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2 Aufbau der Norm
Оглавление1. Jede rechtliche Regelung besteht aus Tatbestand und Rechtsfolge. Im Tatbestand wird ein bestimmter realer Lebenssachverhalt, insbesondere ein Geschehen, eine Tatbegehung, erfasst. Ihn gilt es zu erkennen und der Norm, der gesetzlichen Regelung zuzuordnen. Im Strafrecht ist das etwa im Beispiel der Körperverletzung die Zufügung eines körperlichen Übels (»Verletzung«), die bei dem Vorliegen der weiteren Strafbarkeitsvoraussetzungen Vorsatz und Schuld dann zu der Strafbarkeit führt. Ein Gericht (dem dies nach dem Grundgesetz vorbehalten ist) verhängt auf eine Anklage der Staatsanwaltschaft die der Schuld angemessene Strafe.
Hier ist der Bereich, in dem sich die gesamte dritte Gewalt abspielt. Denn das Erkennen von Sachverhalten und die Ableitung von bestimmten Folgerungen entsprechend dem Gesetz ist Sache der dritten Gewalt, der Rechtsprechung. Bei der Anwendung von »Recht« kann man bekanntlich verschiedener Meinung sein, es gibt Wahrnehmungen, Interessen, Konflikte und bewusste oder unbewusste Werte und Grundeinstellungen, die jeweils andere Ergebnisse bringen können. Durch die Zuweisung der entsprechenden Aufgabe im staatlichen Bereich der Rechtsprechung und dort der Gerichte und deren Zuständigkeitsregelungen wird bestimmt, wer dann als Gericht (Richterin, Richter, Kammer, Senat als »Spruchkörper«) das Richtige und Verbindliche feststellt.
2. Bei der Rechtswirklichkeit spielt eine ganz große, eben die alltägliche Rolle die sogenannte Verwaltungspraxis, intern vielleicht bestimmt auch durch Verwaltungsanordnungen, Ausführungsbestimmungen etc., die für alle davon Betroffenen im Idealfall das wichtige Kriterium der Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit erfüllen. Ein »Gewohnheitsrecht« ist in diesem Zusammenhang allerdings kein Rechtsbegriff, welcher juristische Bedeutung hat. Allenfalls handelt es sich um die Bezeichnung von »Erwartbarem« in Kenntnis einer Verwaltungspraxis oder der gerne so genannten »ständigen Rechtsprechung«, rechtlich legitimiert wäre das aber nur durch eine korrekte Rechtsanwendung und Rechtspraxis, die also dem Gesetz entspricht und im Streitfall auch gerichtlich bestätigt würde.
3. Die Auslegungskriterien sind der Wortlaut und der Zweck der Norm. Wir haben also zum einen den festen Rahmen der wörtlichen Bedeutung, mehr oder weniger erleichtert durch sprachlich präzise Formulierungen des Normgebers (wo es allerdings große Unterschiede in Verständlichkeit gibt, abhängig auch von der Kompliziertheit der Materie). Grundsätzlich gilt, dass man sich auf die wirkliche Bedeutung stützt und mit dieser wörtlichen Auslegung der Norm das beste Argument hat.
Im Rahmen möglicher Auslegungen des Wortlauts kommt dann der sogenannte »Gesetzeszweck«, also der Sinn der Norm, in die Betrachtung. Das ist das, was »der Gesetzgeber« gemeint hat und erreichen wollte. Es ergibt sich möglicherweise aus dem Zusammenhang, aus der Gesamtheit der gesetzlichen Regelungen in diesem Bereich, also auch der benachbarten Normen, die parallele oder angrenzende Sachverhalte regeln. Die Gerichte, jedenfalls die Obergerichte, insbesondere die Bundesgerichte und das Bundesverfassungsgericht, greifen darüber hinaus bei Streitfragen auf die sogenannten »Gesetzesmaterialien« zurück. Das sind die protokollierten Diskussionen auf der Gesetzgebungsebene, regelmäßig in den Drucksachen des Bundestages und des Bundesrates öffentlich zugänglich.