Читать книгу Fisch oder stirb - Rudi Kost - Страница 6
Augenschmaus
Оглавление»Und diese Frau sind Sie?«, fragte ich.
»Ich bin die zweite Ehe. Er hat sich meinetwegen scheiden lassen. Wir sind seit vierzehn Jahren miteinander verheiratet.«
Da hatte sich der Herr Unternehmer ja seinerzeit ein junges Hascherl ins Bett geholt, Respekt, dachte ich und sagte diplomatisch: »Auch eine lange Zeit.«
»Deshalb spürt man, wenn etwas nicht in Ordnung ist.«
»Ihre Gefühle in Ehren, aber gibt es auch konkrete Anhaltspunkte?«
Sie zog ein Blatt Papier aus ihrer Handtasche. Es war die beliebte Schnipselarbeit aus Einzelbuchstaben verschiedener Größen und Typen: »Finger wek vom Schweinestall.« Ein »g« stand offenbar nicht zur Verfügung, oder der Schnipsler war Legastheniker.
»Was hat Ihr Mann mit einem Schweinestall zu tun?«
»Sie finden das heraus, nicht wahr?«
Ich weiß nicht, wie, aber ihr Rock schien schon wieder etwas höher gerutscht zu sein. Was ich sah, gefiel mir.
»Ist das der einzige Drohbrief?«
»Bisher ja.«
»Hat Ihr Mann das der Polizei gezeigt?«
»Er weiß gar nichts davon.«
»Bitte?«
»Die Drohung war in seiner Post, aber ich habe sie ihm nicht gezeigt. Er soll sich nicht aufregen. Ich weiß nicht, ob das sein Herz aushält.«
»Hm. Das wirkt eigentlich eher wie ein schlechter Scherz, aber wenn nicht, schwebt Ihr Mann möglicherweise in einer Gefahr, von der er gar nichts weiß.«
»Das macht mir ja solche Sorgen. Aber Sie werden uns beschützen.«
»Mit Erpressern ist nicht zu spaßen. Sie sollten die Polizei einschalten.«
»Nein!« Ihre Reaktion kam so heftig, dass ich zusammenzuckte. »Keine Polizei! Wenn erst mal die Polizei im Haus ist, weiß es bald die ganze Stadt, und das darf unter keinen Umständen geschehen. Was glauben Sie denn, warum ich zu Ihnen gekommen bin?«
Ihre Stimme verlor an Schärfe, und sie hauchte wieder: »Niemand darf von Ihrem Auftrag erfahren, das müssen Sie mir versprechen, sonst sind wir erledigt. Ich kann mich doch auf Sie verlassen?«
»Seien Sie unbesorgt, Diskretion ist schließlich mein Kapital. Haben Sie sonst noch etwas, das mir weiterhelfen könnte?«
»Es muss irgendein ›Projekt Goldhamster‹ geben. Ich habe ein Telefongespräch belauscht, da ist der Name gefallen.«
»Und Sie haben natürlich keine Ahnung, worum es da geht.«
»Nicht die geringste. Vielleicht gibt es einen Zusammenhang.«
Schweinestall und Goldhamster? Das wurde ja immer verrückter. Verrückt genug, dass es mich reizen könnte? Oder zu verrückt, weil aussichtslos? Ich hatte mir geschworen, dass meine erste Klientin alles von mir haben konnte. Vor allem eine Klientin wie diese. Andererseits musste man ja nicht an Grundsätzen kleben.
Jetzt erst fielen mir ihre Augen auf, ich war bislang von anderen Blickfängen abgelenkt gewesen. Groß waren sie und grün. Augen wie ein Bergsee. Augen, in denen man versinken konnte.
Doch, ja, sie schmachtete mich an.
Nun rutschte sie auf dem Sessel nach vorne, ich wagte gar nicht, auf ihre Oberschenkel zu schauen, und legte ihre warme, sorgfältig manikürte Hand auf meinen Arm.
»Bitte, Sie müssen mir helfen, ich habe Angst. Ich fürchte, mein Mann hat sich da auf etwas ganz Schreckliches eingelassen.«
Sie beugte sich weit vor dabei. Das Dekolleté ihres Chanel-Jäckchens tat, wofür es geschaffen worden war, und gab den Blick frei. Bis zum Bauchnabel, mindestens. Und was darinnen war, folgte den Gesetzen der Schwerkraft. Egal, ob sie echt waren oder nicht, es waren Prachtstücke, und ich würde diesen Anblick noch öfter genießen können. Denn ich gedachte, meiner Klientin sehr häufig persönlich Bericht zu erstatten. Kundenpflege ist schließlich wichtig.
»Klingt nicht uninteressant«, sagte ich und handelte mir dafür ein strahlendes Lächeln ein, gefolgt von einem Scheck aus den unergründlichen Tiefen ihrer Handtasche.
»Das sollte für den Anfang reichen«, erklärte sie.
Ich schaute auf den Scheck und bemühte mich, meine Überraschung nicht allzu sehr zu zeigen. Privatdetektiv schien ein einträgliches Geschäft zu sein.
Ich stimmte schließlich zu, und es hätte nicht viel gefehlt, und sie wäre mir um den Hals gefallen. Was sie zu meinem größten Bedauern nicht tat.