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Cash Royale Casino, Boston, USA, 2013

Vertrauen zu gewinnen dauert ewig. Es zu verlieren nur Sekunden. Das waren die Worten, die ihr durch den Kopf schossen. Das beschrieb die Chaossituation in der sie sich befand, auf den Punkt. Die Automaten der Spielgeräte des Casinos klingelten. Irgendwo ging eine Leuchte an. Jackpot. Geldstücke klirrten. Niemanden interessierte es.

Sie überlegte fieberhaft nach einem Ausweg und quetschte sich an kreischenden Menschen vorbei, die sich wild durcheinander bewegten. Als schwer bewaffnete Polizisten und Beamte des Drug Enforcement Administration, kurz DEA, den Laden am Abend stürmten, wusste sie sofort, dass es eine Razzia war.

Während sämtliche Leute Richtung Ausgang preschten und den Beamten direkt in die Arme liefen, entschied sich die Blondine für die entgegengesetzte Richtung: die Theke.

Zu einfach. Hier würde man sie entdecken. Jemand stieß sie zur Seite. Davon ließ sie sich nicht beirren. Richtung Toilette. Ein gefundenes Fressen. Das Adrenalin ließ sie über den schmalen Flur hechten. Da, eine Tür. Am Ende des Ganges. Sie knickte um. Stolperte. Ächzend hielt sie sich den Fuß. Eine Teppichfalte.

Sie hörte Stimmen, die deutlicher wurden. Lauter. Schnell streifte sie sich die High Heels von den Füßen und rannte zur Tür.

Bitte, bitte sei offen! Sie drückte die Türklinke. Die Tür gab nach. Erleichterung überkam sie. Es war dunkel im Raum. Rasch schlüpfte sie durch.

Schüsse. Schreie.

Furcht tröpfelte durch ihre Venen. Was, wenn sie hier nicht lebend rauskam? Was, wenn sie von einer der Kugeln getroffen werden würde? Sie wollte nach Hause. Nein, sie musste nach Hause.

Dicht hielt sie das Ohr an die Tür.

Erneut Schritte, Schreie. Sie kamen immer näher.

Mist! Ihre Blicke schweiften durch den dunklen Raum. Sie machte Umrisse aus. Ein Schreibtisch, Stühle, ein Konferenztisch, ein Schrank. Mit einem Satz war sie am Schrank, rüttelte an der Tür. Abgeschlossen. Es steckte kein Schlüssel. Sie war geliefert.

Die Zimmertür wurde geöffnet. Ein weiterer Schrei, der mit einem Mal abebbte.

In der Ecke zwischen dem Fenster und dem Schrank stand eine Yucca Palme in einem breiten Topf, die bis zur Decke reichte. Mühsam quetschte sie sich hinter den Topf. Die Blätter der Palme waren rasiermesserscharf, sodass sie sich einen Kratzer am Oberarm zuzog. Es brannte. Sie fasste sich an die Stelle. Mist, all der Aufruhr nur wegen eines dämlichen –

Das Licht ging an.

Rasch ging sie in die Hocke. Machte sich so klein, wie sie konnte. Heftig atmete sie. Versuchte, sich zu beruhigen. Es gelang nicht. Die Glieder schlottern. Dennoch konnte sie es nicht lassen, zwischen den Blättern der Pflanze hindurch zu spähen. Von ihrem Versteck aus konnte sie bloß den Schreibtisch sehen, an den ein älterer Herr in Begleitung von zwei Leibwächtern trat. Einer von ihnen zwang eine junge Frau in die Knie. Sie war wunderhübsch. Brünett. Verängstigt. Tränen und Mascara liefen ihr über die Wangen. Ihr wurde der Mund zugehalten.

„Lass die Gefangene frei!“ Die Blondine hörte die verärgerte Stimme eines Mannes, konnte aber nicht sehen, wer es war. Sie versuchte, sich zur Seite zu recken, erfolglos. Mehr als ein Hosenbein konnte sie nicht sehen. Der Mann musste am Türrahmen stehen. Er brüllte erhitzt. „Das Spiel ist aus. Das Casino ist von Beamten umstellt. Es gibt kein Entkommen für euch. Lass die Gefangene gehen.“

Erfolglos.

„Es reicht mir“, sagte der ältere Mann. „Du hast mich lange genug an der Nase herumgeführt. Die Waffe weg oder sie stirbt.“

Dumpf polterte etwas zu Boden. „Okay, aber lass sie frei. Sie ist unschuldig.“

Der Mann vor dem Schreibtisch machte ein Handzeichen. Einer der Leibwächter zerrte am Haar der Frau, sodass ihr Hals freigelegt wurde. Dumpf hallte ihr Schrei hinter der Hand hervor.

„Aufhören“, hörte die Blondine von der Tür.

„Aufhören?“ Der ältere Mann lachte so tief, dass ihr eine Gänsehaut über die Haut jagte. „Ich fange gerade erst an.“ Dann beugte er sich zum Schreibtisch. Er griff nach einem spitzen Brieföffner und stach mehrfach auf die Gefangene ein. Blut spritzte.

Der Mann an der Tür brüllte. „NEIN!“

Es nahm kein Ende.

Hinter der Pflanze zog sich die Blondine weiter zurück. Sie presste die Hände vor den Mund, um nicht aufzuschreien und auf sich aufmerksam zu machen. So sehr sie es wollte, sie konnte den Blick nicht abwenden. Zu sehr war sie betäubt von Furcht und der Brutalität des Täters.

Matthew

Blue Hills, Bloomfield in Connecticut

Matthew Baker torkelte zur Einfahrt seiner Wohnung. Nach einem Streit mit seiner Frau Beth hatte er unbedingt einen Mitternachtstrunk gebraucht, um wieder runter zu kommen. Ständig ging es um das liebe Geld. Er solle sich endlich einen vernünftigen Job suchen, mit dem er ein festes Einkommen nach Hause brachte, um nicht von Monat zu Monat leben zu müssen.

Sie hatte sich sehr verändert, seit Emma vor acht Jahren zur Welt gekommen war. Natürlich liebte er seine Frau und seine Tochter über alles, aber sie verstand einfach nicht, dass es sein Traumjob war, freier Journalist zu sein. Aber jetzt war alles, was er brauchte, ein Bett. Und wenn Beth ihn mal wieder aus dem Ehebett warf, würde er eben auf der Couch schlafen. Nichts, was er nicht schon kannte.

Er zückte den Hausschlüssel und wollte ihn ins Schloss stecken, als ihn der schmale Spalt stutzig machte. Die Tür stand offen.

Ein heißkalter Schauder fegte ihm über den Rücken. Er schob vorsichtig die Tür auf. Sein Blick wanderte über den Fußboden, auf dem Jacken und Schuhe verteilt lagen. Matthew schluckte, als er das volle Ausmaß des Chaos überblickte: Sämtliches Inventar war zerstört worden. Was war bloß passiert? Weshalb glich die Wohnung einem Schlachtfeld? Er war nur wenige Stunden aus dem Haus gewesen.

Von irgendwo konnte er ein leises Wimmern vernehmen und rannte in die Richtung. Direkt ins Badezimmer. Beth kniete auf dem Boden vor der Badewanne.

„Beth?“

Sie wandte sich ihm zu. Ihr Gesicht hatte blutige Kratzer.

„Beth, was ist passiert?“ Er ging neben ihr in die Hocke.

„Matt.“ Ihre Stimme brach. Sie schmiss sich ihm um den Hals. „Emma.“

„Was ist mit Emma?“ Er packte ihre Oberarme. Beim Anblick der roten, feuchten Augen zog sich ihm der Magen zusammen. Vor Furcht zitterte er.

„Da waren diese Kerle. Es ging alles so schnell. Sie haben mich niedergeschlagen.“

Matthew schloss sie in die Arme und kämpfte gegen die eisige Leere in seinem Inneren an. Ihr Ruf ging ihm durch Mark und Bein.

„Sie ist weg“, brüllte sie und brach in Tränen aus. „Sie haben sie mitgenommen!“

Escape Plan - How far would you go to survive

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