Читать книгу Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 25
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ОглавлениеAnfang April 1597 war es jetzt, als die „Santa Barbara“ auf Westkurs einem unbekannten Ziel zusegelte.
Unbekannt war das Ziel insoweit, weil das aufgefundene Kartenmaterial immer noch leichte Zweifel aufwies. Die Arwenacks wußten nur, daß „irgendwo im Norden“ ein riesiges Meer sein sollte, daß es vermutlich einen Verbindungsweg ins Mittelmeer gab. Diesen Weg wollte man erkunden, denn er bot ungeahnte Möglichkeiten und eröffnete vielleicht völlig neue Seewege – oder Abkürzungen.
Die Galeone lief jetzt „geschmeidiger“, wie das allgemein an Bord ausgedrückt wurde. Kein Wunder, denn nach dem letzten Aufbrummen war das Tantchen von einem gewaltigen Muschelpanzer befreit worden, der sich im Laufe der Zeit angesetzt hatte.
Jetzt waren die riesigen Bärte aus Tang, Algen und Entenmuscheln entfernt, und die „Santa Barbara“ rannte nur so durchs Wasser.
„Dieses Tempo preßt einem glatt die Luft aus den Lungen“, behauptete Old O’Flynn, obwohl das wieder mal stark übertrieben war. „Man kriegt kaum noch Luft.“
Sie hatten sich auf der Kuhl versammelt und palaverten, nachdem sie ein paar kleine Schäden ausgebessert hatten, die von dem letzten Kampf mit Piraten bei Abu Dhabi herrührten. Jetzt war das Schiffchen wieder einwandfrei in Ordnung.
Gegen Mittag ließ Hasard den Kurs auf Nordnordwest ändern, denn der Küstenverlauf knickte ab und an Backbord tauchten wieder unzählige winzige Inseln auf. Aber die Bekanntschaft mit einer Sandbank hatten sie gerade hinter sich und wollten sie kein zweites Mal riskieren.
Der Abstand zum Küstenstrich betrug jetzt etwa eine Meile.
Nach dem Mittagessen erschien auch Mac Pellew an Deck, reckte die Brust und sah sich um.
Ausnahmsweise wies sein Gesicht heute eine verbindlich scheinende Freundlichkeit auf. Der sauertöpfische Griesgram blinzelte in die hochstehende Sonne und freute sich seines Lebens.
„Wenn er so freundlich aussieht, hat das nichts Gutes zu bedeuten“, lästerte Edwin Carberry. „Das ist immer wie die Ruhe vor dem Sturm. Erst ist alles freundlich und nett, und dann passiert es.“
Mac Pellew grinste dünn. Die Worte von Carberry überhörte er großzügig.
„Heute gehe ich einmal in den Ausguck“, verkündete er. „Bin schon ewig nicht mehr da oben gewesen. Die Backschafterei geht mir heute auf den Geist. Ich will mir auch mal den Wind um die Nase wehen lassen und nicht immer den Kombüsenmief schnuppern.“
„Hört, hört“, sagte Blacky. „Er will hoch hinaus. Aber das ist durchaus mal verständlich. Was meinst du, Smoky?“
Der Decksälteste Smoky meinte vorerst überhaupt nichts. Er hockte reichlich verbiestert unter den Stufen des Niederganges, wo kühler Schatten war, und schwieg sich noch aus.
Der Grund dafür war verständlich, denn Smoky sah anders aus als sonst. Im Schatten des Niederganges war ein heller Fleck zu erkennen, und der sah so aus, als wäre dort ein kleiner Mond aufgegangen.
Der Decksälteste hatte eine Glatze – und was für eine! Ein richtiges Prachtexemplar von einer Glatze war das, eine schön volierte helle Riesenkugel, die sich vom tiefen Braun seines Gesichtes unübersehbar abhob. Smoky war nicht wild darauf, diese helle Fläche der brennenden Sonne auszusetzen. Das tat scheußlich weh. Aber noch schlimmer waren die Kommentare der anderen und das hämische Gelächter, das er über sich ergehen lassen mußte.
Aber die Sache mit der Glatze war seine eigene Schuld, die hatte er sich selbst und seinem Wetteifer zuzuschreiben.
Dabei war es um eine völlig harmlose Angelegenheit gegangen. Big Old Shane hatte aus poliertem Kupferblech ein paar kleine Blinker hergestellt. Die Zwillinge Hasard und Philip hatten behauptet, diese „Köder“ würden von Fischen angenommen werden. Das hatte Smoky mit einem abfälligen Grinsen weit von sich gewiesen und gewettet, daß das nie der Fall sein würde. Kein Fisch sei so dämlich, nach einem Stückchen Kupferblech zu schnappen, oder es gar mit einem Fischlein zu verwechseln. Darauf würde er sich eine Glatze scheren lassen.
Die Quittung erhielt er anschließend, als prompt ein riesiger Zackenbarsch angebissen hatte.
Seitdem war Smoky „oben ohne“, denn Carberry, der auf die Wette eingegangen war, hatte gewonnen und ihn seiner braunen Haarpracht beraubt und ihm auch den Schädel sorgfältig rasiert.
So hockte er abseits im Schatten und grämte sich. Außerdem sah er zum Fürchten aus.
Vielleicht war diese Glatze aber auch der Anlaß zu Mac Pellews unerwarteter Freundlichkeit.
„Na, was ist, Smoky?“ fragte Blacky. „Sollen wir Mac in den Großmars aufentern lassen? Sag doch mal was, Kugelbubi.“
„Dir geb’ ich gleich ’nen Kugelbubi“, knurrte Smoky und zog sich noch weiter in den Schatten zurück. „Und was Mac tut, ist mir scheißegal. Von mir aus kann er auf dem Kielschwein reiten.“
Mac Pellew grinste wieder so dünn, daß man dieses Grinsen schon fast in Scheiben schneiden konnte.
„Du müßtest mal auf dem Kielschwein reiten“, sagte er, „das wäre bestimmt ein Bild für die Götter. Nur schade, daß du jetzt keinen Vollbart hast, dann würde es noch besser wirken.“
Mac ging zum Wasserfaß am Großmast, schöpfte die große Holzkelle voll und trank einen langen Schluck.
Smoky schluckte in Gedanken mit. Er wollte auch etwas trinken, aber dann mußte er aus seinem Schmollwinkel heraus, und jeder würde seine Platte sehen und bis zu den Ohren grinsen. Seine Mütze konnte er auch nicht aufsetzen, denn die hatte der Profos gehässigerweise wohlweislich versteckt.
„Bring mir mal ’ne Kelle voll Wasser mit, Mac!“ rief er.
Mac Pellew tippte sich an die Stirn.
„Hol dir deine Brühe selbst. Ich habe doch gesagt, daß ich für heute von der Backschafterei genug habe.“
„Blacky!“ rief Smoky unter seiner Ecke zaghaft.
Aber Blacky hörte nichts, und als Smoky nach Matt Davies rief, betrachtete der so angelegentlich seine Hakenprothese, als gäbe es auf der ganzen Welt nichts Wichtigeres als dieses blanke Ding.
Als Smoky es nicht mehr aushielt vor Durst, kroch er aus seinem Versteck hervor und schlich zum Wasserfaß. Die linke Hand hielt er dabei schützend über seinen Schädel.
Er hatte homerisches Gelächter erwartet, doch es blieb so still und ruhig, daß er das Wasser an der Bordwand gurgeln hörte. Außerdem verzog keiner der Kerle eine Miene. Erst als er einen langen Schluck gierig trank, hörte er die unbeteiligte Stimme des Profos.
„Paddy!“ rief er.
Paddy Rogers drehte sich zu ihm um.
„Aye, Mister Profos?“
„Die Hecklaterne anzünden, Paddy. Beeil dich ein bißchen!“
Der Nimmersatt Paddy blickte verwirrt nach achtern.
„Jetzt schon?“ fragte er verblüfft. „Warum denn?“
„Der Mond ist aufgegangen“, sagte Carberry mit Grabesstimme. „Folglich muß es Nacht sein. Falls du noch Tageslicht sehen solltest, so ist es bestimmt übriggeblieben und hat sich noch nicht verzogen. Das nennt man dann eine optische Täuschung. Aber der Mond scheint mitten auf der Kuhl zu sein.“
Als die anderen Banausen schadenfroh lachten und grölten, stand Paddy immer noch überlegend herum und kratzte sich die Bartstoppeln. Erst als das Gelächter verebbte, begann auch er zu lachen.
Smoky ging, bis zum Bersten geladen, wieder in seinen Schmollwinkel zurück und beleidigte die unschuldigen Ahnen der Arwenacks in unflätiger Weise. Nicht einmal den Deckel des Wasserfasses hatte er wieder aufgelegt.
Aus dem Großmars brüllte Stenmark nach unten: „Was ist, Mac, willst du jetzt, oder willst du nicht? Sonst löst Luke mich ab.“
„Bin ja schon so gut wie oben“, brummte Mac.
Gerade als er aufentern wollte, erschien der Kutscher an Deck und sah Mac mißbilligend an.
„Was gibt denn das für Turnübungen?“ erkundigte er sich.
„Ausguck“, erwiderte Mac. „In der Kombüse ist alles aufgeklart. Jetzt will ich mal nach oben, frische Luft schnappen bei dieser verdammten Affenhitze.“
„Er spinnt mal wieder“, sagte Carberry trocken. „Als ob er in der Kombüse nicht genug herumhampeln kann.“
Der Kutscher zuckte mit den Schultern. Kopfschüttelnd sah er zu, wie Mac in die Webeleinen stieg.
„Den ganzen Tag verklart er mir schon, daß er unbedingt frische Luft brauche und in der Kombüse ganz rappelig werde. Nun, wenn er unbedingt da hinauf muß, dann soll er. Ich bin das ewige Genöle und Herumgemecker leid. Vielleicht tut ihm die Brise da oben ganz gut.“
Der gute Mac wollte gerade beweisen, wie flink er im Aufentern war. Von wegen Kombüsenhengst und so! Er flitzte nur so die Webeleinen hinauf, grinste dabei schief und versuchte, artistische Kunststücke zu vollbringen.
Leider ging das schief, weil Mac nicht aufpaßte. Er trat daneben, rutschte ab und griff haltsuchend ins Leere.
Carberry und die anderen zogen instinktiv das Genick ein.
„Nicht schon wieder“, murmelte Carberry ahnungsvoll.
Mac Pellew stieß einen erschrockenen Schrei aus. Er erwischte die Webeleine nicht mehr, verhedderte sich in der Aufregung mit dem rechten Fuß und stürzte ab.
Die Mannen stöhnten unterdrückt. Sie hatten noch in Erinnerung, wie Old Donegal abgestürzt war und sich den Knöchel gebrochen hatte.
Mac Pellew jedoch hatte Glück, wenn man seinen Sturz überhaupt als Glücksfall bezeichnen konnte.
Kopf voran stürzte er mit einem gewaltigen Platschen in das offene Wasserfaß dicht beim Großmast. Zum weiteren Glück hatte ja Smoky vergessen, den Deckel aufzulegen, sonst hätte Mac sich eine mächtige Beule eingehandelt.
Es gab jedenfalls einen Knall, der die Planken der Kuhl bis zum Quarterdeck erzittern ließ.
Die Arwenacks standen wie erstarrt da und stierten auf Mac, oder besser auf seinen Achtersteven, der zum Teil aus dem Faß ragte. Er war so unglücklich darin verklemmt, daß er sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnte.
Erst jetzt geriet Leben in die Gestalten. Das anfangs aufflammende Gelächter verebbte in den Kehlen. Smoky stürzte vor, dann der Kutscher, dann Ferris Tucker.
Sie rissen und zerrten an Mac wie wild, doch der saß hoffnungslos kopfvoran fest. Aus dem Faß drang ein dumpfes Blubbern. Offenbar wollte Mac schreien, brüllen oder etwas sagen, aber nur ein riesiger Schwall Blasen stieg nach oben.
„Mein Gott, der ersäuft uns glatt in dem Faß!“ schrie Ferris. „Zieht noch kräftiger!“
Sie gaben sich alle Mühe, zerrten an seinen Armen und Beinen, als wollten sie ihn in Stücke reißen. Vergebens, Mac war verbolzt und verklemmt. Er bewegte sich nicht.
Ein zweites Blubbern und Gurgeln ertönte aus dem Faß. Es hörte sich dumpf und unheimlich an. Das ganze Faß zitterte.
Carberry sah sich verzweifelt um. Dem Kerl würde er nachher etwas zeigen, das stand fest. Aber jetzt mußte ihm erst einmal geholfen werden, sonst ersoff er tatsächlich noch an Deck. Mac Pellew war ein Pechvogel, und er kriegte alles mögliche fertig.
Der Profos schnappte sich eine yardlange Spillspake, packte sie fest mit beiden Händen und stürmte auf das Wasserfaß los.
„Weg da!“ schrie er wild.
Smoky, der Kutscher und Ferris sprangen zur Seite, als Edwin Carberry wie ein wildgewordener Elch herantobte.
Noch im Laufen schlug er mit aller Kraft zu.
Auf der Kuhl gab es einen so gewaltigen Knall, daß selbst die Männer auf dem Achterdeck zusammenzuckten. Dem Knall folgte ein Bersten, als die Faßdauben nach allen Seiten davonflogen.
Mac Pellew stürzte mit einem gewaltigen Wasserschwall auf die Planken der Kuhl und wurde durch die explosionsartig ausbrechende Wucht bis zum Schanzkleid geschwemmt. Eine Menge Faßdauben begleiteten ihn auf seiner kurzen Reise.
Völlig dösig starrte er die Männer an und schien nicht richtig zu begreifen, was eben vorgefallen war.
Der Kutscher richtete den benommenen Mac auf und lehnte ihn vorsichtig ans Schanzkleid. Carberry stand breitbeinig davor, hatte die Arme in die Hüfte gestemmt und sah ihn kopfschüttelnd an.
„Du dämlicher, dumpfhirniger Wasserfloh!“ donnerte er Mac an, der gerade einen Schwall Wasser auf die Planken spie. „Dir sollte man verbieten, überhaupt an Deck zu steigen, denn du verstehst es meisterhaft, immer in den Mist zu trampeln, selbst wenn keiner da ist. Mann, beinahe wärst du in dem Faß ersoffen!“
„Bin auf den Webeleinen ausgerutscht“, sagte Mac kläglich.
„Das war deutlich zu sehen. Das Wasserfaß flog eindeutig nicht von unten nach oben, du Wassertonnenkapitän! Aber groß angeben, rumhampeln und so, das kannst du. Laß dich in Zukunft nie wieder im Ausguck blicken. Kapiert?“
Mac rieb sich mit der linken Hand den nassen Schädel, von dem immer noch das Wasser tropfte. Mit der anderen Hand zog er sich am Schanzkleid hoch.
„Ich wollte ja nur …“, murmelte er.
„Ging in die Hose“, sagte Carberry trocken. „Das kommt davon, wenn Kombüsenhengste hoch hinaus wollen.“
Jetzt ging der Disput zwischen dem Profos und Mac los. Sie gerieten sich fast in die Haare.
Auf dem Achterdeck sah Don Juan de Alcazar den Seewolf von der Seite her an. Er grinste ein bißchen, wie auch Ben Brighton und Dan O’Flynn, denen natürlich nichts entgangen war.
„Dieser arme Mac ist wirklich ein bedauernswerter Pechvogel“, sagte er. „Der muß an einem Dreizehnten geboren sein. Die Sache hätte allerdings böse ausgehen können.“
„Ja, Mac ist wirklich ein Pechvogel“, gab Hasard zu. „Mal latscht er in aufgestellte Rattenfallen, mal ersäuft er fast im Tang. Diesmal war’s ein Wasserfaß, in dem er baden ging. Aber offenbar ist ihm weiter nichts passiert.“
Sie lauschten grinsend den erbaulichen Dialogen auf der Kuhl und staunten darüber, daß Mac schon wieder groß herumtönte. Augenblicklich ging es um die Frage, wer das Wasserfaß zu reparieren hätte. Darüber erhitzten sich die Gemüter.
Dan O’Flynn studierte anschließend zusammen mit dem Spanier Don Juan das Kartenmaterial, das sie hatten. Auch die Zwillinge Hasard und Philip, die die Karten gefunden hatten und sie als einzige einigermaßen entziffern konnten, waren dabei.
„Diesen Törn sind die Kaufleute gesegelt“, sagte Jung Hasard. „Das beweist die feine Linie, die sie eingezeichnet haben. Auf der anderen Seite, die wir nicht sehen können, liegt das Land Persien. Irgendwann müssen wir also nach Norden segeln. Aber wann? Das geht aus den Karten nicht einwandfrei hervor.“
„Mir ist einiges an den Karten noch längst nicht klar“, sagte der hochgewachsene Spanier nachdenklich. „Hauptsächlich nicht der Weg oder der sogenannte wundersame Weg, der in das große Binnenmeer führen soll. Wenn mich nicht alles täuscht, sind da Gebirge eingezeichnet, aber wie gelangt man mit einer Galeone durch die Berge?“
„Über die Flüsse“, sagte Jung Hasard. Es klang etwas lahm, als könne er es selbst nicht so richtig glauben. „Das steht jedenfalls hier. Immerhin sind die Kaufleute vor über fünfzig Jahren in Istanbul aufgebrochen und haben das Arabische Meer erreicht.“
„Fragt sich nur, wie sie es erreicht haben“, meinte der Seewolf. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie die gesamte Strecke gesegelt sind.“
Dan O’Flynn blickte auf und reckte sich.
„Das wollen wir ja herausfinden. Zunächst müssen wir die beiden Flüsse Euphrat und Tigris finden. Bisher stimmt also alles.“
„Fast alles“, korrigierte Philip, „bis auf ein paar Kleinigkeiten. Die Kaufleute schrieben, daß die Karten den Weg weisen, soweit er ihnen im Gedächtnis geblieben ist. Das nämlich dürfte der springende Punkt sein. Wer hat schon so ein ausgezeichnetes Gedächtnis?“
Don Juan sah Philip nachdenklich an. Er nickte unmerklich.
„Ja, wer hat das schon! Es werden sich eine Menge Fehler eingeschlichen haben, die uns zum Verhängnis werden können.“
Hasard selbst war jedoch zuversichtlich. Er kannte die aufgeschriebene Geschichte fast Wort für Wort auswendig, sooft hatte er sie sich von seinen Söhnen übersetzen lassen.
„Wie auch immer der Weg beschaffen sein mag, es gibt ihn jedenfalls, daran besteht kein Zweifel. Immerhin sind Städte, Flüsse und Meere namentlich benannt worden, und die Kaufleute hatten den Segen von Chairedin Barbarossa persönlich. Bedauerlich ist dabei nur, daß sie den Rückweg nicht mehr schafften.“
„Meine Bemerkung war keinesfalls pessimistisch gemeint“, sagte Don Juan. „Wenn es den Weg gibt, haben wir eine umwälzende Entdeckung gemacht. Er wird nur sehr beschwerlich sein.“
„Das nehme ich auch an.“
„Vor allem wird dieser Weg sehr wundersam sein“, sagte Jung Hasard, „was immer man darunter auch verstehen mag. Diese Formulierung taucht immer wieder in der alten Schrift auf.“
„Segeln wir doch erst einmal zu dieser ebenfalls wundersamen Stadt namens Bagdad“, sagte Ben Brighton sehr ruhig und gelassen. „Wenn wir das geschafft haben, können wir uns immer noch die Köpfe heiß reden. Ich bin sicher, daß wir in dieser Stadt mehr erfahren werden, denn sie liegt sehr weit oben im Norden.“
„Vielleicht war das die Stadt, die wir als Luftspiegelung vor der südlichen Küste gesehen haben“, meinte Don Juan. „Der Beschreibung nach kann sie es gewesen sein.“
Hasard warf durch das Spektiv einen Blick weit voraus. Sie befanden sich zur Zeit in einer riesigen halbkreisförmigen Bucht. Er überlegte, ob er nicht doch den Kurs nach Norden ändern sollte, entschied sich dann jedoch, weiterhin in Sichtweite der Küste zu bleiben, wie auch die gestrichelten Linien es zeigten. Der Nordkurs kam offenbar erst später in Betracht.
Der Karte nach hieß die weit vorausliegende riesige Halbinsel Quatar. Hatten sie die erst einmal hinter sich gelassen, dann war schon fast die halbe Strecke durch den riesigen Golf geschafft.
„Du hast recht, Ben“, sagte Hasard nachdem er das Spektiv wieder abgesetzt hatte. „Sehen wir uns erst einmal diese wundersame Märchenstadt an. Alles Weitere wird sich finden. Wenn sich das alles als ein Irrtum erweisen wollte, können wir immer noch zurücksegeln und auf den alten Kurs gehen.“
„Wir schaffen es“, sagte Philip zuversichtlich. „Was die alten Barbarossaburschen vor fünfzig Jahren schafften, das erledigen wir spielend mit links.“
Das Söhnchen grinste dazu ein bißchen und tat so, als sei alles nur ein Klacks.
„Dein Wort in Allahs Ohr“, meinte der Seewolf augenzwinkernd.
Auf der Kuhl war mittlerweile entschieden worden, daß Ferris Tucker das Faß reparieren sollte. Denn nach den Worten des Profos’ war Mac Pellew „ausgesprochen dämlich“ für derlei Arbeiten, und es würde zwangsläufig nur noch ein weiteres Unglück geben. Aber er mußte Ferris dafür tatkräftig zur Hand gehen. Außerdem erhielt er die Auflage, das Faß aus den Vorräten unter Deck aufzufüllen.
Dabei geschah allerdings kein Unglück, sondern nur ein kleines Mißgeschick. Mac hielt seine Flossen so unglücklich hin, daß Ferris ihm mit dem Holzhammer kräftig auf den Daumen schlug. Der Treffer wiederum veranlaßte Mac Pellew zu einem wilden Tänzchen auf den Planken. Zudem schnitt er Grimassen und jammerte lauthals.
Carberry hörte sich kopfschüttelnd das Gezeter und Gemecker an.
„Hört sich an wie Orgeltöne in Moll“, sagte er. „Da kann ich nur schlicht und ergreifend sagen, daß dieser Mister Pellew der größte und ungeschickteste Elch ist, der jemals auf einem Schiff segelte. Warum, zum Teufel, haben sie dich nicht einfach als Galionsfigur an den Bug genagelt, Mister Pellew?“
„Du kannst mich mal“, jaulte Mac.
„Lieber nicht“, brummte Carberry. „Möglicherweise verbrennst du dir dabei noch den Hintern, und dann mußt du zur Abkühlung wieder ins Wasserfaß. Diesmal aber mit dem Achtersteven nach unten.“
Der Profos fand diese Vorstellung so köstlich, daß er in wildes Gelächter ausbrach und sich kaum noch beruhigen konnte.
Zum Glück passierte an diesem Tag nichts mehr, wenn man davon absah, daß Mac ein prächtiges Horn auf dem Schädel wuchs und sein Daumen eine Farbe aus zartem Türkis annahm. Später ging diese prächtige Farbe allerdings in ein ziemlich ordinäres Blauschwarz über.