Читать книгу MÜDIGKEIT - Ruth Shala - Страница 5
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ОглавлениеDie Wohnung war überraschend modern und praktisch eingerichtet. Marek folgte Beatrix' Blick und sagte:
„Was haben Sie denn erwartet? Spitzendeckerl und Heiligenstatuen?“
Sie ließ sich schnaufend auf einen breiten orangen Lehnstuhl fallen und hakte den Hund von der Leine. Beatrix hatte erleichtert bemerkt, dass die Frau ihr bisher weder Details über das Leben ihres Hundes erzählt noch mit diesem intime Zwiegespräche geführt hatte. Vieles wies darauf hin, dass diese Zeugin ihre fünf Sinne beieinander hatte.
„Wollen Sie einen Kaffee?“, fragte Marek nun.
„Ja, das wäre nicht schlecht.“
„Macht es Ihnen was aus, wenn Sie uns den machen? Mir tun die Füß' so weh von der Steherei. Keine Sorge, Sie müssen nur aufs Knopferl drücken.“
Beatrix nickte und betrat die Küche, wo sie eine nagelneue Nespresso-Maschine vorfand. Eine Frage, welchen Kaffee Marek wollte, erübrigte sich, denn im Kasten daneben gab es nur Kapseln der Sorte Capriccio.
„Gehn'S, bitte bringen Sie mir auch noch einen Teller mit. Im Kastel neben dem Kühlschrank.“
Beatrix gehorchte, und nachdem sie ihre Gastgeberin fertig bedient hatte, saßen sie beide mit Kaffee im Wohnzimmer. Marek hatte aus ihrer Handtasche ein Papiersäckchen mit einer Topfenkolatsche hervorgezogen, die sie dazu aß.
„Deswegen geh ich mit dem Hund immer in der Früh. Ich hol mir immer da beim Türken was Frisches zum Frühstück. Ich hab leider nur ein Stück gekauft...“
Beatrix winkte ab. Marek hatte offenbar trotz des grausigen Fundes zur Morgenstund' einen gesunden Appetit.
„Frau Marek, erzählen Sie mir doch bitte jetzt eins nach dem anderen, wie Sie den Mann gefunden haben.“
„Ja, natürlich. Ich bin um sechs aus dem Haus gegangen, meine übliche Runde. Ich geh immer die Haraldgasse entlang, bis zum Beserlpark da oben. Da gibt es auch einen Ständer mit diesen Hundekotsackerln. Dann mach ich eine weitere Runde zurück, entweder durch die nächste oder die übernächste Quergasse. Unten an der Hinzinger Straße liegt dann der Bäcker.“
Beatrix versuchte es sich vorzustellen. Sie fragte: „Welche Route haben Sie heute genau genommen?“
„Ich bin nach dem Park gleich da in die Gasse eingebogen, wo er gelegen ist. Also, der Tote. Der Hund war eben völlig verrückt, er hat mich mehr oder weniger die ganze Gasse da hinuntergezogen. So was macht er sonst nie.“
Marek zerknüllte das Papiersackerl, in dem ihre Kolatsche gesteckt hatte, und wischte sich damit die letzten Brösel vom Mund.
„Er wollte dann unbedingt unter das Baugerüst reingehen. Ich geh da sonst nie durch, seit es steht, weil es halt so stinkt. Sie wissen schon, seit das Gerüst steht, ist da quasi das Pissoir fürs ganze Viertel.“
„Und da haben Sie den Mann gesehen?“
„Eigentlich hab ich das Blut bemerkt. Es hat auch gerochen. Den Mann hab ich erst gesehen, wie ich direkt nach ihm gesucht hab. Er ist ja da ganz in der Ecke gelegen.“
„Haben Sie den Mann näher angeschaut? Berührt?“, fragte Beatrix.
„Nein. Ich wollte ja um keinen Preis, dass mir der Hund in die Blutlache reinsteigt. Ich hab ihn da weggezogen und euch angerufen.“
„Warten Sie … Haben Sie nicht gesagt, der Bäcker liegt erst am Ende Ihrer Runde? Aber Sie haben doch was gekauft?“
„Na ja...“ Marek wand sich ein bisschen. „Es hat ein bissel gedauert, bis die Streife da war. Also bin ich halt noch schnell reingegangen...“
„Na egal. Haben Sie eigentlich den Mann erkannt?“
„Ich hab mir gedacht, dass Sie mich das fragen werden. Aber ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich mein, ich hab sein Gesicht gar nicht richtig gesehen, weil er von mir abgewandt gelegen ist. Ich bin ja mit dem Hund nicht näher hingegangen.“
„Gut. Waren Sie gestern Abend auch noch mal mit dem Hund draußen?“
„Nein. Ich geh ansonsten immer am Nachmittag raus, zum Einkaufen. Danach hält er bis in der Früh durch. Gestern Abend bin ich dann zu Hause geblieben. Es war ja auch recht kalt.“
Beatrix musste jetzt draußen weitermachen.