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Als Beatrix im Amt aus dem Lift stieg, sah sie, dass Kramer und Putzy die Tür ihres Büros offen stehen hatten. Ein Zeichen dafür, dass Kramer, der Computerfreak, schon darauf brannte, ihr die Ergebnisse seiner ersten Recherchen mitzuteilen. Also folgte sie der Einladung.

Ihre beiden Mitarbeiter saßen in die Arbeit vertieft an den Schreibtischen. Genau genommen, war Kramer in eine Datenbank vertieft, während Putzy offensichtlich am Telefon mit einer unbekannten Gesprächspartnerin flirtete. Beatrix wartete, bis er aufgelegt hatte.

„Also?“, fragte sie.

Kramer preschte vor. Obwohl er doch der Jüngere war.

„Geboren in Wien. Hauptschule, abgebrochene Lehre“, sprudelte er hervor. „Hat in den letzten Jahren als LKW-Fahrer gearbeitet, seit drei Wochen arbeitslos. Verheiratet mit Sylvia Varga, Jahrgang 1967. Die Wohnadresse und alles liegt auf deinem Tisch.“

Kramer holte Luft. Putzy versuchte etwas zu sagen, war aber zu langsam. Kramers schwarze Teddyknopfaugen leuchteten, während er weiterredete.

„Der letzte Arbeitgeber war eine Leitner KG. Der Geschäftsführer wartet auf deinen Anruf. Sie haben den Varga entlassen, für alles weitere wollte ich dir nicht vorgreifen.“ Beatrix musste sich konzentrieren, um noch zu erfassen, was er ihr sagte. „Die Telefonnummer von der Witwe liegt bei dir am Tisch. Soll ich dann mitkommen?“

„Aha. Na, ich schau es mir mal an. Was, du willst mitkommen, wenn ich die Witwe benachrichtige?“, fragte Beatrix.

„Na ja, warum nicht? Gehört ja auch zum Job“, meinte Kramer.

Beatrix zuckte die Schultern. Der grenzenlose Ehrgeiz Kramers trieb manchmal seltsame Blüten. Sie richtete ihren Blick auf Putzy, der geduldig an der Tischkante lehnte und wartete, bis er auch was sagen dürfte. In den Morgenstunden erinnerte er Beatrix manchmal an eine Eidechse, die sich in ihrem noch kühlen Körper kaum regte. Außer dass Eidechsen keine senffarbenen Schnürlsamthosen trugen.

„Morgen, Chefin. Ich hab mich mit der zuständigen PI in Verbindung gesetzt. Sie haben dort eine sehr fähige Stellvertreterin, mit der ich schon manchmal zu tun hatte. Eine Kontrollinspektor Büttner. Sie schaut sich die Meldungen der letzten Tage durch und schickt eine Übersicht der Sachen, die wichtig sein könnten.“

„Danke. Ach so, wie schaut eigentlich das Register aus?“, fragte Beatrix noch einmal Kramer.

„Hab ich das nicht gesagt? Leer. Keine Vorstrafen. Auch nicht die Gattin, übrigens.“

„Okay, schön. Ich hol dich dann, wenn ich zu ihr rüberfahr.“

In ihrem Büro fuhr Beatrix den Computer hoch und wartete, bis sie das Mailprogramm öffnen konnte. Auf dem schwarzen Kunstfaserpulli, den sie heute trug, hatten sich schon die ersten Flusen abgesetzt. Sie zupfte sie achtlos weg. Während sie wartete, beobachtete sie durch das vergitterte Fenster die dicken Wolken, die inzwischen aufgezogen waren. Hoffentlich waren die Techniker draußen fertig, bevor der Regen einsetzte. Erst nachdem sie sich mechanisch die neuen Nachrichten in ihrem Account und die wichtigsten Mitteilungen im Intranet durchgeschaut hatte, wendete sie sich dem Papierstapel zu, den Kramer für sie ausgedruckt hatte.

Sie suchte die Telefonnummer der Witwe heraus. Die Angehörigen mussten von einem solchen Todesfall nicht nur als erste verständigt, sondern auch als erste einvernommen werden. Unter der Handynummer meldete sich niemand, Kramer hatte aber auch schon den Arbeitsplatz der Frau ermittelt. Es war bei einer Drogeriekette. Als Beatrix die Festnetznummer der betreffenden Filiale wählte, meldete sich eine Frauenstimme. Ja, Varga war gerade hier beim Arbeiten und würde noch bis 14 Uhr in der Filiale sein.

Beatrix stopfte den Packen Papier in ein braunes Amtskuvert und das Kuvert in ihre große, unförmige Handtasche. Dann holte sie Kramer, wenn er schon so gerne sehen wollte, wie aus der Ehefrau eine Witwe wurde.

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