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7.

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Kurz vor dem mittäglichen Backen und Banken meldete Jeff Bowie, Ausguck im Hauptmars: „Flaggschiff setzt Boot aus!“

Sofort wurden die Mannen mobil. Wer gedöst hatte, stand plötzlich an den Kanonen oder Drehbassen.

Hasard spähte durch den Kieker zum Flaggschiff, ebenso Ben und Don Juan de Alcazar. Sechs Mann besetzten das Boot. Dann folgten der Bootssteurer und der Mann mit der glitzernden Schärpe. Aber seine Peitsche hatte er nicht dabei, und auch der Prunksäbel fehlte. Das Boot nahm Kurs auf die „Santa Barbara“.

„Der will was von uns“, sagte Ben Brighton.

„Ach ja?“ Hasard grinste. „Woran hast du das gemerkt?“

Ben ersparte sich eine Antwort. Er wußte selbst, daß er eben nicht sehr geistreich gewesen war.

Dafür sagte jetzt Don Juan: „Der will verhandeln.“

„Ach ja?“ sagte Hasard ein zweites Mal und grinste wiederum infam. „Aber vielleicht will er bei uns zu Mittag essen, eh? Oder uns zum Würfelspiel einladen. Oder einfach nur plaudern. Vielleicht hat er Langeweile, der Gute. Aber eins glaube ich ganz sicher: daß er verhandeln will!“

„Sagte ich doch!“

„Eben. Du und Ben, ihr seid heute mittag so scharfsinnig. Da wird ein Boot auf uns zugepullt, und der eine sagt: Der will was von uns. Und der andere sagt: Der will verhandeln. Das sind so ausgesprochen kluge Bemerkungen wie etwa jene: Wenn’s regnet, wird’s naß!“

„Aha“, sagte Don Juan.

„Aha“, sagte auch Ben Brighton.

Und dann lachten sie alle drei.

Hassan al-Karab sah es und wunderte sich. Ihm war längst klar, wer dieses Schiff führte, denn auch er hatte durch ein Spektiv gespäht: der schwarzhaarige Riese mit den angegrauten Schläfen, ein Mann, mit den Bewegungen einer Raubkatze. Ein Spanier?

Als er sah, daß eine Drehbasse geschwenkt und auf das Boot gerichtet wurde, stand er auf und hob beide Arme, um anzudeuten, daß er friedliche Absichten habe. Darauf wurde der Lauf wieder angekippt. Aber eine Jakobsleiter brachten sie nicht aus.

Als das Boot auf Rufweite heran war, rief Hasard in der spanischen Sprache: „Halt! Ich lasse sonst schießen!“

„Sie Spanier?“ fragte Hassan al-Karab.

Hasard ignorierte die Frage. „Was wollen Sie?“

„Ich Scheich Hassan al-Karab! Ich an Bord kommen, um Besprechung halten.“

„Abgelehnt. Sagen Sie, was Sie wollen, sonst können Sie wieder zurückpullen!“

„Warum nicht an Bord?“

„Ich habe etwas gegen Schnüffler!“

Hassan al-Karab knirschte mit den Zähnen. Dieser Giaur hatte eine scharfe Zunge und führte sich auf, als sei er hier der Scheich.

„Ich gewähre Schiff freien Abzug!“ rief er. „Wenn eingehen auf Handel!“

Hasard lachte schallend, und die Mannen stimmten ein. Am lautesten lachte Carberry. Bei Hassan al-Karab schwollen die Stirnadern an.

„Sie nicht lachen!“ schrie er. „Sonst Krieger alle töten!“

„Bisher war’s umgekehrt!“ rief Hasard.

„Sie mir Frauen übergeben, dann Schiff freier Abzug! Wort ist Ehre!“

Hasard blickte zu Ben. „Hat der Frauen gesagt?“

„Hab’ ich auch verstanden“, erwiderte Ben Brighton. Er war genauso verdutzt wie Hasard und alle anderen.

„Wir haben keine Frauen an Bord!“ rief Hasard.

Hassan al-Karab hob den Arm und deutete auf Smoky. „Doch Frauen an Bord! Dort Eunuch mit Glatzkopf! Soll auf Frauen aufpassen!“

Carberry mußte Smoky festhalten. Der war hochgegangen wie eine Rakete und drauf und dran, übers Schanzkleid zu springen und das Boot zu attackieren.

„Ruhe, Smoky, Ruhe“, besänftigte der Profos, „laß den Kerl doch sabbeln …“

„Der hat mich beleidigt!“ brüllte Smoky. „Das laß ich mir nicht bieten, nicht von diesem Kameltreiber, diesem Hurenbock, diesem verlausten! Dem schneide ich …“

„Bitte um Ruhe, Mister Smoky!“ rief Hasard und zu Hassan al-Karab: „Dieser Mann ist mein Decksältester, wenn Sie wissen, was das ist. Er fühlt sich beleidigt, daß Sie ihn als Eunuchen bezeichnet haben. Dafür nennt er Sie einen Kameltreiber und verlausten Hurenbock. Dem stimme ich voll und ganz zu. Mit Frauen kann ich Ihnen nicht dienen, es sind keine an Bord. Und wenn sie an Bord wären, würde ich sie einem verlausten Hurenbock bestimmt nicht übergeben. Einen freien Abzug brauchen wir nicht – den erkämpfen wir uns, wenn es sein muß. Im übrigen ist Ihr Ehrenwort einen Dreck wert. Sie haben mein Schiff zweimal überfallen lassen. Für mich sind Sie weiter nichts als ein mieser Küstenstrolch, ein Wegelagerer, der in feiger Weise die Situation ausnutzt, daß ein Schiff aufgelaufen ist!“

„Ich euch zerschmettern!“ brüllte der Scheich, nunmehr noch dunkler im dunklen Gesicht. „Alle – krrggs!“ Und er zog die Handkante quer über die Kehle.

Wieder ertönte das Gelächter der Arwenacks, und das war bestimmt keine Musik in den Ohren Hassan al-Karabs. Es war noch beleidigender als alle jene Ausdrücke, mit denen er von diesem Giaur bedacht worden war.

Als es verebbte, rief Hasard: „Dann mal los, du Großmaul! Wir haben nichts dagegen, wenn sich deine Kerle weiter blutige Nasen holen wollen. Leider sind sie bisher immer nur davongelaufen, und vom Zerschmettern haben wir auch nicht viel gemerkt!“

„Buuuhh!“ röhrte Carberry los, und der ganze Chor der Arwenacks fiel ein. Es dröhnte über die See und klang, als stampfe eine brüllende Riesenherde von Stieren heran.

Die sechs Kerle und der Bootssteurer zogen die Köpfe ein. Hassan al-Karab hätte vor Wut am liebsten mit der Nilpferdpeitsche auf sie eingedroschen, um sich Luft zu verschaffen. Aber die hatte er leider an Bord zurückgelassen. Da ihm der Bootssteurer auf der Achterducht am nächsten war, bedachte er ihn mit Fußtritten, worauf das Gebuhe an Bord der Galeone noch lauter wurde.

Hassan al-Karab empfand es als eine Verhöhnung, und genau das sollte es auch sein. Es trieb ihn zur Weißglut.

Um nicht noch mehr Verluste hinnehmen zu müssen, hatte er den Giaurs einen Kuhhandel vorschlagen wollen. Er hatte sich eingeredet, sie würden darauf eingehen. Aber mit einer derartigen Abfuhr hatte er nicht gerechnet.

Dabei mußte er zugeben – obwohl er es nicht wahrhaben wollte –, daß er und seine Krieger ihren Meister gefunden hatten. Der Gegner war unbeschadet geblieben. Er hatte sich mit einer Härte und einem Geschick verteidigt, wie sie es noch nie erlebt hatten.

Was beim ersten Angriff in der Nacht geschehen war, kannte Hassan al-Karab ja nur aus den Berichten und Aussagen seiner Kerle. Doch den heutigen Angriff hatte er selbst beobachtet, und auch er war bestürzt über die Wildheit der Abwehr. Wahre Teufel waren das, keine furchtsamen Handelsfahrer, die bereits kapitulierten, sobald sie eine blitzende Säbelklinge sahen.

Am furchtbarsten jedoch waren neben der Geschicklichkeit, mit der sie ihre Waffen handhabten, diese jaulenden und kreischenden Feuergeschosse und ihre infernalische Wirkung, wenn sie unter Getöse zerplatzten und nach allen Seiten ihren Funkenregen verschleuderten. Dieses Teufelszeug hatte sogar noch auf dem Wasser gebrannt. Es war unfaßbar.

Nein, das waren keine Handelsfahrer. Und jetzt zweifelte Hassan al-Karab auch daran, daß sie eine Frauenladung an Bord hatten. Es war fast schon gleichgültig, wer sie sein mochten. Doch was sie getan hatten, das schrie nach Rache. Sie hatten gewagt, ihn, das erhabene Oberhaupt des Stammes, zu verhöhnen, zu beleidigen und zu demütigen.

Hassan al-Karab war nicht gewillt, das hinzunehmen. Seine Autorität als Stammesführer stand auf dem Spiel. Er konnte nicht dulden, daß seine Krieger vor dem Gegner mehr Angst hatten als vor ihm, dem Erhabenen, dem Unbesiegbaren.

Unter den schmähenden Buh-Rufen der Christenhunde ließ Hassan al-Karab das Boot zu dem anderen Zweimaster pullen, der nordöstlich der Galeon ankerte.

Dort empfing ihn der Kapitän – Mansur Naffah, ein stiernackiger Mann, dem das rechte Ohr fehlte. Die Narbe von einem Säbelhieb, der ihm diesen Verlust eingebracht hatte, zog sich von dort schräg nach unten über die Wange bis zum rechten Mundwinkel. Mansur Naffah bot keinen erfreulichen Anblick, was seine Visage betraf. Dafür war er ein sturer Ochse und genau richtig für das, was Hassan al-Karab plante.

„Du wirst dein Schiff gegen die Christenhunde Steuern“, eröffnete ihm der Erhabene, „und zwar brennend, um auch ihr Schiff in Brand zu setzen. Das ist eine Auszeichnung, und wenn du dabei stirbst, wird sich Allah deiner annehmen und dir im Garten der Lust ein Zelt errichten, wie es dem tapferen Krieger gebührt. Aber du brauchst nicht zu sterben. Wenn du dich bis auf eine Schiffslänge der Galeone genähert hast, darfst du in das Boot steigen, das du nachschleppst. Vorher mußt du das Ruder festsetzen. Wenn du die Tat vollbracht hast und zu mir zurückkehrst, werde ich dir meinen Säbel und zwei meiner Töchter schenken. Du hattest schon immer dein eines Auge auf Lailah und das andere auf Mirjam geworfen, nicht wahr?“

„Ja, erhabener Sidi. Ich danke dir für deine Großmut.“ Mansur Naffah verneigte sich mit glitzernden Augen.

„Wenn du zu früh in das Boot steigst“, sagte Hassan al-Karab, „werde ich dich eigenhändig mit meinem Säbel, der ein Geschenk sein soll, köpfen.“

„Ja, erhabener Sidi“, sagte Mansur Naffah und verneigte sich ein zweites Mal.

„Oder ich lasse dich vierteilen und pfählen“, sagte Hassan al-Karab. „Und Lailah und Mirjam werden dem Schauspiel beiwohnen.“

Eine dritte Verneigung. „Ja, erhabener Sidi.“

Hassan al-Karab runzelte die Stirn. Er war sich nicht klar, ob dieser Ochse wußte, daß er seine letzte Fahrt antreten würde. Aber das war letztlich gleichgültig. Hauptsache, die Dhau rammte sich brennend in die Galeone. Dann würden die Giaurs abgelenkt sein, so daß er ihnen den Todesstoß versetzen könnte. Nur das zählte.

Sein Blick wanderte über die Männer der Besatzung. Sie wagten nicht, ihn anzusehen. Aber ihre Haltungen drückten das Entsetzen aus, das sie erfüllte.

„Deine Männer“, sagte er, „steigen auf die anderen Schiffe über.“ Und da sah er, wie sie aufatmeten. „Bis auf einen“, fuhr er fort, „dem ebenfalls die Auszeichnung zuteil wird, Allah wohlgefällig zu sein.“ Ihre Gesichter wurden wieder stumpf. „Wen schlägst du vor, Mansur Naffah?“

„Mamun, meinen Bootsmann“, sagte Mansur Naffah.

Mamun verneigte sich mit grauem Gesicht.

„So sei es“, sagte Hassan al-Karab. „Ich werde auch ihn reich belohnen – oder köpfen, vierteilen und pfählen. Aber Allah ist mit den Tapferen, nicht mit den Feigen. Bereitet jetzt alles vor.“ Der Erhabene nickte gnädig und ließ sich zu den anderen Dhauen pullen, um die Kapitäne über seinen Plan zu informieren.

Die Vorbereitungen des Gegners blieben auf der „Santa Barbara“ nicht unbeobachtet. Hasard befand sich mit Dan O’Flynn im Hauptmars, und sie sahen, wie die Kerle des im Nordosten ankernden Zweimasters ausgeschifft und zu den anderen Bewachern gepullt wurden.

Ferner hatte man im Bug des Zweimasters allerlei Gerümpel angehäuft – Fässer, Kisten, Hölzer und Bretter. Das ganze Zeug wurde aus einer Kanne mit einer Flüssigkeit übergossen. Der aus Nordosten wehende Wind trieb einen penetranten Geruch herüber.

„Petroleum“, sagte Dan O’Flynn. „Schätze, die wollen Brander spielen.“

„Dem wage ich nicht zu widersprechen“, sagte Hasard. „Paß weiter auf. Ich muß Al informieren.“

„Aye, Sir.“

Hasard enterte ab und rief Al Conroy sowie die Bedienungsmannschaften der Culverinen zusammen.

„Hört zu, Freunde“, sagte er. „Die Kerle planen einen Branderangriff und rüsten dafür die Dhau aus, die im Nordosten ankert. Es hängt mit von euch ab, ob wir es schaffen, diesen Angriff zu verhindern. Das heißt, die Dhau darf uns nicht erreichen. Sie muß vorher versenkt oder aus dem Kurs gebracht werden. Ich schlage vor, daß zwei Culverinen auf die Masten gerichtet werden. Die vier anderen Culverinen müssen unbedingt Treffer in der Wasserlinie erzielen. Auf welche Distanz ihr eure Schüsse anbringt, muß ich euch überlassen.“ Er grinste. „Lieber wäre mir die weite Distanz. Nur treffen müßt ihr, sonst wird’s heiß auf der ‚Santa Barbara‘.“

Big Old Shane und Batuti erhielten Order, von den Marsen aus zu versuchen, mit Weitschüssen den Rudergänger zu erwischen. Sie nickten gelassen und enterten sofort mit ihren Waffen zum Vor- und zum Hauptmars auf. Überall, aber vor allem auf der Kuhl, wurden Pützen bereitgestellt. Sollte die Dhau die „Santa Barbara“ erreichen, mußte die Ramming abgefangen werden. Ferris Tucker holte aus der Zimmermannslast Balken, die sie in einem solchen Fall als Holzfender außenbords aufhängen würden. Wenn sie übereinander hingen, bildeten sie sogar eine ziemliche Barriere zwischen dem Dhausteven und der Bordwand der „Santa Barbara“.

Mehr konnten sie nicht tun. Wären nicht die anderen Gegner gewesen, hätte Hasard beide Jollen gegen den Brander eingesetzt. Man hätte ihn dann entern und aus dem Kurs bringen können. Dan O’Flynn meldete aus dem Mars, daß zwei Kerle an Bord geblieben wären. Na ja, mit denen wären sie fertig geworden. Aber diese Möglichkeit der Abwehr hätten sie eben nur wahrnehmen können, wenn sie ungestört gewesen wären.

„Die beiden Kerle setzen die Segel!“ meldete Dan O’Flynn.

„In Ordnung, Dan, du kannst abentern!“ rief Hasard nach oben, damit Big Old Shane genug Bewegungsfreiheit hatte. Batuti befand sich im Vormars.

Über die Kuhl rief Hasard: „Kerls, es geht los! Wer danebenballert, bekommt für vier Wochen die Rumration gestrichen!“

„Und wer trifft?“ tönte der Profos. Er war Richtkanonier an der vorderen Steuerbordculverine.

Hasard feixte. „Der kann nur beten, daß die anderen ebenfalls treffen!“

„Auch ein Trost“, brummte der Profos, bückte sich, peilte über die Rohrmündung und richtete seine Culverine aus.

Old Shane meldete aus dem Mars: „Einer kappt jetzt die Ankertrosse!“

„Danke, Shane!“ Hasard richtete das Spektiv auf die Dhau.

Der Kerl an der Pinne hatte Rückwärtsruder gelegt. Die Dhau sackte achteraus, schwenkte dabei aber nach Steuerbord und drehte vor den Wind. Gleichzeitig zündete der andere vorn am Bug das Gerümpel und sprang zurück, denn das Zeug flammte sofort auf. Er lief an die Schoten und trimmte nacheinander Vorsegel und Großsegel.

Gut gemacht, dachte Hasard. Respekt – Respekt!

Die Dhau nahm Fahrt auf und schob einen Schnauzbart vor sich her, der größer wurde. Ihr Steven war auf die „Santa Barbara“ ausgerichtet, klar, auf die Mitte der Steuerbordseite. Am Heck der Dhau wurde ein Boot mitgeschleppt. Vom Bug der Dhau stiegen dunkle Qualmwolken auf und trieben in Richtung der „Santa Barbara“.

Teufel-Teufel, dachte Hasard und preßte die Zähne zusammen. Das war ein Plus. Er vernebelte dem Gegner die Sicht – sich allerdings auch, aber er kannte ja den Kurs auf das Ziel, so er auf den Kompaß geschaut hatte. Hatten die überhaupt einen Kompaß? Egal, auch ohne Kompaß lag er von Anfang an auf Zielkurs.

Das wurde bedrohlich!

Hasard zuckte zusammen – da klatschte was auf dem Hauptmars. Sein Blick flog hoch. Ach so, Big Old Shane hatte geschossen. Die Bogensehne war gegen das Holz geprallt. Shane mußte mit ungeheurer Kraft den Bogen gespannt haben.

Kaum einen Lidschlag später erklang das gleiche Geräusch vom Vormars, nur gedämpfter.

Jetzt rasten zwei Pfeile auf die Dhau zu – auf den Rudergänger.

Hasard preßte das Spektiv ans Auge, gerichtet durch die Rauchschwaden auf den Rudergänger, der breitbeinig an der Pinne stand.

Er bäumte sich auf.

Ein Pfeil steckte in seinem Hals – und dann krümmte sich der Mann zusammen. Aus seiner Brust ragte ein weiterer Pfeil. Er sackte weg. Die Pinne entglitt ihm und schlug über ihn weg nach Backbord.

Die Dhau luvte an nach Steuerbord. Sie lief aus dem Ruder. Der andere Mann, der vorne gezündet hatte, stürzte zum Rudergänger und beugte sich über ihn. Dann riß er den Kopf hoch und schaute sich gehetzt um.

Sekunden später sprang er nach achtern und zerrte das Boot heran, schwang sich über das Schanzkleid und verschwand. Offenbar kappte er die Vorleine – Hasard konnte das nicht sehen –, aber da schor das Boot ab. Der Kerl saß auf der mittleren Ducht, zwei Riemen an Backbord und Steuerbord in den Rundsein, und er pullte wie verrückt – westwärts, aufs Land zu.

Auf dem Flaggschiff stieg ein Gebrüll in den Himmel – der Scheich äußerte seine Wut. Den Mann in dem Boot kümmerte das nicht, im Gegenteil, er pullte noch schneller. Klarer Fall, der versuchte, Land zu gewinnen, Land vorm Zorn des Scheichs, der die Absicht gehabt hatte, den Gegner zu zerschmettern.

Denn der Branderangriff lief schief, begann schiefzulaufen. Die Dhau hatte angeluvt und lag nicht mehr auf Rammkurs. Ihre Segel killten und schlugen. Der „Santa Barbara“ bot sie ihre Backbordseite dar. In dieser Position begann sie über den Achtersteven zu treiben. Das ablaufende Wasser schob sie.

Hasard brauchte nichts zu befehlen.

Die sechs Culverinen krachten und schmetterten ihre Kugeln in die dargebotene Breitseite. Das waren Bilderbuchtreffer, von denen die Dhau bis zum Kiel durchgeschüttelt wurde. Da klafften plötzlich gräßliche Löcher an Backbord – und wie mit dem Lineal gezogen auf der Wasserlinie.

Die Dhau, vorn in Flammen gehüllt, krängte nach Backbord. Das brennende Zeug im Bug rutschte mit. Die beiden Masten neigten sich, die Rahruten mit den Segeln schlugen ins Wasser. Ein Gurgeln und Schlürfen drang zur „Santa Barbara“.

Ein Schiff begann zu sterben – es starb doppelt. Auf dem Deck wüteten die Flammen, in den Rumpf schoß das Wasser.

Feuer und Wasser, zwei gegensätzliche Elemente, doch hier vereinigten sie sich, um zu zerstören. Es war nichts da, sie daran zu hindern.

Der Mann, der am Ruder gestanden hatte, rutschte nach Backbord ans Schanzkleid. Der Pfeil in seiner Brust brach dabei ab, weil sich der tote Körper überrollte.

Es war sehr fraglich, ob sich Allah des Mansur Naffah annehmen würde, um ihm im Garten der Lust ein Zelt zu errichten. Man weiß das nicht genau. Tapferen Kriegern wird ja immer alles mögliche versprochen, nur ist das aus dem Jenseits noch nie bestätigt worden. Man muß da sehr skeptisch sein.

Aber eins stand fest: Hassan al-Karab konnte seinen schönen Prunksäbel behalten, und seine beiden Töchter Lailah und Mirjam würden noch ein Weilchen im Stand der Jungfernschaft verharren, bis sich auch dieses Problem auf natürliche Weise löste. Allerdings hatte der Erhabene auch nicht damit gerechnet, diese beiden Versprechen einlösen zu müssen. Man sieht, wie leicht es ist, Dummköpfe auf Himmelfahrtskommandos zu schicken.

Der Bootsmann Mamun war da schlauer gewesen, als er erkannt hatte, daß es höchste Zeit war, die Hacken zu zeigen. Er erreichte übrigens den Watthafen an einem der Priele, schwang sich dort auf ein Kamel und steuerte das Wüstenschiff westwärts. Er ging sozusagen von der Fahne, was normalerweise jeder tun sollte, dem so schreckliche Sachen wie Köpfen, Vierteilen oder Pfählen angedroht werden, so er einen Selbstmordbefehl nicht ausführt.

Die Dhau sank, über Backbordbug liegend, brennend in ihr nasses Grab. In der ganzen Länge dieses Grabes erschienen als kurzweiliger Schmuck Strudel und blubbernde Blasen. Auch einiges andere trieb noch auf – verkohlte Holztrümmer, Faßdauben, sogar eine Seegrasmatratze, die das Grab noch eine Weile schmückten. Aber das war weiß Gott ein trauriger Schmuck, den dann auch die Ebbe entführte.

Nach dem Tod der Dhau war die See wie immer.

Das Flaggschiff des Erhabenen ging ankerauf und segelte in einem weiten Bogen – außerhalb jeder Schußweite der „Santa Barbara“ – auf die Küste zu. Die restlichen Einmaster folgten dem Flaggschiff.

Unwillkürlich konnte man den Eindruck gewinnen, eine zerzauste Meute von Hunden humple mit eingezogenem Schwanz davon.

Die Schiffe verschwanden zwischen den Inseln südwestwärts der „Santa Barbara“. Hasard ließ ein Fäßchen Rum anstechen.

Seewölfe Paket 28

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