Читать книгу Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 36
3.
ОглавлениеNoch bevor sich der Nebel gelichtet hatte, war auf den Decks der „Santa Barbara“ das gewohnte Leben eingekehrt. Flaute bedeutete für die Crew des Seewolfs nicht etwa Stillstand. An Bord eines Seglers von der Größe der dreimastigen Galeone gab es immer jede Menge Arbeit.
Der Kutscher war schon am Vortag auf die Idee verfallen, die Kombüse einschließlich Inventar einer Generalreinigung zu unterziehen. Mac Pellew hatte nicht widersprechen können, denn wer gegen Reinlichkeit motzte, war in den Augen Edwin Carberrys eine stinkige Bilgenratte.
Philip und Hasard, die Söhne des Seewolfs, halfen beim Ausräumen der Kombüse – von Pützen bis Pfannen und von Kesseln bis Mucks wurde alles säuberlich vor den Beibooten aufgereiht, damit in des Kutschers und Mac Pellews Reich das große Schrubben beginnen konnte.
Carberry hatte sich mit einer Gruppe von Helfern und mit Plymmie als Spürnase in die unteren Decksräume begeben, um nach eben jenen Ratten Ausschau zu halten, die in der Bilge Quartier zu beziehen pflegten.
Bislang hatte sich offenbar kein langschwänziger Nager blicken lassen, denn es war still geblieben in den Unterdecksräumen. Carberrys dröhnende Feststellung, die „Santa Barbara“ sei ein sauberes und ordentliches Schiff, so daß die Rattensuche gewissermaßen nur eine Vorsichtsmaßnahme sei, schien sich zu bestätigen.
Ferris Tucker war mit einer anderen Gruppe von Männern unterwegs. Der hünenhafte Schiffszimmermann war imstande, den Muschel- und Algenbesatz wachsen zu hören, der sich im Laufe von Wochen am Unterwasserschiff festsetzte. Insbesondere aber vermochte er den gefürchteten Bohrwurm aufzuspüren, der die Außenbeplankung in eine schwammartige morsche Masse verwandeln konnte.
Ferris und seine Helfer überprüften nicht zuletzt die Ruderanlage, die sich während der Reise über den Pazifik, durch den Indischen Ozean und bis in den Golf von Persien bestens bewährt hatte.
Unter Will Thornes fachkundigem Kommando nutzten weitere Männer die Gelegenheit, die Tuchreserven der „Santa Barbara“ zu überprüfen. Was in Zeiten der Flaute klariert wurde, konnte bei Sturm lebenserhaltend sein.
Es war, als die ersten Sonnenstrahlen durch das Grau des Nebels brachen.
Ben Brighton und Dan O’Flynn, die sich gemeinsam mit Don Juan de Alcazar auf dem Achterdeck aufhielten, wechselten stirnrunzelnd Blicke.
„Ein Stubenhocker ist er nie gewesen“, sagte Ben. „Langsam müßte er mal wieder aufkreuzen.“
„Zum Einzelgänger dürfte er sich auch nicht gerade entwickeln“, sagte Don Juan. „Ich kenne ihn gut genug, um das beurteilen zu können.“
„Malt keinen Teufel an die Wand“, sagte Dan. „In diesen arabischen Häfen gibt es genug finstere Gestalten, die einem Ungläubigen liebend gern Giftwasser an Bord schmuggeln würden.“
Ben und Don Juan sahen ihn bestürzt an.
„Du bist derjenige, der den Teufel an die Wand malt!“ rief Ben. Im selben Atemzug wirbelte er herum und lief los.
Die beiden anderen folgten ihm.
Ben blieb vor dem Schott zur Kapitänskammer stehen. Einen Moment horchte er. Er zog die Schultern hoch, als Dan und Don Juan zur Stelle waren. Ben hob die Rechte und klopfte. Die Schläge klangen hohl und dumpf.
Keine Reaktion.
„Mach auf“, sagte Don Juan kurzentschlossen. „Da stimmt etwas nicht. Ich spüre es.“
Ben nickte und folgte der Aufforderung.
Auf den ersten Blick sahen sie, daß die Kammer leer war. Eilends schauten sie genauer hin. Aber ihre Befürchtungen bestätigten sich nicht. Wenigstens in dieser einen Hinsicht nicht. Der Seewolf lag nicht leblos und mit verkrümmtem Körper in einer Ecke, von einem vergifteten Trunk getötet. Von ihm fehlte jede Spur. Auch auf der Heckgalerie hielt er sich nicht auf.
„Alles absuchen“, sagte Ben Brighton. „Sämtliche Achterdeckskammern!“ In Abwesenheit des Seewolfs war er dessen Stellvertreter, das steckte ihm in Fleisch und Blut.
Fünf Minuten später trafen sie sich in der Kapitänskammer wieder. Dan O’Flynn war auch auf der Kuhl gewesen, wo er Bill beordert hatte, die gesamte Crew zu verständigen. Sämtliche Unterdecksräume sollten schleunigst durchsucht werden.
In den Achterdeckskammern gab es jedenfalls keine Spur von Hasard, keinen Hinweis, wohin er verschwunden sein konnte.
Nach einer knappen Viertelstunde meldete sich Carberry mit dem Ergebnis der von der Crew angestellten Suche.
„Auf diesem Eimer gibt’s keinen Seewolf mehr“, sagte der Profos, und daraus klang eine Betroffenheit, wie man sie in zehn Jahren vielleicht einmal an ihm erlebte. „Wenn er sich nicht in Luft aufgelöst hat, muß er über Bord sein.“
„Freiwillig?“ entgegnete Dan. „Du spinnst, Mister Carberry!“
„So kommt’s mir selber vor“, sagte der Profos grollend. „Weiß verdammt nicht, was ich von so einer Geschichte halten soll. Dein Alter, Mister O’Flynn, hätte natürlich die passende Erklärung auf Lager – etwas, was unsereins sich nicht erklären kann. Mit unserem beschränkten Horizont können wir gewisse Sachen zwischen Himmel und Erde ja auch nicht …“
„Hör auf“, unterbrach ihn Ben Brighton. „Statt über ungefangene Fische zu reden, müssen wir etwas tun. Wie lamentierende Waschweiber brauchen wir uns nicht aufzuführen.“
„Ich – ein Waschweib?“ rief Carberry dröhnend. „Das ist ja wohl …“
Diesmal war es Don Juan de Alcazar, der den Wortwechsel in die richtigen Bahnen lenkte. Er hatte sich an den Tisch mit dem aufgeschlagenen Logbuch und den Schreibutensilien begeben.
„Seht her“, sagte er. „Es gibt zwar keine deutlichen Spuren eines Kampfes. Aber ich bin sicher, daß Hasard von jemandem überrascht, überwältigt und verschleppt wurde.“
Die anderen starrten ihn entgeistert an.
„Wie willst du denn das herausgefunden haben?“ sagte Ben Brighton kopfschüttelnd.
Don Juan wies auf den Tisch.
„Das Logbuch ist aufgeschlagen. Hasard hat seine Eintragungen anscheinend beendet, denn das Tintenfaß ist verschlossen. Aber er hat das Geschriebene nicht abgelöscht. Der Federkiel ist nicht gereinigt, und überhaupt hat er die Sachen nicht wieder an ihren Platz gebracht. Das ist nicht seine Art.“
„Klingt trotzdem nicht logisch“, entgegnete Dan O’Flynn. „Hasard kann einen plötzlichen Gedanken gehabt haben, und da ist er aus der Kammer geeilt, ohne den Kram wegzuräumen.“
„Erstens müßten wir ihn dann gefunden haben“, widersprach Don Juan, „und zweitens gibt es noch weitere Spuren, die für mich eine klare Sprache sprechen.“ Er deutete auf die Schemel am Tisch. „Hasard muß plötzlich aufgesprungen sein, und er hat keine Zeit mehr gehabt, seine Sitzgelegenheit wieder zurechtzurücken. Dann der andere Schemel.“ De Alcazar deutete auf die Längsseite des Tisches. „Entweder hat Hasard ihn zur Seite gestoßen, oder jemand anders hat es getan.“
Sekundenlang herrschte nach diesen Worten des Spaniers Stille in der Kapitänskammer. Ungläubig betrachteten die Männer jenen zweiten Schemel, der zwar nicht umgekippt war, aber derart schief neben dem Tisch stand, daß es einfach kein Zufall sein konnte.
Ben Brighton räusperte sich. Er blickte de Alcazar an.
„Also gut, Juan. Nehmen wir mal an, es hätte ein Kampf stattgefunden. Abgesehen davon, daß zwei Schemel von ihrer normalen Position gerückt worden sind, gibt es doch keinerlei weitere Spuren, nicht wahr? Verdammt merkwürdig, meine ich. Wenn sich der Kapitän gegen einen Angreifer wehrt, dann fliegen die Fetzen. Erstens hätten wir den Radau hören müssen, und zweitens müßte die halbe Einrichtung zu Bruch gegangen sein.“
„Der Meinung bin ich auch“, sagte Dan O’Flynn. „Aber wir haben den springenden Punkt noch nicht am Wickel. Wie soll irgendeiner an Bord gelangt sein, ohne daß die Wachen es mitgekriegt hätten?“
„Hasard muß es nicht mal mitgekriegt haben“, fügte Ben Brighton hinzu. „Andernfalls hätte er sich nicht so überraschen lassen, wie Juan meint.“
De Alcazar lächelte.
Bevor er eine Erklärung abgeben konnte, meldete sich Carberry zu Wort.
„Wenn die Gentlemen meine unmaßgebliche Meinung hören wollen …“
Sie wandten sich zu ihm um, und er grinste, als ihm bewußt wurde, daß sie ihn nicht ernst nehmen wollten. Oft hatte er mit seiner lospolternden Art völlig daneben gelegen, wenn es darum gegangen war, eine verzwickte Angelegenheit in den Griff zu kriegen. Diesmal aber würden sie sich von ihm belehren lassen müssen. Das stand fest.
„Ich denke, auch unmaßgebliche Meinungen sollte man gelten lassen“, sagte Don Juan.
Ben Brighton und Dan O’Flynn grinsten nun ebenfalls.
„Wir sollten mal an uns selber denken“, sagte Carberry mit vorgeschobenem Rammkinn. „Wie oft haben wir schon irgendwelche Eimer geentert, ohne daß einer von den Kerlen an Bord was mitgekriegt hat! Und wenn’s nur darum ging, die Ruderanlage ein bißchen zu demolieren. Ich Will damit sagen: Was wir können, können andere sicherlich auch. Und wenn’s der Teufel will, haben wir es hier mit ein paar ganz ausgefuchsten Halunken zu tun.“
„So sehe ich das auch“, sagte Don Juan und ging quer durch den Raum bis zum Schott zur Heckgalerie. „Ist es Hasards Gewohnheit, dieses Schott zu verriegeln?“
„Nein“, erwiderte Ben Brighton. „So eine ängstliche Natur ist er nie gewesen.“
„Eben drum“, sagte de Alcazar mit hintergründigem Lächeln. „Wenn die Gentlemen mir freundlicherweise folgen wollen …“ Er öffnete das Schott und trat auf die Heckgalerie hinaus.
Der Erste Offizier, der Navigator und der Profos folgten ihm. Die Sonne war mittlerweile durchgebrochen, und eine aufkommende Brise kräuselte jetzt das Wasser. Unter anderen Umständen hätten sie diese letztere Tatsache als das Erfreulichste von allem gewertet. Doch es zählte nicht.
Wenn Don Juans Theorie stimmte und der Seewolf verschleppt worden war, würde die „Santa Barbara“ um keinen Yard von ihrer Position weichen, solange ihr Kapitän nicht wieder gesund und unversehrt an Bord war.
Don Juan zeigte auf die nur schwach durchhängende Ankertrosse.
„Das muß der Weg gewesen sein, den sie genommen haben. Und ich behaupte, daß es mehrere Männer waren. So viele, daß Hasard keine Chance gegen sie hatte.“
„Ich halte es trotzdem noch immer für unwahrscheinlich“, sagte Ben Brighton.
„Aber es ist die einzig denkbare Erklärung“, räumte Dan O’Flynn ein. „Hasard kann sich wirklich nicht in Luft aufgelöst haben. Ich bin dafür, daß wir von einer Entführung ausgehen. Das heißt, daß wir sofort Suchtrupps in Marsch setzen müssen.“
Alle Blicke richteten sich auf Ben Brighton. Über seine Befehlsgewalt in Abwesenheit des Seewolfs war keine Diskussion nötig. Er hatte die Entscheidungen zu treffen, doch er wußte auch, daß er dabei die Standpunkte seiner Gefährten berücksichtigen mußte.
„In Ordnung“, sagte Ben ohne langes Nachdenken. „Es ist ohnehin die einzige Möglichkeit, die wir haben. Wir setzen beide Jollen aus und bilden je einen Suchradius seewärts und landeinwärts. Dan, du übernimmst die Suche zur See hin, Don Juan, du leitest den Trupp, der in die andere Richtung segelt.“
Die beiden Männer nickten zustimmend.
„Hoffen wir, daß aus dem lauen Lüftchen ein richtiger Wind wird“, sagte Carberry.
Seine Hoffnung ging in Erfüllung.
Als die beiden Jollen eine Viertelstunde später mit vollständiger Ausrüstung für drei Tage abgefiert wurden, hatte sich die Brise zu einem handigen Ostenwind ausgewachsen.
Don Juan de Alcazar, der die kleine Jolle für den westlichen Bereich übernommen hatte, suchte zunächst die Küste ab. Zu seiner Mannschaft gehörten Smoky, Blacky, Pete Ballie, Gary Andrews, Al Conroy und Sam Roskill. Sie verfügten über Musketen und Pistolen und natürlich über ihre Blankwaffen. Allein der Munitionsvorrat reichte aus, um damit ein Strandräubernest notfalls einen ganzen Tag lang zu belagern.
Bei mittlerweile klarer Sicht stellte sich schon in den Mittagsstunden heraus, daß sie es mit einem öden Landstrich zu tun hatten, vor dessen Küste die „Santa Barbara“ von Nebel und Flaute aufgehalten worden war.
Wo, zum Teufel, verkrochen sich in einer menschenleeren Gegend die Galgenstricke, die dafür verantwortlich waren, daß die Galeone der Arwenacks abermals zum Stillstand verurteilt worden war?
Don Juan begann an seiner Theorie zu zweifeln.
Aber so sehr er sein Gehirn auch zermarterte, er konnte keine andere Erklärung für das Verschwinden des Seewolfs finden, als jene, die für ihn in der Kapitänskammer der „Santa Barbara“ so augenfällig gewesen war.
Da die Entführer des Seewolfs ein von Menschenkraft bewegtes Boot benutzt haben mußten, war ihre Aktionsreichweite begrenzt. Überdies bestand die Küste hauptsächlich aus geradlinigem Strand. Nur selten gab es Buchten, die dann auch nicht als Versteck geeignet waren.
Als sie die Flußmündung erreichten, zögerten Don Juan und seine Gefährten keine Sekunde. Dies war immerhin eine Möglichkeit. Durchaus denkbar, daß sich die Halunken irgendwo landeinwärts in einem Schlupfwinkel befanden. Der Fluß bot sich für solche Zwecke an. Und vermutlich war das Fahrwasser seicht. Größere Seeschiffe konnten also die Küstenhaie hierher nicht verfolgen.
Don Juan gab Order, den Flußlauf hinaufzusegeln. Der Wind stand günstig für dieses Vorhaben.
Schon nach wenigen Minuten erblickten die Männer im Boot eine kleine Bucht, noch im Mündungsbereich, an der Nordseite des Flusses. Landeinwärts erstreckte sich flaches Überschwemmungsland. Schilfgräser überwogen. Größere Büsche und Bäume waren erst in einiger Entfernung zu sehen.
Don Juan nahm Kurs auf die Bucht. Rechtzeitig ließ er das Segel bergen. Mit nachlassender Fahrt glitt die Jolle auf den schmalen Strand zu. De Alcazar stand hochaufgerichtet vor der Achterducht des Bootes.
Noch gut fünfzig Yards vom Strand entfernt, konnten die Männer von der „Santa Barbara“ bereits die Fußspuren erkennen. Und die Schleif spur eines Bootskiels.
„Musketen feuerbereit“, sagte Don Juan halblaut.
Die Männer gehorchten, ohne eine Frage zu stellen. Sie wußten, daß es Don Juan darum ging, einer unliebsamen Überraschung mit den geeigneten Mitteln zu begegnen.
Sechs großkalibrige Laufmündungen richteten sich auf das Schiff oberhalb des Strandes, während die Jolle langsam in das seichtere Wasser glitt.
„Sobald wir Sand unter dem Kiel haben“, sagte Don Juan, „geht ihr in Linie vor. Achtet darauf, daß wir die Spuren nicht zerstören.“
„Aye, aye, Sir“, murmelte Smoky, der Decksälteste.
Sie schoben sich zusätzlich Pistolen unter die Gürtel.
Atemzüge später war es soweit. Der Bootskiel knirschte über Sand. Nahezu bewegungsgleich schnellten die Männer nach links und rechts über das Dollbord.
Don Juan de Alcazar schwang sich nach achtern aus dem Boot und versetzte ihm einen Stoß, damit es sicher liegenblieb. Dann stürmte er nach vorn. Im Laufen zog er die Pistole.
Seine Gefährten waren unterdessen bereits ausgeschwärmt. Ihre Seestiefel rissen Fontänen aus dem flachen Wasser. Geduckt, die Musketen im Hüftanschlag, gingen sie in breiter Front auf den Strand zu.
Don Juan näherte sich den deutlich sichtbaren Spuren. Gleichzeitig behielt er den fast mannshohen Schilfrand im Auge. Das Gewirr der Fußabdrücke ließ auf eine Rast schließen. Möglich aber auch, daß es nur ein Trick war. Damit konnte man Verfolger hereinlegen. Man verursachte ein paar unübersehbare Spuren dieser Art, ließ sein Boot wieder zu Wasser und begab sich an einer entfernten Stelle erneut an Land – nur, um sich in der Nähe der lockenden Spuren in den Hinterhalt zu legen.
Die Männer erreichten den Strand.
Im Schilf rührte sich noch immer nichts.
Don Juan gab den Männern, die sich an den Außenflanken befanden, mit einem Handzeichen Anweisung, in den Uferbewuchs vorzudringen. Sie führten den Befehl rasch und mit tausendfach geübter Geschicklichkeit aus.
Schon nach wenigen Minuten war Don Juan de Alcazar klar, daß sie es hier nicht mit dem von ihm vermuteten Trick zu tun hatten. Die Männer, die hier eine Rast eingelegt hatten, mußten tatsächlich ihren Weg fortgesetzt haben. Ohne bösartige Hintergedanken.
Don Juan näherte sich den Spuren. Da war der Abdruck des Bootskiels. Ein jollenähnliches Fahrzeug vermutlich. Die Fußspuren verdichteten sich nur wenige Yards weiter, etwa auf der Mitte des Strandes. Dort hatten sie sich hingehockt. Kantenreste von Fladenbrot zeigten auch den Grund der Rast an.
„Wir segeln weiter flußaufwärts“, entschied Don Juan.
Das Jagdfieber, das die Männer gepackt hatte, verringerte sich jedoch schon sehr bald.
Der handige Wind von Osten brachte sie rasch voran. Meile um Meile legten sie zurück, solange das Tageslicht noch einwandfreie Sicht ermöglichte. Nirgendwo an den Ufern des Flusses existierte eine menschliche Ansiedlung – und das, obwohl das Gelände hügeliger wurde, je weiter sie ins Landesinnere vordrangen.
Die wenigen Buchten, die Don Juan und seine Gefährten noch kontrollierten, gaben keinerlei Rückschluß darauf, wo die Kerle mit dem Boot abgeblieben sein konnten. Hatte noch Windstille geherrscht, so hatten sie gegen die Strömung des Flusses pullen müssen. Oder hatte ihr Vorsprung ausgereicht, damit sie jetzt, ebenfalls mit Besegelung, Distanz gewinnen konnten?
Handelte es sich überhaupt um die Entführer des Seewolfs, die an der Flußmündung gerastet hatten?
Don Juan und die anderen richteten ihr Nachtlager in einer kleinen Bucht ein, die sowohl zum Land als auch zum Fluß hin gut verteidigt werden konnte. Zwei Mann wurden als Wache eingeteilt, Ablösung alle zwei Stunden.
Don Juan grübelte lange, ehe er endlich einschlief. Seine Zweifel an der Richtigkeit der eigenen Theorie wurden größer.
Als auch der zweite Tag ohne jeden Erfolg verstrich, gab er den Befehl zur Umkehr. Eine unerklärliche Eile trieb ihn nun, und den Männern erging es nicht anders. Es war das Gefühl, Zeit verschwendet und in einer falschen Richtung gesucht zu haben.
Diesmal gönnten sie sich keine Nachtruhe. Sie verwendeten die Stunden der Dunkelheit darauf, gegen den Ostwind zu kreuzen. Die mäßige Strömung des Flusses konnte dabei kaum als Unterstützung betrachtet werden.
Dichter Nebel legte sich von neuem über Land und Wasser, noch bevor sie das offene Meer erreichten. Mühsam mußten sie sich durch die graue Suppe vorantasten. Da der Wind anhielt, wenn auch schwächer geworden, rissen die Nebelschwaden gelegentlich auf, und sie konnten den Nachthimmel sehen. Die Orientierung am Stand der Sterne war möglich.
Immer wieder mußten sie jedoch ihren Kurs korrigieren, wenn sie längere Zeit wie blind durch den Nebel geglitten waren.
Erst in den Mittagsstunden des dritten Tages der Suchaktion kehrten Don Juan de Alcazar und seine Gefährten an Bord der „Santa Barbara“ zurück.
Dan O’Flynn und seine Gruppe waren nur eine Stunde zuvor wieder eingetroffen. Das Ergebnis, das beide Gruppen mitgebracht hatten, war gleichermaßen niederschmetternd.
Keine Spur von Strandräubern, die einen Kapitän entführten.
Keine Spur von Philip Hasard Killigrew.