben, sahen sie den Mann deutlich. Er trug nur eine mehrfach geflickte Leinenhose und hatte ein rotes Tuch um den Kopf geschlungen.

Mit dem Bootshaken drehte Carberry den Mann an der Hose im Wasser herum.

Ein entsetzlich verzogenes unrasiertes und brutales Gesicht starrte sie an. Der Galgenvogel hatte Mund und Augen unnatürlich weit geöffnet und starrte sie an, als wollte er jeden Moment laut losbrüllen. Aber noch etwas anderes wurde sichtbar: In der Brust des Toten steckte ein langes Messer mit breiter Klinge.

„Wenn das kein Pirat ist, bin ich Sankt Elmo“, sagte Carberry. „Den hat es aber ganz übel erwischt.“

Er ließ den Haken los. Der tote Pirat rollte zur Seite und schwamm mit dem Gesicht nach unten weiter. Nach ein paar Minuten ging er langsam unter.

Ein weiterer Mann wurde in der See entdeckt. Daß er nicht zu den Piraten gehörte, zeigte schon seine gepflegte Kleidung. Er konnte ein arabischer Kaufmann sein, denn er trug noch das Kaffje und eine lange Djelaba. In seinem Gürtel steckte ein Dolch mit breiter und funkelnder Klinge. Diesen Dolch hatte er aber nicht mehr ziehen können, denn ein furchtbarer Hieb mit einem Schiffshauer hatte ihm den Brustkorb zerschmettert.

„Piraten, überfallen Kaufleute“, sagte Hasard nachdenklich. „Das Schiff haben sie versenkt, die Beute haben sie offenbar übernommen. Aber hier muß sich noch etwas anderes abgespielt haben. Aber was nur?“

„Vielleicht haben zwei Piraten das Schiff gestellt und ausgeplündert“, meinte Don Juan. „Andererseits werden sie sich dann nicht gegenseitig jagen, wie es den Anschein hatte.“

„Ja, das finde ich auch reichlich merkwürdig.“

Hasard hielt noch einmal nach den beiden fremden Schiffen Ausschau, doch er konnte sie nirgends entdecken. Vermutlich hatten sie sich wieder in das Labyrinth der vielen Inseln verzogen.

Sie suchten noch ein wenig die See ab, doch außer ein paar zerfetzten und fast undefinierbaren Holzstücken fand sich nur noch ein zerschlagenes Faß. Alles andere war untergegangen und ruhte jetzt auf dem Grund der See.

„Wir segeln weiter und gehen auf den alten Kurs zurück“, entschied Hasard, als sich nichts mehr fand.

Die Segel wurden getrimmt. Die „Santa Barbara“ ging auf ihren alten Kurs zurück, allerdings blieb sie da nicht lange, denn nach einer guten Stunde meldete Batuti aus dem Ausguck einen treibenden Gegenstand. Diesmal befand er sich zur Abwechslung Backbord voraus, wie Hasard ironisch bemerkte. Da käme dann auch keine Langeweile auf.

Nicht lange, und es stellte sich heraus, daß es ein Mensch war. Dieser Mensch lebte noch, denn er schwamm ziemlich ruhig, ohne sonderlich Kräfte zu verbrauchen, der Galeone entgegen.

„Also doch noch ein Überlebender“, stellte Hasard fest. Er wußte noch nicht, daß er sich damit im Irrtum befand, aber die Verhältnisse ließen diesen Schluß ohne weiteres zu.

„Ein verdammt junges Bürschchen“, sagte Jung Hasard nach einem intensiven Blick durch den Kieker. „Ein Araberjunge. Der ist aber sehr weit von der Untergangsstelle entfernt.“

Dieser Umstand erstaunte auch die anderen. Das schmächtige Kerlchen, das da sehr sparsam durchs Wasser schwamm, um seine Kräfte zu schonen, mußte schon stundenlang unterwegs sein.

Hasard wunderte sich, daß das Kerlchen nicht zum wesentlich näheren Land geschwommen war. Statt dessen hielt es unbeirrbar auf die Galeone zu. Ab und zu hob es den Kopf aus dem Wasser, um einen besseren Überblick zu haben. Dann wieder legte sich der Junge kurze Zeit auf den Rücken und ließ sich treiben. Er schien mit seinen Kräften ziemlich am Ende zu sein.

Carberry stieg schon auf die Rüste, um den Jungen aus dem Wasser zu fischen. Hasard ließ kurz vorher anluven, um die Fahrt aus dem Schiff zu nehmen. Am Schanzkleid standen Ferris Tucker, Shane, Gary Andrews und weitere Arwenacks bereit, um dem Profos das Bürschchen abzunehmen.

Der Kleine grinste schwach, doch als er den ebenfalls freundlich grinsenden Profos dann aus der Nähe sah, verging ihm das Grinsen. Er sah ein narbiges Gesicht mit einem wüsten großen Kinn, eine Visage, die ihm auf den ersten Blick Angst und Schrecken einflößte. Und wie das narbige Ungeheuer auch noch grinste!

In seiner Angst wollte Ahmed wegtauchen, doch dann entdeckte er in dem Narbengesicht etwas, das ihn stutzig werden ließ. In den Augen las er Mitleid, aber auch Hilfsbereitschaft, und da ahnte er, daß dieser wüste Kerl ein gutes Herz hatte.

Er konnte auch gar nicht mehr wegtauchen, denn eine mächtige behaarte Pranke von solcher Größe, wie sie höchstens der Tonnenmann hatte, langte ins Wasser wie eine riesige Schaufel und schaufelte ihn einfach heraus. Einfach so, ruckzuck, und schon hing er wie ein Lappen in einem gewaltigen Wasserrad. Das triefende Wasserrad reichte ihn wie spielerisch nach oben.

Ahmed befand sich übergangslos auf den Planken eines fremden Schiffes, und er sah Männer, wie er sie auch noch nie gesehen hatte. Riesige breitschultrige Männer waren es, mit roten dunklen oder seltsam blonden Haaren. Und zwei Jungen sah er, nein, Männer waren das schon eher, die sich so glichen wie ein Ei dem anderen. Es war einfach unmöglich, sie zu unterscheiden. Sie musterten ihn aus eisblauen Augen, wirkten aber sehr freundlich.

Ahmed schaute verwirrt von einem zum anderen, als sich ihm ein schlanker hagerer Mann näherte, der ihm lächelnd die Hand auf die Schulter legte.

„Du brauchst keine Angst zu haben, mein Junge“, sagte der Kutscher freundlich.

Aber das verstand Ahmed natürlich nicht. Die Sprache war ihm absolut fremd. Er hatte sie noch nie gehört.

„Dieser räudige Wurm ist über Bord gesprungen“, sagte Tarsa erbost. „Aber mit voller Absicht.“

„Der Lümmel geht mich einen Dreck an!“ brüllte Ali zurück. „Soll er ersaufen, sollen ihn die Haie fressen, das interessiert mich nicht.“

„Es sollte dich aber trotzdem interessieren“, sagte Tarsa mit kalter Stimme. „Dieser Bastard könnte von Moshu aufgenommen werden und ihm Verraten, wo das Schatzversteck ist. Schließlich weiß er genau, wo wir die Beute versenkt haben.“

Ali fuhr herum, blickte Tarsa an und stierte dann ins Kielwasser, wo ein kleiner Punkt sich rasch entfernte.

„Verdammt! Manchmal hast du ganz gute Gedanken. Den Bastard müssen wir unbedingt wiederhaben, wenigstens zum Abmurksen, damit er nichts mehr verraten kann.“

Ali steigerte sich wieder in einen Wutanfall hinein.

„Wir kriegen ihn aber nicht mehr“, knurrte der feiste Kerl. „Die Laus ist weg, und wir müssen ebenfalls zusehen, daß wir verschwinden.“

„Dann schießt sie ab!“ rief Ali wild.

Tarsa zuckte gleichmütig mit den Schultern und wandte den Blick ab.

„Dazu ist es auch zu spät, verdammt noch mal.“

„Vielleicht erzählt er auch gar nichts“, meinte Ali nach einer Weile. „Was hat er schließlich davon?“

Der Blick des Tonnenmannes war tückisch. Auf seinen wulstigen Lippen lag ein hämisches Grinsen.

„Ich glaube“, sagte er, „das war der kleine Bastard, dessen Vater wir mal erstochen haben. Genauer gesagt, du hast ihn erstochen, Sidi, was natürlich kein Vorwurf sein soll. Ich bin sicher, daß er es war, und er wird dich erkannt haben. Vielleicht hat er dir Rache geschworen, aber weil er dazu zu klein ist, versucht er es jetzt auf eine andere Art. Sicher wird er Moshu auch sagen, daß wir keine Drehbassen mehr an Bord haben und unbewaffnet sind.“

Ali blickte wieder ins Kielwasser. Diesmal war sein Blick wild und gehetzt, als er den winzigen Punkt sah. Trotzdem war er erleichtert, denn die Sambuke hatte nicht weiter aufgeholt. Er konnte Moshu und seiner Bande doch noch entwischen, zumal es auf den späten Nachmittag zuging und es in ein paar Stunden dunkel wurde. Dann konnte Moshu genausogut einen Sandfloh in der Wüste suchen.

Aber er sah noch etwas anderes in weiter Ferne. Das waren drei winzige Masten, die wie unbeweglich an der Kimm standen. Sie rückten nicht näher und fielen wieder ganz langsam zurück.

„Nimm den Kieker und glotz durch“, befahl er dem Tonnenmann. „Behalte den Bastard genau im Auge. Ich will wissen, ob er tatsächlich von der Sambuke aufgenommen wird. Vielleicht kümmern die sich einen Scheiß um den Lümmel und lassen ihn einfach ersaufen. Ach was, Moshu wird sich ganz sicher nicht die Zeit nehmen, einen räudigen Köter aus der See zu fischen, wenn er hinter uns her ist.“

„Die Möglichkeit besteht aber“, widersprach Tarsa. Er durfte sich als einziger an Bord diesen Ton herausnehmen, und hin und wieder machte er reichlich Gebrauch davon.

Trotzdem nahm er gehorsam den Kieker und suchte den winzigen Punkt im Wasser.

Nach einer Weile hatte er ihn wieder. Der Bengel schwamm ganz ruhig in der See, als sei nichts geschehen. Vor Haien, die sich hier herumtrieben, hatte er offenbar auch keine Angst. Wenn er so weiterschwamm, dann mußte er schon bald auf die Sambuke stoßen.

Ali drehte sich um und grinste tückisch.

„Moshu wird ihn nicht an Bord nehmen“, sagte er dann sehr bestimmt. „Aber das werde ich gleich ganz genau wissen.“

„Du bist deiner Sache sehr sicher, Sidi.“

„Klar, denn ich kann auch denken. Paß mal auf!“

Er trat dem Rudergänger kräftig in den Hintern, daß der mit einem überraschten Schrei auf den Planken landete, und übernahm es selbst.

Dann drehte er die Sambuke hart nach Steuerbord. Dabei grinste er über seinen Einfall bis zu den Ohren.

„Paß mal auf, was sie jetzt tun.“

Der Tonnenmann schluckte. An diese einfache Möglichkeit hatte er nicht gedacht. Gespannt peilte er durch das Spektiv.

Der Schwenk nach Steuerbord war noch nicht richtig vollzogen, als auch die Sambuke des anderen Piraten den Kurs wechselte. Damit geriet der schwimmende Junge zwangsläufig aus dem Kurs. Er hatte jetzt nicht mehr die geringste Chance, an Bord genommen zu werden.

Den Tonnenmann ärgerte es, daß dieser miese, aber wirkungsvolle Trick nicht ihm selbst eingefallen war.

Ali hielt sich den Bauch vor Lachen. Er zog den Rudergänger am Ohr herbei und stellte ihn wieder ans Ruder. Immer noch konnte er sich vor Lachen kaum beruhigen.

„So einfach geht das. Jetzt schwimmt der Bastard sehr weit an der Sambuke vorbei.“

Er riß Tarsa den Kieker aus der Hand, um sich an dem entsetzten Gebaren des Jungen zu erfreuen. Als er jedoch einen Blick hindurchwarf, wurde sein Gesicht immer nachdenklicher und ratloser.

Der „Bastard“ dachte überhaupt nicht daran, jetzt zu winken oder zu schreien. Er schwamm auch seltsamerweise nicht zum Land hin. Er nahm Kurs auf die drei Masten, die kaum an der Kimm zu sehen waren.

„Was soll das?“ flüsterte Ali kaum hörbar.

„Vielleicht läßt er sich von den Giaurs aufnehmen“, sagte Tarsa, „und zeigt den ungläubigen Christenhunden, wo es was zu holen gibt. Denn das sind ganz sicher die Kerle, mit denen wir zusammengetroffen sind.“

Ali dachte noch mit wilder Wut daran, wie die Christenhunde ihnen ganz unerwartet eine Breitseite gezeigt hatten.

Wenn das aber wirklich der Fall war, was Tarsa vermutete, dann wollte er auch diese Giaurs überlisten. Die ließen sich leichter übertölpeln als Moshu, denn sie kannten sich hier nicht aus. Davon war jetzt im Moment aber noch nicht die Rede. Ali wollte erst Moshu von seiner Fährte locken, dann war der Junge dran, den er zum Schweigen bringen würde.

„Na schön“, knurrte er bösartig. „Den Bengel kriegen wir schon noch, und wenn wir uns später an der Schatzstelle auf die Lauer legen. Dann haben wir auch gleich die anderen.“

Der Punkt in der See war nicht mehr zu erkennen. Er war immer kleiner geworden.

Ali segelte wieder in das Labyrinth der vielen kleinen Inseln hinein und versuchte, die Sambuke über die Untiefen zu locken.

Kurz bevor die Dunkelheit hereinbrach, zeigte sich ein Erfolg. Sie hatten die Sambuke abgeschüttelt, sie war nicht mehr zu sehen.

Erst viel später, als Ali ein paar Posten an Land geschickt hatte, wurde ihm gemeldet, daß Moshu auf Ostkurs gegangen wäre. Anscheinend hatte er aufgegeben und wollte sich nicht länger an der Nase herumführen lassen, damit sein Ansehen nicht litt.

Noch am späten Abend lief Ali den Ort Umm Said an und besorgte sich bei einem alten durchtriebenen Schlitzohr neue Drehbassen. Die versenkten Waffen konnte er später immer noch holen, die liefen ihm nicht davon. Jetzt war er vollauf zufrieden – bis auf den Jungen, von dem er nicht wußte, wo er sich befand.

Blieben noch die Giaurs, falls die ihn an Bord genommen hatten. Ali traute sich zu, auch mit denen fertig zu werden. Er hatte sich nur von ihnen überraschen lassen.

Ein zweites Mal würde ihm das nicht mehr passieren.

Seewölfe Paket 28

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