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Als sie wieder im Auto saßen, stellte Beatrix fest, dass Dr. Aufpaß, der Gerichtsmediziner sie zu erreichen versucht hatte. Er hob erst nach längerem Läuten ab.

„Morgen. Sie haben schon was für uns?“

„Guten Morgen. Ja, wenn es euch passt, könnte ich den Varga als nächsten dran nehmen. In einer halben Stunde?“

„Okay, das schaffen wir. Bis gleich.“

Beatrix stieg aufs Gas.

Die Gerichtsmedizin lag in einem Gebäude, in dem schon 150 Jahre zuvor Leichen aufgeschnitten worden waren. Das Innere war allerdings praktikabel und modern eingerichtet, soweit das die zuletzt stark gekürzten finanziellen Mittel zuließen. Beatrix betrat das Gebäude ohne Scheu. Sie hatte sich seit langer Zeit daran gewöhnt, tote Körper von innen zu sehen, was immer das über sie aussagen mochte. Vielleicht half auch ein bisschen, dass sie mit dem Gerichtsmediziner, wenn sie ihn nicht hier sah, zu Hause ihre Freizeit verbrachte.

Als sie ankamen, schob der Obduktionsassistent gerade eine Frauenleiche aus dem Saal hinaus. Dr. Aufpaß folgte ihm zum Kühlraum, in dem die Leichen gelagert wurden.

„Wo haben wir ihn denn? Ach ja. Das breitere Fach.“

Beatrix betrachtete interessiert den Körper, der auf den Untersuchungstisch gehievt wurde. Tatsächlich, Andreas Varga hatte es zu Lebzeiten auf ein stattliches Körpergewicht gebracht. Der Leichnam war in einen schwarzen Pullover, graue Hose und graue Winterjacke gehüllt. Die Bekleidung am Oberkörper war allerdings durch mehrere Stichwunden übel zugerichtet und starr vor getrocknetem Blut. Der Mann hatte einen braunen Schnurrbart getragen, der Haaransatz war etwas zurückgewichen. Durch das Haupthaar zogen sich unregelmäßige graue Strähnen.

Dr. Aufpaß und der Assistent begannen, die Kleidung mit zwei großen Scheren aufzuschneiden und zu entfernen. Nachdem der Leichnam gewaschen war, begann Dr. Aufpaß mit der Vermessung.

„Ich würde sagen, er muss so etwa 175 cm groß gewesen sein. Da haben sie dich aber ziemlich mit dem Messer traktiert, Herr Varga! Jetzt schauen wir mal, wie tief die Wunden sind...“

Beatrix ließ sich auf einem Hocker nieder, sie musste sich ja nicht alles im Detail anschauen. Kramer dagegen wanderte neben dem Obduktionstisch auf und ab.

„ ...10,5 – 5 – 9, schon recht tief, und insgesamt sechs Einstiche, die die Haut ernsthaft durchbohrt haben. Da hat jemand ordentlich gefuhrwerkt. Ich schau es mir noch näher an, aber auf den ersten Blick sind das zumindest drei Stiche im Herz-Lungen-Bereich, also jeder potentiell tödlich.“

„Was könnte man über die Waffe sagen?“, fragte Beatrix.

„Wir machen dann noch einen Abguss, so von außen schaut es nach einem Messer aus. Einem gut geschärften Messer mit einer längeren Klinge.“

Beatrix machte sich Notizen.

„Gibt es Abwehrverletzungen?“

„Ich seh jetzt direkt nix. Wird wohl schon einer der ersten Stiche recht deftig gewesen sein. Ah übrigens“, sagte Aufpaß. „Das Hosentürl war offen. Muss natürlich nix heißen.“

„Aha. Ach, die Todeszeit hab ich noch nicht gehört. Der Hantl hat nur gemeint, gestern Abend?“

„Ja, nach der Temperatur und Leichenflecken und so... Um 22 Uhr herum, würd' ich sagen, plus minus. Ich schreib das genauer in den Rapport. Wir werden uns dann noch den Mageninhalt anschauen, natürlich. Habt's ihr schon was über sein Abendessen?“

„Ich muss erst noch im Detail mit der Witwe reden. Der gar nicht sehr traurigen Witwe. Na gut, danke erst mal. Wir gehen, bevor ihr mit der Säge anfangt's, das Geräusch ist immer so schaurig.“

„Okay, Wiedersehen.“

Aufpaß deutete ein Winken mit der blutbeschmierten Hand an. Kramer war schon zur Tür hinaus.

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